Kooperation als Chance - Die Genossenschaften
Kooperation als Chance - Die Genossenschaften
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Zu allen Zeiten haben Menschen kooperiert, um gemeinsame<br />
Ziele zu erreichen. Vorläufer der <strong>Genossenschaften</strong><br />
kennt man seit dem Altertum. Bereits im Mittelalter gab<br />
es Deichgenossenschaften, Bergarbeiter schlossen sich in<br />
Knappschaften zusammen und Bauern in Wald- oder Landnutzungsgenossenschaften.<br />
Bis heute finden sich in allen<br />
Weltregionen verschiedene Formen der <strong>Kooperation</strong>. In<br />
über 100 Ländern sind 800 Millionen Menschen Mitglied<br />
in <strong>Genossenschaften</strong>, die schätzungsweise 100 Millionen<br />
Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.<br />
Wie alles anfing<br />
<strong>Die</strong> Wurzeln des modernen Genossenschaftswesens liegen im<br />
vorletzten Jahrhundert in Deutschland. Nach den Sozialreformen<br />
(zum Beispiel Bauernbefreiung und Gewerbefreiheit) sind die<br />
Bauern und Handwerker Anfang des 19. Jahrhunderts zwar befreit,<br />
doch den meisten fehlen unternehmerische Kenntnisse und<br />
Kapital. Kredit bekommen sie nur bei privaten Geldverleihern –<br />
gegen Wucherzinsen. So geraten viele in neue Abhängigkeiten,<br />
verlieren Haus und Hof und damit ihre wirtschaftliche Existenz.<br />
„Ich kenne eine Gegend, wo es Bauern gibt, die nichts ihr<br />
Eigen nennen auf ihrem ganzen Grundstück; vom Bett bis zur<br />
Ofengabel gehört alles Mobiliar den Geldverleihern.“<br />
Der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck 1847 über die Armut der<br />
Bauern im Westerwald<br />
Missernten und der „Hungerwinter“ 1846/47 verschärfen die<br />
Lage zusätzlich. Um die Not zu lindern, gründet Bürgermeister<br />
Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Westerwald den „Weyerbuscher<br />
Brodverein“. Aus diesem karitativen Hilfsverein heraus entwickelt<br />
Raiffeisen die Idee genossenschaftlicher Selbsthilfe. 1864<br />
initiiert er den „Heddesdorfer Darlehnskassenverein“. Hier können<br />
Bauern Sparkonten eröffnen und bekommen Kredit – eine<br />
frühe Form von „Mikrofinanzorganisation“.<br />
In Nordsachsen gründet der Richter Hermann Schulze-Delitzsch<br />
1849/50 eine Einkaufsgenossenschaft für Schuster und Tischler<br />
und den „Delitzscher Vorschussverein“. Auf Initiative von Schulze-Delitzsch<br />
bekommen <strong>Genossenschaften</strong> 1867 mit dem Preußischen<br />
Genossenschaftsgesetz erstm<strong>als</strong> eine rechtliche Basis.<br />
Auch das 1889 erlassene, heute noch gültige Genossenschaftsgesetz<br />
basiert auf seinen Gedanken und seiner Vorarbeit <strong>als</strong><br />
Reichstagsabgeordneter.<br />
<strong>Die</strong>se ersten „Vorschussvereine“ und „Darlehenskassen“ sind<br />
die Vorläufer der heutigen Volksbanken und Raiffeisenbanken<br />
und Vorbild für Genossenschaftsbanken in aller Welt. Auch in<br />
Landwirtschaft, Handel und Gewerbe waren Selbsthilfe, Selbstverantwortung<br />
und Solidarität der Ausgangspunkt der erfolgreichen<br />
Entwicklung von <strong>Genossenschaften</strong> <strong>als</strong> mitgliedergetragene<br />
Unternehmen.<br />
Seither haben sich <strong>Genossenschaften</strong> <strong>als</strong> anpassungsfähige Unternehmensform<br />
bewährt. Wichtige Faktoren dieser Erfolgsgeschichte<br />
sind ein verlässlicher rechtlicher Rahmen, die Vernetzung<br />
der <strong>Genossenschaften</strong>, die genossenschaftliche Aus- und<br />
Fortbildung und die bereits in den 1880er-Jahren eingeführte<br />
Prüfung der <strong>Genossenschaften</strong>. Bis heute dient diese dazu, die<br />
Mitglieder der Genossenschaft vor Vermögensschäden zu schützen<br />
und die Genossenschaftsorganisation zu stabilisieren.<br />
Unverändert aktuell<br />
<strong>Genossenschaften</strong> haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich<br />
in Deutschland dezentrale, regionale Wirtschaftsstrukturen, ein<br />
starker Mittelstand und eine effiziente Landwirtschaft entwickelt<br />
haben. Bis in die Gegenwart sind <strong>Genossenschaften</strong> ein wichtiger<br />
und stabiler Faktor unserer Wirtschaft und Zivilgesellschaft.<br />
<strong>Die</strong>s wird gerade in Krisen deutlich. <strong>Die</strong> Aktualität der Idee von<br />
unternehmerisch ausgerichteter, genossenschaftlich organisierter<br />
Selbsthilfe zeigt sich auch in den rund 600 neuen <strong>Genossenschaften</strong>,<br />
die allein in den letzten fünf Jahren gegründet wurden.<br />
Engagement für Entwicklung<br />
Seit seiner Gründung im Jahr 1972 engagiert sich der DGRV in<br />
der Entwicklungszusammenarbeit. Der Wissenstransfer von<br />
deutschen <strong>Genossenschaften</strong> in andere Länder und Regionen<br />
der Welt hat aber eine viel längere Tradition. Bereits vor über<br />
100 Jahren hat beispielsweise Japan das deutsche Genossenschaftsgesetz<br />
<strong>als</strong> Vorbild verwendet. Viele Länder sind diesem<br />
Beispiel gefolgt und haben einen rechtlichen Rahmen für <strong>Genossenschaften</strong><br />
geschaffen.<br />
Friedrich Wilhelm Raiffeisen Hermann Schulze-Delitzsch<br />
<strong>Die</strong> Pioniere des modernen Genossenschaftswesens<br />
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