Finnische Austauschstudierende an ... - GFL-Journal
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<strong>Finnische</strong> <strong>Austauschstudierende</strong> <strong>an</strong> deutschsprachigen Universitäten<br />
50<br />
Berichtauszug 2<br />
Studierende (Internationale Politik), Universität Gießen (2 Austauschsemester 2009)<br />
Mit der Bürokratie ist es schon etwas Anderes. Hier geht alles etwas schneller.<br />
Analytischer Kommentar: Die „Bürokratie“ und ihre L<strong>an</strong>gsamkeit <strong>an</strong> deutschen<br />
Universitäten sind Topoi, die häufig in den Berichten wiederkehren. Nicht immer ist<br />
dabei erkennbar, was tatsächlich auf eigenen Erfahrungen beruht oder möglicherweise<br />
einem ausschmückenden Zitat der sprichwörtlichen Stempel-Bürokratie im deutschen<br />
Sprachraum geschuldet ist. Die unterschwellige Vernetzung verschiedener Themen der<br />
einzelnen Berichte belegt bereits der nächste Auszug eindrucksvoll:<br />
Berichtauszug 3<br />
Studierende (Wirtschaft / Marketing), Universität Mainz (2 Austauschsemester 2010)<br />
Am Anf<strong>an</strong>g war es ein bisschen schwierig, alle Sachen auf Deutsch zu erledigen -<br />
naja, m<strong>an</strong>chmal, wenn m<strong>an</strong> <strong>an</strong> der Uni etwas erledigen möchte, nur eine Sache und<br />
m<strong>an</strong> musste d<strong>an</strong>n wieder verschiedene Büros besuchen und viele Stempel holen, und<br />
und alles das, das war ein bisschen <strong>an</strong>strengend m<strong>an</strong>chmal und naja die Angestellten<br />
in den Büros waren immer nicht so nett, also wenn sie nicht etwas gewusst haben, sie<br />
haben nur gesagt: Ich weiß nicht, geh weiter! − Also sie wollten überhaupt nicht helfen.<br />
Die deutschen Studenten, sie mussten immer so l<strong>an</strong>ge Hausaufgaben schreiben, so<br />
ungefähr 10 Seiten oder so was. Wir Erasmusstudenten, wir brauchten das nicht. Also<br />
ich habe immer mit den Professoren am Anf<strong>an</strong>g des Kurses gesprochen und wir haben<br />
d<strong>an</strong>n so gesprochen, was sollte ich für diesen Kurs machen.<br />
M<strong>an</strong> musste sehr darauf beachten, wie m<strong>an</strong> mit den Professoren spricht, also siezen und<br />
so weiter und ähm naja sie waren ein bisschen, die Professoren, ein bisschen strenger<br />
denke ich als hier, also m<strong>an</strong> konnte zum Beispiel keine Kritik ihnen geben, wenn sie z.<br />
B. etwas falsch gesagt haben, z. B. ein Professor war g<strong>an</strong>z ähm wütend, wenn ein ein<br />
Student hat was gesagt und ja er hat das gemacht.<br />
Analytischer Kommentar: Im Anschluss <strong>an</strong> die Berichtauszüge 1 und 2 stellen wir hier<br />
folgende Punkte heraus:<br />
Eine eigene Erwähnung wert ist hier zunächst die Herausforderung, den Studienalltag<br />
ausschließlich in der Fremdsprache zu bewältigen. Nach einem halben oder gar einem<br />
g<strong>an</strong>zen Studienjahr <strong>an</strong> einer Gastuniversität wird in der Rückschau sehr leicht<br />
vergessen, welche Umstellung es bedeutet, „alle Sachen auf Deutsch zu erledigen“.<br />
Anders als <strong>an</strong> der Heimuniversität ist am Gastort kein schneller Wechsel in die<br />
Muttersprache Finnisch oder Schwedisch möglich.<br />
© gfl-journal, No. 2-3/2012