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11 Teil 2 - Prof. Dr. Reinhard Singer

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. R. <strong>Singer</strong> Wintersemester 2009/10<br />

(9.2.2010, § <strong>11</strong>/T2)<br />

Vorlesung Arbeitsrecht<br />

§ <strong>11</strong><br />

Betriebsbedingte Kündigung<br />

1. – dringende betriebliche Erfordernisse<br />

außerbetriebliche Gründe<br />

innerbetriebliche Gründe<br />

= Umsatzrückgang, Unrenta- = Rationalisierung,<br />

bilität<br />

Stilllegung<br />

o<br />

o<br />

o<br />

o < Kontrolle Anlass für<br />

o<br />

o<br />

gestaltende<br />

o<br />

dadurch<br />

freie = < Willkürgrenze<br />

Arbeitskräfteüberhang<br />

(= selbstbindende<br />

Unternehmerentscheid<br />

ung<br />

o<br />

Unternehmerentscheidung<br />

o < Kontrolle<br />

o<br />

dadurch<br />

Arbeitskräfteüberhang<br />

1


2. Sozialauswahl: § 1 III – V KSchG<br />

a) Kriterien: seit 1. 1. 2004 nur noch vier:<br />

- Dauer der Betriebszugehörigkeit<br />

- Lebensalter<br />

- Unterhaltspflichten<br />

- Schwerbehinderung<br />

[Exkurs: BAG NZA 2009, 361: § 1 III 1 KSchG verstößt nicht gegen das europarechtliche<br />

Verbot der Altersdiskriminierung:<br />

- Jüngere AN werden zwar benachteiligt, aber Schutz der älteren AN ist legitim (§ 10 Abs.<br />

1 S. 1, 2 AGG), da sie typischerweise geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben<br />

- Legitim ist auch Bildung von Altersgruppen in einem Sozialplan, um die Zahl der zu<br />

Kündigenden auf die betreffenden Gruppen entsprechend der Altersstruktur im Betrieb zu<br />

verteilen. Sicherung der ausgewogenen Alterstruktur legitim, auch wenn dadurch die<br />

älteren AN benachteiligt werden.<br />

- ohne eine solche Gruppenbildung hätten in dem Betrieb alle AN unter 35 Jahren entlassen<br />

werden müssen! ]<br />

b) Ausnahme: Leistungsträger (§ 1 III 2)<br />

c) Privilegierung von Richtlinien und Listen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen<br />

und im Interessenausgleich:<br />

Kontrollmaßstab: grobe Fehlerhaftigkeit (§ 1 IV, V)<br />

d) Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer:<br />

- vergleichbare Arbeitsplätze (<strong>Dr</strong>ucker, Buchhalter)<br />

- horizontale Vergleichbarkeit (gleiche Hierarchiestufe)<br />

- Räumliche Grenze: Betrieb, nicht Unternehmen (ErfK § 1 KSchG Rn. 476)<br />

2


Fall 28: Betriebsbedingte Kündigung<br />

B<br />

alt<br />

neues Angebot<br />

B<br />

§ 6<strong>11</strong> (Arbeits- Kündigung § 6<strong>11</strong> (Partnervertrag)<br />

vertrag) des AV Umsatzbeteiligung<br />

400 Gruppenleiterinnen<br />

Kurse zur Gewichtsabnahme<br />

A lehnt ab<br />

Kunden<br />

Gewinn/Verlust:<br />

Einnahmen 32 Mio./<br />

Personalkosten 16 Mio.<br />

Wirksamkeit der Kündigung:<br />

1. Betriebliches Erfordernis: Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit<br />

- inner- oder außerbetriebliche Gründe<br />

- hier: Unternehmerentscheidung<br />

a) Umstellung der Beschäftigungsverhältnisse auf Partnerverträge (= outsourcing) =<br />

freie, gestaltende Unternehmerentscheidung<br />

b) Unternehmerentscheidung nur daraufhin zu kontrollieren ob diese offenbar<br />

unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist<br />

Richter darf dem AG darf nicht „bessere“ Unternehmenspolitik vorschreiben und<br />

in dessen Kostenkalkulation eingreifen<br />

3


Aber keine unbegrenzte Freiheit; sonst Kündigungschutz<br />

gefährdet ► Willkürkontrolle<br />

aa) Wegfall des Arbeitsplatzes = zwingende Folge der Unternehmerentscheidung:(+)<br />

- bei B keine Stelle für angestellte Gruppenleiterinnen<br />

bb) Kontrolle der Unternehmerentscheidung<br />

Willkür?<br />

Bsp.: BAG NJW 2003, 2<strong>11</strong>6<br />

– Stilllegung von Serviceeinheiten einer Rheumaklinik (Reinigung, Küche) bei<br />

gleichzeitiger Übertragung dieser Tätigkeiten auf ausgegründete Service-<br />

GmbH (Beteiligung der Klinik zu 51 %)<br />

- Kündigung rechtsmissbräuchlich, weil einziger Zweck, AN den<br />

Kündigungsschutz zu nehmen, um die nach wie vor erforderliche Arbeit von<br />

billigeren AN durchführen zu lassen (kein Schutz gem. § 613a, da weder<br />

sächliche Betriebsmittel, noch Personal übergegangen).<br />

cc) Hier: Rationalisierung, Kostensenkung = legitime unternehmerische Ziele<br />

kein Zwang für Unternehmer, Kosten des Vertriebs selbst zu tragen (Miete,<br />

Produkte, Werbung)<br />

2. Organisatorische Durchführung auf Dauer:<br />

- AG’er muss plausibel machen, dass organisatorische Maßnahme nicht nur zum<br />

Schein erfolgt<br />

►<br />

Partnerverträge dürfen keine Arbeitsverhältnisse sein.<br />

- Kriterien des Arbeitsverhältnisses:<br />

aa) Weisungsabhängigkeit hinsichtlich Ort und Zeit<br />

bb) fachliche Weisungsgebundenheit<br />

cc) persönliche Abhängigkeit: organisatorische Eingliederung in Betrieb<br />

Fallbezogen:<br />

- freie Wahl der Gruppenräume, Zeit, Personal: ( - )<br />

allenfalls fachliche Bindung an Unternehmensstrategie<br />

- Kosten für Material, Miete, Personal tragen Gruppenleiterinnen; für ArbV atypisch<br />

4


BAG: →<br />

kein ArbV; Vergleich mit Franchise-Nehmern (Tätigkeit im eigenen<br />

Namen und auf eigene Rechnung nach vorgegebenem Marketing-<br />

Konzept; vgl. LAG Düsseldorf NJW 1988, 725)<br />

---------------------------------------------------------------------------<br />

Ergänzung: Personalabbau als Unternehmerentscheidung<br />

(BAGE 92, 71 und 79 )<br />

1. Kündigung = Unternehmerentscheidung? ja, aber keine freie, da sonst nicht<br />

nachprüfbar, ob Kündigung „dringend“ erforderlich ist (§ 1 II KSchG)<br />

2. Je näher Organisationsentscheidung an Kündigungsentschluss „heranrückt“, umso mehr<br />

muss AG verdeutlichen, dass Beschäftigungsbedürfnis entfallen ist.<br />

AG muss konkret darlegen,<br />

- in welchem Umfang künftig die Produktion verringert werden soll<br />

- wie sich die Verringerung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und<br />

- wie diese Arbeitsmenge vom verbleibenden Personal ohne überobligationsmäßige<br />

Leistungen (Überstunden!) bewältigt werden kann<br />

BAGE 92, 71: „sinkende Nachfrage“, „unverminderter Preisverfall“ zu pauschal<br />

5

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