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journal - PAAN Bundesverband - Patientenorganisationen, Allergie

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Vocal Cord Dysfunction - Stimmbandfehlfunktionen<br />

Chronologie einer Erkrankung<br />

Vocal Cord<br />

Dysfunction<br />

Von Marianne Krommer<br />

Endlich Ferien. Es lagen sehr anstrengende Wochen hinter mir. Ich<br />

hustete seit einigen Tagen und dachte an eine Erkältung oder an<br />

das Reizklima der Nordsee. Der Husten hörte sich bellend an und<br />

war kaum noch zu beherrschen. Nach acht Tagen ständigen und<br />

immer heftiger werdenden Reizhustens, hatte ich meinen ersten<br />

nächtlichen Anfall von Atemnot. Dass ich aus diesem Urlaub nicht<br />

mehr an meinen Arbeitsplatz zurückkehren würde und dies der<br />

Beginn einer tiefen Krise war, lag für mich außerhalb meiner Vorstellung.<br />

Verunsichert von dem Erlebnis des<br />

„fast Erstickens“ fuhr ich nach<br />

Hause und ging zum Lungenfacharzt.<br />

Die üblichen Untersuchungen<br />

und der Lungenfunktionstest ergaben<br />

keine besonderen Auffälligkeiten.<br />

„Möglicherweise der Beginn<br />

eines Asthmas“, hieß die Diagnose.<br />

Ich wurde mit einem leichten<br />

Asthmaspray und einem Akutspray<br />

nach Hause geschickt.<br />

Über das Wochenende steigerten<br />

sich die Erstickungsanfälle auf vier<br />

Mal pro Nacht. Weder das leichte<br />

Asthmaspray noch das Akutspray<br />

taten ihre Wirkung. Ich hatte von<br />

Nacht zu Nacht mehr Angst vor<br />

den Anfällen. Sie kamen immer<br />

häufiger und wurden immer heftiger.<br />

Meine große Angst war, irgendwann<br />

gar keine Luft mehr zu<br />

bekommen.<br />

Der Anfallsrekord lag bei acht Mal<br />

in einer Nacht. Und so war meine<br />

logische Schlussfolgerung: kein<br />

Schlaf, keine Anfälle! Ich ging<br />

nicht mehr ins Bett, sondern blieb<br />

auf der Couch sitzen und hielt mich<br />

wach. Das war natürlich nicht lange<br />

durchzuhalten und führte zur<br />

völligen Erschöpfung.<br />

<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />

Am Montag morgen saß ich, übernächtigt<br />

wie ein Häufchen Elend,<br />

wieder beim Arzt. Ich berichtete<br />

ihm von der Wirkungslosigkeit der<br />

Mittel und von meiner Angst vor<br />

dem Einschlafen. Er schaute mich<br />

nachdenklich an und erklärte mir,<br />

dass ich möglicherweise Vocal<br />

Cord Dysfunction (VCD, Stimmbandfehlfunktion)<br />

habe. Eine<br />

Krankheit, die sich schlimmer anfühlt<br />

als sie aus medizinischer Sicht<br />

ist. Der Arzt erklärte mir die möglichen<br />

Zusammenhänge und die<br />

Tatsache, dass so ein Anfall Todesängste<br />

auslöst. Medizinisch gesehen<br />

gibt es keinen Grund in Panik<br />

zu verfallen. Selbst bei einem<br />

Anfall würde noch genug Luft zur<br />

Verfügung stehen und er geht auch<br />

wieder ganz sicher vorbei. Ich<br />

glaubte ihm - weil er mir glaubte.<br />

Die Diagnose einer VCD erfordert<br />

Erfahrung und eine besondere<br />

Untersuchungstechnik die meinem<br />

Pneumologen nicht zur Verfügung<br />

stand. Ich sollte mich im Klinikum<br />

Berchtesgadener Land in Schönau<br />

am Königsee untersuchen lassen.<br />

Der Vertreter des ärztlichen<br />

Dienstes der Krankenkassen sah<br />

jedoch keinen Grund für einen<br />

„Ausflug“ (O-Ton) an den Königssee.<br />

Er war der Meinung diese<br />

Krankheit könne in jeder Uniklinik<br />

festgestellt werden. Ich war der<br />

Verzweiflung nahe. Es gab offensichtlich<br />

eine Spezialklinik für die<br />

Diagnose und Therapie von VCD<br />

und ich konnte nicht hin. So begann<br />

meine Odyssee durch den<br />

Dschungel unseres Gesundheitssystems,<br />

in dem ich als Patientin<br />

fast verloren gegangen wäre.<br />

Die Anfälle liefen immer nach dem<br />

gleichen Prinzip ab: Ich musste<br />

stark husten. Nach zwei/drei<br />

Hustenstössen bekam ich einen<br />

Erstickungsanfall. Gleichzeitig mit<br />

der Atemnot hatte ich den Reflex,<br />

eine aufsteigende Flüssigkeit<br />

runterschlucken zu müssen. Die<br />

Luftnot dauerte eine gefühlte<br />

Ewigkeit, aber tatsächlich wohl<br />

höchstens ein oder zwei Minuten.<br />

So plötzlich wie die Luft wegblieb,<br />

so plötzlich konnte ich auch wieder<br />

einatmen. Nach einer kurzen<br />

Phase der Verwirrtheit, endete der<br />

Spuk mit einem kräftigen Rülpsen.<br />

Ich bekam mit jedem Anfall mehr<br />

Panik daran zu sterben.<br />

Anfangs hatte ich diese Anfälle nur<br />

nachts, nach etwa zwei Wochen<br />

kamen sie auch tagsüber. Ich<br />

schlich nur noch durchs Leben. Ich<br />

ging nicht mehr aus, traf mich mit<br />

niemand mehr. Keiner sollte mich<br />

in dieser Verfassung sehen. Keine<br />

sportlichen Aktivitäten, kein<br />

Kinobesuche, kein Stadtbummel,<br />

Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />

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