Essay2_snt 1 - Theater Osnabrück
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und höchstem Drama war eine soziale und ökonomische Notwendigkeit des<br />
englischen (und spanischen) <strong>Theater</strong>s jener Zeit.<br />
Dass die shakespearsche Bühne, das Globe, seinerzeit nicht in London sondern vor<br />
den Toren Londons errichtet war, hatte gute Gründe, denn den Stadtvätern Londons<br />
war dieses <strong>Theater</strong> ein Greuel. Es wurde von den damals sehr einflussreichen Puritanern<br />
als "Kapelle des Satans" gebrandmarkt. Aber da sich das Globe vor den Toren<br />
der Stadt befand, hatten die Stadtväter keine Handhabe. Nach der Revolution<br />
unter Cromwell 1642 war es dann jedoch aus mit den <strong>Theater</strong>n der elisabethanischen<br />
Zeit. Sie wurden geschlossen, abgerissen, niedergebrannt, denn dass das<br />
<strong>Theater</strong> all das, was auch Shakespeare in ihm geschehen ließ, nicht durfte, darüber<br />
waren sich die zur Herrschaft gekommenen Puritaner einig.<br />
Auch in Deutschland war man sich lange Zeit einig in Sachen Shakespeare. Dem<br />
ersten deutschen Dramatiker und <strong>Theater</strong>reformer Gottsched war Shakespeare das<br />
reinste Greuel. Das Maß aller Dinge war ihm die französische Klassik - Racine und<br />
Corneille. Eine Generation später übersetzte zwar Christoph Martin Wieland viele der<br />
shakespearschen Dramen, allerdings zensierte er sie gründlich und enthielt sich<br />
auch nicht vieler abwertender Kommentierungen, beispielsweise bei "Was ihr wollt",<br />
wo er über die komischen Figuren Rülps und Bleichenwang schreibt:<br />
Der Charakter des Sir Tobias und seines Freundes gehört in die unterste Tiefe<br />
des Niedrigen Comischen; ein paar müßige, lüderliche, rauschichte Schlingels,<br />
deren platte Scherze, Wortspiele und tolle Einfälle nirgends als auf einem<br />
Engländischen <strong>Theater</strong>, und auch da nur die Freunde des Ostadischen Geschmacks<br />
und den Pöbel belustigen können. Wir lassen also diese Zwischen-<br />
Scenen um so mehr weg, als wir der häuffigen Wortspiele wegen, öfters Lüken<br />
machen müßten. Alles, was in diesen beiden Scenen einigen Zusammenhang<br />
mit unserm Stück hat, ist dieses, daß Sir Tobias seinen Zechbruder, Sir Andreas,<br />
als einen Liebhaber der schönen Olivia ins Haus einführt und ganz ernsthaft<br />
der Meynung ist, daß sie ein recht artiges wohlzusammengegattetes Paar ausmachen<br />
würden; und daß Jungfer Maria den würdigen Oheim ihrer Dame höflich<br />
ersucht, um seiner Gesundheit willen sich weniger zu besauffen; und um<br />
der Ehre des Hauses willen, seine Bacchanalien nicht so tief in die Nacht hinein<br />
zu verlängern.<br />
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