Essay2_snt 1 - Theater Osnabrück
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Die Ablehnung Shakespeares in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (erst 1762<br />
gab es erstmals eine deutsche Shakespeareaufführung) wandelte sich dann allmählich<br />
in Annäherung bei Lessing, in teilweise Bewunderung bei Goethe und Schiller<br />
und schließlich fast abgöttische Bewundert durch die Romantik, in der man sich<br />
erstmals auch den Komödien Shakespeares zuwendete, die Lessing und Goethe<br />
noch verschlossen geblieben waren. Goethe etwa schrieb, Shakespeare habe seinem<br />
Publikum zuliebe viele disharmonische Allotria in seine Werke hineingemischt,<br />
Konzentration sei vonnöten. Goethe streicht selbst in "Romeo und Julia" den "possenhaften<br />
Intermezzisten“ Mercutio. Auch Schiller zensiert ohne Hemmung, als er<br />
den "Macbeth" für das Weimarer Hoftheater einrichtet. Die eben zitierte Rede des<br />
Pförtners ersetzt er durch ein frommes Lied:<br />
Pförtner (kommt singend)<br />
Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,<br />
Der über diesem Haus gewacht,<br />
Mit seinen heiligen Schaaren<br />
Uns gnädig wollte bewahren.<br />
Wohl mancher schloss die Augen schwer<br />
Und öffnet sie dem Licht nicht mehr;<br />
Drum freue sich, wer neu belebt,<br />
den frischen Blick zur Sonn’ erhebt.<br />
Die Schlegel-Tiecksche Übersetzung kommt Shakespeare schon viel näher. Diese<br />
Übersetzung setzt neue Maßstäbe, auch weil sie die Komödien mit einschließt. Aber<br />
die Verklärung und Stilisierung Shakespeares zum unerreichten Dichtergenie schlug<br />
sich auch sprachlich nieder. Shakespeare wurde auch bei Schlegel-Tieck den sittlichen<br />
Bedürfnissen eines deutschen, bürgerlichen Publikums angeglichen. Und eben<br />
diese Übersetzung prägt noch heute das allgemeine Shakespearebild über die Maßen<br />
und führt zwischen Publikum, das sich dem schlegel-tieckschen Shakespeare<br />
verbunden fühlt und den <strong>Theater</strong>n und seinen Regisseuren zur Frontenbildung. Wobei<br />
der Terminus der Frontenbildung in der Friedensstadt <strong>Osnabrück</strong> vielleicht etwas<br />
deplaziert ist. Apropos Frieden, dieses Stichwort soll an dieser Stelle nicht fehlen:<br />
Shakespeare könnte man getrost auch einen Dichter des Friedens nennen. Warum?<br />
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