Jahresbericht 2008 - pioniere - der verein
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Aktuelle Publikationen<br />
erschloss sich Schritt um Schritt die Geheimnisse<br />
des Eisenbahnbaus. Erste Tunnelbauerfahrung<br />
sammelte er beim Durchstich von<br />
Blasisy-Bas bei Dijon. Um 1860 war Favre<br />
dann auch im eigenen Land als Tunnelbauer<br />
aktiv: Er bohrte die Tunnel von Grandvaux<br />
und von Cornallax für die Bahnstrecke<br />
zwischen Palézieux und Lausanne.<br />
Dank verschiedener erfolgreicher Bauprojekte<br />
brachte es Louis Favre im Laufe <strong>der</strong><br />
Jahre zu einem stattlichen Vermögen, von<br />
dem er sich unter an<strong>der</strong>em den feudalen<br />
Landsitz «Plongeon» in Genf leisten konnte.<br />
Der deutsch-französische Krieg führte jedoch<br />
zum Erlahmen <strong>der</strong> Bautätigkeit in Frankreich.<br />
Favre war mit 44 Jahren unfreiwillig zum<br />
«Frührenter» geworden. Das Tunnelprojekt<br />
des Jahrhun<strong>der</strong>ts am Gotthard kam Favre in<br />
dieser Situation wie gerufen. Der schaffensdurstige<br />
Ingenieur aus eigener Kraft hörte<br />
sich um, pflegte Verbindungen und lotete<br />
sein Beziehungsnetz aus. So kam es dann<br />
auch zum ersten Treffen mit Alfred Escher,<br />
Nationalrat, Präsident <strong>der</strong> Schweizerischen<br />
Kreditanstalt und Direktionspräsident <strong>der</strong><br />
Gotthardbahn.<br />
Louis Favre, porträtiert vom<br />
Berner Künstler Martin Fivian.<br />
Genfer Autodidakt gegen Zürcher Topjurist<br />
Das ambivalente Verhältnis des hemdsärmeligen<br />
Genfer Autodidakten zum hochgebildeten<br />
Juristen Escher aus Zürich ist ein<br />
weiterer faszinieren<strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Favre-<br />
Biographie: Alfred Escher diktierte dem<br />
neureichen Genfer Unternehmer harte Vertragsbedingungen<br />
für sein Jahrhun<strong>der</strong>t-<br />
Bauprojekt – unerfüllbare sogar, so lautet das<br />
Urteil des Autors Hans G. Wägli.<br />
Doch zunächst liess sich <strong>der</strong> Tunnelbau<br />
recht gut an: Dank <strong>der</strong> Hilfe zahlreicher<br />
Freunde konnte Louis Favre am 17. August<br />
1872 die festgesetzte Kaution für die<br />
Gotthardbahngesellschaft hinterlegen. Die<br />
eigentliche Arbeit begann am 29. September<br />
in Airolo auf Tessiner Seite, in Göschenen<br />
auf Deutschschweizer Seite gar erst am<br />
12. Oktober. Doch schon bald kämpfte<br />
Favre gegen Wassereinbrüche, Schneefälle<br />
und widrige Vertragsklauseln. Auch Sprachund<br />
Mentalitätsunterschiede zwischen dem<br />
welschen Bauunternehmer und seinen deutschen<br />
Oberingenieuren belasteten das Klima.<br />
So kam es sogar zu einem Bundesgerichtsprozess<br />
gegen die Gotthardbahngesellschaft<br />
– den Favre gewann.<br />
Gefahren im und am Tunnel<br />
Gleichzeitig galt es, für Ruhe und Ordnung<br />
unter den zeitweilig mehr als 4 000 Arbeitern<br />
zu sorgen. Zahlreiche Gefahren drohten<br />
im und am Tunnel: Zuhauf ereigneten<br />
sich Unfälle durch entgleiste Dienstbahnen,<br />
Bergstürze o<strong>der</strong> missglückte Sprengungen.<br />
Die miserablen hygienischen Zustände verursachten<br />
zahlreiche Krankheiten. Schliesslich<br />
kam es zwischen den beengt zusammen-<br />
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