Tip 4 2013
Geschenktipps Adventtipps Einkaufsnacht
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Menschen<br />
Die Multiprofessionalität im Team ermöglicht<br />
es, die jeweilige familiäre Situation<br />
aus unterschiedlichen professionellen<br />
Blickwinkeln zu betrachten und<br />
bedarfsorientiert Unterstützung für die<br />
Kinder und Jugendlichen sowie deren<br />
Angehörige zu geben. „Wir achten besonders<br />
darauf, welche Lösungsansätze<br />
für schwierige Situationen in der Vergangenheit<br />
bereits gefunden wurden, welche<br />
sich bewährt bzw. nicht bewährt haben,<br />
welche Empfehlungen umgesetzt<br />
worden sind und welche nicht“, erläutert<br />
Diplomsozialarbeiterin Gabriele Haschka,<br />
Leiterin der Brücke.<br />
Beziehungsarbeit<br />
Rückzug und Auszeit<br />
Denn für die Brückenfunktion, die dieser<br />
Einrichtung zukommt, ist das, was<br />
war, ebenso wichtig wie das, was sein<br />
wird. Deswegen sind auch die Angehörigen<br />
als wichtige KooperationspartnerInnen<br />
ständig mit einbezogen. In Familienund<br />
Verlaufsgesprächen werden die Ressourcen<br />
der jeweiligen Familien erhoben<br />
und mit allen Beteiligten für die Familie<br />
sinnvolle Unterstützungen erarbeitet.<br />
„Die Erklärung der Problemzusammenhänge<br />
für mich und die professionelle<br />
Begleitung meiner traumatisierten<br />
Tochter waren sehr hilfreich“, bestätigt<br />
der Vater von Edith. Die Eltern besuchen<br />
die Kinder und Jugendlichen regelmäßig<br />
in der Brücke Hollabrunn, oft sind während<br />
des Aufenthalts auch mehrmalige<br />
Beurlaubungen nach Hause möglich.<br />
Bis zu acht Kinder und Jugendliche aus<br />
dem gesamten Weinviertel und darüber<br />
hinaus, vorrangig im Schulalter, können<br />
in der Brücke Hollabrunn gleichzeitig<br />
aufgenommen werden. Sie besuchen<br />
vorübergehend die am Areal gelegene<br />
NÖ Landessonderschule bzw. je nach<br />
Möglichkeit auch eine andere Schule<br />
in Holla brunn oder weiter ihre Stammschule.<br />
Vorschulkinder können in den<br />
Kindergarten gehen, Mädchen nach der<br />
Schulpflicht in den sozialpädagogischen<br />
Arbeitstrainingsbereichen des Landesjugendheimes<br />
schnuppern.<br />
„In der Brücke hat man mir gezeigt und<br />
bestätigt, welche Talente ich besitze, und<br />
mich aus meiner Krise herausgeholt.<br />
Mir wurde geholfen, meinen Weg zu finden,<br />
den ich gehen wollte“, erinnert sich<br />
Erich an die bereits fünf Jahre zurück liegende<br />
Zeit in der Brücke. „So bin ich in<br />
die HTL gekommen und werde dort im<br />
kommenden Jahr maturieren. Auch zu<br />
meinen Eltern habe ich nun wieder besseren<br />
Kontakt, weil sie sehen, dass ich<br />
meine Ausbildung schaffe.“<br />
Kommen und Gehen<br />
Erfolgserlebnisse wie dieses sind die<br />
wichtigste Kraftquelle für das insgesamt<br />
zehnköpfige Betreuungsteam, das rund<br />
um die Uhr im Einsatz steht. 250 Kinder<br />
und Jugendliche wurden bisher über<br />
die Brücke von einer akuten Krise hinüber<br />
in ein chancenreicheres Leben begleitet.<br />
Im Schnitt ist das ein Neuzugang<br />
pro Woche, wobei die Aufenthaltsdauer<br />
stark schwankt zwischen nur wenigen<br />
Tagen und mehreren Monaten.<br />
Bei Martin betrug sie knapp zwei Monate.<br />
Im Zuge der sozialen und psychologischen<br />
Diagnostik wird klar, dass er<br />
schwer legasthen ist und eine Spezialförderung<br />
braucht. Zusätzlich wird in vielen<br />
Gesprächen intensiv mit Vater und Mutter<br />
gearbeitet, die seit vielen Jahren getrennt<br />
sind und lernen müssen, ihre unterschiedlichen<br />
Erziehungsstile besser<br />
aufeinander abzustimmen. Die starken<br />
Abwertungen, die von Martins älterem<br />
Bruder kommen und ihn sehr aggressiv<br />
machen, werden mit den beiden Buben<br />
spielerisch bearbeitet.<br />
Eine Woche vor Schulbeginn kommt<br />
Martin wieder nachhause, die Sozialpädagogische<br />
Familienhilfe führt einmal<br />
pro Woche die im Krisenzentrum begonnene<br />
Veränderung im Umgang miteinander<br />
weiter. Martin kommt in eine<br />
Kleinklasse und erhält ein Legasthenietraining,<br />
sein Selbstwert wächst an, die<br />
geschwisterlichen Konflikte sinken auf<br />
ein übliches Maß. Martins Mutter sagt<br />
am Ende des Krisenaufenthaltes: „Ich<br />
habe mein Kind von einer ganz anderen<br />
Seite her kennen und wieder lieben gelernt.“<br />
Herbergsuche<br />
„Die Kinder und Jugendlichen, die zu uns<br />
kommen, sind in ihren familiären Beziehungen<br />
meist stark verunsichert. Durch<br />
die Auszeit in der Brücke können sie zur<br />
Ruhe kommen, die täglichen, zermürbenden<br />
Konflikte treten in den Hintergrund<br />
und oft wird wieder ein Aufeinander-Zugehen<br />
möglich“, erzählt Gabriele Haschka.<br />
Und nie wird diese Beziehungsebene einer<br />
härteren Belastungsprobe ausgesetzt als<br />
zu Weihnachten. „Da wird die Diskrepanz<br />
zwischen Wunschvorstellung und Realität<br />
am deutlichsten spürbar.“<br />
Deswegen suchen jedes Jahr auch kurz<br />
vor Weihnachten Kinder und Jugendliche<br />
Schutz im Krisenzentrum. Gleichzeitig<br />
verbringen aber viele bereits Aufgenommene<br />
zumindest einen Teil des<br />
Festes schon wieder bei ihrer Familie.<br />
Damit der Brückenschlag vom Heute<br />
zum Morgen gelingen möge. n<br />
Namen der Kinder und Jugendlichen geändert.<br />
„Im Krisenzentrum haben die<br />
mich so gesehen, wie ich bin.“<br />
Kevin<br />
Die Brücke übersiedelt demnächst in den<br />
Neubau des NÖ Landesjugendheimes Hollabrunn.<br />
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