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Konzentration im Energiesektor - Bund

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2. Situation vor der Liberalisierung<br />

2.1. Rechtlicher Rahmen der Monopolisierung<br />

bis 1998<br />

Mit der Gründung des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks<br />

AG (RWE) 1898, das erstmals die<br />

Stromversorgung als eigenständigen Wirtschaftsfaktor<br />

betrieb, begann die Zentralisierung, Monopolisierung und<br />

Aufteilung der deutschen Stromversorgung. Auffallend ist<br />

die damalige Abstinenz der staatlichen Moderation der<br />

Energiewirtschaft in Deutschland. 2 Der Staat intervenierte<br />

erst <strong>im</strong> Ersten Weltkrieg, als die Elektrizität insbesondere<br />

zur Stickstoff und Aluminiumproduktion kriegswirtschaftliche<br />

Bedeutung erlangte. Signifikant sind die<br />

unter schiedlichen staatlichen Strategien zur Regulierung<br />

des Strommarktes in Europa. Während in Großbritannien<br />

der Staat selbst ein nationales Überleitungsnetz errichtete<br />

und die Stromversorgung 1926 teilweise und 1946<br />

völlig verstaatlichte, griff der deutsche Staat lediglich<br />

privatwirtschaftlich als Unternehmer ein 3 .<br />

Erst das Energiewirtschaftsgesetz des nationalsozialistischen<br />

Deutschlands von 1935, das bis 1998 Gültigkeit<br />

besaß, formulierte einheitliche energiewirtschaftliche<br />

Ziele und vereinheitlichte die Verwertungsbedingungen<br />

der Energiewirtschaft <strong>im</strong> Reich. Das Gesetz unterstellte<br />

die weiterhin privatwirtschaftlich organisierte<br />

Energiewirt schaft direkt dem Reich, richtete sie auf die<br />

kriegswirt schaftlichen Pläne aus und stärkte die Monopole.<br />

So konnte bis zur Liberalisierung 1998 der Betreiber<br />

einer Eigenanlage den Anschluss an das Netz des<br />

Versorgers und die Versorgung aus dem Netz nur in dem<br />

Ausmaß und zu den Bedingungen verlangen, die dem<br />

Netzbetreiber wirtschaftlich zumutbar waren. Geregelt<br />

wurde dies durch die umstrittene 5. Durchführungsverordnung<br />

vom 21.10.1940, die aus kriegswirtschaft lichen<br />

Gründen den Zweck verfolgte, die industrielle Eigenversorgung<br />

soweit wie möglich zurück zu drängen.<br />

Dieses Gesetz, das den marktbeherrschenden Kapitalformationen<br />

ein hohes Maß an unternehmerischer<br />

Willkür gegenüber schwächeren Marktteilnehmern<br />

zusicherte, war prägende Grundlage der Entwicklung des<br />

<strong>Energiesektor</strong>s in der <strong>Bund</strong>esrepublik bis zur Novellierung<br />

des Energiewirtschaftsgesetzes vom 29.04.1998.<br />

Demarkationsverträge sicherten den Verbundgesellschaften<br />

feste Absatzgebiete, in denen sie das alleinige<br />

Lieferrecht hatten. Den ersten „Elektro-Frieden“ schloss<br />

2<br />

Die RWE war eine private Gründung durch die Elektrizitäts AG (vorher<br />

W. Lahmeyer & Co.) und der Deutsche Gesellschaft für elektrische<br />

Unternehmungen. 1902 erwarben August Thyssen und Hugo Stinnes<br />

mittels eines von ihnen geführten Konsortiums unter Beteiligung der<br />

Deutschen Bank, der Dresdner Bank und der Disconto-Gesellschaft die<br />

Mehrheit an der RWE.<br />

3<br />

Das unternehmerische Vermögen wurde – anders als das der<br />

Reichsbahn – nicht als Sondervermögen des Staates geführt, sondern<br />

der Staat war lediglich Aktionär. Diese Rolle des Staates als privatwirtschaftlicher<br />

Unternehmer hat Kontinuität in Deutschland, die Beispiele<br />

reichen vom Volkswagenwerk über den VEBA-Konzern bis hin zu EADS.<br />

das RWE mit dem Elektrizitätswerk Westfalen (später<br />

VEW) am 10.März 1908. Über solche Verträge wurde die<br />

gesamte <strong>Bund</strong>esrepublik und später auch das Gebiet der<br />

ehemaligen DDR unter den großen Verbundgesellschaften<br />

aufgeteilt.<br />

Mit den Kommunen wurden exklusive Konzessionsverträge<br />

geschlossen, in denen die Kommunen den Energieunternehmen<br />

das Recht zusicherten, Stromleitungen<br />

auf kommunalem Gebiet zu bauen und zu unterhalten.<br />

Die Kommunen erhielten dafür Konzessionsabgaben und<br />

verpflichteten sich, ausschließlich dem Konzessionsnehmer<br />

dieses Recht zuzugestehen.<br />

Durch ihre Marktposition beherrschten die Verbundunternehmen<br />

die Beziehungen zu den nachgeordneten<br />

Verteilstrukturen, an denen sie selbst größtenteils<br />

auch ökonomisch beteiligt waren und die der Durchsetzung<br />

ihrer Interessen dienen. Aber auch dort, wo<br />

den Verbund unternehmen noch relativ eigenständige<br />

Strukturen in Form von kommunalen Energieversorgungsunternehmen<br />

(EVU) mit eigener Energieproduktion<br />

gegenüber standen, zwang der Netzverbund den kleineren<br />

Partnern die Interessen der Verbundträger auf.<br />

Die Absicherung der kommunalen Stromversorgung bei<br />

Leistungsausfällen oder unerwarteten Lastspitzen - aus<br />

der Sicht der kommunalen EVU zur Vermeidung aufwändiger<br />

Reservehaltung wünschenswert - koppelten<br />

die Verbundunternehmen regelmäßig mit einer vertraglichen<br />

Vereinbarung, einen best<strong>im</strong>mten Prozentsatz des<br />

kommu nalen Bedarfes vom Verbund-EVU zu beziehen,<br />

egal, ob die kommunalen Unternehmen dies <strong>im</strong> Normalfall<br />

benötigten. Die Möglichkeit, von einem anderen,<br />

als dem für das kommunale EVU zuständigen Verbundunternehmen,<br />

Strom zu beziehen, bestand aufgrund der<br />

Demar kationsverträge nicht.<br />

2.2. Rolle der Politik bei der <strong>Konzentration</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Energiesektor</strong> nach 1945<br />

Die Energiepolitik der <strong>Bund</strong>esregierung war geprägt von<br />

staatlicher Absicherung der Monopolprofite durch<br />

Preisaufsicht, Gebietsmonopole, Kohlepfennig, Entsorgungsrückstellungen<br />

und der staatlich moderierten<br />

Reorganisation des <strong>Energiesektor</strong>s.<br />

Eigentlich sollten eine staatliche Preisaufsicht und<br />

kartellrechtliche Überprüfungen die Nachfrager in einem<br />

monopolisierten Markt vor überhöhten Preisen schützen.<br />

Tatsächlich ist die Preisaufsicht erst 2005 und 2006 als<br />

Verbraucherschutzinstrument genutzt worden, zu einem<br />

Zeitpunkt, als die Abschaffung bereits beschlossen war.<br />

Vorausgegangen waren juristische Schritte von GaskundInnen<br />

und eine breite mediale Auseinandersetzung<br />

über überhöhte Preisforderungen der Energieunternehmen.<br />

Bis dahin ist die Preisaufsicht lediglich zur<br />

Sicherung der Monopolprofite der Unternehmen genutzt<br />

worden. „Man muss auch sehen, dass diese Expansionspolitik<br />

offenbar aus den Strom- und Gaspreisen finanziert<br />

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