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Konzentration im Energiesektor - Bund

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Kurzfassung<br />

1. Vor der Liberalisierung der Energieversorgung war<br />

die Stromerzeugung in Deutschland in den Händen<br />

von acht Verbundunternehmen, abgesichert durch<br />

Demarkationsverträge und Konzessionsverträge. Sie<br />

beherrschten die Beziehungen zu den nachge ordneten<br />

Verteilstrukturen. Teils privat, teils mit staatlichem<br />

Anteil, agierten die Unternehmen nach rein privatwirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten.<br />

2. Die Energiepolitik der <strong>Bund</strong>esregierung war geprägt<br />

durch staatliche Absicherung der Monopolprofite<br />

durch Preisaufsicht, Gebietsmonopole, Kohle pfennig<br />

und Entsorgungsrückstellungen. Infolgedessen<br />

zeichnete sich dieser Sektor durch eine beispiellose<br />

Kapitalliquidität auf, die zur Herausbildung von riesigen<br />

Mischkonzernen führte, da das Kapital nicht mehr<br />

gewinnbringend in den stagnierenden <strong>Energiesektor</strong><br />

investiert werden konnte.<br />

3. Im Zuge der Liberalisierung des <strong>Energiesektor</strong>s<br />

1998 verzichtete die <strong>Bund</strong>esregierung auf Eingriffe in<br />

die Struktur und regulatorische Maßnahmen. So standen<br />

sich auf einem „freien Markt“ Konkurrenten mit<br />

riesiger Machtdisparität gegenüber. Folgerichtig wurde<br />

ein starker <strong>Konzentration</strong>sprozess in Gang gesetzt.<br />

4. Die Liberalisierung bot die Chance, das lukrative<br />

Kerngeschäft in nationalem und europäischem<br />

Maßstab auszuweiten. Im Zuge der Restrukturierungen<br />

wurden alle energiefremden Sparten verkauft.<br />

Gleichzeitig wurden die Unternehmen zu vollständig<br />

integrierten Konzernen ausgebaut, die sämtliche<br />

Ebenen der Erzeugung, Verteilung und Endkundenverkauf<br />

<strong>im</strong> Stromsektor und teilweise <strong>im</strong> Gassektor in<br />

sich vereinigen. An die Stelle eines Wettbewerbs um<br />

Marktanteile ist der Wettbewerb um Unternehmensanteile<br />

in internationalem Maßstab getreten. So wird<br />

die Liberalisierung nur kurzfristig zu mehr Wettbewerb<br />

auf dem europäischen Energiemarkt führen, mittelfristig<br />

wird er von einigen wenigen Global Playern<br />

dominiert werden.<br />

5. Der deutsche Energiemarkt wird dominiert von dem<br />

Duopol E.ON und RWE, sowie von Vattenfall Europe<br />

und der EnBW. Diverse <strong>Konzentration</strong>sstudien belegen<br />

eine deutliche Zunahme des <strong>Konzentration</strong>sgrades <strong>im</strong><br />

<strong>Energiesektor</strong>.<br />

6. Viele kommunale Versorgungsunternehmen wurden<br />

anteilig oder komplett verkauft. Auch der Erwerb von<br />

Minderheitenanteilen an den Stadtwerken ist mittlerweile<br />

unter die verschärfte Aufsicht des <strong>Bund</strong>eskartellamtes<br />

geraten, da auch relativ niedrige Anteilskäufe<br />

in der Regel als strategische Beteiligung, mit<br />

erheblichem Einfluss auf die Wettbewerbssituation<br />

angesehen werden.<br />

7. Die Stadtwerke haben auf den liberalisierten Energiemarkt<br />

in vielfältiger Weise reagiert, fusioniert oder<br />

sich zu Kooperationen wie <strong>im</strong> 8KU oder der Trianel<br />

zusammengeschlossen. Viele sind bundesweit oder<br />

international aktiv.<br />

8. Der Gassektor weist einen noch höheren <strong>Konzentration</strong>sgrad<br />

aus. E.ON Ruhrgas, RWE, Wingas,<br />

Verbundnetz Gas, Exxon Mobil und Shell halten<br />

zusammen über 80 % der inländischen Förderkapazitäten,<br />

zwischen 90 und 100 % der Importmengen<br />

und etwa 80 % der Speicherkapazitäten.<br />

9. Die Marktmachtkonzentration führt zu Extraprofiten<br />

auf dem Regelenergiemarkt, ermöglichte die<br />

vollständige Einpreisung der kostenlos ausgegebenen<br />

CO2-Zertifikate und erleichtert Manipulationen an der<br />

Strombörse. Die Preise für die Regelenergie sind um<br />

bis zu 300 % gestiegen, der durchschnittliche Spotpreis<br />

an der Strombörse lag 2005 um ca. 80 % höher<br />

als 2002. Nutznießer sind insbesondere die Besitzer<br />

abgeschriebener Großkraftwerke, die ihren Strom<br />

zum teuren Grenzkostenpreis verkaufen können.<br />

Die Manipulationsmöglichkeiten an der Strombörse<br />

werden durch fehlende Transparenzvorschriften und<br />

mangelnde Börsenaufsichtsregelungen befördert.<br />

10. Die Verflechtungen zwischen Energiewirtschaft<br />

und Politik sind langjährig, vielfältig und wirkungsvoll.<br />

Insbesondere die mächtigen Energiekonzerne pflegen<br />

einen stetigen ideellen und personellen Austausch mit<br />

den verschiedenen politischen Ebenen und beeinflussen<br />

so die Energiepolitik zugunsten ihrer Profitinteressen.<br />

11. Die Geschäftsentscheidungen der Konzerne<br />

richten sich nicht nach Fragen einer umwelteffizienten<br />

Energieversorgung, sondern nach der größtmöglichen<br />

Renditeerzielung. Sie halten an den alten Atom- und<br />

Kohlekraftwerken fest und planen den Neubau von<br />

Kohlekraftwerken in zweistelliger Größenordnung.<br />

Gerade die zentralistische Struktur ihrer Energieversorgung<br />

verhindert den Ausbau der Kraft-Wärme-<br />

Kopplung und die Nutzung dezentraler Potenziale.<br />

12. Ein wichtiger struktureller Eingriff ist die vertikale<br />

Entflechtung der Energiewirtschaft bei gleichzeitiger<br />

Überführung der Netze in die öffentliche Hand.<br />

Dadurch wird die Möglichkeit verwehrt, die Verfügbarkeit<br />

der Energie-Infrastruktur, die elementar zur<br />

Daseinsvorsorge gehört, einer privatwirtschaftlichen,<br />

rein auf die Rendite ausgerichteten Geschäftspolitik<br />

unterzuordnen.<br />

13. Weiterhin muss eine Entflechtungsmöglichkeit in<br />

das bundesdeutsche Recht eingeführt werden. Eine<br />

Entflechtungsregelung kann sich an den hessischen<br />

Gesetzentwurf anlehnen. Allerdings sollte bereits das<br />

Vorhandensein einer marktbeherrschenden Stellung<br />

als Aufgreifgrund ausreichen und von der Einführung<br />

eines Ministerdispenses abgesehen werden.<br />

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