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Konzentration im Energiesektor - Bund

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Aufschläge von über 30 % aufweisen. (…) Auch bei<br />

Berücksichtigung der Opportunitätskosten für CO2-<br />

Zertifikate in den Grenzkosten der Erzeugung ergeben<br />

sich vergleichbare Ergebnisse wie <strong>im</strong> Jahr 2004: Die<br />

Preisaufschläge auf die Grenzkosten zu Peakzeiten<br />

liegen <strong>im</strong> Jahresdurchschnitt für 2005 bei 13,5 % und<br />

in der ersten Jahreshälfte 2006 sogar bei 24,5 %. Mit<br />

steigender Last steigen auch die Aufschläge auf die<br />

Grenzkosten.“ 62<br />

Seit Beginn der Handelstätigkeit an der EEX sind so<br />

die Spotpreise kontinuierlich gestiegen. Der durchschnittliche<br />

Spotpreis des Jahres 2005 lag um ca.<br />

80 % höher als in 2002.<br />

Es wird schon länger vermutet, dass diese Preisaufschläge<br />

nicht nur Folge der Monopolstellung der<br />

Energiekonzerne, sondern auch von gezielten Manipulationen<br />

sind. Inzwischen sind sowohl das <strong>Bund</strong>eskartellamt,<br />

als auch die EU-Wettbewerbskommissarin<br />

aktiv geworden. Sie haben <strong>im</strong> vergangenen Jahr die<br />

Zentralen von RWE und E.ON durchsucht und Akten<br />

und Computer beschlagnahmt. Der Vorwurf: Die<br />

Vorstände von RWE und E.ON hätten sich regelmäßig<br />

getroffen, um ihr Verhalten an der Strombörse und darüber<br />

hinaus abzusprechen. Ein illegales Kartell also.<br />

Frontal21 hat in seiner Sendung am 6. November<br />

2007 aus einem vertraulichen Bericht des <strong>Bund</strong>eskartellamtes<br />

zitiert: „Es kann durch die Asservate<br />

nachgewiesen werden, dass sich E.ON und RWE<br />

gegenseitig regelmäßig über wirtschaftliche Unternehmenskennziffern<br />

und –strategien informieren, um<br />

dem jeweils anderen Duopolpartner eine gleichgerichtete<br />

oder daran angepasste strategische Ausrichtung<br />

zu ermöglichen“ 63<br />

Eine wichtige Manipulationsmöglichkeit ist die gezielte<br />

Zurückhaltung von billigen Kraftwerkskapazitäten.<br />

Dies geschieht einerseits durch die oben beschriebene<br />

überhöhte Vorhaltung für die Regelenergie. Andererseits<br />

können die großen Energieversorger durch die<br />

Drosselung der Produktion in kostengünstigen Kraftwerken<br />

den Preis nach oben treiben. Es muss dabei<br />

nur ausreichend billige Kapazität angeboten werden,<br />

dass die Spanne zwischen dem Börsenpreis, der vom<br />

Grenzkostenkraftwerk best<strong>im</strong>mt wird und den Durchschnittskosten<br />

der Stromproduktion möglichst hoch<br />

ist. Hierfür sind Absprachen zwischen den Konzernen<br />

hilfreich. Von London Economics wurde untersucht,<br />

ob Kapazitätszurückhaltungen die Ursachen für die<br />

Preisaufschläge über den Grenzkosten sind. „Tendenziell<br />

waren die Abweichungen bei Kraftwerken, welche<br />

die Pr<strong>im</strong>ärenergieträger Kohle und Uran nutzen,<br />

besonders hoch. Diese Kraftwerke mit vergleichsweise<br />

geringen variablen Kosten produzieren gemäß<br />

den Berechnungen häufiger unterhalb ihrer opt<strong>im</strong>alen<br />

Auslastung, als das bei kostenintensiveren Kraftwerken<br />

der Fall war. Die Ergebnisse dieser Untersuchung<br />

62<br />

v. Hirschhausen u.a., a.a.O. S. 41f.<br />

63<br />

Judzikowski, Steffen / Koberstein, Hans: Teurer Kartell-Strom – Absprachen<br />

der Monopolisten aufgedeckt., Manuskript Frontal 21 vom<br />

6.11.2007.<br />

indizieren, dass von den betrachteten Unternehmen<br />

gezielt Kapazitäten mit niedrigeren variablen Kosten<br />

zurückgehalten wurden.“ 64<br />

Nutznießer sind hierbei insbesondere die Besitzer<br />

abgeschriebener Großkraftwerke. Nach Angaben des<br />

Öko-Institutes 65 belaufen sich die Herstellungskosten<br />

bei einem abgeschriebenen Atomkraftwerk auf etwa<br />

10.- € /MWh. Be<strong>im</strong> Kohlekraftwerk Jänschwalde von<br />

Vattenfall sind das etwa 15.- €/MWh. Verkauft wird<br />

dann zu Preisen um die 55.- €/MWh. Damit werden<br />

alte Kraftwerke zu einem extrem lukrativen Geschäft,<br />

was auch erklärt, warum die Energiekonzerne unbedingt<br />

die Laufzeitverlängerung alter AKW durchsetzen<br />

wollen. Immerhin bringt jeder Tag Volllast, je nach<br />

Größe des Atomkraftwerkes, ½ bis 1 Million Euro<br />

Gewinn. 66<br />

Die Manipulationsmöglichkeiten an der Börse sind,<br />

wenn nicht politisch gewollt, dann aber durch die<br />

gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen befördert:<br />

„Die Terminmarktgeschäfte der EEX unterliegen<br />

als längerfristige Finanzderivate dem Wertpapierhandelsgesetz<br />

(WpHG). Dieses Gesetz ermöglicht es<br />

der zuständigen Aufsichtsbehörde (<strong>Bund</strong>esanstalt<br />

für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin), Insidergeschäfte<br />

nach §§ 14, 38 WpHG und Marktmanipulationen<br />

nach §§ 20a, 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zu<br />

ahnden. Das Wertpapierhandelsgesetz findet jedoch<br />

keine Anwendung auf dem kurzfristigen physischen<br />

EEX-Spotmarkt. Gerade auf die Spotmarktpreise<br />

beziehen sich jedoch die geäußerten Manipulationsvorwürfe.<br />

Ein nichtwettbewerbliches Verhalten auf<br />

dem EEX-Spotmarkt könnte nur durch die allgemeinen<br />

kartellrechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen<br />

Wettbewerbsbeschränkungen bzw. nach europäischem<br />

Wettbewerbsrecht geahndet werden. Spezielle<br />

Transparenzvorschriften für die Handelsteilnehmer an<br />

der EEX sind weder <strong>im</strong> Börsengesetz noch <strong>im</strong> Wertpapierhandelsgesetz<br />

vorgesehen.“ 67<br />

4.1.3. Einpreisung der CO 2<br />

-Zertifikate<br />

Am 1. Januar 2005 ist in der Europäischen Union<br />

der Handel mit „Verschmutzungsrechten“, der CO2-<br />

Emissionshandel, gestartet worden. Die Unternehmen<br />

dürfen Kohlendioxid nur insoweit ausstoßen, als sie<br />

dafür die nötigen Rechte besitzen. Wer vergleichsweise<br />

sauber produziert, kann seine überschüssigen<br />

Zertifikate verkaufen. Die Mitgliedsstaaten müssen<br />

Nationale Allokationspläne aufstellen, in denen sie<br />

sowohl die Gesamtmenge der Zertifikate als auch<br />

64<br />

Sondergutachten der Monopolkommission, a.a.O., S.65.<br />

65<br />

Siehe Judzikowski, Steffen / Koberstein, Hans: Das Kartell – Im Griff<br />

der Energiekonzerne, Manuskript Frontal 21 vom 14.08.2007.<br />

66<br />

„Der Gewinn lässt sich anhand bekannter Daten grob überschlagen:<br />

Das Kraftwerk Krümmel zum Beispiel hat eine Leistung von 1.350<br />

Megawatt, kann somit am Tag gut 32 Millionen Kilowattstunden Strom<br />

erzeugen. Die Kilowattstunde wird aktuell an der Strombörse <strong>im</strong><br />

Jahresmittel für rund 5,5 Cent gehandelt, womit die tägliche Stromproduktion<br />

nur dieses einen Atomkraftwerks dem Besitzer Vattenfall<br />

fast 1,8 Millionen Euro an Einnahmen bringt.“ Janzing, Bernward: Das<br />

goldene Ende der Laufzeiten, taz 20.07.2007.<br />

67<br />

Sondergutachten der Monopolkommission, a.a.O., S.61.<br />

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