Konzentration im Energiesektor - Bund
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4. Folgen der <strong>Konzentration</strong><br />
Die <strong>Konzentration</strong>, Monopolisierung bzw. Oligopolisierung<br />
in der Energiewirtschaft muss vor allem unter<br />
drei Gesichtspunkten diskutiert werden: Der Bedeutung<br />
einer sicheren und preiswerten Energieversorgung<br />
in einer hochentwickelten Industriegesellschaft,<br />
deren Mitglieder in hohem Maße von Energie abhängig<br />
sind, der <strong>Konzentration</strong> von wirtschaftlicher und<br />
politischer Macht und der Notwendigkeit die Energieversorgung<br />
auf möglichst wenig Ressourcenverbrauch<br />
und möglichst wenig Schadstoffeintrag in die Umwelt<br />
umzustellen.<br />
4.1. Auswirkungen der Marktmacht auf<br />
den Preis<br />
Extraprofite durch Monopolgewinne auf Kosten der<br />
Verbraucherinnen und Verbraucher, privat wie<br />
gewerblich, zementieren die wirtschaftliche Macht<br />
oligopolistischer bzw. monopolistischer Kapitalfigurationen,<br />
zulasten anderer Wirtschaftsteilnehmer,<br />
zulasten der Preise anderer Produkte und zulasten der<br />
Allgemeinheit.<br />
Im Kapitel 2.2. wurden bereits die Instrumente aufgezeigt,<br />
mit denen in den Jahren der Monopolsituation<br />
<strong>im</strong> Strom- und Gassektor staatlich abgesicherte Extraprofite<br />
erzielt und damit die finanzielle Basis für die<br />
<strong>Konzentration</strong>sentwicklung geschaffen wurde. Auch<br />
vor der Liberalisierung mussten überhöhte Preise für<br />
Strom und Gas bezahlt werden. Man denke allein an<br />
die 30 % Kraftwerks-Überkapazitäten, die auf die Kunden<br />
umgelegt werden konnten. Diese Reservehaltung<br />
ist auch heute noch zu hoch. Die installierte Leistung<br />
beläuft sich auf 100.000 MW. In Spitzenzeiten werden<br />
höchstens 75.000 MW abgefragt. Der UCTE fordert<br />
lediglich 10 % Reservekapazitäten, d.h. 15 % der<br />
installierten Leistung sind überflüssig.<br />
Mit der Liberalisierung und dem damit eingeleiteten<br />
Wettbewerb um die Endkunden ging eine vorübergehende<br />
Preissenkung einher. Seit dem <strong>Konzentration</strong>sschub<br />
2001 steigen die Preise jedoch wieder deutlich an.<br />
Es gilt zu untersuchen, inwieweit der Preisanstieg<br />
Folge der Marktmachtkonzentration ist und welche<br />
Mechanismen dabei wirken.<br />
4.1.1. Preisfindung auf dem deutschen<br />
Elektrizitätsmarkt<br />
Im deutschen Elektrizitätsmarkt muss unterschieden<br />
werden zwischen dem Spotmarkt und dem langfristigen<br />
Terminmarkt, die beide an der Strombörse in<br />
Leipzig EEX gehandelt werden und dem Regelenergiemarkt,<br />
der separat läuft. Teilleistungen desselben<br />
Kraftwerks können auf unterschiedlichen Märkten<br />
verkauft werden.<br />
Der Regelenergiemarkt dient der Netzstabilität und der<br />
Versorgung der Verbraucher mit elektrischer Energie<br />
bei unvorhergesehenen Ereignissen. Im gesamten<br />
Stromnetz muss in jedem Augenblick soviel Strom<br />
erzeugt werden, wie verbraucht wird, um die Netzfrequenz<br />
stabil zu halten. In der Summe der stark schwankenden<br />
Einzelverbräuche ergibt sich ein prognostizierbarer<br />
Gesamtverbrauch, mit typischen Schwankungen<br />
über den Tag verteilt. Bei Ausfall eines Kraftwerks oder<br />
unvorhergesehenen Verbrauchsentwicklungen reagieren<br />
die großen Kraftwerke automatisch, um das Ansteigen<br />
oder Absinken der Netzfrequenz auszugleichen.<br />
Die <strong>Bund</strong>esrepublik Deutschland ist in vier Regelzonen<br />
aufgeteilt, in denen jeweils einer der vier großen<br />
Netzbetreiber die Verantwortung für die Bereitstellung<br />
der Regelenergie hat. Die Beschaffung von Regelenergie<br />
erfolgt durch ein gemeinsames Ausschreibungsverfahren<br />
der großen Vier.<br />
Der Preis für die Regelenergie setzt sich aus einem<br />
Leistungspreis und einem Arbeitspreis zusammen.<br />
Der Leistungspreis muss in vollem Umfang dafür<br />
bezahlt werden, dass die Kapazitäten vorgehalten<br />
werden, unabhängig, ob sie auch gebraucht werden.<br />
Der Arbeitspreis fällt nur bei tatsächlicher Nutzung<br />
an. Der Leistungspreis wird auf die Netzkosten aufgeschlagen,<br />
der Arbeitspreis den Bilanzkreisverantwortlichen<br />
53 in Rechnung gestellt. Beides zahlt natürlich<br />
letztlich der Endverbraucher. Bei den Anbietern der<br />
Regelenergie handelt es sich vornehmlich um Konzernschwestern<br />
der Übertragungsnetzbetreiber. Die<br />
Übertragungsnetzbetreiber können die anfallenden<br />
Leistungsentgelte für das Vorhalten von Regelenergie<br />
<strong>im</strong> Rahmen der aktuellen Netzentgeltgenehmigungsverfahren<br />
in vollem Umfang als Kosten geltend machen.<br />
Die Arbeitsentgelte werden von ihnen wiederum<br />
in ihrer Gänze den Bilanzkreisverantwortlichen in<br />
Rechnung gestellt. Deshalb stellen die Regelenergiekosten<br />
für die Übertragungsnetzbetreiber einen<br />
durchlaufenden Posten dar, der ihre Gewinne nicht<br />
beeinflusst. (...) Die Kraftwerksbetreiber als Konzernschwestern<br />
können aber gleichzeitig durch hohe<br />
Regelenergiepreise beachtliche Gewinne erzielen,<br />
wodurch auch dem Ziel der Gesamtgewinnmax<strong>im</strong>ierung<br />
der Konzernmutter Rechnung getragen wird.<br />
Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass<br />
sich auf dem Regelenergiemarkt Preise einstellen, die<br />
deutlich über dem Wettbewerbspreisniveau liegen“ 54<br />
„In Deutschland machen die Kosten der Regelenergie<br />
nach Behauptung der Übertragungsnetzbetreiber<br />
mittlerweile 40 % der Übertragungsnetzentgelte <strong>im</strong><br />
53<br />
Bilanzkreise sind virtuelle Gebilde, für die ein Ausgleich zwischen<br />
Einspeisung und Entnahme gegenüber dem jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber<br />
(ÜNB) durchzuführen ist. Der Bilanzkreisverantwortliche<br />
übern<strong>im</strong>mt als Schnittstelle zwischen Netznutzern und Übertragungsnetzbetreiber<br />
die wirtschaftliche Verantwortung für Abweichungen<br />
zwischen Einspeisungen und Entnahmen eines Bilanzkreises.<br />
54<br />
Sondergutachten der Monopolkommission, a.a.O., S. 87.<br />
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