Broschüre - Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar
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In den ersten Jahren bildete der Zuschuss des ABP, Förderinstrument<br />
der Protestanten für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit<br />
im Inland, und die Gruppenberatung der<br />
Weltläden das finanzielle Rückgrat. Erst langsam kam es durch<br />
beharrliches Werben vieler in ihren Institutionen, aber vor<br />
allem durch viel Klinkenputzen von Dietrich Polster, zu mehr<br />
Mitgliedern und mehr Zuschüssen für unser <strong>Netz</strong>.<br />
Die Beschäftigung mit und die Unterstützung der Weltladenbewegung<br />
führte schließlich auch dazu, dass noch eine weitere<br />
Stelle in Trier bei der Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) eingerichtet<br />
werden konnte. Monika Gramse hat hier die Weltläden,<br />
Aktionsgruppen und Schulen in der Region um Trier bis<br />
ins <strong>Saar</strong>land zum Fairen Handel betreut und beraten. Sie hat<br />
das Ökumenische <strong>Netz</strong> in den bundesweiten Zusammenschlüssen<br />
zur Gruppenberatung und zum Fairen Handel vertreten,<br />
Impulse von der Basis an die Fair-Handelsorganisationen getragen,<br />
aber auch Anstöße zur Professionalisierung weiter gegeben,<br />
die meistens zur Erzielung von mehr Umsatz beitrugen.<br />
In diese Zeit fiel auch die Gründung der Siegelorganisation<br />
Transfair, die wesentlich zur Ausweitung des Fairen Handels<br />
in die Supermärkte beigetragen hat. Die kritische Auseinandersetzung<br />
mit diesem Ansatz des Fairen Handels, hier das<br />
stichhaltige Argument Alibi- und Promotionsfunktion für die<br />
(Kaffee-)Konzerne zu liefern und immer weniger Informationsarbeit<br />
und Bewusstseinsänderungen zum Ziel zu haben,<br />
führte schließlich später dazu, dass das <strong>Netz</strong> ganz aus diesem<br />
Arbeitsbereich ausstieg.<br />
Neben den lokalen und regionalen Ereignissen, Konversion des<br />
Flughafens Hahn, Heilig Rock Wallfahrt, Aufnahme von<br />
Flüchtlingen aus dem Kosovo und Serbien, Seminaren und Tagungen<br />
zur Wirtschaftsform und Aktionswochen zu Afrika sind<br />
mir noch deutlich die gesamtdeutschen Ökumenischen Versammlungen<br />
in Erinnerung, die sich im Wesentlichen mit der<br />
Frage nach Alternativen für ein ökonomisches System befassten,<br />
das weltweite Gerechtigkeit schaffen soll.<br />
Es ging 1991 mit der ersten gesamtdeutschen Ökumenischen<br />
Versammlung unter dem Motto „Einheit die WIR meinen“<br />
los. Neben der Beteiligung an der Vorbereitung und Durchführung<br />
der Versammlung war das <strong>Netz</strong> an der vorgeschalteten<br />
Workshopwoche zum Dialog über die zukünftige<br />
Wirtschaftsweise zwischen Basisgruppen Ost- und West-<br />
Deutschlands beteiligt. Etliche Impulse aus einer kritischen<br />
Gesellschaftsanalyse konnten in Übereinstimmung mit den<br />
Menschen aus der Basisbewegung in der ehemaligen DDR gemeinsam<br />
entwickelt werden. Später wurden viele Forderungen<br />
durch den rasanten wirtschaftlichen Vereinnahmungsprozess<br />
durch den Westen zunichte gemacht.<br />
„Unser Wirtschaftssystem wider Gottes Geist? Versöhnung<br />
braucht eine radikal veränderte Wirtschaftsweise“ war die<br />
Überschrift für die Basisversammlung im Augustinerkloster<br />
1996, die zur Vorbereitung der 2. Europäischen Ökumenischen<br />
Versammlung in Graz diente. Die Versammlung forderte<br />
eine Umverteilung von Macht, Arbeit und Eigentum und<br />
die volle Partizipation und Kontrolle an wirtschaftlichen Prozessen<br />
durch die Basis. Leider sind diese Positionen auf dem<br />
Weg nach Graz auf der Strecke geblieben.<br />
Wir führten auch die Auseinandersetzung, den Diskurs mit kirchenleitenden<br />
Menschen aus der Evangelischen Kirche im<br />
<strong>Rhein</strong>land (EKiR) in mehreren Konsultationen: 1994 in Bonn,<br />
1998 in Koblenz und 2002 in Bendorf. Das erste Treffen war<br />
sehr beschwerlich, zur Festlegung der Tagesordnung und des<br />
Tagungsortes wurden alleine sechs Treffen eines kleinen Vorbereitungskreises<br />
benötigt und dabei hatten die inhaltlichen<br />
Kontroversen noch gar nicht im Mittelpunkt gestanden. Es<br />
ging um die Stellungnahme zum Militärseelsorgevertrag, die<br />
Geldanlagen der Landeskirche, das Umwelthandeln im ‚Unternehmen‘<br />
Kirche und die Unterstützung ziviler Friedensdienste.<br />
Auch wenn das Eintreten für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung<br />
der Schöpfung in die Kirchenordnung der EKiR<br />
übernommen worden ist, würde ich der Einschätzung von Präses<br />
Schneider, die er anlässlich der 33. Friedenskonsultation in<br />
Königswinter 2012 gegeben hat, dass nämlich der „Konziliare<br />
Prozess“ in der Kirche angekommen ist und durch die personelle<br />
Besetzung von kirchenleitenden Positionen mit ehemals<br />
friedenspolitisch Aktiven auch eine konziliare Kraft in der Institution<br />
Kirche gewonnen hat, nicht unwidersprochen zustimmen.<br />
Nach wie vor erwarten und fordern wir klarere Stellungnahmen<br />
und eindeutiges Handeln zu den strittigen Fragen von unseren<br />
Kirchen, z.B. zur Einflussnahme der Bundeswehr auf die<br />
Erziehung unserer Kinder in Schulen, zum Zinssystem und der<br />
Kapitalmarktkrise bis hin zum eigenen Geldanlageverhalten<br />
oder dem Rüstungsexport sowie dem weltweiten Einsatz der<br />
Bundeswehr und der Beteiligung an Kriegen.<br />
Ulrich Suppus<br />
Amt für Jugendarbeit der Ev. Kirche im <strong>Rhein</strong>land<br />
„Vom 21. bis 24. Juni 2007 waren wir auf einer Wallfahrt unterwegs<br />
nach Mainz und Frankfurt. […] Im Dom wollten wir<br />
eines unserer aufmüpfigen Lieder singen, kamen auch bis rein,<br />
rollten auch noch unsere Transparente unter den strengen<br />
Augen einiger Besucher auseinander … aber als wir unsere<br />
Stimmen gefunden und so richtig ans Singen kamen, entriss<br />
uns der „Domschweizer“ unsere Transparente und schmiss uns<br />
aus den heiligen Hallen.“<br />
2007