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INFO 1/2002 - Institute for Theoretical Physics

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Auswirkungen<br />

* Wichtig ist auch, dass über die Finanzierungsfrage das in<br />

der Verfassung garantierte Recht der Freiheit von Lehre und<br />

Forschung weitgehend ausgehöhlt und zu einer Leer<strong>for</strong>mel<br />

wird. Denn wer wird es noch wagen, regierungskritische<br />

Stellungnahmen abzugeben, wenn zu befürchten ist, dass<br />

dies bei der Finanzierung eine Rolle spielen kann? Und wie die<br />

Beispiele zeigen - sie spielen eine massive Rolle.<br />

4. Die Folgen der Vollrechtsfähigkeit für die Studierenden<br />

Die Folgen der neoliberalen Bildungspolitik und der Vollrechtsfähigkeit<br />

der australischen Universitäten für die Studierenden<br />

sind vielfältig, haben aber gegenüber früher in<br />

jeder Hinsicht zu einer Verschlechterung geführt:<br />

4.1. Hohe Studiengebühren und Schulden am Ende des<br />

Studiums:<br />

Kostendeckende Studiengebühren sind für die Vollrechtsfähigkeit<br />

eine absolute Voraussetzung, da die Universitäten<br />

sonst keine eigenen Einnahmen zur Deckung ihres<br />

Aufwandes haben - der Staatszuschuss ist in der Regel nicht<br />

ausreichend. Es ist daher vorhersehbar, dass mit der Vollrechtsfähigkeit<br />

auch in Österreich sehr hohe Studiengebühren<br />

eingeführt werden. Wie hoch diese sein können, kann<br />

man derzeit in Australien erfahren.<br />

Sie reichen je nach Universität von ATS 120.000 (Jus) bis zu<br />

ATS 200.000,- (Medizin) pro Studienjahr. Insgesamt betragen<br />

die Kosten des Studiums zwischen 1-2 Mio. Schilling. Für<br />

australische Studierende wurde ein Studienkreditsystem eingerichtet,<br />

mit dem man die Studienkosten vorfinanzieren<br />

kann. Sobald man jedoch eine Anstellung gefunden hat und<br />

das Einkommen eine (relativ niedrige) Höhe überschritten<br />

hat, muss man diese Kosten in Form von höheren Steuern<br />

zurückzahlen. Ausländische Studierende zahlen in der Regel<br />

die vollen Studiengebühren, sofern es kein bilaterales Abkommen<br />

gibt. Diese Studenten sind sehr gefragt, weil sie<br />

massiv dazu beitragen, das Defizit zu verringern. In Australien<br />

sind das vor allem asiatische Studenten, die die vollen<br />

Studiengebühren zahlen. Allerdings: Wird die ausländerfeindliche<br />

Politik der FPÖ es zulassen, dass mehr ausländische<br />

Studenten nach Österreich kommen?<br />

4.2. Die sinkende Qualität des Studiums:<br />

Durch die Auflassung von <strong>Institute</strong>n und die Nichtnachbesetzung<br />

von Stellen wird das Angebot an Studienrichtungen<br />

und Lehrveranstaltungen systematisch geringer,<br />

denn <strong>Institute</strong> mit geringen StudentInnenzahlen werden<br />

aufgelöst. Dies ist durch den Kostendruck bedingt, der auf<br />

die <strong>Institute</strong> überwälzt wird. Die <strong>Institute</strong> bekommen pro<br />

Studierenden „Kopfgeld", d.h., je mehr Studierende, um so<br />

höher sind die Zuwendungen der Regierung. <strong>Institute</strong> mit<br />

niedrigen Studentenzahlen können ihre Kosten für Personal<br />

und Sachaufwand nicht decken und werden daher zuerst mit<br />

anderen zusammengelegt und dann aufgelöst. Das bedeutet<br />

einen Kahlschlag an sog. „Orchideenfächem", Spezialstudien<br />

oder weniger stark frequentierten Studienzweigen, die akade-<br />

misch vielleicht hochwertigste Forschung und Lehre betreiben,<br />

aber mit den Kosten nicht zurande kommen.<br />

4.3. Einkaufen ins Studium trotz niedriger Leistungen:<br />

Ein weiterer Aspekt der Ökonomisierung ist, dass Studierende,<br />

die die Aufnahmsprüfung für ein Studium nicht schaffen,<br />

sich durch höhere Studiengebühren dennoch einen Studienplatz<br />

erkaufen können, da die <strong>Institute</strong> auf hohe<br />

StudentInnenzahlen angewiesen sind. Das tun nur wenige<br />

australische, aber sehr viele ausländische Studierende. Diese<br />

Praxis senkt das Niveau und lässt an der Sinnhaftigkeit von<br />

guten Einstiegsleistungen zweifeln. An manchen Universitäten<br />

wurden innerhalb der Uni noch Privatunis eingerichtet,<br />

die noch zusätzliche Gebühren einheben.<br />

4.4. Studieren ohne Aussicht für einen Job im Fachbereich<br />

oder an der Universität:<br />

Wie weiter unten noch ausgeführt werden wird, studieren<br />

viele Studierende ohne Aussicht auf eine Stelle in ihrem<br />

Fachbereich, da es an den Universitäten nur ganz wenige<br />

oder gar keine Stellen gibt. Viele Fachbereiche sind bekanntlich<br />

Hilfswissenschaften für andere und daher nicht direkt in<br />

privatwirtschaftliche Jobs umsetzbar, für ein funktionierendes<br />

Universitätssystem aber dennoch unabdingbar. Für die<br />

StudentInnen wird das Studium so nicht zu einer Wahl<br />

entsprechend von Interesse und Talent, sondern zu einer<br />

Wahl zwischen mehr oder weniger nützlichen Fachrichtungen,<br />

deren Ausbildung aber fachlich immer dünner wird -<br />

denn das Personal wird weniger und die Infrastruktur aus<br />

Geldmangel nicht oder nicht ausreichend erneuert. Dies<br />

variiert aber je nach Fakultät und Universität.<br />

In Summe hat die Vollrechtsfähigkeit den australischen<br />

StudentInnen hohe Studiengebühren und ein schlechteres<br />

Studium gebracht und damit das Gegenteil dessen, was von<br />

RegierungspolitikerInnen gern behauptet wird.<br />

5. Die Folgen der Vollrechtsfähigkeit für die Uni-<strong>Institute</strong><br />

5.1. Strikte Kostenorientierung:<br />

Für die Universitätsinstitute gilt, wer viele StudentInnen hat,<br />

überlebt, wer weniger oder immer weniger hat, wird zusammengelegt<br />

oder aufgelöst und das Personal entlassen.<br />

5.2. Entlassung von Personal, Auflassung von <strong>Institute</strong>n,<br />

Nichtnachbesetzung von Stellen:<br />

Unmittelbare Folge des Kostendrucks, der ausschließlichen<br />

Orientierung an den StudentInnenzahlen und der damit verbundenen<br />

Einnahmen für das Personal sind in der ersten<br />

Phase die Auflassung von <strong>Institute</strong>n und damit verbundene<br />

Massenentlassungen.<br />

<strong>Institute</strong>, die „überleben", sind generell mit der Nichtnachbesetzung<br />

von Stellen konfrontiert, sowie einem drastischen<br />

Sinken der Ausbildungsqualität, weil bestehende Einrichtungen<br />

und die Infrastruktur nicht erneuert, Bücher und<br />

Fachzeitschriften nicht nachgekauft und Unterrichtspersonal<br />

nicht in ausreichender Zahl vorhanden ist.<br />

Teures Personal wird, wenn möglich, entweder entlassen, in<br />

1 /<strong>2002</strong><br />

BUKO I NFO<br />

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