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INFO 1/2002 - Institute for Theoretical Physics

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Auswirkungen<br />

Einnahmen verfügen. Das gesamte Personal (auch die<br />

Professorinnen) der ältesten Uni Australiens, der Sydney<br />

University, streikte im Jahre 2000 drei Tage lang, da es drei<br />

Jahre lang keine Lohnerhöhung gegeben hatte. Am Ende gab<br />

es für das laufende Jahr knapp 3 % Erhöhung. Dies allerdings<br />

auf Kosten anderer wichtiger Einrichtungen wie der Bibliotheken:<br />

Es werden seither weniger Bücher eingekauft, denn<br />

der Universität fehlt einfach das Geld.<br />

6.3. Hohe Arbeitsbelastung durch chronische personelle<br />

Unterbesetzung<br />

Viele Stellen werden aus Kostengründen einfach nicht nachbesetzt.<br />

Dies hat zu einer systematischen personellen Ausdünnung<br />

derUniversitäten und zu einer völligen Demotivation<br />

des Personals geführt, da vorhandene Stellen weiter abgebaut<br />

werden. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs gibt es<br />

damit keine Stellen und auch keine Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten.<br />

Man hat sich zwar mit viel Mühe qualifiziert,<br />

aber dem Qualifikationsprozess vergebens unterworfen. Eine<br />

weitere Folge davon ist, dass demnächst eine ganze Generation<br />

von Akademikerinnen in Pension gehen wird und es<br />

dafür keinen Ersatz gibt, da entsprechend qualifiziertes Personal<br />

fehlt. Auch dies wird von vielen Eingaben zur Parlamentskommission<br />

beklagt.<br />

6.4. Probleme bei der Beurteilung der Studierenden und<br />

bei der Aufrechterhaltung des fachlichen Niveaus der<br />

Ausbildung:<br />

Viele Lehrende klagen (hinter vorgehaltener Hand), dass sie<br />

fachlich schlechte Studentinnen aufgrund des Kostendrucks<br />

nicht entsprechend bewerten können, denn jede/r Studentin,<br />

die/der aus dem Studium wegen schlechter Noten hinausfällt,<br />

ist ein ökonomischer Verlust für das Institut. Die Folge sind<br />

zum Teil äußerst heterogene Leistungen, die sich hinter ein<br />

und demselben Abschlusszeugnis verbergen und ein graduelles<br />

Sinken des Kenntnisniveaus. Als Besonderheit kommt<br />

noch hinzu, dass Studentinnen, die volle Gebühren zahlen,<br />

die Uni klagen können, wenn sie nicht die entsprechende<br />

Hilfe erhalten, um die Prüfungen zu bestehen. Ein Universitätslehrer<br />

an der Universität Wollongong verlor vor kurzem seine<br />

Stelle, weil er in den Medien berichtet hat, dass die Noten von<br />

Studentinnen unberechtigterweise aufgebessert worden sind,<br />

damit sie die Prüfungen bestehen konnten.<br />

6.5. Der weitgehende Verlust der universitären<br />

Mitbestimmung<br />

Dem wissenschaftlichen Personal wurde die Mitbestimmung<br />

über die Gestaltung der Studien und des Universitätslebens<br />

an manchen Unis völlig entzogen, an den allermeisten stark<br />

eingeschränkt. Es gibt zwar Fakultätsversammlungen, diese<br />

sind aber so gut wie ohne Entscheidungsbefugnis, da die<br />

gesamte Machtbei den Vizerektorinnen und den DekanInnen<br />

liegt und nicht fachliche Überlegungen im Vordergrund stehen,<br />

sondern primär Kostenfragen. Die unmittelbare Folge<br />

sind weitere Demotivation und Orientierungslosigkeit sowie<br />

das Gefühl, keinen Einfluss auf die Gestaltung der eigenen<br />

Arbeit zu haben.<br />

Knapp zusammengefasst besteht die Situation des australischen<br />

Universitätspersonals darin, dass von ihm verlangt<br />

wird, für weniger Geld mehr zu arbeiten und die Arbeitssituation<br />

von großer Unsicherheit und Demotivation gekennzeichnet<br />

ist.<br />

7. Die Situation der Verwaltung und Führung<br />

der Universitäten<br />

7.1. Neue Strukturen: Vizerektoren und Universitätsrat<br />

Hier gibt es die einzigen Gewinnerinnen der Situation. An<br />

der Spitze der australischen Universitäten steht ein<br />

Universitätsrat, in dem keine Universitätsangehörigen, sondern<br />

Personen aus Wirtschaft und Gesellschaft vertreten<br />

sind. Sie bestimmen die allgemeine Politik der Universitäten,<br />

ohne aber von den An<strong>for</strong>derungen des Studienbetriebs<br />

wirklich Kenntnis zu haben. Die australischen Universitäten<br />

werden heute von den sogenannten Vice-Chancellors (geschäftsführende<br />

Vizerektorinnen) geführt, die keine<br />

Universitätsangehörigen sind. Sie haben von den strukturellen<br />

Veränderungen der frühen 1990erJahre profitiert, indem<br />

sie seither in der Lage sind, die Universitäten so gut wie ohne<br />

begleitende Kontrolle führen zu können. Weiters lässt sich<br />

feststellen, dass vielfach nicht die fachlich und akademisch<br />

Fähigsten in diese Positionen kommen, sondern gerade jene,<br />

die höchstens untermittelmäßige Leistungen vorzuweisen<br />

hatten, sich aber durch geschicktes Gruppenlobbying bzw.<br />

durch die Hilfe Befreundeter gleicher Gesinnung und Leistung<br />

in die entsprechenden Positionen vorarbeiten konnten.<br />

Das wurde mir anhand einiger drastischer Beispiele von<br />

australischen Kolleginnen vorgeführt.<br />

7.2. Enormer Machtzuwachs der Verwaltung<br />

Dies ergibt sich aufgrund strikter ökonomischer Richtlinien.<br />

Die Verwaltung, die bisher ein Hilfsmittel der wissenschaftlichen<br />

Tätigkeit war, wird plötzlich zur Instanz, die die Tätigkeit<br />

der akademischen Lehrerinnen in jeder Hinsicht überwacht<br />

und strikt darauf achtet, dass der Fehlbetrag, der sich<br />

aus dem Beitrag der Regierung und dem Betrieb der Universitätergibt,<br />

erwirtschaftet wird und die Verursacher ausfindig<br />

gemacht werden. Die Verwaltung verfügt daher völlig über<br />

das Personal, die <strong>Institute</strong> und die wirtschaftlichen Belange<br />

der Universität und ist dabei so gut wie keinen kontrollierenden<br />

Instanzen unterworfen. Die sichtbarste Folge davon ist<br />

eine massive Ausweitung des Verwaltungspersonals und<br />

ein enormer Machtzuwachs der Verwaltung insgesamt.<br />

7.3. Die Universität als Wirtschaftsbetrieb - Neugründungen<br />

mit ungewissem Erfolg<br />

Manche Universitäten haben mit großem Aufwand im In- und<br />

Ausland zahlreiche externe Campusse errichtet, um zu größeren<br />

Studentinnenzahlen zu kommen. Die Kosten dafür wurden<br />

dadurch aufgebracht, dass die Gehälter nicht erhöht, die<br />

Infrastruktur nicht erneuert und teures Personal entlassen<br />

und billigeres eingestellt wurde. Nicht immer lohnen sich<br />

diese neuen Campusse, wenn z.B. eine Wirtschaftskrise<br />

ausbricht und weniger zahlende Studierende kommen. Es ist<br />

1/<strong>2002</strong><br />

BUKO <strong>INFO</strong><br />

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