Apokryphen - Igelity
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je um meine Klause bekümmert zu haben. Einst wollte ich<br />
einige Worte mit dem alten Weiße sprechen und erfahre<br />
in seiner Wohnung, er sei aufs Land gefahren. Ich gehe<br />
aufs Land und höre, er sei eben zurückgefahren, weil er<br />
etwas vergessen habe. Ich gehe in die Stadt und vernehme,<br />
er hat das Buch eingesteckt und sich wieder in den Wagen<br />
gesetzt. Meine Botschaft war mir wichtig, ich gehe also<br />
wieder hinaus auf sein Gut. Weiße war spazieren gegangen,<br />
und nach langem Suchen fand ich ihn endlich hinter<br />
dem Garten unter seiner alten Linde schlummern. Nun<br />
waren alle Neckereien des Glücks vergessen; ich setzte<br />
mich neben ihn, zog meinen Tacitus aus der Tasche und<br />
las, bis er erwachte.<br />
Freundliche Leute habe ich viele gefunden, aber Freunde<br />
sehr wenige. Einer will mir seinen Witz, der andere<br />
seine Gelehrsamkeit der Dritte seinen feinen Geschmack<br />
auftischen; einer will mich mit seinem Wein, der andere<br />
mit seinem schönen Zimmer, der dritte mit seinem großen<br />
Ansehen bewirten: keiner ist deswegen mein Freund,<br />
wenngleich jeder gern mein Patron sein wollte. Je mehr er<br />
mir Dukaten zufließen lassen will, desto weniger glaube<br />
ich an Freundschaft. Wenn er aber zuweilen freiwillig und<br />
uneingeladen mich bei meinem Heringssalat aufsucht ist<br />
die Präsumtion schon besser. Gut ist es, wenn er meine<br />
Wahrheit ohne Empfindlichkeit aufnimmt und mir die<br />
seinige ohne Schonung, aber mit reiner Unparteilichkeit<br />
sagt. Der beste Beweis ist, wenn seine Lieblingsleidenschaft<br />
angestoßen wird und er nicht scheu und empfindlich<br />
zurücktritt.