Empörung in den Städten? - repOSitorium - Universität Osnabrück
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<strong>Empörung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Städten</strong>? – Welche Signale geben die Zusammenstöße <strong>in</strong> Frankreich?<br />
sich eben nicht – das irritiert viele Beobachter – um e<strong>in</strong>e politische Bewegung.<br />
Zwar ist die soziale Homogenität groß, was die Lebenslagen angeht.<br />
Aber es gibt e<strong>in</strong>e große ethnische Heterogenität <strong>in</strong>nerhalb der Migranten<br />
und zwischen ihren verschie<strong>den</strong>en Gruppen mit unterschiedlichen Traditionen.<br />
Und ke<strong>in</strong>eswegs alle sprechen problemlos Französisch. Es gibt auch<br />
Sprachprobleme aufgrund der Herkunft aus verschie<strong>den</strong>en Regionen <strong>in</strong><br />
Nordafrika.<br />
Zwei Fragen stellen sich. Die e<strong>in</strong>e lautet: Was bedeutet dies eigentlich<br />
für Deutschland, wo mancherorts vergleichbare Verhältnisse herrschen?<br />
Die andere Frage ist: Haben wir es mit e<strong>in</strong>em Problem der Städte oder<br />
allgeme<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em Problem von Integration oder Arbeitsmarkt zu tun?<br />
Zur ersten Frage: Die ethnischen<br />
M<strong>in</strong>derheiten <strong>in</strong> Deutschland<br />
s<strong>in</strong>d weniger segregiert als<br />
<strong>in</strong> Frankreich. Wir haben ke<strong>in</strong>e<br />
großen Viertel mit Migranten<br />
oder mit ethnischen M<strong>in</strong>derheiten<br />
von 80-90%. Bei uns gilt<br />
e<strong>in</strong> Stadtviertel, <strong>in</strong> dem 40-50%<br />
Migranten wohnen, schon als<br />
Migrantenquartier. Die Bildung<br />
extremer Situationen wie <strong>in</strong><br />
Frankreich hat e<strong>in</strong>e planvolle<br />
Belegungspolitik bei uns bisher<br />
Hartmut Häußermann<br />
verh<strong>in</strong>dert. Unsere Großsiedlungen<br />
s<strong>in</strong>d auch weniger deklassiert.<br />
Manche s<strong>in</strong>d durch bestimmte Entwicklungen und zeitgebun<strong>den</strong>e<br />
Probleme zu Orten der sozialen Ausgrenzung gewor<strong>den</strong>. Dies ist aber nicht<br />
die typische Situation für die Großsiedlungen am Rande unserer Städte.<br />
Diese Siedlungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel kle<strong>in</strong>er, übersichtlicher, weniger isoliert,<br />
räumlich besser angebun<strong>den</strong> an die Stadt. Sie erfahren auch größere stadtpolitische<br />
Aufmerksamkeit, als dies <strong>in</strong> Frankreich der Fall wäre. Der soziale<br />
Wohnungsbau <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Städten</strong> der banlieue wird zumeist von privaten<br />
Trägern organisiert und deshalb stärker unter ökonomischen und Rentabilitätsgesichtspunkten<br />
verwaltet als <strong>in</strong> Deutschland, wo der Wohnungsbau<br />
oft – von Bund und Ländern unterstützt – <strong>in</strong> der Hand öffentlichrechtlicher<br />
Träger ist. Bei uns ist im Großen und Ganzen auch der bauliche<br />
Zustand der Großsiedlungen nicht schlecht.<br />
Anders als <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA, wo sich <strong>in</strong> diskrim<strong>in</strong>ierten Wohnquartieren<br />
niemand mehr um die erodierende Infrastruktur kümmert, kann bei uns<br />
von e<strong>in</strong>er ›Abwesenheit des Staates‹ ke<strong>in</strong>e Rede se<strong>in</strong>, was aber auch für die<br />
banlieue <strong>in</strong> Frankreich gilt. Es gibt bei uns allerd<strong>in</strong>gs ebensolche Ten<strong>den</strong>-<br />
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