23.11.2013 Aufrufe

Empörung in den Städten? - repOSitorium - Universität Osnabrück

Empörung in den Städten? - repOSitorium - Universität Osnabrück

Empörung in den Städten? - repOSitorium - Universität Osnabrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Empörung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Städten</strong>? – Welche Signale geben die Zusammenstöße <strong>in</strong> Frankreich?<br />

gegenseitigen Hilfe zu motivieren, die Situation zu stabilisieren, aber ke<strong>in</strong>e<br />

grundsätzliche Wende herbeiführen. Dazu müsste man auch über Arbeitsmarktpolitik<br />

sprechen.<br />

Sicherlich ist auch das Elternhaus wichtig für Integrationsprozesse.<br />

Dessen Rolle ist aber für Migrantenk<strong>in</strong>der nicht wichtiger als für e<strong>in</strong>heimische<br />

K<strong>in</strong>der. Es gibt im Übrigen immer weniger ›funktionierende‹ Familien<br />

bei <strong>den</strong> E<strong>in</strong>heimischen und bei <strong>den</strong> Migranten, und das hat viele Gründe.<br />

Sicherlich haben die Migranten der zweiten und dritten Generation, die<br />

K<strong>in</strong>der und Enkel der E<strong>in</strong>wanderer, große Orientierungsprobleme angesichts<br />

der Traditionen der eigenen Kultur, die häufig sehr familiär geprägt<br />

ist, und dessen, was sie hier erleben und was ihnen an Lebensentwürfen<br />

nahe gelegt wird. Das führt heute oft dazu, dass sich die Angehörigen der<br />

zweiten und dritten Generation stärker auf ihre Herkunftskultur beziehen<br />

und e<strong>in</strong>e neue I<strong>den</strong>tität konstruieren, die nicht mit dem übere<strong>in</strong>stimmt,<br />

was die Eltern glauben und leben, und auch nicht mit dem, was die Aufnahmegesellschaft<br />

tut, sondern e<strong>in</strong>en dritten Weg darstellt. Das lässt sich<br />

<strong>in</strong> allen E<strong>in</strong>wanderungsländern beobachten, etwa anhand der Debatte<br />

darüber, dass immer mehr Mädchen Kopftücher tragen. Dieser Prozess ist<br />

aber ganz normal, nachvollziehbar, verständlich und auch ke<strong>in</strong>eswegs<br />

bedrohlich.<br />

Was man als ›Integration‹ bezeichnet, ist e<strong>in</strong> sehr komplexer, überdeterm<strong>in</strong>ierter<br />

Vorgang. Lässt sich Integration überhaupt e<strong>in</strong>fordern? Je<br />

mehr bei uns über soziale Durchmischung geredet wird, desto weniger ist<br />

<strong>den</strong>kbar, sie tatsächlich herzustellen, <strong>den</strong>n die Städte haben die Instrumentarien<br />

dafür nicht mehr. Es wer<strong>den</strong> die Märkte darüber entschei<strong>den</strong>, wer<br />

wo wohnt. Ethnische Konzentration oder nicht vorhan<strong>den</strong>e soziale<br />

Durchmischung muss nicht problematisch se<strong>in</strong>. Die Frage ist vielmehr, ob<br />

der E<strong>in</strong>zelne entschei<strong>den</strong> kann, wo er wohnen möchte oder ob hier der<br />

Zwang der Verhältnisse maßgeblich ist. Ist die ethnische Konzentration<br />

aber e<strong>in</strong> Anzeichen für Diskrim<strong>in</strong>ierung, für Ausgrenzung, für unfreiwilliges<br />

Zusammenleben mit Menschen, mit <strong>den</strong>en man eigentlich nicht leben<br />

möchte, dann stellen sich Fragen nach der sozialen Gerechtigkeit und dem<br />

Schicksal der grundgesetzlich geschützten Menschenwürde.<br />

Die Frage nach <strong>den</strong> Lösungen möchte ich so beantworten: Unsere modernen<br />

Gesellschaften haben nicht das Merkmal e<strong>in</strong>er klaren I<strong>den</strong>tität, so<br />

wie es für traditionale Gesellschaften gilt. Die ›deutsche Nation‹, ›die<br />

Deutschen‹, oder ›das deutsche Volk‹ oder ›die deutsche Kultur‹ s<strong>in</strong>d<br />

Bezeichnungen, die niemand def<strong>in</strong>ieren kann, <strong>den</strong>n sie me<strong>in</strong>en sehr heterogene<br />

D<strong>in</strong>ge. Je moderner e<strong>in</strong>e Gesellschaft ist, desto heterogener und<br />

unverbun<strong>den</strong>er s<strong>in</strong>d ihre e<strong>in</strong>zelnen ökonomischen, kulturellen, politischen<br />

und sozialen Elemente. Moderne Gesellschaften s<strong>in</strong>d immer stärker differenziert,<br />

und ihre Teile s<strong>in</strong>d immer weniger durch geme<strong>in</strong>same Normen<br />

62

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!