Empörung in den Städten? - repOSitorium - Universität Osnabrück
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<strong>Empörung</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Städten</strong>? – Welche Signale geben die Zusammenstöße <strong>in</strong> Frankreich?<br />
es namhafte Beispiele. Viele dieser Integrierten sagen: Unsere Eltern haben<br />
uns aus dem Haus geschickt, e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Woche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Gesangvere<strong>in</strong>,<br />
Sportvere<strong>in</strong> oder zum Roten Kreuz mit der Aufforderung: ›Geht los und<br />
<strong>in</strong>tegriert euch gefälligst!‹ – Leider organisieren sich viele Jüngere wieder <strong>in</strong><br />
Vere<strong>in</strong>en mit ethnischen oder nationalen Vorzeichen. Und aus Berl<strong>in</strong><br />
wurde berichtet, dass Polizisten ausländischer Herkunft, die verbeamtet<br />
wur<strong>den</strong>, bei manchen der eigenen Landsleute als Verräter gelten.<br />
Publikum: Ich b<strong>in</strong> als Gastarbeiter vor vielen Jahren nach Deutschland<br />
gekommen und habe hier studiert, habe also das, was man heute e<strong>in</strong>en<br />
Migrationsh<strong>in</strong>tergrund nennt. Für mich ist klar: Wenn ich die Sprache<br />
nicht beherrsche, dann kann ich nicht kommunizieren, kann weder etwas<br />
lernen noch e<strong>in</strong>e Arbeit ausüben. Diesen Teil der Kultur muss ich e<strong>in</strong>fach<br />
übernehmen. Zweitens: Beim ›Karneval der Kulturen‹ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> oder anderswo<br />
wer<strong>den</strong> immer die verschie<strong>den</strong>en frem<strong>den</strong> Speisen angeboten; alle<br />
gehen h<strong>in</strong>, essen etwas Exotisches und fühlen sich wohl. Kultur ist aber<br />
nicht e<strong>in</strong>fach Kebab, Zaziki und Souflaki. Die kulturelle Vielfalt – und ich<br />
glaube, alle Migranten oder Gastarbeiter haben große Teile ihrer Kultur<br />
bewahrt – ist etwas anderes, als der normale Deutsche wahrnimmt.<br />
Leider gab es bisher nur e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme der Probleme. Auf die<br />
Lösungen warten wir noch.<br />
Publikum: Diese Diskussion über brennende Autos <strong>in</strong> Frankreich, die es<br />
bei uns noch nicht gab, kann man nicht führen, ohne sich klarzumachen:<br />
Wenn wir <strong>in</strong> unserem Staat mit der Entsolidarisierung, mit der zunehmen<strong>den</strong><br />
Trennung von Arm und Reich am unteren Rand der Gesellschaft so<br />
weitermachen, wer<strong>den</strong> wir die brennen<strong>den</strong> Autos auch hier bekommen.<br />
Gew<strong>in</strong>ne aus Kapital steigen jährlich um 10%, Gew<strong>in</strong>ne aus der Arbeit<br />
gibt es nicht, die Löhne s<strong>in</strong>ken ...<br />
Publikum: Der soziale Wohnungsbau wurde als e<strong>in</strong> Instrument gelobt, das<br />
e<strong>in</strong>er sozialen Durchmischung der Wohnquartiere förderlich se<strong>in</strong> kann.<br />
Das Instrument zieht aber nicht mehr, <strong>den</strong>n die öffentliche Förderung für<br />
<strong>den</strong> sozialen Wohnungsbau ist ausgelaufen und die noch gelten<strong>den</strong> Belegungsfristen<br />
wer<strong>den</strong> bald ausgelaufen se<strong>in</strong>. – Welche Instrumente zur<br />
Förderung der gewünschten sozialen Durchmischung bleiben da noch?<br />
Herbert Schmalstieg: Mit der vielfältigen Gastronomie <strong>in</strong> unseren <strong>Städten</strong><br />
haben diejenigen oftmals ke<strong>in</strong> Problem, die sonst mit der Integration große<br />
Probleme haben. Darauf wollte ich h<strong>in</strong>weisen, ke<strong>in</strong>eswegs aber die Kultur<br />
der Migranten auf kul<strong>in</strong>arische Leistungen reduzieren. Jeder, der e<strong>in</strong>en<br />
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