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1| 2010 Lanzarote: Vögel auf Lava - Biologie

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das Gefieder komplett erneuert ist.<br />

Bei Langstreckenziehern regeln Programme<br />

meist schon lange vor Zugbeginn<br />

den rechtzeitigen Aufbau von<br />

Energiespeichern für die Reise. Eine<br />

weitere Aufgabe des inneren Kalenders<br />

liegt vermutlich darin, dass er<br />

besonders Langstreckenzieher davor<br />

schützt, ihr jahreszeitliches Verhalten<br />

nach irreführenden, lokalen Faktoren<br />

zu richten. So stimulieren längere<br />

Tage das Brutverhalten im Frühjahr,<br />

aber nicht im Winterquartier, wo<br />

Zugvögel zumindest <strong>auf</strong> der Südhalbkugel<br />

ja ebenfalls langen Tagen<br />

und oft auch günstigen Bedingungen<br />

ausgesetzt sind.<br />

»»„Kalendervögel und<br />

Wettervögel“<br />

Saisonale Aktivitäten verschiedener<br />

Arten unterscheiden sich nicht nur<br />

im Zeitplan, sondern auch in ihrer<br />

Pünktlichkeit. Auch dies war Vogelbeobachtern<br />

schon lange bekannt<br />

und führte zur Unterscheidung zwischen<br />

„Kalendervögeln“ und „Wettervögeln“.<br />

Kalendervögel zeichnen sich<br />

durch präzise, artspezifische Zeitmuster<br />

besonders beim Vogelzug aus. Zu<br />

ihnen zählen „klassische Zugvögel“,<br />

also Langstreckenzieher wie Mauersegler,<br />

Neuntöter und Wespenbussard.<br />

Ein besonders eindrucksvolles<br />

Beispiel für zeitliche Präzision bietet<br />

eine Studie, die Gunnarson und<br />

Kollegen an der Uferschnepfe durchgeführt<br />

haben. Bei dieser Art überwintern<br />

Weibchen und Männchen in<br />

Winterquartieren, die etwa 1000 km<br />

auseinanderliegen. Dennoch gelingt<br />

es den Brutpartnern, die unabhängig<br />

voneinander ziehen, ihre Ankunft<br />

im isländischen Brutgebiet zeitlich<br />

genau <strong>auf</strong>einander abzustimmen.<br />

Solche Verhaltensweisen sind kaum<br />

anders erklärbar als durch innere Kalender,<br />

die den richtigen Zeitpunkt<br />

vorgeben und die <strong>Vögel</strong> gleichzeitig<br />

auch gegen größere Abweichungen<br />

vom Zeitplan in Reaktion <strong>auf</strong> örtliche<br />

Faktoren abschirmen.<br />

Das andere Extrem im Spektrum<br />

von saisonalem Verhalten repräsentieren<br />

die „Wettervögel“. Hierbei handelt<br />

es sich um Arten, deren Wanderungen<br />

weitgehend von aktuellen lokalen<br />

Faktoren, besonders vom Wetter<br />

und vom Nahrungsangebot, beeinflusst<br />

werden. Aus diesem Grund<br />

Sept. Dez. März Juni Sept.<br />

Der freil<strong>auf</strong>ende circannuale Kalender<br />

eines Fitis, der über mehr als zwei Jahre<br />

unter unveränderten Bedingungen gehalten<br />

wurde. Dargestellt ist die Abwechslung von<br />

Pränuptialmauser<br />

Postnuptialmauser<br />

Frühlingszugunruhe<br />

Herbstzugunruhe<br />

Mauser und Zugunruhe in den <strong>auf</strong>einanderfolgenden Jahren (Zeilen). Der Fitis folgt<br />

seinem inneren Kalender und beginnt seine Aktivitäten zunehmend früher im Jahr.<br />

ziehen sie in <strong>auf</strong>einanderfolgenden<br />

Jahren oft zu unterschiedlichen<br />

Zeiten oder über unterschiedliche<br />

Strecken. Zu den Wettervögeln zählen<br />

viele Kurzstreckenzieher, Teilzieher<br />

(Arten, von denen ein Teil der Population<br />

das Brutgebiet verlässt und<br />

der andere im Brutgebiet überwintert)<br />

und nomadische oder irruptive<br />

(plötzlich in großer Zahl <strong>auf</strong>tretende)<br />

Arten, z. B. Kiebitz, Star, Erlenzeisig<br />

oder Seidenschwanz. Die Steuerung<br />

des Verhaltens gerade bei Wettervögeln<br />

ist noch wenig verstanden. Hier<br />

besteht großes Potenzial durch neue<br />

Entwicklungen der Mikrotechnologie,<br />

besonders von Datenloggern und<br />

Sendern, über die auch der Falke<br />

berichtet (z. B. 2001, H. 5; 2009, H. 7).<br />

Mithilfe dieser Techniken können tiefe<br />

Einblicke in das Verhalten von individuellen<br />

Tieren bei gleichzeitiger<br />

Kenntnis von Umweltbedingungen<br />

gewonnen werden.<br />

»»Spezialisierte Zeitprogramme<br />

in verschiedenen Lebensräumen:<br />

Schwarzkehlchen als Modellart<br />

Angeborene Zeitprogramme können<br />

nur dann zu richtigem zeitlichem<br />

Verhalten führen, wenn sie genau<br />

<strong>auf</strong> die örtlichen Bedingungen abgestimmt<br />

sind. So brüten beispielsweise<br />

<strong>Vögel</strong> <strong>auf</strong> den Britischen Inseln in der<br />

Regel früher als in Kontinentaleuropa<br />

und <strong>Vögel</strong> in niedrigen Lagen früher<br />

als Artgenossen in Gebirgsregionen.<br />

Solche Unterschiede können teilweise<br />

von direkten Umweltreaktionen z. B.<br />

<strong>auf</strong> die Temperatur bestimmt werden.<br />

Bei Arten mit stark ausgebauten inneren<br />

Kalendern sind jedoch die Zeitprogramme<br />

selbst an den jeweiligen<br />

Lebensraum angepasst. Dies konnte<br />

im Detail für Schwarzkehlchen dokumentiert<br />

werden. Die genaue Taxonomie<br />

der Schwarzkehlchen wird zurzeit<br />

anhand von molekularen Daten<br />

geklärt. Unabhängig von den taxonomischen<br />

Details ist die Gruppe der<br />

Schwarzkehlchen jedoch als Brutvogel<br />

über ein riesiges Nord-Süd-Areal<br />

verbreitet. Schwarzkehlchen brüten<br />

in Sibirien bis zu einer nördlichen<br />

Breite von 70° und in Südafrika bis<br />

Junges Schwarzkehlchen aus einer irischen Population<br />

bei der Hand<strong>auf</strong>zucht im Institut.<br />

Foto: B. Helm.<br />

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Der Falke 57, <strong>2010</strong> 13

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