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1| 2010 Lanzarote: Vögel auf Lava - Biologie

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<strong>Biologie</strong><br />

Tageslänge (Std.)<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

1. Jan.<br />

1. Mai<br />

Jahreszeit<br />

1. Sept. 1. Jan.<br />

Tageslänge als Kalender. Die Tage werden im jeweiligen Sommer lang und im Winter<br />

kurz, aber die genaue Tageslänge hängt vom Breitengrad ab. Zugvögel, die den Äquator<br />

überfliegen, erleben zur europäischen Winterzeit lange Tage.<br />

25° S<br />

0° N<br />

25° N<br />

50° N<br />

zu einer südlichen Breite von 30°. Innerhalb<br />

dieses riesigen Areals lassen<br />

sich fast zu jeder Jahreszeit und unter<br />

einem weiten Spektrum von Tageslängen<br />

brütende oder mausernde<br />

Schwarzkehlchen vorfinden. Auch<br />

das saisonale Verhalten unterscheidet<br />

sich lokal sehr stark. So sind die<br />

<strong>Vögel</strong> in Sibirien Langstreckenzieher,<br />

während sie im äquatorialen Kenia<br />

ganzjährig Territorien besetzen. Daher<br />

sind Schwarzkehlchen eine ideale<br />

Gruppe um zu untersuchen, inwieweit<br />

saisonales Verhalten durch angeborene<br />

Programme bestimmt ist.<br />

Schwarzkehlchen wurden seit Beginn<br />

der 1980er Jahre in umfassenden<br />

Studien des Max-Planck-Instituts für<br />

Ornithologie erforscht. Dabei wurden<br />

die Zeitpläne von Schwarzkehlchen<br />

aus sibirischen, afrikanischen, zentraleuropäischen<br />

und britischen Populationen<br />

im Freiland untersucht.<br />

Gleichzeitig wurden die <strong>Vögel</strong> auch<br />

im Institut gezüchtet, hand<strong>auf</strong>gezogen,<br />

und unter genau gleichen Bedingungen<br />

verglichen. Diese Untersuchungen<br />

ergaben klare Hinweise<br />

<strong>auf</strong> ererbte Unterschiede in den Zeitprogrammen.<br />

Die grundsätzlichen<br />

Unterschiede im Zeitplan blieben bei<br />

sibirischen, zentraleuropäischen und<br />

britischen Populationen erhalten,<br />

einzig afrikanische Schwarzkehlchen<br />

zeigten sich etwas flexibler. Europäische<br />

und sibirische Schwarzkehlchen<br />

waren durch ihre unterschiedlichen<br />

Zeitprogramme stark in der Hybridisierung<br />

beschränkt. In Volieren erzeugten<br />

Mischpaare immer nur dann<br />

Junge, wenn beide Populationen<br />

gleichzeitig in Brutstimmung waren.<br />

Diese Unterschiede waren teilweise<br />

schon in den circannualen Rhythmen<br />

sichtbar, also im „inneren Kalender“.<br />

Afrikanische Schwarzkehl chen<br />

zeigten von allen Populationen die<br />

stabilsten inneren Kalender. Beispielsweise<br />

behielt ein Vogel unter<br />

Konstantbedingungen über einen<br />

Zeitraum von bis zu zehn Jahren<br />

klare circannualle Rhythmen in Brutbereitschaft<br />

und Mauser bei. Weitere<br />

Unterschiede fanden sich in den Reaktionen<br />

<strong>auf</strong> Umweltbedingungen,<br />

hauptsächlich <strong>auf</strong> die Tageslänge.<br />

Während der Brutzeit bietet die Tageslänge<br />

einen verlässlichen Kalender<br />

besonders für junge Zugvögel, die<br />

bis zum Abzug ihr Wachstum abgeschlossen<br />

und das schüttere Jugendgefieder<br />

durch robustes Adultgefieder<br />

ersetzt haben müssen. Jungvögel aus<br />

späten Gelegen mausern deshalb in<br />

jüngerem Alter als Nestlinge aus frühen<br />

Gelegen. Dieser „Kalendereffekt“<br />

unterschied sich markant zwischen<br />

den Schwarzkehlchenpopulationen<br />

und bekräftigte unterschiedliche ererbte<br />

Zeitprogramme.<br />

»»Globale Veränderungen: Heute<br />

gehen die Uhren anders ...<br />

Der Neuntöter – ein „Kalendervogel“, der spät im Jahr und relativ pünktlich im Brutgebiet<br />

ankommt. Foto: M. Höfer. Neusiedler See, Mai 2008.<br />

Mithilfe teilweise genauer Zeitpläne,<br />

vielfältiger Wanderungen und<br />

flexibler Reaktionen <strong>auf</strong> Umweltbedingungen<br />

haben sich <strong>Vögel</strong> eine<br />

erstaunliche Reichhaltigkeit von<br />

Ressourcen evolutionär erschlossen.<br />

Dieses Erfolgsrezept wird jedoch<br />

durch die immer schnelleren globalen<br />

Veränderungen <strong>auf</strong> eine harte<br />

Probe gestellt. Neben der Vielfalt und<br />

Menge an natürlichen Ressourcen<br />

verändert sich auch die Zeit ihrer<br />

Verfügbarkeit. So gehören ein immer<br />

früherer Frühling und ein häufig<br />

auch verlängerter Herbst zu den<br />

14 Der Falke 57, <strong>2010</strong>

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