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»Es geht mir nicht darum, das Leben<br />
schwieriger zu machen, sondern – ganz<br />
im Gegenteil – einfacher.«<br />
korken und bei Schraubgläsern sind<br />
ebenso wie Tetrapaks mit Kunststoff<br />
beschichtet. Sehr schnell fiel<br />
auch auf, dass bei Hygieneartikeln<br />
nahezu überall Plastikgefäße oder<br />
-verpackungen im Einsatz sind.<br />
„Nicht überall ist es uns gelungen,<br />
Alternativen zu finden, aber das<br />
war dennoch kein Grund aufzugeben.“<br />
Hilfe von vielen Seiten<br />
Dankbar ist Sandra Krautwaschl für<br />
die Hilfe von zahlreichen Freunden,<br />
mit denen das Projekt oft diskutiert<br />
wurde und die bei der Suche nach<br />
Alternativen tatkräftig mitgeholfen<br />
haben. „Verschraubbare Glasgefäße,<br />
die irgendwo im Keller bei Freunden<br />
oder Bekannten standen, sind<br />
chen.“ Es folgte der Schritt in die<br />
Öffentlichkeit – der Blog www.keinheimfuerplastik.at<br />
ging online, und<br />
die Familie nahm am Aktionstag<br />
„Die Kunst, nachhaltig zu leben“ in<br />
Stübing teil. „Dabei haben wir einen<br />
riesigen Plastikberg dem gegenübergestellt,<br />
was wir jetzt verwenden.“<br />
Krautwaschl erzählt, dass es<br />
unmöglich gewesen sei, alle früher<br />
im Haushalt verwendeten Plastiksachen<br />
auf dem dafür vorgesehenen<br />
Tisch aufzustapeln. „Wir mussten<br />
uns auf eine Auswahl beschränken.“<br />
Anfang 2012 trat dann der Heyne<br />
Verlag an die Steirerin heran und<br />
fragte, ob aus dem Tagebuch des<br />
Experiments – das ja schließlich<br />
zu einem neuen Lebensstil geworden<br />
war – ein Buch werden könnte.<br />
seren Plastikmüll seit Beginn des<br />
Experiments um 95 bis 98 Prozent<br />
und den restlichen Müll um rund<br />
50 Prozent reduzieren konnten,<br />
reicht mir als persönliche Bestätigung<br />
der Sinnhaftigkeit aus“, zieht<br />
die Pionierin des plastikfreien<br />
Lebens Bilanz.<br />
Ja zur Lebensfreude<br />
„Durch das Schreiben des Buches ist<br />
mir erst aufgefallen, wie wichtig es<br />
wurde, mich vor der ständigen Konsum-Animation<br />
zu schützen und jenen<br />
Dingen zuzuwenden, die mich<br />
interessieren und mir Freude bereiten.<br />
Es geht mir nicht darum, das<br />
Leben schwieriger zu machen, sondern<br />
– ganz im Gegenteil – einfacher“,<br />
erzählt Sandra Krautwaschl<br />
Im Buch „Plastikfreie<br />
Zone“ ist ein<br />
sehr ausführlicher<br />
Serviceteil enthalten,<br />
der auch bald<br />
im Blog gelistet<br />
wird. Besonders<br />
bei Hygieneartikeln<br />
ist die Beschaffung<br />
teilweise<br />
etwas schwieriger. Statt herkömmlichem<br />
WC-Papier (das nahezu<br />
immer in Plastikfolien verpackt<br />
ist), kann man Papierhandtücher<br />
aus Recyclingpapier kaufen, das<br />
im Großhandel in einer Kartongroßpackung<br />
erhältlich ist. Bei<br />
Duschgel und Shampoo kann man<br />
etwa Naturseifen in fester Form<br />
verwenden oder z. B. auf Lavaerde<br />
zurückgreifen. Eine Alternative<br />
zu Zahnpasten sind Zahnputzsalz<br />
oder Xylit.<br />
Ein Leben ohne Plastik<br />
Die steirische Familie Krautwaschl verzichtet in ihrem Haushalt auf Plastik. Vor<br />
knapp drei Jahren hat das Experiment begonnen. Heute sind sie zu einer Art<br />
Galionsfigur in Sachen „Müllvermeidung“ geworden. Von Wolfgang Weitlaner<br />
Sandra Krautwaschl (kl. Bild l.) will nur<br />
das Beste für ihre Familie (gr. Bild) –<br />
und das bedeutet für sie weitgehenden<br />
Verzicht auf Plastik im Haushalt.<br />
Mit viel Erfindungsreichtum, Fantasie<br />
und Kompromissbereitschaft lebt die<br />
fünfköpfige steirische Familie den<br />
neuen Lebensstil vor. Filmemacher<br />
Werner Boote (gr. Bild Mitte) stand<br />
mit seinem Doku-Film am Beginn des<br />
Experiments.<br />
Angefangen hat es mit der Premierenvorstellung<br />
samt Diskussion<br />
von Werner Bootes Kino-Doku<br />
‚Plastic Planet‘“, erzählt Sandra<br />
Krautwaschl. Der so gemütlich geplante<br />
Abend wurde für die dreifache<br />
Mutter zu einem Weckruf. „Ich<br />
bin auf dem harten Boden des Plastikplaneten<br />
gelandet: Weichmacher<br />
in Bodenbelägen, Plastikstrudel im<br />
Pazifik, intersexuelle Fische in Flüssen,<br />
Opfer der Kunststoffindustrie<br />
in Venedig, Bisphenol-A in Babyschnullern,<br />
Unfruchtbarkeit, ohnmächtige<br />
Politiker und arrogante<br />
Vertreter der Plastikindustrie – all<br />
diese Dinge sind in meinem Kopf<br />
herumgeschwirrt“, schildert sie.<br />
Das Experiment beginnt<br />
Doch wie kann man diesem Wahnsinn<br />
tatsächlich entfliehen? „Bis<br />
vor 100 Jahren hat die Menschheit<br />
existiert, ohne überall den ganzen<br />
Müll zu hinterlassen, der teilweise<br />
mehrere 100 Jahre lang braucht, bis<br />
er wieder verrottet. Da will ich heraus<br />
– darüber war ich mir sicher“,<br />
erinnert sich Sandra Krautwaschl.<br />
Nun ging es darum, die Familie zu<br />
überzeugen. Mit ihrem Mann Peter<br />
vereinbarte sie zunächst einen Versuchszeitraum<br />
von einem Monat.<br />
Eine Bedingung schob er allerdings<br />
nach: „Keinen Stress. Die Sache<br />
muss Spaß machen.“ Auch die Überzeugungsarbeit<br />
bei den Kindern Samuel<br />
(heute 16 Jahre alt), Marlene<br />
(heute 13) und Leonhard (heute 10)<br />
war weniger schwierig als befürchtet.<br />
„Erst als es darum ging, Plastikspielsachen<br />
aus dem Kinderzimmer<br />
zu verbannen, gab es Diskussionen“,<br />
erzählt die 41-Jährige.<br />
Am Anfang, im November 2009,<br />
stand der sportliche Ehrgeiz im Vordergrund,<br />
den Haushalt von sämtlichen<br />
Plastikprodukten frei zu bekommen<br />
und passende Alternativen<br />
zu finden. Darüber hinaus ging<br />
es aber auch darum, Lebensmittel<br />
und Haushaltsartikel zu kaufen, die<br />
nicht in Plastikverpackungen stecken.<br />
„Der Teufel steckt bei vielen<br />
Artikeln im Detail“, weiß Krautwaschl.<br />
Dichtungsringe bei Kron-<br />
Fotos: © Privat<br />
plötzlich in unsere Küche gewandert.“<br />
Hilfestellung gab es auch bei<br />
der Suche nach Alternativprodukten.<br />
„Das Schöne ist, dass dieser Lebensstil-Wandel<br />
auch eine große soziale<br />
Komponente bekommen hat.“<br />
Sandra Krautwaschls Ehrgeiz hat<br />
sie auch dazu bewogen, mit „Plastic<br />
Planet“-Regisseur Werner Boote<br />
und Produzent Thomas Bogner in<br />
Kontakt zu treten. „Ich bat um Hilfe,<br />
um den Verlauf unseres Experiments<br />
besser zu dokumentieren<br />
und nach neuen Lösungen zu su-<br />
Dort sollten neben der persönlichen<br />
Geschichte auch Informationen<br />
über Alternativprodukte drinstehen<br />
und die Frage der Machbarkeit<br />
und der Kosten diskutiert werden.<br />
Sehr oft scheint nämlich genau<br />
dieser Punkt eine Rechtfertigung<br />
dafür zu sein, am Status quo festzuhalten.<br />
Doch das neue, plastikfreie<br />
Leben kommt nicht teurer, so<br />
Krautwaschl. Blogger stellen auch<br />
immer wieder den Sinn der Aktion<br />
infrage. „Darauf gibt es eine gute<br />
Antwort: Die Tatsache, dass wir un-<br />
über ihre neue Lebensqualität. Es<br />
liegt ihr auch fern, mit erhobenem<br />
Zeigefinger aufzutreten. „In meinem<br />
Blog beschimpfte mich ein Leser<br />
einmal als ‚Plastiktaliban‘. Dabei<br />
ist unser Leben ein Plädoyer für<br />
Leichtigkeit und Kompromissbereitschaft.“<br />
Als größten Gewinn bezeichnet<br />
sie die Erkenntnis, dass<br />
man für viele Dinge gar keine Alternative<br />
braucht, weil man sie ersatzlos<br />
streichen kann. Was der Familie<br />
viel wichtiger geworden ist, ist ein<br />
noch bewussterer Lebensstil. „Wir –<br />
und damit spreche ich für alle Familienmitglieder<br />
– überlegen uns sehr<br />
genau, wenn wir einkaufen, was wir<br />
wirklich brauchen. Ich denke, dass<br />
wir mittlerweile noch größeren<br />
Wert auf die Langfristigkeit von<br />
Dingen legen. Dabei fällt auch auf,<br />
dass gerade die Kinder eine größere<br />
Wertschätzung für Sachen entwickeln<br />
und dem Konsumwahn eine<br />
Absage erteilen.“ n<br />
www.keinheimfuerplastik.at<br />
www.plastic-planet.de<br />
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