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Die Lüge von<br />

grünen Kohlekraftwerken<br />

Unser Wald gehört nicht in den Kohlekessel.<br />

Doch bei Cofiring – dem Verbrennen von<br />

Biomasse in Kohlekraftwerken – geschieht<br />

genau das. In manchen EU-Ländern wird<br />

die grüne Schummelei sogar noch mit<br />

Subventionen gefördert. Von Anja Freudenberg<br />

engpässen gekennzeichneten Energiemärkten<br />

Osteuropas. Zudem ist Cofiring eine<br />

äußerst verschwenderische Art, mit der wertvollen<br />

Ressource Holz umzugehen. Bei der<br />

Verwendung von Biomasse zur Stromerzeugung<br />

durch Cofiring gehen 60 bis 70 Prozent<br />

der Energie im Umwandlungsprozess verloren.<br />

Energieeffizienz sieht anders aus.<br />

Und nicht zuletzt bleibt noch die Frage: Woher<br />

stammt das Holz? Für den Ausbau von<br />

Cofiring wäre zukünftig ein massiver Biomasse-Import<br />

nötig. Die potenziellen Lieferanten<br />

verdeutlichen die miese Umweltbilanz<br />

noch weiter: Es sind überwiegend Gebiete mit<br />

Primär- und Regenwäldern und schwachen<br />

Umweltstandards wie Russland, Weißrussland,<br />

Ukraine, Brasilien, Tansania, Mosambik,<br />

die USA und Kanada.<br />

Aber auch im eigenen Wald steht die steigende<br />

Biomasse-Nachfrage für Energiegewinnung<br />

in direktem Zusammenhang mit der<br />

Kenia importiert, um Kohlekraftwerke zu beliefern.<br />

Diese Zahlen wurden von Experten<br />

geschätzt, da die polnische Regierung keine<br />

Daten veröffentlicht. Cofiring erhält in Polen<br />

über die Hälfte der für erneuerbare Energie<br />

bestimmten finanziellen Unterstützung und<br />

wird von den Steuerzahlern getragen – 2011<br />

waren das 560 Millionen Euro.<br />

Kampagne in Polen<br />

„Es ist mehr als ein schlechter Scherz, dass<br />

Firmen, die Cofiring betreiben, mit grünen<br />

Zertifikaten und Geld belohnt werden“, sagt<br />

Robert Cyglicki, Programmdirektor von<br />

<strong>Greenpeace</strong> in Polen. Um auf diese betrügerische<br />

Praxis aufmerksam zu machen und eine<br />

politische Diskussion anzustoßen, erkletterten<br />

zwölf <strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten im vergangenen<br />

Frühling den Kühlturm des Cofiring-<br />

Kohlekraftwerkes Turów (act 02/2012). Mit<br />

dabei waren auch die zwei Österreicher Jutta<br />

Wie man sich mit<br />

schmutziger Kohlekraft<br />

trotzdem ein grünes Mäntelchen<br />

umhängen kann,<br />

zeigt Cofiring unrühmlich<br />

vor. In Europa betreiben<br />

Großbritannien, Finnland,<br />

Belgien, Dänemark,<br />

Schweden, die Niederlande<br />

und Polen diese Form des<br />

Greenwashing.<br />

In Polen erhält Cofiring<br />

die Hälfte der grünen<br />

Subventionen. <strong>Greenpeace</strong>-<br />

Aktivisten erkletterten<br />

aus Protest das Cofiring-<br />

Kohlekraftwerk Turów. Mit<br />

dabei der österreichische<br />

<strong>Greenpeace</strong>r Gernot Goldmann<br />

(kl. Bild r.).<br />

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit<br />

hat sich in den letzten Jahren bei der Energieerzeugung<br />

eine neue Methode des Greenwashing<br />

eingeschlichen. Bei dem sogenannten<br />

Cofiring wird in gewöhnlichen Kohlekraftwerken<br />

Biomasse beigemischt und das<br />

Ergebnis als „grüne Energie“ verkauft. Vorreiter<br />

sind die USA, wo diese Methode seit<br />

den 1990er-Jahren kommerziell verwendet<br />

wird. Westeuropäische Staaten wie Großbritannien,<br />

Finnland, Belgien, Dänemark,<br />

Schweden, Niederlande und Polen folgten<br />

bald dem schlechten Beispiel aus Übersee.<br />

Besonders in Polen ist die Lage trist: Das<br />

Land zeigt bei fast 90 Prozent Abhängigkeit<br />

von Kohle in der Stromversorgung keinerlei<br />

Ambitionen, seine Energieinfrastruktur zu<br />

reformieren.<br />

Holz im Kohlekessel<br />

Cofiring ist eine Umweltfalle. Beim Verheizen<br />

von Kohle zur Energiegewinnung werden klimatreibende<br />

Emissionen wie Kohlenstoff freigesetzt.<br />

Wenn gemeinsam mit der Kohle ein<br />

Anteil von Biomasse verbrannt wird, dann<br />

entstehen dabei dem Anteil der Biomasse entsprechend<br />

weniger Emissionen. Der durchschnittliche<br />

Biomasse-Anteil bei Cofiring beträgt<br />

in Europa fünf bis zehn Prozent, wobei<br />

meist Holz benutzt wird. Kohlekraftbetreiber<br />

machen kräftig Werbung für diese Methode,<br />

da sie auf diese Weise ohne hohe Investitionskosten<br />

ihre Emissionen reduzieren und Geld<br />

für CO 2 -Zertifikate einsparen können. Diese<br />

Einsparungen reichen allerdings nicht aus, um<br />

Cofiring rentabel zu machen, der Staat – und<br />

damit der Steuerzahler – muss kräftig subventionieren.<br />

Die Kohlekraftbetreiber sind die einzigen<br />

Gewinner beim Cofiring. Durch die sogenannte<br />

„Vergrünung“ von Kohle entstehen<br />

keine Anreize, die veraltete fossile Energieinfrastruktur<br />

zu ersetzen und ein gesellschaftliches<br />

Umdenken hinsichtlich des Umgangs<br />

mit Ressourcen zu fördern. Fördergelder,<br />

die in Kohle investiert werden, fehlen für<br />

den Ausbau von CO 2 -freien und unbegrenzten<br />

Energiequellen wie Wind und Sonne.<br />

Hinzu kommt, dass durch Cofiring weder<br />

die Menge an produzierter Energie noch die<br />

Energieunabhängigkeit gestärkt wird – ein<br />

wichtiges Kriterium in den von Versorgungs-<br />

Fotos: 3x GP/Zbysek Jakubowicz, © GP/Georg Mayer<br />

»Es ist eine Sauerei, dass der polnische Energiebetreiber<br />

vorgibt, einen Beitrag für grüne Energie zu leisten, und in<br />

Wahrheit Kohle fördert. Dieser Betrug gehört aufgeklärt!«<br />

Degradierung der Waldqualität und der Reduzierung<br />

der Waldfläche als CO 2 -Speicher.<br />

Nützliche Biomasse wie tote Bäume, die beim<br />

Verrotten eine wichtige Nährstoff- und Nahrungsquelle<br />

für Flora und Fauna liefern, wird<br />

aus dem Wald herausgenommen. Die Konsequenzen<br />

sind Auswirkungen auf die Grundwasser-<br />

und Bodenqualität, reduzierte Artenvielfalt<br />

und verringerte Waldqualität. Auf andere<br />

Biomasse auszuweichen ist bei Cofiring<br />

keine Option: Rest- und Abfallprodukte aus<br />

der Land- und Forstwirtschaft wie zum Beispiel<br />

Getreidestroh oder bearbeitetes Holz aus<br />

der Möbelindustrie verursachen wegen ihrer<br />

ungeeigneten chemischen Eigenschaften<br />

technische Probleme bei den Heizkesseln.<br />

In Polen werden jährlich schätzungsweise<br />

mehrere Millionen Tonnen Holz aus den Wäldern<br />

geholt und zusätzlich 900.000 Tonnen<br />

aus Ländern wie der Ukraine, Liberia und<br />

Matysek und Gernot Goldmann. „Es ist eine<br />

Sauerei, dass der polnische Energiebetreiber<br />

vorgibt, einen Beitrag für eine grünere, sauberere<br />

Umwelt zu leisten, und in Wahrheit Kohle<br />

fördert. Dieser Betrug gehört aufgeklärt“, begründet<br />

Gernot Goldmann seinen schwindelerregenden<br />

Einsatz.<br />

Die mutige Aktion hat den Stein ins Rollen<br />

gebracht. Noch am selben Tag wurden <strong>Greenpeace</strong>-Vertreter<br />

vom polnischen Wirtschaftsministerium<br />

zu Gesprächen eingeladen. Bei<br />

dem Treffen wurde zugesagt, die Subventionen<br />

für Cofiring schrittweise auf null zu reduzieren.<br />

<strong>Greenpeace</strong> wird dafür kämpfen, dass<br />

dieses Bekenntnis keine leere Versprechung<br />

bleibt! Auch auf EU-Ebene muss es ein Subventionsverbot<br />

für Cofiring geben, damit unserer<br />

grünen Zukunft nicht durch Kohlemogeleien<br />

ein Strich durch die Rechnung gemacht<br />

wird. n<br />

6 act act 7

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