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In honore sancti Georgii martyris - Michael-buhlmann.de

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<strong>de</strong>r Tod Georgs geschah an einem 24. [!] April.<br />

Es bleibt noch, das Georgslied in die allgemeinen Zusammenhänge <strong>de</strong>r frühmittelalterlichen<br />

Georgsverehrung einzuordnen. Hierbei ist sich die (germanistisch-historische) Mediävistik<br />

nicht einig. Die althoch<strong>de</strong>utsche Georgsdichtung könnte im Eifelkloster Prüm im späten 9.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt entstan<strong>de</strong>n sein, ein ins Mittelfränkische verweisen<strong>de</strong>r Sprachstand <strong>de</strong>s Lie<strong>de</strong>s<br />

soll dies wahrscheinlich machen. Die Prümer Mönchsgemeinschaft, 721 durch die Adlige<br />

Bertrada gegrün<strong>de</strong>t, war vor (?) 751 an die Karolinger gefallen und wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n darauf folgen<strong>de</strong>n<br />

Jahrzehnten zu einem religiös-kulturellen Bezugspunkt für die Frankenkönige, zu einer<br />

durch Königtum und A<strong>de</strong>l geför<strong>de</strong>rten Reichsabtei, <strong>de</strong>ren erste Blütezeit aber am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 9. Jahrhun<strong>de</strong>rts mit <strong>de</strong>r Zerstörung <strong>de</strong>s Klosters durch die Normannen ein jähes En<strong>de</strong><br />

fand. Das karolingische Hauskloster hatte im Jahr 852 von Kaiser Lothar I. (840-855), <strong>de</strong>m<br />

älteren Bru<strong>de</strong>r Ludwigs <strong>de</strong>s Deutschen, eine Armreliquie <strong>de</strong>s heiligen Georg erhalten. U.a.<br />

damit wur<strong>de</strong> Prüm zu einem Zentrum <strong>de</strong>r ostfränkischen Georgsverehrung, das auch nach<br />

Schwaben ausgestrahlt haben soll. Je<strong>de</strong>nfalls sollen von Prüm aus Reliquien in das Kloster<br />

auf <strong>de</strong>m Hohentwiel, einer Klostergründung <strong>de</strong>r schwäbischen Herzöge aus <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lsfamilie<br />

<strong>de</strong>r Hunfridinger-Burkhardinger, gelangt sein. Die schwäbischen Herzöge sollen zu<strong>de</strong>m vom<br />

en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n 9. bis zur Mitte <strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts im Besitz <strong>de</strong>r Handschrift <strong>de</strong>r Werke Otfrids<br />

von Weißenburg gewesen sein, in die später – etwa nach <strong>de</strong>m Sturz Herzog Hermanns II.<br />

(997-1003) und nach <strong>de</strong>r Verlegung <strong>de</strong>s herzoglichen Georgsklosters vom Hohentwiel nach<br />

Stein am Rhein (1005/07)? – <strong>de</strong>r Schreiber <strong>de</strong>s 11. Jahrhun<strong>de</strong>rts (unter Benutzung einer mit<br />

<strong>de</strong>m Original nicht i<strong>de</strong>ntischen Vorlage) das althoch<strong>de</strong>utsche Georgslied eintrug.<br />

Doch auch eine Entstehung <strong>de</strong>s Georgslie<strong>de</strong>s in Schwaben bzw. auf <strong>de</strong>r Reichenau scheint<br />

nicht ausgeschlossen. Das Kloster Reichenau ging – früher Überlieferung zufolge – auf <strong>de</strong>n<br />

Wan<strong>de</strong>rbischof Pirmin zurück (724), und stieg im Gefolge <strong>de</strong>r karolingischen Hausmeier und<br />

Könige zu einem <strong>de</strong>r großen Königsklöster im Frankenreich auf. Berühmt sind die Visio Wettini<br />

(824), das Reichenauer Verbrü<strong>de</strong>rungsbuch (824/25) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Reichenau entstan<strong>de</strong>ne<br />

St. Galler Klosterplan (vor 830). Be<strong>de</strong>utend ist auch die Reichenauer Heiligen- und<br />

Reliquienverehrung <strong>de</strong>s 9. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Wie bekannt, gelangten durch <strong>de</strong>n Mainzer Erzbischof<br />

und Reichenauer Abt Hatto III. (891-913) Georgsreliquien nach Schwaben, u.a. das<br />

„Georgshaupt“ zur Georgskirche in Reichenau-Oberzell (896). Dass sich vom Bo<strong>de</strong>nseekloster<br />

in <strong>de</strong>r Folgezeit in Schwaben und darüber hinaus eine intensive Georgsverehrung<br />

ausbreitete, sehen wir an Hand <strong>de</strong>r Kultlinie, die von <strong>de</strong>r Reichenau bis zum Kloster St.<br />

Georgen im Schwarzwald (1084/85) reicht und auch das herzogliche Kloster auf <strong>de</strong>m Hohentwiel<br />

umfasst. Der sprachliche Befund <strong>de</strong>s Georgslie<strong>de</strong>s könnte nun ebenso gut nach<br />

Schwaben und auf die Reichenau verweisen und muss nicht unbedingt auf eine alemannische<br />

Überformung in <strong>de</strong>r Abschriftenvorlage bzw. in <strong>de</strong>r Abschrift zurückgehen. Ob im Umfeld<br />

<strong>de</strong>s Klosters Hohentwiel bzw. Stein am Rhein die Abschrift <strong>de</strong>s Georgslie<strong>de</strong>s im 11.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt entstan<strong>de</strong>n ist, mag zu<strong>de</strong>m fraglich sein. Die Otfrid-Handschrift soll in Stein am<br />

Rhein im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt vorhan<strong>de</strong>n gewesen und bei <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>r dortigen Mönchsgemeinschaft<br />

(1525/83) in die Bibliothek Ulrich Fuggers (*1526-†1584) nach Augsburg gelangt<br />

sein. Nach <strong>de</strong>m Tod Fuggers kam <strong>de</strong>ssen Bibliothek an die Hei<strong>de</strong>lberger Universität.<br />

Mögen auch Entstehung und Verbreitung <strong>de</strong>s althoch<strong>de</strong>utschen Georgslie<strong>de</strong>s kontrovers<br />

sein, so steht <strong>de</strong>nnoch fest, dass das abschriftlich überlieferte Georgslied ein wichtiges Textzeugnis<br />

<strong>de</strong>s Althoch<strong>de</strong>utschen darstellt und darüber hinaus ein Zeugnis für die Georgsverehrung<br />

im (früh-) mittelalterlichen Schwaben. Wir haben damit im Übrigen eine weitere Kultlinie<br />

im zeitlichen Vorfeld <strong>de</strong>r St. Georgener Klostergründung erfassen können.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>In</strong> <strong>honore</strong> <strong>sancti</strong> <strong>Georgii</strong> <strong>martyris</strong> 9

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