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Abt Theoger von St. Georgen - Michael-buhlmann.de

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<strong>Michael</strong> Buhlmann<br />

<strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

Quellen zur mittelalterlichen Geschichte <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>s, Teil III<br />

Einleitung<br />

Quellen sind alle Zeugnisse (Überlieferungen), die uns über historische Vorgänge unterrichten.<br />

Geschichte ist die Wissenschaft <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Menschen betreffen<strong>de</strong>n Ereignissen in Zeit und<br />

Raum, die durch Quellen dokumentiert sind. Die historische Forschung analysiert und interpretiert<br />

also Quellenbefun<strong>de</strong>, wobei sie es – wenn wir die schriftlichen, d.h. die historischen<br />

Quellen im engeren Sinn betrachten – mit einer „doppelten Subjektivität“ zu tun hat. Zum<br />

einen han<strong>de</strong>lt es sich um die Subjektivität <strong>de</strong>r Quellen, die unter bestimmten Voraussetzungen,<br />

Anliegen und Intentionen verfasst wur<strong>de</strong>n. Zum an<strong>de</strong>ren ist die Subjektivität <strong>de</strong>r Quelleninterpretation,<br />

d.h. unsere eigene Subjektivität in Rechnung zu stellen. Geschichte unterliegt<br />

also durch ihre verschie<strong>de</strong>nen Deutungen <strong>de</strong>r Vergangenheit einem dauern<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l.<br />

Diese „historische Unschärfe“ bedingt vielfach, dass Geschichte alles an<strong>de</strong>re ist als das, wie<br />

es gewesen war. Nur Annäherungen an eine - unsere - Vergangenheit sind möglich. Und<br />

diese Annäherungen sind so gut o<strong>de</strong>r so schlecht, wie die auf uns gekommenen Quellen und<br />

<strong>de</strong>ren Interpretation es zulassen. Das Mittelalter umfasst dabei das Jahrtausend zwischen<br />

ungefähr 500 und 1500, das frühe Mittelalter reicht ca. <strong>von</strong> 500 bis 1050, das hohe ca. <strong>von</strong><br />

1050 bis 1250.<br />

Noch einige Hinweise zum Aufbau <strong>de</strong>r Quellensammlung seien angebracht. Je<strong>de</strong>s Kapitel<br />

(D., ...) ist mit einer ausführlichen historischen Einleitung versehen, <strong>de</strong>n Quellentexten sind<br />

jeweils Hinweise u.a. auf die zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> Edition, auf eine eventuell schon vorliegen<strong>de</strong><br />

Übersetzung sowie die wichtigsten Informationen zum Verständnis <strong>de</strong>r Quelle beigestellt.<br />

Literaturhinweise am En<strong>de</strong> eines je<strong>de</strong>n Kapitels sollen einerseits belegen, woher das Dargelegte<br />

stammt, an<strong>de</strong>rerseits zum Weiterlesen anregen. Die Quellen innerhalb <strong>de</strong>r Kapitel sind<br />

durch <strong>de</strong>n Kapitelbuchstaben und eine fortlaufen<strong>de</strong> Nummer gekennzeichnet, Quellenanfang<br />

und -en<strong>de</strong> im Text durch begrenzen<strong>de</strong> Linien hervorgehoben, wobei zwischen <strong>de</strong>n solcherart<br />

<strong>de</strong>finierten Grenzen neben <strong>de</strong>m übersetzten Text sich die einführen<strong>de</strong> Quellenanalyse und<br />

<strong>de</strong>r Quellennachweis fin<strong>de</strong>t. Die Übersetzung <strong>de</strong>r Quelle soll dabei möglichst nahe am Wortlaut<br />

<strong>de</strong>s Überlieferten bleiben. Dies macht mitunter Ergänzungen und Erklärungen notwendig,<br />

die im Quellentext in eckigen Klammern [...] stehen. Auf das Latein und Deutsch als<br />

Sprachen <strong>de</strong>r <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Quellen <strong>de</strong>s Mittelalters sei noch hingewiesen.<br />

Der hier vorliegen<strong>de</strong> dritte Teil <strong>de</strong>r Quellensammlung beschäftigt sich mit <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, <strong>de</strong>m Klosterreformer, Metzer Bischof und Heiligen. Im Mittelpunkt steht die ausführliche<br />

Lebensbeschreibung <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> (D.1.), geschrieben <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Mönch Wolfger <strong>de</strong>s<br />

Klosters Prüfening im Auftrag seines <strong>Abt</strong>es Erbo. Daneben nennen wir noch die musiktheo-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 1


etische Schrift <strong>Theoger</strong>s (D.2.).<br />

D. <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

Die ersten bei<strong>de</strong>n Äbte <strong>de</strong>s im Jahre 1084 gegrün<strong>de</strong>ten Benediktinerklosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>,<br />

Heinrich (1084/86-1087) und Konrad (1087-1088), entfalteten keine große Wirkung. Das lag<br />

zum einen an ihren kurzen Amtszeiten, zum an<strong>de</strong>ren an <strong>de</strong>m Einfluss <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es Wilhelm<br />

<strong>von</strong> Hirsau (1069-1091) auf die <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Mönchsgemeinschaft. Erst mit <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong><br />

(Dietger, Theo<strong>de</strong>gar) <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (1088-1119) begann die Selbstständigkeit <strong>de</strong>r<br />

Mönchsgemeinschaft an <strong>de</strong>r Brigach und damit ein Zeitraum überregionaler Be<strong>de</strong>utung <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>s, eben das <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Jahrhun<strong>de</strong>rt (1084/85-nach 1193/94).<br />

Das Leben <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es <strong>Theoger</strong> – ein Überblick<br />

Über das Leben <strong>de</strong>s <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er <strong>Abt</strong>es <strong>Theoger</strong> unterrichtet uns in zwei Büchern mit einer<br />

Vielzahl <strong>von</strong> Kapiteln die Vita <strong>Theoger</strong>i, die vielleicht <strong>de</strong>r Mönch und Bibliothekar Wolfger<br />

(†n.1173) um die Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts unter <strong>Abt</strong> Erbo I. (1121-1162) vom Kloster Prüfening<br />

schrieb. <strong>Theoger</strong>, um die Mitte <strong>de</strong>s 11. Jahrhun<strong>de</strong>rts geboren, stammte – so die Vita –<br />

aus ministerialischen Verhältnissen, war aber wahrscheinlich mit mächtigen A<strong>de</strong>lsfamilien im<br />

elsässisch-lothringischen Raum verwandt, u.a. mit <strong>de</strong>n Grafen <strong>von</strong> Metz und <strong>de</strong>nen <strong>von</strong> Lützelburg.<br />

<strong>Theoger</strong> soll dann unter <strong>de</strong>m berühmten Manegold <strong>von</strong> Lautenbach (†n.1103) und<br />

im Wormser Cyriakusstift seine geistliche Ausbildung erhalten haben. Er wandte sich aber<br />

<strong>de</strong>m Mönchtum zu und trat in das Kloster Hirsau unter <strong>de</strong>ssen <strong>Abt</strong> Wilhelm (1069-1091) ein.<br />

Dieser ernannte ihn später zum Prior <strong>de</strong>s Hirsauer Priorats (Kloster-) Reichenbach (1085-<br />

1088). Schließlich wur<strong>de</strong> <strong>Theoger</strong> auf Betreiben Wilhelms zum <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> eingesetzt<br />

(1088). Um Selbstständigkeit <strong>von</strong> Hirsau bemüht, gelang es <strong>Theoger</strong> während seines<br />

Abbatiats, das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> zu einem Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums<br />

in Elsass, Süd<strong>de</strong>utschland und Österreich zu machen. Diese „<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Reform“<br />

war verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Einflussnahme <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Mönchsgemeinschaft auf eine<br />

Reihe <strong>von</strong> Männer- und Frauenklöstern, die entwe<strong>de</strong>r neu gegrün<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

aus reformiert wur<strong>de</strong>n, wobei <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Mönche vielfach als Äbte <strong>de</strong>r zu reformieren<strong>de</strong>n<br />

Klöster fungierten, während die Neugründungen meist als <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Priorate im Besitz<br />

bzw. unter <strong>de</strong>r seelsorgerischen Oberaufsicht <strong>de</strong>r geistlichen Kommunität an <strong>de</strong>r Brigach<br />

stan<strong>de</strong>n. Im Einzelnen haben wir Verbindungen <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>s zu folgen<strong>de</strong>n Klöstern: Ottobeuren<br />

(1102), die Zelle <strong>de</strong>s heiligen Markus (<strong>St</strong>. Marx) bei Rouffach (ca.1105), Amtenhausen<br />

(vor 1107), Lixheim (1107) und Hugshofen (um 1110) im Elsass, <strong>St</strong>. Afra in Augsburg<br />

(1113?), Admont (1115, Admonter Reform), Prüfening (1121). Der damaligen Be<strong>de</strong>utung <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>s entsprach es, dass das Kloster auch Empfänger eines wichtigen Papstprivilegs<br />

wur<strong>de</strong>. Erinnert sei an das Schutzprivileg Papst Urbans II. (1088-1099) vom 8. März 1095,<br />

das für die Mönchsgemeinschaft unter <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> die „römische Freiheit“ bestimmte, d.h.:<br />

die Unterstellung unter das Papsttum, die freie <strong>Abt</strong>swahl und die freie Wahl <strong>de</strong>s Klostervogtes.<br />

Wie <strong>de</strong>r „Gründungsbericht <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>“ zu<strong>de</strong>m mitteilt, waren es be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />

Schenkungen <strong>von</strong> Landbesitz und Rechten, die die Mönche aus <strong>de</strong>m Schwarzwald um<br />

die Wen<strong>de</strong> vom 11. zum 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt erlangen konnten. Diese äußeren Faktoren mach-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 2


ten zusammen mit <strong>de</strong>r inneren Geschlossenheit klösterlichen Lebens, das sich nach <strong>de</strong>n<br />

„Hirsauer Gewohnheiten“ richtete, <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> unter <strong>Theoger</strong> aus –<br />

ein Erfolg, <strong>de</strong>r auch noch nach <strong>de</strong>m gleich zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Weggang <strong>Theoger</strong>s anhielt und<br />

– wie eben erwähnt - das <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Klostergründung (1084/85) bis<br />

zu <strong>Abt</strong> Manegold <strong>von</strong> Berg (1169-n.1193/94) begrün<strong>de</strong>te.<br />

<strong>Theoger</strong> war Reformabt und Anhänger <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchenreform. Daher ernannte<br />

die kirchliche Reformpartei im durch <strong>de</strong>n Investiturstreit (1075-1122) zerrütteten Deutschland<br />

ihn, <strong>de</strong>r sich lange dagegen sträubte, zum Bischof <strong>von</strong> Metz (1117) und damit zum Gegenkandidaten<br />

<strong>de</strong>s kaiserlichen Bischofs Adalbero IV. (1090-1117/20). Unterstützt <strong>von</strong> seinen<br />

Metzer Verwandten, ebenfalls Reformern, bestätigt vom Papst, gelang es <strong>Theoger</strong> <strong>de</strong>nnoch<br />

nicht, im Metzer Bistum Fuß zu fassen (1119). Ein Ausgleich zwischen Papst Calixt II. (1119-<br />

1124) und <strong>de</strong>m Erzbischof Bruno <strong>von</strong> Trier (1102-1124) in Cluny (En<strong>de</strong> 1119) en<strong>de</strong>te<br />

schließlich damit, dass <strong>Theoger</strong> in <strong>de</strong>m burgundischen Kloster bleiben konnte. Er verzichtete<br />

faktisch auf die ungeliebte Bischofswür<strong>de</strong> und starb am 29. April 1120 in Cluny, wo sich in<br />

gewisser Weise durch ihn <strong>de</strong>r Kreis <strong>von</strong> <strong>de</strong>r cluniazensischen über die Hirsauer bis zur <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>er Reform schloss. Die Vita <strong>Theoger</strong>i verehrt <strong>Theoger</strong> als Heiligen.<br />

Wie <strong>Abt</strong> Wilhelm <strong>von</strong> Hirsau, so hat sich auch <strong>Theoger</strong> mit <strong>de</strong>n Artes liberales, <strong>de</strong>n „(sieben)<br />

freien Künsten“ beschäftigt. Beson<strong>de</strong>rs die Disziplinen <strong>de</strong>s Quadrivium hatten es ihm angetan,<br />

und so ist <strong>von</strong> <strong>Theoger</strong> auch eine musiktheoretische Schrift auf uns gekommen.<br />

Eine Lebensbeschreibung<br />

Heiligenviten und -legen<strong>de</strong>n sind eine beson<strong>de</strong>re Quellengattung innerhalb <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />

Literatur. Entstan<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Verehrung <strong>von</strong> Jesus, Maria und <strong>de</strong>n Aposteln (Apokryphen),<br />

entstan<strong>de</strong>n auch aus <strong>de</strong>r Achtung vor <strong>de</strong>n wegen ihres Glaubens getöteten Märtyrern<br />

(passiones), entwickelte sich bis zur Spätantike und zum Mittelalter die hagiografische<br />

Literatur in großer Vielfalt. Nicht nur das Leben <strong>von</strong> Märtyrern galt als berichtenswert, auch<br />

die Abgeschie<strong>de</strong>nheit und Askese <strong>von</strong> Mönchen und Eremiten o<strong>de</strong>r das Bekennertum <strong>von</strong><br />

Bischöfen erschien wichtig genug, für die Damaligen und die Nachwelt als Vorbild einer Abkehr<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Welt festgehalten zu wer<strong>de</strong>n. Die in <strong>de</strong>r Hagiografie solcherat herausgestellten<br />

Heiligen wur<strong>de</strong>n zu<strong>de</strong>m zu Vermittlern zwischen Mensch und Gott. Die Hagiografie unterlag<br />

Mo<strong>de</strong>n, und so legten kirchliche Schriftsteller im Zeitalter <strong>de</strong>r gregorianischen Kirchenreform<br />

die Akzente an<strong>de</strong>rs als etwa Sulpicius Severus (*ca.360-†ca.420) in seiner Vita über <strong>de</strong>n<br />

heiligen Bischof Martin <strong>von</strong> Tours (*316/17-†397), die übrigens zum Prototyp mittelalterlicher<br />

Hagiografie wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>n Rahmen hochmittelalterlicher Heiligenviten reiht sich dann die<br />

<strong>Theoger</strong>vita, die Vita <strong>Theoger</strong>i, aus <strong>de</strong>m bayerischen Kloster Prüfening ein.<br />

Übersicht: Die Lebensbeschreibung <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong>s <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

I,1-7: [Geburt <strong>Theoger</strong>s (ca.1050), <strong>de</strong>ssen Ausbildung u.a. in <strong>de</strong>n Artes liberales; <strong>Theoger</strong> als<br />

Kanoniker und Lehrer im Wormser Cyriacusstift (ab 1073); sein Mönchsgelüb<strong>de</strong> in Hirsau<br />

(ca.1080)]. 8: Tod <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es Erminold <strong>von</strong> Prüfening (1114-1121) und Nachfolge <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es Erbo;<br />

Erbo und <strong>Theoger</strong>. 9: Tugend und Eifer <strong>de</strong>s Mönches <strong>Theoger</strong> in Hirsau. 10: <strong>Theoger</strong> als Leiter<br />

<strong>de</strong>s Hirsauer Priorats (Kloster-) Reichenbach (ca.1085) und im Gottesdienst. 11: Die Kirche im<br />

Investiturstreit; Das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> und seine Äbte. 12: Weggang <strong>Theoger</strong>s <strong>von</strong> Hirsau.<br />

<strong>St</strong>reit zwischen <strong>Abt</strong> Wilhelm <strong>von</strong> Hirsau (1069-1091) und Bischof Gebhard III. <strong>von</strong> Konstanz<br />

(1084-1110) um die Einsetzung <strong>Theoger</strong>s als <strong>Abt</strong> in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (1088). 13: Weihe <strong>Theoger</strong>s<br />

zum <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>; Klosterbauten und weitere Maßnahmen dort. 14: <strong>Theoger</strong>s Eifer bei<br />

<strong>de</strong>n Nachtwachen und im Gebet. 15: <strong>Theoger</strong>s <strong>St</strong>urz vom Pferd. 16: Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Bauern <strong>von</strong><br />

Aasen gegen die <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Mönche. 17: Das karge Leben <strong>de</strong>r Mönche. 18: Flucht und Tod<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 3


<strong>de</strong>s dienstuneifrigen Mönchs. 19: Hunger im Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>; Schul<strong>de</strong>n und die Schenkungen<br />

Liutfrids. 20: Bekanntheit <strong>Theoger</strong>s. 21: Waldfrevel gegen das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>. 22: Georgserscheinung<br />

<strong>Theoger</strong>s. 23: Tod eines Mönchs. 24: Vision eines Mönchs über <strong>de</strong>n Tod eines<br />

Bru<strong>de</strong>rs. 25: <strong>Theoger</strong> und die Frauenklöster. 26: Leben und Tod <strong>de</strong>r heiligen Beatrix. 27: Vision<br />

über <strong>de</strong>n Tod einer Sanktimonialen. 28: Klostergründungen <strong>Theoger</strong>s; das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

als Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums. 29: <strong>Theoger</strong>s Eifer in kirchlich-religiösen<br />

Dingen. 30: <strong>Theoger</strong>s Einsatz zu Gunsten eines bedrängten Mannes. 31: <strong>Theoger</strong>s Vermittlung<br />

in einem Rechtsstreit. 32: <strong>Theoger</strong>s Vermittlung zwischen zwei Kriegsleuten. 33: <strong>Theoger</strong>s Macht<br />

gegen Dämonen. 34: Heilung einer Frau. 35: Heilung <strong>von</strong> Besessenen. 36: Übergang über die<br />

Günz. 37: Unwetter bei <strong>de</strong>r Heuernte. - II,1: Bischof Adalbero IV. <strong>von</strong> Metz. 2: Benachrichtigung<br />

Papst Paschalis’ II. (1099-1118) über die Zustän<strong>de</strong> im Metzer Bistum. 3: Kardinalbischof und Legat<br />

Kuno <strong>von</strong> Praeneste (1109-1122). 4: Versammlung zur Wahl eines Metzer (Gegen-) Bischofs.<br />

5: Wahl <strong>Theoger</strong>s zum Metzer Bischof (1117). 6: Gefälschtes Schreiben <strong>de</strong>r Metzer Geistlichkeit<br />

an <strong>Theoger</strong>. 7: Offenbarung <strong>de</strong>r Wahl <strong>Theoger</strong>s; Grün<strong>de</strong> <strong>Theoger</strong>s dagegen. 8: Gesandtschaft<br />

<strong>Theoger</strong>s bei <strong>de</strong>r Metzer Geistlichkeit; Erbo beim Legaten Kuno <strong>von</strong> Praeneste. 9: Papst Gelasius<br />

II. (1118-1119). 10: Schreiben Kunos an <strong>Theoger</strong>. 11: Weitere Gesandtschaft an <strong>Theoger</strong>. 12:<br />

Grün<strong>de</strong> <strong>Theoger</strong>s gegen seine Wahl; Gesandtschaft an Kuno. 13: Kölner Kirchenversammlung.<br />

14: Erneutes Schreiben Kunos an <strong>Theoger</strong>. 15: Entscheidung <strong>Theoger</strong>s zu Gunsten seines Bischofamtes;<br />

Reise nach Koblenz. 16: <strong>Theoger</strong> in Köln, Deutz und Gladbach und beim Kölner<br />

Erzbischof Friedrich I. (1100-1131). 17: Bischofsweihe <strong>Theoger</strong>s in Corvey (1118). 18/19: Weihe<br />

einer Corveyer Kirche. 20: Schwierigkeiten bei <strong>de</strong>r Reise. 21: Kirchenversammlung zu Fritzlar;<br />

<strong>Theoger</strong> im Metzer Bistum. 22: <strong>Theoger</strong>s Rückreise nach <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>. 23: Propst Gerung <strong>von</strong><br />

Marbach. 24: Letzter Aufenthalt <strong>Theoger</strong>s in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (1118/19). 25: <strong>Theoger</strong> im Bistum Metz<br />

(1119). 26: <strong>Theoger</strong> im Kloster Gorze. 27: Aufbruch nach Metz. 28: Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Metzer Bürger<br />

gegen <strong>Theoger</strong>. 29: <strong>Theoger</strong>s Rückzug aus <strong>de</strong>m Metzer Bistum; sein Treffen mit Erzbischof<br />

Bruno <strong>von</strong> Trier; sein Aufenthalt in Köln. 30. Einigung mit Kaiser Heinrich V. (1106-1125); [Reimser<br />

Konzil Papst Calixt’ II. (1119-1124); <strong>Theoger</strong> in Cluny (1119/20); <strong>Theoger</strong>s Tod (1120).]<br />

D.1. Quelle: Lebensbeschreibung <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (*ca.1050-†1120)<br />

Mit <strong>Abt</strong> Erbo I. erhielt im Jahr 1121 das bayerische Benediktinerkloster Prüfening (bei Regensburg)<br />

einen Mönch aus <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, <strong>de</strong>n Lieblingsschüler <strong>Theoger</strong>s. Wir kennen mit Wolfger <strong>von</strong><br />

Prüfening auch <strong>de</strong>n Bibliothekar <strong>de</strong>r Prüfeninger Mönchsgemeinschaft recht gut. Sein Wirken<br />

wird ab 1130 für uns sichtbar, er selbst stammte aus Bamberg, wo er seine Ausbildung erhielt<br />

und wahrscheinlich Mönch auf <strong>de</strong>m Michelsberg wur<strong>de</strong>. Wolfger soll um die Mitte <strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

einen Bibliothekskatalog angefertigt, ebenso das Prüfeninger Annalenwerk fortgesetzt<br />

haben. Wolfger war Urkun<strong>de</strong>nschreiber für Prüfening und an einer Abschrift <strong>de</strong>s Liber Algorismi<br />

beteiligt, einer <strong>de</strong>r frühesten, im christlichen Europa verfassten Anleitungen zum Gebrauch arabischer<br />

Ziffern einschließlich <strong>de</strong>r Null. Er hat wohl zwischen 1140 und 1146 die Vita Ottonis, die<br />

Lebensbeschreibung <strong>de</strong>s heiligen Bischofs Otto I. <strong>von</strong> Bamberg (1102-1139), eines <strong>St</strong>reiters für<br />

die Kirchenreform, verfasst und daneben wahrscheinlich auch die Vita <strong>Theoger</strong>i, die er nach <strong>de</strong>n<br />

Erinnerungen seines <strong>Abt</strong>es Erbo nie<strong>de</strong>rschrieb. Darüber hinaus war noch die Anbindung an<br />

Bamberg erhalten geblieben, so 1151/52, als Wolfger für <strong>de</strong>n damaligen Bamberger Bischof E-<br />

berhard II. (1146-1172) Kanzleitätigkeiten ausführte. Nach 1173 ist Wolfger dann gestorben. Es<br />

bleibt noch zu erwähnen, dass Prüfening unter <strong>Abt</strong> Erbo einen kulturellen und wirtschaftlichen<br />

Aufschwung erlebte und Reformzentrum für einige Klöster – etwa Mönchsmünster, Göttweig o<strong>de</strong>r<br />

<strong>Georgen</strong>berg – war.<br />

Wolfger – o<strong>de</strong>r doch ein an<strong>de</strong>rer Prüfeninger Mönch? – hat im Auftrag und durch Befragung seines<br />

<strong>Abt</strong>es Erbo eine umfangreiche lateinische Vita über <strong>de</strong>n <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er <strong>Abt</strong> und Metzer Bischof<br />

<strong>Theoger</strong> verfasst. Er unterteilte sein Werk in zwei Bücher: Buch I han<strong>de</strong>lt <strong>von</strong> <strong>de</strong>m <strong>Abt</strong><br />

<strong>Theoger</strong>, Buch II <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Bischof. Der Verfasser zitiert <strong>de</strong>s Öfteren aus <strong>de</strong>r Bibel, etwa aus <strong>de</strong>n<br />

Psalmen, er lässt manchen Vers aus <strong>de</strong>r Aeneis Vergils in die Darstellung einfließen. Auch fin<strong>de</strong>n<br />

sich im zweiten Buch Briefe und Urkun<strong>de</strong>n als Zitate. Buch II ist stärker chronologisch geordnet,<br />

Buch I lässt dagegen eine mehr thematische Glie<strong>de</strong>rung erkennen (innere und äußere Maßnahmen<br />

<strong>Theoger</strong>s für das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, Klosterreform, <strong>St</strong>reitschlichtungen, Heilungen, „Wun<strong>de</strong>r“),<br />

angefüllt mit hagiografischen Topoi.<br />

ERSTES BUCH<br />

I,[1-7; Lebenslauf nach Johannes Trithemius, Annales Hirsaugienses zu 1087:]. <strong>Theoger</strong> wur<strong>de</strong><br />

in Ostfranken, das die Alten mit <strong>de</strong>m Namen „Deutschland“ bezeichneten, als <strong>de</strong>mütiger Sohn<br />

seiner Eltern geboren; als er jung war, richtete sich sein gelehrter Geist und die mit Salomo vergleichbare<br />

Seele gemäß <strong>de</strong>r Sitte <strong>de</strong>r Seinen auf die Gelehrsamkeit, und im Unterricht <strong>de</strong>s Manegold<br />

[<strong>von</strong> Lautenbach], <strong>de</strong>s Vorstehers <strong>de</strong>r Schulen in <strong>de</strong>r Provinz Elsass, eines nicht nur sehr<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 4


gelehrten, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>n Sitten sehr erfahrenen Mannes, <strong>de</strong>r richtig als Christ bezeichnet<br />

wird und Philosoph war, wur<strong>de</strong> er bestens vorbereitet und erreichte in kurzer Zeit, in <strong>de</strong>n ganzen<br />

Wissenschaften gelehrt zu sein. In allen Disziplinen <strong>de</strong>r freien Künste war er nämlich ausgezeichnet<br />

und in <strong>de</strong>r Musik überragend. Er schrieb nämlich später als Mönch in Hirsau ein nicht<br />

nur nützliches, son<strong>de</strong>rn auch sehr belehren<strong>de</strong>s und gebil<strong>de</strong>tes Buch über die Musik. In Bezug auf<br />

<strong>de</strong>n Psalter brachte er kurze, aber nützliche und schöne Kommentare heraus, durch die er die<br />

Kräfte seines Geistes noch <strong>de</strong>utlicher offenbarte. Er schrieb auch viele, schmuckvolle Briefe an<br />

verschie<strong>de</strong>ne Leute und unterschiedliche Sermone und Homilien an die Mönche. Später aber -<br />

nach langer Dauer - verließ er seinen zuvor erwähnten Lehrer, und er war in <strong>de</strong>r ganzen Vielfalt<br />

<strong>de</strong>s Schrifttums und <strong>de</strong>r schmücken<strong>de</strong>n Sitten am besten unterrichtet; er erlangte die Erlaubnis,<br />

zu <strong>de</strong>n Seinen zu gehen, die sich unmittelbar an seinen Unterricht erfreuten. Er wur<strong>de</strong> Kanoniker<br />

an <strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>s heiligen Märtyrers Cyriacus im neuen <strong>St</strong>ift bei Mainz [Worms!]; in <strong>de</strong>r ganzen<br />

Zeit legte er in allem Klugheit und Mäßigkeit an <strong>de</strong>n Tag, und er war ein Beispiel <strong>de</strong>s völligen<br />

Maßhaltens und <strong>de</strong>r Ehrsamkeit. Und weil, wie wir gesagt haben, er in <strong>de</strong>n ganzen Wissenschaften<br />

am gelehrtesten war, wur<strong>de</strong> ihm vom Propst <strong>de</strong>r genannten Kirche die Last <strong>de</strong>s Lehrens auferlegt.<br />

An seiner Lehre begeisterten sich viele, die jener mit höchster Sorgfalt nicht allein in <strong>de</strong>n<br />

heiligen Schriften, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>n weltlichen Büchern zur Gänze unterwies. Nach einigen<br />

Jahren kam er <strong>de</strong>r Geschäfte wegen zum <strong>Abt</strong> Wilhelm in Hirsau, um Rat zu erlangen, und er<br />

dachte nicht weniger daran, Mönch zu wer<strong>de</strong>n. Er wur<strong>de</strong> wahrlich <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Predigten <strong>de</strong>s heiligsten<br />

Vaters schmerzlich berührt und <strong>von</strong> <strong>de</strong>r göttlichen Barmherzigkeit eingeholt, als <strong>de</strong>r Mann<br />

Gottes einer Messe beiwohnte und für sich betete. Als er schon abreisen wollte, än<strong>de</strong>rte sich<br />

plötzlich sein Sinn, und er vollzog das Mönchsgelüb<strong>de</strong>. Er verachtete nun die weltlichen Ehren<br />

und Eitelkeiten und wur<strong>de</strong> zum Mönch in Liebe zu Christus. Und er gab ein treffliches Zeichen<br />

seiner zukünftigen Heiligkeit, wenn er mit größter Sorgfalt in Gottesfurcht wachte; nichts erbat er<br />

mehr, als Gott zu gefallen, an <strong>de</strong>m er sich prüfte.<br />

8. [Lücke] In jenen Tagen empfing das bayerische Land in seinem Schoß keinen Ruhmvolleren,<br />

keinen Liebenswerteren. Dieser [<strong>Abt</strong> Erminold <strong>von</strong> Prüfening], berühmt durch viele Tugen<strong>de</strong>n,<br />

starb an <strong>de</strong>n 8. I<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Januar [6. Januar 1121], <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>r Erscheinung <strong>de</strong>s Herrn, und er<br />

durfte <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Himmeln gegenwärtigen Sohn <strong>de</strong>r Jungfrau zusammen mit [Simon] Magus sehen,<br />

und so opferte er in <strong>de</strong>ssen Tabernakel die Hostie <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong>, um mit jenen zu beten, die an<br />

diesem Tag ihn sahen, wimmernd wegen <strong>de</strong>n ihm auferlegten geheimnisvollen Pflichten; und sie<br />

beteten mit jenen, die ihn schreien sahen, und beteten an die Krippe, wo schon er im selben<br />

Geist mit <strong>de</strong>m Profeten geopfert hatte, [<strong>de</strong>r spricht:] „Ich aber wer<strong>de</strong> mich zeigen in <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

vor <strong>de</strong>inen Blicken; ich wer<strong>de</strong> gesättigt sein, wenn <strong>de</strong>in Ruhm sich offenbart [Ps. 17,15].“<br />

Deshalb ist er im Eingang <strong>de</strong>r Kirche begraben wor<strong>de</strong>n, an einem Ort, <strong>de</strong>r seinen Verdiensten<br />

würdig ist. Wie wir glauben, lenkt er jenes sein Kloster, wo er seinen Körper zurückgelassen hat,<br />

mit seinen Gebeten. In diesem Kloster hat er in <strong>de</strong>m ehrwürdigen Mann Erbo, einer <strong>de</strong>r älteren<br />

Schüler <strong>Theoger</strong>s, einen Nachfolger. Dieser hat uns [Wolfger] zum Schreiben bewegt, und er gab<br />

uns Schreibmaterial; er wusste, dass je wahrer man schreibt, <strong>de</strong>sto umfangreicher das Gesamte<br />

wird. Es muss nämlich die Taten <strong>de</strong>s Lehrers [<strong>Theoger</strong>] <strong>de</strong>r Schüler [Erbo] kennen, <strong>de</strong>r jenem<br />

nicht allein im Haus und auswärts ein Begleiter, son<strong>de</strong>rn auch auf allen Reisen ein Tröster und<br />

Gefährte war und <strong>de</strong>r ihm folgte bis zu <strong>de</strong>n Wür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s empfangenen Priestertums [als Bischof].<br />

Das Verhältnis bei<strong>de</strong>r zueinan<strong>de</strong>r bewegte uns, dies voranzustellen, nicht ohne Bewun<strong>de</strong>rung<br />

<strong>Theoger</strong>s, <strong>de</strong>r nicht nur solche Gefährten, son<strong>de</strong>rn auch solche Schüler zu haben verdiente. Aber<br />

nach<strong>de</strong>m wir dies vorausgeschickt haben, möchten wir die angefangene Geschichte <strong>de</strong>r Ordnung<br />

nach erzählen.<br />

9. Daher ragte <strong>Theoger</strong>, wie ich beginnen wer<strong>de</strong> zu sagen, in kurzer Zeit empor, vollkommen auf<br />

jegliche Art und Weise in <strong>de</strong>n Tugen<strong>de</strong>n. Fleißig im Fasten, <strong>de</strong>r Frömmigkeit gewahr, fest im<br />

Glauben, glich er sich leicht <strong>de</strong>n Vorfahren durch Tugen<strong>de</strong>ifer an. Schon nämlich führte er <strong>de</strong>n so<br />

unüberwindlichen Geist gegen die Eitelkeit und die Prahlerei, auf dass niemand jene Fehler stärker<br />

geißelte. Immer aber behan<strong>de</strong>lte er die Jungen mit Liebe und die Alten mit Hochachtung. So<br />

zeigte er in allem seine Zuneigung für die guten Eigenschaften je<strong>de</strong>s Einzelnen. Dem <strong>Abt</strong> [Wilhelm<br />

<strong>von</strong> Hirsau] begegnete er mit so großer Ehrerbietung wie kein an<strong>de</strong>rer; ob grob, schwierig<br />

o<strong>de</strong>r unwürdig: er wich <strong>de</strong>m Befehl nicht aus. Weil jener ihn einer langdauern<strong>de</strong>n und sorgfältigen<br />

Prüfung unterzog, fing er an, ihn, <strong>de</strong>r ihm gleich war, wegen seiner Verdienste vor <strong>de</strong>n Übrigen<br />

zu lieben, und er nahm ihn oft mit zu <strong>de</strong>n Unterredungen mit <strong>de</strong>n älteren [Mönchen], <strong>de</strong>ren Rat er<br />

bei größeren Geschäften üblicherweise einholte. Er erkannte auch, welche feinsinnige Anlagen<br />

dieser hatte, und er beklei<strong>de</strong>te jenen und einen an<strong>de</strong>ren, nicht min<strong>de</strong>r erfahrenen Mann, Heimo,<br />

mit einem Amt, damit sie alle Bücher <strong>de</strong>r heiligen Schrift – diese waren durch die Schuld <strong>de</strong>r<br />

Schreiber im gesamten, sowohl altem als auch neuem Testament fehlerhaft – korrigierten und<br />

diese, durch Vergleich und Unterscheidung verbessert, zum alten Zustand zurückführten. Weil<br />

<strong>de</strong>r ehrwürdige <strong>Theoger</strong> mit so großem Eifer arbeitete, dass er das, was dunkel und fast unent-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 5


wirrbar war, in eine klare und <strong>de</strong>utliche Form brachte, und weil er dadurch <strong>de</strong>n Späteren ein Zeichen<br />

seiner Klugheit gab, sind die Verbesserungen bei uns am vorzüglichsten bis heute erhalten.<br />

10. Weil er <strong>von</strong> Tag zu Tag Fortschritte machte, för<strong>de</strong>rte ihn <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> mit Amt und Ehre; und er befahl<br />

ihm, als erstes in <strong>de</strong>r Zelle <strong>de</strong>s seligen Papstes Gregor [(Kloster-) Reichenbach] das Priorat,<br />

das bis jetzt in seiner Fürsorge war, zu verwalten [ca.1085]. Er wollte je<strong>de</strong>nfalls für ihn, sich und<br />

die Seinen sorgen: für ihn, damit er dadurch seine Güte vergrößere; für die Seinen aber, dass sie<br />

durch die Einsetzung <strong>von</strong> jenem weiterkämen; für sich selbst schließlich, dass er durch die auf<br />

an<strong>de</strong>re verteilte Last seine fast unablässige Sorge vermin<strong>de</strong>re. Es geschah <strong>de</strong>shalb durch die<br />

Gna<strong>de</strong> Gottes das, was jener gläubige Verwalter fromm beabsichtigte, weil jener nicht für sich allein,<br />

son<strong>de</strong>rn auch für alle an<strong>de</strong>ren arbeitete, so dass auch <strong>de</strong>ssen Brü<strong>de</strong>r durch Nachahmung<br />

Fortschritte [im geistlichen Leben] machten. Und an <strong>de</strong>n Erfolgen aller erfreute sich <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> im<br />

Innersten, und er hoffte, dass das allgemein sein wer<strong>de</strong>, was die guten [Mönche] unter <strong>de</strong>n Seinen<br />

hätten. Es hatte nämlich <strong>de</strong>r ehrwürdige <strong>Theoger</strong> seinen Erfolg aus <strong>de</strong>r Genugtuung heraus,<br />

weil mehrere in heiliger Umkehr sich mit ihm, <strong>de</strong>r gut [gemäß <strong>de</strong>r Regel] lebte, verban<strong>de</strong>n; und<br />

am En<strong>de</strong> empfing er das ewige Leben auf die Art und Weise, wie <strong>de</strong>r es wollte, <strong>de</strong>r ihn segnete<br />

und erhöhte. Dieser bestätigte ihn danach als Gläubigen, nicht viel später setzte er ihn über vieles,<br />

weil er ja in <strong>de</strong>n Himmeln war, wo er <strong>von</strong> Gott hörte, dass er ein guter und gläubiger Diener<br />

war. Weil dieser [<strong>Theoger</strong>] geraume Zeit das ihm auferlegte Amt lobenswert verrichtete, wollte ihn<br />

<strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> [Wilhelm] <strong>de</strong>n Gottesdienst anvertrauen und strebte danach, ihn als Priester einzusetzen,<br />

weil er meinte, dass die Kirche mit solch einem Priester gesegnet wer<strong>de</strong>n sollte. Jener aber hat –<br />

ein gerechter Mann wie er war – <strong>de</strong>n Dienst am heiligen Altar mit großer Ehrerbietung und Gottesfurcht<br />

ausgeführt, so dass er sogar in <strong>de</strong>n ersten vierzehn Tagen, als es dazu gekommen war,<br />

dass man ihm auf seine Schultern dieses Joch Gottes auferlegte – nämlich die heilige <strong>St</strong>ola, die<br />

er kurz zuvor empfangen hatte –, aus <strong>de</strong>r Überlegung <strong>de</strong>s heiligen Mysteriums und <strong>de</strong>r Sakramente<br />

heraus es kaum wagte, diese mit <strong>de</strong>r Hand zu berühren o<strong>de</strong>r sie auf <strong>de</strong>n Schultern zu tragen;<br />

vor allzuviel Angst mochte er kaum [damit] hintreten. So zitterte er stehend und stand zitternd,<br />

weil sein Geist mit großer Furcht Gott diente, auch die <strong>St</strong>arrheit seines Körpers ihn verriet.<br />

11. In jenen Tagen sind die [christlichen] Wahrheiten <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Menschensöhnen geschmälert<br />

wor<strong>de</strong>n, und nicht einer war da, <strong>de</strong>r Gott bemerkte und vermisste. Sowohl <strong>de</strong>r König als auch eine<br />

große Zahl <strong>de</strong>r Fürsten <strong>de</strong>s Königreiches, aber auch die meisten Priester wen<strong>de</strong>ten ihren Sinn<br />

ab und verschlossen ihre Augen, damit sie nicht <strong>de</strong>n Himmel schauten und nicht das Jüngste Gericht<br />

sahen. Als diese nämlich wagten, <strong>de</strong>n römischen Bischof die geschul<strong>de</strong>te Unterwerfung zu<br />

verweigern, hatten sie durch die Macht <strong>de</strong>r Fürsten und die Eingebung <strong>de</strong>r Priester nur noch die<br />

Not und das Flehen. So hatte die Verblendung alle erfasst, um <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kirche in Unordnung<br />

zu bringen. Danach offenbarten sich durch <strong>de</strong>n Herrn <strong>de</strong>ssen Barmherzigkeit und <strong>de</strong>ssen<br />

Wun<strong>de</strong>rtaten <strong>de</strong>n Menschensöhnen, weil keine Weisheit, kein Wissen und keine Überlegung gegen<br />

<strong>de</strong>n Herrn ist. Es fing nämlich die Kirche an, unter <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n Fortschritte zu machen und<br />

das Haupt <strong>de</strong>r Schlange, die vielfältige Übel durch ihren <strong>St</strong>achel verursacht hatte, durch männliche<br />

bewaffnete <strong>St</strong>andhaftigkeit zu zerreiben. Und sie hörte nicht auf, <strong>de</strong>m schlechten Ansinnen<br />

<strong>de</strong>r [Gegner] zu wi<strong>de</strong>rstehen, solange bis <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>n Feind Israels in die Hand einer Frau gab.<br />

Dann erblühte in wun<strong>de</strong>rbarer Weise die christliche Religion, die schon angefangen hatte, missachtet<br />

zu wer<strong>de</strong>n, wie<strong>de</strong>r vermehrt auf. Es waren nämlich nicht wenige, die lieber wollten, alles<br />

und das Äußerste zu erldul<strong>de</strong>n, als durch irgen<strong>de</strong>in Geschick mit <strong>de</strong>n [vom Glauben] Abgefallenen<br />

vereint zu wer<strong>de</strong>n. Diese [Anhänger <strong>de</strong>r Kirche] entfernten sich <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Schuld <strong>de</strong>r Exkommunizierten<br />

und erbaten die Kümmernisse <strong>de</strong>r Welt, nach<strong>de</strong>m sie sich <strong>von</strong> ihren Taten losgesagt<br />

hatten. Sie errichteten auch neue Gebäu<strong>de</strong> für die Diener Gottes o<strong>de</strong>r erweiterten schon Erbautes;<br />

sie ordneten sich auf ewig <strong>de</strong>m Dienst <strong>de</strong>s allmächtigen Gottes unter. Es erhob sich in jenen<br />

Tagen ein gewisser frommer und adliger Mann mit Namen Hezelo, und er erbaute, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

fromme und adlige Mann Hesso dazugestoßen war, mit Rat und Hilfe jenes, wie die göttliche Güte<br />

es eben einrichtet, in einem undurchdringlichen und dichten Wald ein Kloster, <strong>de</strong>m dann <strong>de</strong>r<br />

Name Zelle <strong>de</strong>s heiligen Georg beigegeben wur<strong>de</strong>, zu <strong>de</strong>ssen Ehre man das Kloster weihte. An<br />

diesen Ort gelangte <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater Wilhelm auf Bitten jener [Klostergrün<strong>de</strong>r] und richtete<br />

[dort] eine Mönchsgemeinschaft ein. Und drei Äbte setzte er hintereinan<strong>de</strong>r ein. Den [in <strong>de</strong>r zeitlichen<br />

Reihenfolge] Mittleren dieser [Äbte, nämlich Konrad], einen einfachen und ruhigen Mann,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n ungünstigen Notwendigkeiten nicht genügend entsprach, rief er dazu ins Mutterkloster<br />

[Hirsau] zurück und setzte ihn gegen die kanonischen Verordnungen und ohne Unterrichtung und<br />

Wissen <strong>de</strong>s Diözesenbischofs ab. Dieses Vorgehen kränkte <strong>de</strong>n Bischof.<br />

12. Und nach einiger Zeit vertraute <strong>de</strong>r eine [Hesso] <strong>von</strong> <strong>de</strong>n zweien, die, wie wir sagten, die<br />

Grün<strong>de</strong>r jenes Ortes waren, – <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re [Hezelo] war schon in Christus verstorben – <strong>de</strong>m Herrn<br />

seine Angelegenheiten an, begab sich wie<strong>de</strong>rum zu <strong>de</strong>m ehrwürdigen <strong>Abt</strong> Wilhelm, seinem<br />

[geistlichen] Vater und ersuchte noch gemäß <strong>de</strong>r ihm gegebenen [Möglichkeit zur] Wahl um <strong>Theoger</strong><br />

als dritten <strong>Abt</strong>. Als dies die Mitbrü<strong>de</strong>r [<strong>Theoger</strong>s] hörten, waren eine große Zahl <strong>von</strong> Män-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 6


nern bekümmert wegen <strong>de</strong>s Weggangs, bald auf Grund alter Freundschaft, bald, wie sie glaubten,<br />

wegen <strong>de</strong>s unwi<strong>de</strong>rbringlichen Verlustes für das Hauptkloster; einer weinte, einer war durch<br />

diese Verän<strong>de</strong>rung verletzt, einer auch durch die Gefühllosigkeit seines Körpers; Einzelne zeigten<br />

ihre Hochachtung für <strong>de</strong>ssen Entschluss. Aber auch <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater <strong>de</strong>s Klosters selbst<br />

konnte <strong>de</strong>n nicht ohne Zögern ziehen lassen, <strong>de</strong>n er liebte. Wie er ganz und bis ins Mark erfüllt<br />

war <strong>von</strong> Liebe und Barmherzigkeit, war er besorgt darum, dass jener Ort [Hirsau] einsam wer<strong>de</strong>,<br />

und er fürchtete, dass jene neue Pflanzung noch nicht verwurzelt und noch nicht kräftig genug<br />

wäre und bei irgen<strong>de</strong>inem Luftstoß o<strong>de</strong>r bei einer Erschütterung vernichtet o<strong>de</strong>r auch selbst verschul<strong>de</strong>t<br />

nie<strong>de</strong>rgehen wür<strong>de</strong>. Dennoch sah er ein Gärtchen, das vor Herbst und Winter an jener<br />

neuen Kirche Schutz bot mit <strong>de</strong>r Kraft eines Baumes, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r vorrücken<strong>de</strong>n Zeit die Äste ausbreitet,<br />

<strong>de</strong>r blüht und Ertrag bringt. Deshalb ernannte er [Wilhelm] <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>r sich <strong>von</strong> allen<br />

Männern abhob, zum <strong>Abt</strong> und schickte ihn, gestärkt durch vielfachen Trost, an diesen Ort [<strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>]. Der Ort und <strong>de</strong>r Tag wur<strong>de</strong>n danach festgesetzt, wo und wann jener vom ehrwürdigsten<br />

Gebhard, <strong>de</strong>r damals Bischof <strong>von</strong> Konstanz war, als gewählter <strong>Abt</strong> feierlich eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

sollte. Deshalb ist es dazu gekommen, dass am Ort und zur festgesetzten Zeit innerhalb <strong>de</strong>r Feierlichkeit<br />

einer Messe <strong>de</strong>r Bischof an <strong>de</strong>n Altären stand und diesen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Gutes gesagt wer<strong>de</strong>n<br />

muss, erhöhen sollte; und siehe, jener, angetan im priesterlichem Ornat, stieg bis zur <strong>Abt</strong>swür<strong>de</strong><br />

empor. Zwar sprach <strong>de</strong>r Bischof vom an ihm und noch mehr an <strong>de</strong>n heiligen [kirchlichen]<br />

Bestimmungen begangenen Unrecht, weil <strong>de</strong>r Vorgänger jenes [<strong>Theoger</strong>] ohne seine Zustimmung<br />

entfernt wor<strong>de</strong>n war, doch nach<strong>de</strong>m er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Vorfall erfahren hatte, hatte er <strong>de</strong>m seligen<br />

Wilhelm völlig verziehen; dann endlich verbarg er nicht mehr, worum es ihm bei <strong>Theoger</strong>,<br />

<strong>de</strong>m er die Weihe erweisen sollte, ging. Und er sagte, gerichtet an <strong>de</strong>n zu Weihen<strong>de</strong>n, wer <strong>de</strong>nn<br />

<strong>de</strong>r sei, <strong>de</strong>r schon geweiht war [Wilhelm]. Das, was das Seine war, möge jener diesem Mönch<br />

zuweisen, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn jenes neuen Klosters gewünscht und <strong>von</strong> ihnen gewählt wor<strong>de</strong>n<br />

war und <strong>de</strong>r selbstständig gekommen war, um eingesetzt zu wer<strong>de</strong>n. Er [Gebhard] sagte: „Ich<br />

wer<strong>de</strong> mein Amt gänzlich hochhalten; und we<strong>de</strong>r diesen noch irgen<strong>de</strong>inen <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Euren wer<strong>de</strong><br />

ich <strong>de</strong>mnächst weihen, wenn er nicht <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Fesseln eures Gehorsams befreit ist.“ Aber jener<br />

[Wilhelm], in <strong>de</strong>ssen Ansicht ebenso nicht am wenigsten Vorbildlichkeit war, antwortete: „Und ich<br />

wer<strong>de</strong> das machen, was meine Sache ist. Und ich wer<strong>de</strong> nicht nachlassen in <strong>de</strong>r notwendigen<br />

Überwachung <strong>de</strong>r Schwäche <strong>de</strong>m gegenüber, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kirchenoberen <strong>de</strong>n Gehorsam schul<strong>de</strong>t,<br />

<strong>de</strong>n er <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Untergebenen zu erwarten hat.“ Er sagte dies, und <strong>de</strong>r Bischof führte die Messfeier<br />

weiter. <strong>Theoger</strong> zog sich regungslos zurück und wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n restlichen Tag <strong>von</strong> diesem <strong>St</strong>reit<br />

verzehrt: weil <strong>de</strong>r Bischof um die Autorität, <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> um die Frömmigkeit stritt; jener mühte sich,<br />

damit die Autorität <strong>de</strong>s bischöflichen Amtes gemehrt wür<strong>de</strong>, dieser, damit <strong>de</strong>m geweihten Bru<strong>de</strong>r<br />

eine größere Demut innewohnen sollte. Endlich beugte sich <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong>, getrieben <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Vernunft<br />

und noch mehr <strong>von</strong> <strong>de</strong>r vernünftigen Notwendigkeit, <strong>de</strong>m Bischof und gab <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r frei, und<br />

sie einigten sich, dass er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m geschul<strong>de</strong>ten Gehorsam frei und losgelöst und am folgen<strong>de</strong>n<br />

Tag zu weihen sei.<br />

13. Nach<strong>de</strong>m er die feierliche Weihe empfangen hatte, kehrte <strong>de</strong>r heilige Mann zum Kloster zurück.<br />

Und dort wur<strong>de</strong> er nicht allein <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn, son<strong>de</strong>rn auch <strong>von</strong> Leuten aus <strong>de</strong>m Volk mit<br />

Jubel und Glauben empfangen. Und zuerst beschloss er, soweit es die Örtlichkeit ermöglichte,<br />

die Disziplin <strong>de</strong>s Mönchsor<strong>de</strong>ns zu beachten. Daraufhin verwen<strong>de</strong>te er sich dafür, sowohl <strong>de</strong>n Ort<br />

als auch die Kirche mit nicht geringen Anteil an Eifer und Arbeit aufzubauen. Er schmückte nicht<br />

nur die Fassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kirche, son<strong>de</strong>rn auch die Kirche <strong>de</strong>r Jungfrau Maria, <strong>de</strong>r Gottesmutter, mit<br />

Täfelungen und Bil<strong>de</strong>rn. Er errichtete das Kloster weit und geräumig mit Bil<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>n notwendigen<br />

Wirtschaftsgebäu<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen <strong>von</strong> da an und heute und bis ans Welten<strong>de</strong> geistliche Männer<br />

in heiliger Lebensweise leben, wachen und das Gehör <strong>de</strong>r göttlichen Gna<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n Zustand<br />

<strong>de</strong>r gesamten Kirche erflehen. Und obwohl sein Geist mit so vielen Dingen beschäftigt war, wur<strong>de</strong><br />

die Sorge um die, die innerhalb [<strong>de</strong>s Klosters] waren, nicht geringer; und so vermin<strong>de</strong>rte er die<br />

Sorge um die Klosterinsassen nicht trotz <strong>de</strong>r Beanspruchung durch die Leute <strong>von</strong> außen, wie er<br />

auch nicht die Fürsorge für die Leute <strong>von</strong> außerhalb [<strong>de</strong>s Klosters] aufgab für die Sorge um die<br />

Klosterinsassen. Gleichfalls richtete sich sein Trachten darauf, die Baulichkeiten zu errichten, so<br />

dass er ohne Zweifel <strong>de</strong>n zu gestalten<strong>de</strong>n Sitten <strong>de</strong>r ihm Nachgeordneten Halt gab. Er offenbarte<br />

also solcherart sich selbst, damit er, weil er in <strong>de</strong>r Betrachtung [Gottes] vor allen bevorzugt war,<br />

letztlich durch Mitlei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Nächste je<strong>de</strong>s Einzelnen war. Und dies o<strong>de</strong>r daraus wur<strong>de</strong> allen am<br />

besten bekannt, dass, wenn irgendwann die Brü<strong>de</strong>r, die das Bewußtsein eines Vergehens quälte,<br />

wegen <strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n Buße an ihn herantraten, er <strong>de</strong>swegen weinte, so dass er sie veranlasste,<br />

auch zu weinen. Die vertraulichen Fälle erzählte er aber niemals irgen<strong>de</strong>inem außer allein<br />

<strong>de</strong>m Herrn, bei <strong>de</strong>m er sich so für diese [Mönche] einsetzte. Er gab [damit] <strong>de</strong>n Leitern <strong>de</strong>r Gläubigen<br />

ein großes Beispiel <strong>de</strong>r Zurückhaltung, so dass niemals unter <strong>de</strong>n Menschen Ankläger gegen<br />

diese waren, die für sich durch eine <strong>de</strong>mütige Gesinnung jene als Verteidiger beim Herrn<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 7


gewonnen hätten. Er war daher <strong>de</strong>n gut Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n in Demut ein Gefährte; aber nicht<strong>de</strong>stotrotz<br />

erhob er sich gegen die Laster <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>r im Eifer <strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Zuletzt – um seinen ganzen<br />

Eifer kurz zu umschreiben – wur<strong>de</strong> er <strong>von</strong> allen in allem so eingeschätzt, dass er alle wohlbehalten<br />

bewahrte. Wie <strong>de</strong>r Priester [Sulpicius] Severus <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>ren Mann unvergleichlicher<br />

Heiligkeit [<strong>de</strong>m heiligen Martin] schreibt: „Welch große Wür<strong>de</strong> war in seinen Worten, welch große<br />

Erhabenheit! Wie eifrig er war, wie erfolgreich und wie leicht und mühelos in <strong>de</strong>r Untersuchung<br />

<strong>de</strong>r Schriften!“ Uns ist <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen berichtet wor<strong>de</strong>n, die mit ihm zusammengelebt haben, dass sie<br />

selten aus irgen<strong>de</strong>inem Mund soviel Wissenschaft, soviel Geist, so schöne und reine Predigten<br />

gehört hätten. Freilich wäre dies nur ein geringes Lob seiner Vorzüge, wenn es nicht ein Wun<strong>de</strong>r<br />

wäre, dass so viele Gna<strong>de</strong>ngaben bei einem Menschen zusammenkommen. Gewiss wird die[se]<br />

Darstellung sein inneres Leben, seine täglichen Gespräche und die immer auf <strong>de</strong>n Himmel gerichtete<br />

Seele nicht sprachlich entfalten [können], ebenso nicht jene Beharrlichkeit und das Maß<br />

bei Enthaltsamkeit und Fasten, die Kraft bei <strong>de</strong>n Nachtwachen und die <strong>von</strong> ihm im Gebet verbrachten<br />

Nächte und Tage, immer für das Werk Gottes, <strong>de</strong>m er in Muße und Geschäft anhing<br />

ohne Nahrung und Schlaf, es sei <strong>de</strong>nn, dass die Notwendigkeit dies erfor<strong>de</strong>rte. Nicht eine <strong>St</strong>un<strong>de</strong><br />

verging, in <strong>de</strong>r er nicht im Gebet sich nie<strong>de</strong>rbeugte und sich <strong>de</strong>m <strong>St</strong>udium widmete. Und zwischen<br />

<strong>de</strong>m Lesen o<strong>de</strong>r wenn er etwas an<strong>de</strong>res tüchtig tat gewährte er niemals seinem Geist Erholung<br />

vom Gebet. Niemand sah jenen jemals zornig, außer wenn er bei Sün<strong>de</strong>rn gezwungen<br />

war, mit <strong>de</strong>m Eifer <strong>de</strong>r Gerechtigkeit sehr zornig zu wer<strong>de</strong>n; niemand sah ihn traurig außer bei<br />

seinen Vergehen und <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Seinigen. Ein und <strong>de</strong>nselben, <strong>de</strong>r lieber <strong>de</strong>n Blick auf die Schönheit<br />

<strong>de</strong>s Himmels richtete, sah man außerhalb <strong>de</strong>r menschlichen Natur: Nichts war in seinem<br />

Mund außer Christus, nichts in seinem Herzen außer Glauben, Frie<strong>de</strong>n und Barmherzigkeit. Aber<br />

auch seine Predigt bei <strong>de</strong>n Menschen war nichts an<strong>de</strong>res als das Predigen über die Lockungen<br />

<strong>de</strong>r Welt und über die zu verlassen<strong>de</strong>n Mühen <strong>de</strong>s Zeitalters, damit die Zügellosen und Leichtfertigen<br />

Gott folgten.<br />

14. Es war ihm eine Gewohnheit, an <strong>de</strong>n gemeinsamen Nachtwachen <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r teilzunehmen<br />

und die Barmherzigkeit Gottes bei <strong>de</strong>n Gebeten zur Matutin zu erflehen. Während nämlich die<br />

Brü<strong>de</strong>r die Hymnen zur Matutin sangen, hatte er schon oft fünfzig Psalmen, häufig einhun<strong>de</strong>rt, oft<br />

<strong>de</strong>n ganzen Psalter been<strong>de</strong>t, o<strong>de</strong>r er sang die [Hymnen] mehrmals. Und während die Mönche<br />

schon glaubten, er, <strong>de</strong>r er ja stets wachsam in <strong>de</strong>r tiefen Nacht gewesen war, sei erschöpft, kehrte<br />

jener wie nach einem mutigen Kampf freudiger zur Arbeit zurück, und – frei <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Trägheit<br />

<strong>de</strong>s ganzen Körpers – kam er zum singen<strong>de</strong>n Chor und erfüllte mit <strong>de</strong>n Übrigen in so großer<br />

Wachsamkeit <strong>de</strong>n Gottesdienst, dass keiner im Vergleich zu jenem so wirksam und so fromm am<br />

Werk Gottes teilhaben konnte. Dort harrte er daher sogar unbeweglich [stehend] aus bis zum En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Gottesdienstes in <strong>de</strong>r Matutin, weil er nicht wollte, dass sein schlechtes Körperchen – das<br />

er ja allein unmenschlich behan<strong>de</strong>lte, dass es ohne Barmherzigkeit Winter und Frost ertrug –<br />

selbst für eine kürzeste Zeit nicht sitzen sollte, ausgenommen die Zeiten, an <strong>de</strong>nen sich nach<br />

Vorschrift alle schlafen legten. Wenn er am folgen<strong>de</strong>n Tage [nach <strong>de</strong>r Matutin] aufstand, schickte<br />

er – wie es Sitte <strong>de</strong>r Mönche ist – ein dreifaches Gebet voraus und trat danach heran an <strong>de</strong>n heiligen<br />

Altar, wo er <strong>de</strong>r Hostie <strong>de</strong>s Heils opferte. Wieviel er sich dort beschenkte durch Herzensreue,<br />

vermag ich nicht leicht zu sagen, weil jener nicht nur an <strong>de</strong>n Tagen, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>n<br />

Nächten sich auch durch Tränen wie durch Brot ernährte, so dass er am geeignetsten zu <strong>de</strong>r<br />

Person passt, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Profet gesagt hat: „Ich habe in Betrübnis gearbeitet, ich wer<strong>de</strong> je<strong>de</strong><br />

Nacht mein Bett [mit Tränen] benetzen, ich wer<strong>de</strong> meine Decke mit Tränen befeuchten“ [Ps. 6,7].<br />

Daher und vom Profeten her teilte er wie<strong>de</strong>rholt <strong>de</strong>n Jüngeren jenes Vorzüglichste <strong>de</strong>r Sprüche<br />

mit und die Mühe o<strong>de</strong>r das Beispiel <strong>de</strong>r Nachtwachen. Dabei bezeichnete er sie als glücklich,<br />

wenn sie einen – geringen – Teil <strong>de</strong>r Zeit, die sie zur Erholung hatten, für <strong>de</strong>n Dienst an Gott<br />

verwen<strong>de</strong>ten. Und mein <strong>Abt</strong> [Erbo] wollte, obwohl ihm nichts näher bekannt war, erforschen, wie<br />

er [<strong>Theoger</strong>] sich endlich <strong>de</strong>n Nachtwachen entreißen konnte, zumal mit auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n<br />

Körper und erschöpften Glie<strong>de</strong>rn, und wie jener [die Mönche] anwies, ihn und <strong>de</strong>n Kopf und<br />

die Augen aufzurichten, damit, während doch die Hän<strong>de</strong> zum Gebet hochgestreckt waren, die<br />

Lippen zum Lob bewegt, die Augen zum Weinen veranlasst wur<strong>de</strong>n. Gewiss konnte <strong>de</strong>r heilige<br />

Mann nicht an<strong>de</strong>rs, er wusste nicht an<strong>de</strong>rs zu lehren, als wie er gelebt hat. Nur wenige <strong>von</strong> <strong>de</strong>n<br />

Schülern folgten leicht <strong>de</strong>r Vortrefflichkeit seiner Tugen<strong>de</strong>n, während jener ihnen sowohl in allen<br />

Kräften <strong>de</strong>s Körpers als auch in <strong>de</strong>r Frömmigkeit <strong>de</strong>s Geistes voranstand.<br />

15. Und weil er die Schultern <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r durch härteste Lasten meistens sehr beschwerte und sie<br />

nach seinen Kräften beurteilte – und er konnte sehr viel tun, und er gab seinem unverletzten Leib<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r <strong>St</strong>renge seines Vorsatzes her nur ein wenig nach –, war es bald jenem, bald aber am<br />

meisten <strong>de</strong>n Untergebenen sehr wichtig, dass jener unermüdliche Leib [<strong>Theoger</strong>s], unfähig zur<br />

Ruhe, die Jungfräulichkeit <strong>de</strong>r Zucht durch die Hand Gottes barmherzig erfahren sollte, damit er,<br />

<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>n <strong>St</strong>arken stärker erschien, mit <strong>de</strong>n Schwachen als Schwacher dasteht und so aus<br />

seinen Schwächen lernt, dass man gegenüber an<strong>de</strong>ren Schwachen Nachsicht üben muss. Es<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 8


geschah daher, dass er an einem Tag, während er zu Pferd unterwegs war, vom Pferd fiel und so<br />

<strong>de</strong>r ganze Leib verletzt wur<strong>de</strong>, dass er sich auch einen Bruch holte. Und später, solange er lebte,<br />

hatte er Beschwer<strong>de</strong>n auf Grund dieser Verletzung. Von jener Zeit an hatte <strong>de</strong>r heilige Mann<br />

nicht nur gelernt, die ihm Unterstellten mil<strong>de</strong>r zu behan<strong>de</strong>ln, son<strong>de</strong>rn auch sich nicht selbst zu<br />

knechten. So bewahrten endlich die Reinheit seiner Unschuld und ewig die Sorge bei Gott das<br />

bisherige Werk. Er ließ nämlich sich gegenüber ein wenig <strong>von</strong> seiner früheren <strong>St</strong>renge nach, so<br />

dass er nicht allein im Chor beim Sitzen mit <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n übliche Wechsel beachtete, son<strong>de</strong>rn<br />

auch zu vielen an<strong>de</strong>ren, auch unpassen<strong>de</strong>n Zeiten sich setzte. Und schon erschien er beim<br />

Gottesdienst säumiger als gewohnt. An einem an<strong>de</strong>ren Ort o<strong>de</strong>r zu einer an<strong>de</strong>ren Zeit endlich<br />

bemühte er sich das vollständiger und <strong>de</strong>mütiger zu erfüllen, was er im Konvent vernachlässigt<br />

hatte. Als es im Winter um die dritte <strong>St</strong>un<strong>de</strong> war und er etwas verlangte, konnte aber <strong>de</strong>r Bitten<strong>de</strong><br />

im Kloster nicht aufgefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Einer <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r ging weg, um ihn in <strong>de</strong>r hölzernen Kapelle<br />

zu suchen, die jener wegen <strong>de</strong>s Gebets häufig besuchte. Dort wur<strong>de</strong> er, vor <strong>de</strong>n verschlossenen<br />

Türen auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n ausgestreckt, ent<strong>de</strong>ckt, sogar mit sehr viel Schnee behaftet, <strong>de</strong>r auf ihn<br />

<strong>von</strong> Mitternacht bis zu <strong>de</strong>r dritten <strong>St</strong>un<strong>de</strong> ohne Unterbrechung lag, dass nicht <strong>de</strong>r geringste Saum<br />

<strong>de</strong>r Kleidung sichtbar war. So stießen daher die beschuhten Füße <strong>de</strong>s Bru<strong>de</strong>rs auf ihn, und er<br />

richtete sich empor. Weil jener sehr erschreckte, lief er entsetzt zu <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn und bekannte unter<br />

größter Verwun<strong>de</strong>rung aller, an welchem Ort und in welcher Haltung er auf <strong>de</strong>n Liegen<strong>de</strong>n getroffen<br />

war. Durch dieses Dokument <strong>von</strong> großer Heiligkeit und Glauben [zeigt sich] wahrlich <strong>de</strong>r<br />

selige Zusammenhalt seiner Schüler! Jener [<strong>Theoger</strong>] erhielt gemäß <strong>de</strong>m Befehl <strong>de</strong>s Herrn beispielhaft<br />

ein Zeichen, wobei er sich selbst verleugnete und sich täglich zum Kreuz Christi erhob.<br />

16. Der Feind <strong>de</strong>s menschlichen Geschlechts [<strong>de</strong>r Teufel] sah inzwischen im Ort <strong>de</strong>s Grauens<br />

und <strong>de</strong>r wüsten Einö<strong>de</strong>, wie <strong>de</strong>r neue Bau <strong>de</strong>r Kirche entstand und wie jene hohen <strong>St</strong>älle für das<br />

Vieh sich in Behausungen <strong>de</strong>r Diener Gottes zum Ruhme Christi verwan<strong>de</strong>lten. Er überlegte, wie<br />

er diesem [Kloster] <strong>de</strong>n Untergang bereiten könne, und verletzte [das Kloster] stark. Und daher,<br />

damit sein Feuer durch Zerstörung [dieses] auslösche, verursachte er nicht allein <strong>de</strong>m Mann Gottes<br />

Ver<strong>de</strong>rben, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>m Ort jenes sogleich Vernichtung. Er wandte daher tausend<br />

Künste <strong>de</strong>r Schädigung an und fand nicht eine Möglichkeit, die Mauern selbst <strong>de</strong>r geringsten<br />

Wohnung zu zerstören, wie ich darlegen wer<strong>de</strong>. Was tat er und wohin wandte er sich? Er prahlte<br />

zuweilen und sagte zu sich: „Ich will in <strong>de</strong>n Himmel aufsteigen, hoch über <strong>de</strong>n <strong>St</strong>ernen Gottes<br />

meinen Thron aufrichten, will auf <strong>de</strong>m Berg <strong>de</strong>r Zusammenkunft mich nie<strong>de</strong>rlassen im äußersten<br />

Nor<strong>de</strong>n. Ich will über die Wolkenhöhen hinauffahren, will mich <strong>de</strong>m Höchsten gleich machen [Jes.<br />

14,13f].“ Schon schlecht und <strong>von</strong> äußerster Not getrieben, wandte er nach seiner Art <strong>de</strong>n Kunstgriff<br />

<strong>de</strong>r Täuschung an. Und damit das, was er vorhatte, endlich zum Erfolg führen wür<strong>de</strong>, erstrebte<br />

er die Hilfe <strong>de</strong>s ungebil<strong>de</strong>ten Volkes, das nicht lange vorher vom Kloster in <strong>de</strong>r Burg Aasen<br />

angesie<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n war. Und er wiegelte – durch welche Listen er nur konnte – jenes [Volk]<br />

gegen <strong>de</strong>n Mann Gottes auf, damit er ihn [<strong>Theoger</strong>] und <strong>de</strong>ssen Heiterkeit durch Ungerechtigkeiten<br />

weithin verwirrte o<strong>de</strong>r durch häufige <strong>St</strong>reitigkeiten <strong>de</strong>n Herausgefor<strong>de</strong>rten <strong>von</strong> <strong>de</strong>r inneren<br />

Beschauung <strong>de</strong>s Schöpfers abhalte. Aber das Volk war übermütig und stieß, wie es die Natur <strong>de</strong>r<br />

Bauern ist, gegen <strong>Theoger</strong> gemäß ihrer Art Rücksichtsloses und Abfälliges aus, was Unrecht<br />

verursachte, wütend und voller Tollheit mit tausend Ta<strong>de</strong>ln, und es sagte, dass er frem<strong>de</strong>s Recht<br />

hereinbringe und dass sie [die Bauern] Land ihrer Gewalt bewohnen. Es zieme sich für die Mönche<br />

nicht, die zu besteuern o<strong>de</strong>r zu beherrschen, die vom Ertrag [<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s] leben und die <strong>de</strong>n<br />

Ort, <strong>de</strong>n sie einst zu vielfältigem Nutzen gemeinschaftlich besaßen, zu ihrem Eigentum machten.<br />

Zuletzt sollten jene [Mönche], die erfüllt sind vom Schlund ihrer Begier<strong>de</strong>, nichts Neues gegen ihre<br />

Gewohnheiten veranlassen; ihnen [<strong>de</strong>n Bewohnern <strong>von</strong> Aasen] fehle das ganze Wasser und<br />

das Land, wenn sie nicht auch jenes Wenige, was an Wald o<strong>de</strong>r Wiesen übrig war, festhielten. In<br />

jener Zeit hatte Berthold [II.; 1078-1111], <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Bischofs Gebhard <strong>von</strong> Konstanz, das<br />

Herzogtum in Schwaben inne, ein Mann nämlich beschäftigt mit <strong>de</strong>n weltlichen Hän<strong>de</strong>ln, endlich<br />

äußerst fromm, <strong>de</strong>r jenen heiligen Mann [<strong>Theoger</strong>] und <strong>de</strong>n Ort [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] immer in frommer<br />

<strong>St</strong>immung verehrte. Freilich, jene Menschen, die sich wie ungebändigte Pfer<strong>de</strong> im Geiste <strong>de</strong>s<br />

Leichtsinns betrugen, waren zügellos und tobten wütend gegen <strong>de</strong>n Diener Gottes, schon dachten<br />

sie daran, das ganze Kloster dieses [Mannes] <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Wurzel aus zu Grun<strong>de</strong> zu richten.<br />

Durch viele Bitten <strong>de</strong>s heiligen Mannes, durch die Einschüchterungen <strong>de</strong>s Herzogs wur<strong>de</strong>n sie<br />

zurückgehalten. Wie<strong>de</strong>rum unternahmen sie etwas, wie<strong>de</strong>rum wur<strong>de</strong>n sie durch Drohungen und<br />

Bitten überwun<strong>de</strong>n. Zuletzt, als jener listige Feind [<strong>de</strong>r Teufel] nicht am Tage, nicht in <strong>de</strong>r Nacht<br />

ruhte, sie [die Bewohner <strong>von</strong> Aasen] aufzuwiegeln, kamen sie, wie wir gesagt haben, zur Zerstörung<br />

jenes ganzen Klosters heran; die einen trugen Speere, an<strong>de</strong>re Lanzen, an<strong>de</strong>re angespitzte<br />

Pfähle, ein je<strong>de</strong>r war unterschiedlich bewaffnet. Inzwischen wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m Herzog geschickt,<br />

dieses ganze Menschengeschlecht rücke mit schon bewaffneter Hand zu <strong>de</strong>m traurigen Werk<br />

[<strong>de</strong>r Zerstörung] heran. Und es war nicht zweifelhaft, dass [dieses Ereignis] sogleich eintreten<br />

sollte und hinsichtlich <strong>de</strong>s Ortes traurig, hinsichtlich <strong>Theoger</strong>s schmerzlich war. Nach<strong>de</strong>m sie [die<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 9


Bewohner <strong>von</strong> Aasen] sich gleich darauf [nach <strong>de</strong>m Eingreifen <strong>de</strong>s Herzogs nämlich] <strong>von</strong> <strong>de</strong>m<br />

Weg, wo sie hinwollten, zurückgezogen hatten, fragte er [<strong>de</strong>r Herzog] allerdings mit gebühren<strong>de</strong>m<br />

Unwillen, was sie vorhätten. Als ihn ihre günstigen Antworten nicht zufrie<strong>de</strong>n stellten, wusste<br />

er, dass das Geschlecht <strong>de</strong>r Diener nicht nur durch Worte zu bezwingen sei und hielt einen je<strong>de</strong>n<br />

mit seinen Amtsträgern durch Ruten in Schach. Und so befahl er, dass die ganze traurige, teils<br />

unbewaffnete Menge weggehe. Dann aber wüteten sie noch mehr und wollten am nächsten Tag<br />

gegen die Diener Gottes aufbrechen; sie wur<strong>de</strong>n gezwungen, dies so zu tun, damit <strong>de</strong>r Ort [<strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>] zur Einsamkeit zurückkehre und <strong>de</strong>r Mann Gottes mit <strong>de</strong>n Seinen ungerecht behan<strong>de</strong>lt<br />

wer<strong>de</strong>. Dies war ihr Willen, dies ihr Beschluss. Aber darüber entschied <strong>de</strong>r Herr auf an<strong>de</strong>re Weise.<br />

Als sie die Möglichkeit hatten, ergriffen sie die Waffen und sich selbst anfeuernd kamen sie zu<br />

<strong>de</strong>m Ort auf wun<strong>de</strong>rbare Weise, während sich <strong>de</strong>r Teufel freute, als das, was er lange betrieben<br />

hatte, sich endlich erfüllen wür<strong>de</strong>. Und schon näherte sich jenes starke Heer <strong>von</strong> fern <strong>de</strong>n Toren<br />

<strong>de</strong>s Klosters, während <strong>Theoger</strong> mit <strong>de</strong>n Seinen drinnen das heilige Fest <strong>de</strong>r Messe feierte. Aber<br />

sie hatten kaum die erste Schwelle [<strong>de</strong>s Klosters] betreten, als die <strong>St</strong>immen beim Psalmengesang<br />

sie erfreuten. Ihr Sinn verän<strong>de</strong>rte sich, sie legten Waffen und Trotz nie<strong>de</strong>r und betraten als<br />

Beten<strong>de</strong> die Kirche und for<strong>de</strong>rten hinsichtlich <strong>de</strong>m, was sie gegen <strong>de</strong>n heiligen Mann töricht getan<br />

hatten, Vergebung. Wer zweifelt <strong>von</strong> daher, dass diese Tugend <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> es war, die wil<strong>de</strong><br />

Menschen, die die Autorität <strong>de</strong>s mächtigen Herzogs mit Drohungen und Bitten nicht zu bezwingen<br />

vermochte, durch ein Gebet zu Gott bezähmte, dass auch jene Dank leisteten, sie mithin<br />

nicht ihrer Fehleinschätzung unterlagen und dass sie <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn, die unter ihm [<strong>Theoger</strong>] Gott<br />

dienten, wünschten, dass diese Frie<strong>de</strong>n und Ruhe erlangten. Alle, die <strong>de</strong>n ehrwürdigen Mann mit<br />

tödlichem Hass verfolgt hatten, kehrten daher mit diesem in die Gna<strong>de</strong> [Gottes] zurück. Und sie<br />

fingen an, ihn wie einen Vater <strong>de</strong>s Vaterlan<strong>de</strong>s zu lieben und zu verehren, boten und überbrachten<br />

ihm Geschenke. Viele auch übergaben sich und alles, was ihnen gehörte, und nahmen das<br />

geistliche Leben an. Und so geschah es, dass auch ein Teil jenes Ortes [Aasen] mit einer nicht<br />

unbeträchtlichen Menge an Äckern in das Recht dieser Kirche durch rechtmäßige Schenkung gelangte.<br />

17. Es ist nicht wert, durch irgen<strong>de</strong>ine Überlegung zu streifen, dass sie [die Mönche] dort in <strong>de</strong>r<br />

ganzen Anfangszeit <strong>de</strong>r Gründung [<strong>de</strong>s Klosters] Mangel litten. Oft entschie<strong>de</strong>n sie, <strong>de</strong>n Ort aufzugeben,<br />

die einen zu an<strong>de</strong>ren Klöstern zu schicken, die an<strong>de</strong>ren überhaupt aus <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />

auszuschließen, als endlich <strong>Theoger</strong> sie durch seine Geduld bezähmte, durch Tröstungen<br />

besänftigte und durch Verdienste empor hielt. Wie viele in jener Gemeinschaft <strong>de</strong>r Heiligen waren<br />

verwöhnt und rechneten [<strong>de</strong>nnoch] damit, trockenes Brot wie einen höchsten Genuss zu erhalten!<br />

Nahrungsmittel zur Bewirtung fehlten, ja sogar die, die mehrmals zu einer heiteren Mahlzeit eingela<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n, ent<strong>de</strong>ckten entwe<strong>de</strong>r weithin nichts o<strong>de</strong>r nur Kleinigkeiten [zum Essen]. Als jene<br />

bei seiner [<strong>Theoger</strong>s] Rückkehr zusammen die Psalmen mit so großem Wollen und Jubel sangen,<br />

dass du glaubtest, sie wären trunken, spien sie allerdings <strong>de</strong>n Weinrausch heraus, wobei<br />

<strong>de</strong>r Herr durch <strong>de</strong>n Profeten gesagt hatte, dass seine Diener sich berauschen sollen, wobei sie<br />

nicht wussten, dass die Schüler Christi, eines zu Unrecht verleum<strong>de</strong>ten Ju<strong>de</strong>n, um die dritte<br />

<strong>St</strong>un<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tages betrunken waren und das Zeugnis <strong>de</strong>r Wahrheit dargeboten hatten. Und weil<br />

ja die mönchische Gewohnheit dies verlangt, dass wir dann für jene beten, durch <strong>de</strong>ren Freigebigkeit<br />

wir versorgt wer<strong>de</strong>n, haben wir gesagt, dass die nicht unverdient glücklich gewesen sind,<br />

für die <strong>von</strong> so vielen gebetet wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Bauch die Völlerei nicht beschwert, und für die die<br />

Frömmigkeit das Gebet empfiehlt. Nämlich ausdrücklich trank <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater [<strong>Theoger</strong>] mit<br />

jenen [Mönchen] diesen Wein <strong>de</strong>r Reue, <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Herr mit <strong>de</strong>m Profeten getrunken<br />

hatte [Ps. 59,5], dann das Wasser <strong>de</strong>r Erfrischung, über das ebenso vom Herrn berichtet wur<strong>de</strong><br />

[Ps. 22,2], aus <strong>de</strong>m vollen Becher <strong>de</strong>r Liebe, damit sie nicht Hunger und Durst haben und glauben,<br />

diesen Wunsch <strong>de</strong>s Herrn zu erfüllen, wenn sie endlich im Überfluss gesättigt sind und, in<strong>de</strong>m<br />

sie sich ganz <strong>de</strong>r Lehre <strong>de</strong>s Vaters widmen, die Süße <strong>de</strong>s himmlischen Lebens zuvor genießen.<br />

Du siehst schon in seiner Schülerschaft nicht allein die ausgedienten Greise, son<strong>de</strong>rn<br />

auch die [durch die Profess] vereidigten Jünglinge Christi, die wissen um die ganze Schuld <strong>de</strong>r<br />

Versuchung, weil eine gewisse Begier<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Alten durch die Natur erstarrt. Und eine unbeständige<br />

Zeit schwin<strong>de</strong>t hin durch langes Fasten, die Nahrung wird wichtiger als die Ausgelassenheit.<br />

Durch dies gab es fürwahr gemäß <strong>de</strong>m Wort <strong>de</strong>s Apostels [Paulus; Eph. 6,12] keinen<br />

Kampf gegen das Fleisch und das Blut. Allerdings quälten die, die schon die ganze fleischliche<br />

Begier<strong>de</strong> durch das Joch <strong>de</strong>r Enthaltsamkeit besiegt hatten, ihre Glie<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. In dieser<br />

Sache, die sich nicht allein bei diesem Apostel zeigt, son<strong>de</strong>rn auch beim ehrwürdigen <strong>Theoger</strong>,<br />

kümmerte er [<strong>Theoger</strong>] sich <strong>von</strong> daher auch darum, seine Kirche Christus als keusche Jungfrau<br />

zu offenbaren: geliebteste Söhne, Nachahmer <strong>de</strong>s Glücks, durch <strong>de</strong>ssen teure Kraft <strong>de</strong>r Keuschheit<br />

[die Kirche] daraufhin in <strong>de</strong>r Botschaft <strong>de</strong>r Heiligkeit unvergleichlich blühte. Nicht wenige in<strong>de</strong>s,<br />

die aus jener Gemeinschaft <strong>de</strong>r Gerechten durch irgen<strong>de</strong>ine Anwandlung <strong>von</strong> Leichtsinn geflohen<br />

waren, sanken durch diese Sinnesän<strong>de</strong>rung herab und erlitten sogleich ihren Untergang,<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 10


weil niemand <strong>von</strong> <strong>de</strong>n <strong>St</strong>erblichen <strong>de</strong>m Zorn Gottes entrinnt. Es besteht sicher kein Zweifel darüber,<br />

dass solche es waren, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen einer im Wasser ertrank, ein an<strong>de</strong>rer einen plötzlichen<br />

Tod erlitt, ein dritter <strong>von</strong> Räubern weiterverkauft wur<strong>de</strong>.<br />

18. Aber auch ein an<strong>de</strong>rer Bru<strong>de</strong>r im Kloster gab sich in <strong>de</strong>m Maße <strong>de</strong>r Trägheit und <strong>de</strong>m Schlaf<br />

hin, dass er kaum am Tag o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Nacht, immer wenn er zur Feier <strong>de</strong>s Gottesdienstes mit<br />

<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn im Chor zusammentrat, wach blieb. Und es gehörte sich, dass <strong>Theoger</strong> bald <strong>de</strong>ssen<br />

Seiten anstieß, bald <strong>de</strong>n Wangen Ohrfeigen gab, bald befahl, eine brennen<strong>de</strong> Kerze in sein Gesicht<br />

zu schlagen. Jener schnarchte gleichsam, als wenn er betrunken war, und konnte ganz und<br />

gar nicht vom Schlaf herausgerissen wer<strong>de</strong>n. Aber immer wenn <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r ihn aufgeweckt hatte,<br />

sich <strong>von</strong> ihm abwandte, schlief dieser wie<strong>de</strong>rum ein. Als er [<strong>Theoger</strong>] daher eines Nachts während<br />

<strong>de</strong>r Nokturnen bei jenem unnützen und schlafen<strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r durch Schütteln, Ziehen und<br />

Schlagen in Nichts einen Fortschritt erzielte, packte er ihn heftig vor allen und sagte: „Elen<strong>de</strong>r<br />

o<strong>de</strong>r Beklagenswerter, warum schläfst du? Nichts liegt dir an <strong>de</strong>r Gemeinschaft mit <strong>de</strong>n Guten. In<br />

fortdauern<strong>de</strong>r Schmähung wirst du sicher bestraft wer<strong>de</strong>n zusammen mit <strong>de</strong>nen, die das Werk<br />

Gottes vernachlässigen.“ Wie er gesagt hatte, wur<strong>de</strong> dann bekannt, dass nur wenig später jener<br />

heimlich floh und einen elen<strong>de</strong>n Tod erlitt. Nach<strong>de</strong>m diese Spreu sich vom Kloster <strong>de</strong>s Herrn getrennt<br />

hatte, dienten die Übrigen, die im Speicher <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es als reinstes Weizen zurückgeblieben<br />

waren, fröhlich und freudig, wie wir schon gesagt haben, in Hunger und Schmutz, in Kälte und<br />

Nacktheit <strong>de</strong>m Herrn. So nämlich hatte es ihnen <strong>de</strong>r heiligste <strong>Theoger</strong> befohlen, dass sie glaubten,<br />

allen Gütern zu entsagen, wenn sie durch fromme Werke <strong>de</strong>m Spen<strong>de</strong>r aller Güter gefallen.<br />

19. In dieser Zeit vermochte <strong>de</strong>r Hunger nicht allein im Kloster, son<strong>de</strong>rn auch im ganzen Umland<br />

viel, so dass die Brü<strong>de</strong>r nicht glaubten, dass sie länger an jenem Ort [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] durchhalten<br />

könnten. Und diese, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r frömmste Vater [<strong>Theoger</strong>] auswärtige [Kloster-] Ämter anvertraut<br />

hatte, litten an übermäßiger Trauer und wussten nicht, was sie für die so große Menge [<strong>von</strong> Mönchen]<br />

tun sollten. Damit sie nicht beim täglichen [Getrei<strong>de</strong>-] Kauf sehr übervorteilt wur<strong>de</strong>n, gab es<br />

schon einen Vorrat auch an altem Getrei<strong>de</strong>. Beson<strong>de</strong>rs nahmen sie sich <strong>de</strong>r Alten an und <strong>de</strong>r<br />

Verständigeren, sie verabre<strong>de</strong>ten sich mit <strong>Theoger</strong> im Kloster und eröffneten ihm die ganze<br />

Sachlage und for<strong>de</strong>rten dringend, dass sie nach erfolgter Überlegung sich für Maßnahmen entschei<strong>de</strong>n<br />

sollten, damit die so große Menge, die beim täglichen [Kloster-] Dienst alle Kräfte <strong>de</strong>s<br />

Körpers verausgabte, nicht durch Hunger untergehe. Wo sie während <strong>de</strong>s Tages vielfältige Meinungen<br />

vortrugen und durch gegensätzliche Beschlüsse ein entsprechen<strong>de</strong>s En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ursache<br />

[für <strong>de</strong>n Hunger] suchten, stimmten alle endlich darin überein, dass sie jenen Ort durch irgen<strong>de</strong>ine<br />

Schenkung <strong>von</strong> Gut o<strong>de</strong>r Lehen ausstatten wollten, sie dort auch ausharren wür<strong>de</strong>n, im Übrigen<br />

die Rüstigeren entwe<strong>de</strong>r zu ihren Eltern o<strong>de</strong>r zu an<strong>de</strong>ren Klöstern für die Zwischenzeit weggehen<br />

sollten. Zwischendurch verließ <strong>Theoger</strong> die Versammlung. Und weil er ja das, was die<br />

körperliche Vorsorge betraf – ich spreche [hier] nicht vom Han<strong>de</strong>ln –, kaum noch hören konnte,<br />

setzte er sich an<strong>de</strong>rswo allein hin und hatte Muße zum Gebet. Als er [damit] geen<strong>de</strong>t hatte, lu<strong>de</strong>n<br />

alle <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> ein, um über die Sachlage einen Beschluss zu fassen, <strong>de</strong>m alle zustimmten und beschlossen.<br />

Sie sagten, dass, nach<strong>de</strong>m sehr viele Worte für und wi<strong>de</strong>r gewechselt wor<strong>de</strong>n waren,<br />

die Hauptsache ihres Beschlusses die war, dass die, die durch ihre Güter und Lehen <strong>de</strong>n Ort reicher<br />

machten, auch durch die Übrigen, die wegziehen, die notwendige Versorgung dort haben<br />

sollten. Darauf antwortete <strong>Theoger</strong>, dass ihm das passe. Er sagte: „Wenn nur ich, <strong>de</strong>r ich vom<br />

Fa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Unter<strong>de</strong>cke bis hin zum Schuhriemen nichts für diesen Ort beigetragen habe, als erster<br />

wegziehe.“ Jene ließen dies lei<strong>de</strong>nschaftlich nicht zu und sagten mit einer <strong>St</strong>imme, dass <strong>de</strong>r<br />

<strong>Abt</strong> we<strong>de</strong>r gehen muss noch darf; ansonsten wür<strong>de</strong> nicht allein die geistliche Ordnung, die durch<br />

seine Sorgfalt und mit Unterstützung <strong>de</strong>s Herrn eingeführt wor<strong>de</strong>n war, zerstört, son<strong>de</strong>rn auch<br />

<strong>de</strong>r Ort selbst verlassen, <strong>de</strong>m er schon mit Gottes Hilfe angefangen hatte vorzustehen. Und jener<br />

sagte: „Und was spricht dagegen, dass die, die Gott in seinem Namen zusammengeführt hat,<br />

weggehen, während ich im Kloster bleibe? Weil dieser, <strong>de</strong>r mit fünf Broten fünftausend Menschen<br />

in <strong>de</strong>r Wüste speiste, die Speise auch für jene in günstiger Zeit beibringen kann. Nicht nämlich<br />

kann <strong>de</strong>r Herr durch Hunger die Seele <strong>de</strong>s Gerechten töten, weil <strong>de</strong>r Mensch nicht vom Brot allein<br />

lebt, aber im Wort, das hervorkommt aus <strong>de</strong>m Mund Gottes [Matth. 4,4].“ O was für ein heiliger<br />

Genuss <strong>de</strong>r Güte Jesu! Da<strong>von</strong> und <strong>von</strong> seinem Glauben überzeugt, gab er [<strong>Theoger</strong>] dies zu<br />

erkennen, und er hielt das <strong>de</strong>n Schülern lei<strong>de</strong>nschaftlich entgegen, wobei er zu<strong>de</strong>m überlegte,<br />

dass, wenn auch die Mittel für das sterbliche Leben fehlten, die nicht durch Hunger sterben können,<br />

die im [Gottes-] Dienst <strong>de</strong>r Herr in seinem Namen zusammengebracht hat. Und was weiter?<br />

Nach dieser Wortmeldung brach <strong>de</strong>r ganze Beschluss jener auseinan<strong>de</strong>r und bewun<strong>de</strong>rnswerterweise<br />

speiste, wie jener es versprochen hatte, <strong>de</strong>r Herr sein Volk. Zu dieser Zeit nämlich<br />

schmolzen die großen Schul<strong>de</strong>n zusammen, so dass sie als Darlehen sechzig Pfund Silber für<br />

<strong>de</strong>n täglichen Bedarf ausgeben konnten. Und weil die gegenwärtige Not <strong>de</strong>s Ortes und die unerhörte<br />

Dürre <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres sie zwangen, mehr [Geld] aufzunehmen, und weil sie aber<br />

[Geld] zurückzahlten, hatten sie nichts. Es ereignete sich [in<strong>de</strong>s], dass ein gewisser junger Mann<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 11


mit Namen Liutfrid, ein Bürger <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt Worms, mit Herkunft und Reichtümern ausgestattet,<br />

krank [zum Kloster] gelangte. Der Herr war allerdings barmherzig mit jenem, so dass die Krankheit<br />

jenes durch geistlichen Beistand gemil<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>. Und aus <strong>de</strong>ssen Reichtum [Lücke: kamen]<br />

Nahrungsmittel und Wein und <strong>de</strong>r ganze Hausrat auch für alle Gebäu<strong>de</strong> sowohl aus Holz als<br />

auch aus <strong>St</strong>ein, und das, was er in <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt bekommen konnte. Nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n klösterlichen<br />

Segen empfangen hatte, ist er sogleich in <strong>de</strong>r dritten Nachtstun<strong>de</strong> gestorben, während er auf halbem<br />

Weg [in die <strong>St</strong>adt] war, und er ist aufgenommen wor<strong>de</strong>n im ewigen Tempel. Es ist nämlich<br />

die <strong>St</strong>un<strong>de</strong> seines To<strong>de</strong>s und die Gegenwart <strong>de</strong>s seligen Georg durch sichere Zeichen bekannt<br />

gewor<strong>de</strong>n. Und so wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Teufel, <strong>de</strong>n er in einer Ecke versteckt gesehen hatte, durch die<br />

Kraft dieses Märtyrers zurückgewiesen, und er übergab [seine] Seele, die <strong>von</strong> zwei Engeln im<br />

Angesicht <strong>de</strong>s Höchsten vorgezeigt wer<strong>de</strong>n muss. <strong>Theoger</strong> aber verließ damals [das Kloster],<br />

und kurz zuvor hatte es sich ereignet, dass jener [Liutfrid] <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Kloster abgereist war. Und<br />

sogleich ist [nach Bekanntwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s Liutfrids] ein Bote geschickt wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Weg<br />

<strong>de</strong>s Abreisen<strong>de</strong>n [<strong>Theoger</strong>] folgte und diesen, wie befohlen, vom Tod <strong>de</strong>s besagten Bru<strong>de</strong>rs unterrichtete.<br />

Er [<strong>Theoger</strong>] ertrug jene Nachricht, die er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Boten empfangen hatte, mit<br />

Schmerz, kehrte bald mit ganzer Schnelligkeit um und erreichte um die dritte Tagesstun<strong>de</strong> unvermutet<br />

[das Kloster]. Und als schon die frühe Messe been<strong>de</strong>t war, erschien er angetan mit <strong>de</strong>n<br />

heiligen Gewän<strong>de</strong>rn und vollzog <strong>de</strong>n Gottesdienst zu <strong>de</strong>ssen [Liutfrids] Beistand und bahrte <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren angemessen auf. Und so feierte er mit <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn die beweinenswerte Totenmesse,<br />

und er übergab <strong>de</strong>n jungen Leib ehrwürdig <strong>de</strong>m Schlamm <strong>de</strong>s Grabes. Es ist wahr, es ist ganz<br />

und gar wahr jene Prophezeiung, dass <strong>de</strong>n Gottesfürchtigen nichts mangelt, dass durch das größere<br />

Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Hilfe <strong>von</strong> Frem<strong>de</strong>n er [Gott] <strong>de</strong>n Mangel seiner Diener ausgeglichen hat, wie<br />

sehr er auch [bis dahin] jenen [Dienern] aus <strong>de</strong>m jährlichen Überfluss <strong>de</strong>r Erträge die übliche<br />

Nahrung überlassen hatte.<br />

20. Schon war in verschie<strong>de</strong>nen Landschaften und bei verschie<strong>de</strong>nen Völkern <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s<br />

<strong>Theoger</strong> bekannt, und nicht allein zum königlichen Hof, son<strong>de</strong>rn auch zur <strong>St</strong>adt <strong>de</strong>r <strong>St</strong>ädte Rom<br />

war das Gerücht seiner Heiligkeit vorgedrungen. Eremiten und viele an<strong>de</strong>re, die in Abgeschie<strong>de</strong>nheit<br />

ein evangelisches Leben führten, richteten ihre Briefe an ihn und machten sich durch<br />

Gebete bei ihm aufmerksam. Und worüber du sehr staunst: Sie teilten ihm durch wohlwollen<strong>de</strong><br />

Ermahnungen mit, was in seinem Kloster verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n müsse durch würdige Verbesserung,<br />

die ihm ganz und gar verborgen wäre und die sie ihm im Geist antragen. Selbst Urban II., <strong>de</strong>r<br />

damals in Rom Bischof war, hatte an ihm gleichsam einen vorzüglichen Sohn <strong>de</strong>r heiligen römischen<br />

Kirche, <strong>de</strong>n er <strong>de</strong>n Aposteln und <strong>de</strong>n apostelgleichen Männern durch seinen himmlischen<br />

Lebenswan<strong>de</strong>l gleichsetzte. Und auch <strong>de</strong>m König [Heinrich V.] blieb er nicht verborgen. Dieser<br />

empfing <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> einer Ministerialenfamilie abstammte und lange Zeit fernab <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />

Gemeinschaft <strong>de</strong>r Menschen in <strong>de</strong>r Einö<strong>de</strong> wohnte zusammen mit <strong>de</strong>n wil<strong>de</strong>n Tieren <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>,<br />

wo gleichsam <strong>de</strong>r Löwe jenseits <strong>de</strong>s Schreckens inmitten <strong>de</strong>r unzähligen zu wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tiere<br />

bei<strong>de</strong>rlei Geschlechts lebt. Somit ist es eine Tatsache, dass nicht nur Leute vom Volk, son<strong>de</strong>rn<br />

auch viele <strong>de</strong>r Großen, nach<strong>de</strong>m sie ihre höchsten Werke aufgegeben hatten, die Lebensweise<br />

<strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> erbaten. Nicht wenige übertrugen ihm zur Erziehung ihre Nachkommen, Jungen und<br />

auch Mädchen, so dass er innerhalb einer Zeitspanne <strong>von</strong> wenigen Jahren in <strong>de</strong>n Klöstern <strong>de</strong>r<br />

Mönche und Jungfrauen fast siebenhun<strong>de</strong>rt Seelen umsorgte. Siehe, so wird <strong>de</strong>r Mensch gesegnet,<br />

<strong>de</strong>r Gott fürchtet! In<strong>de</strong>m er ihn nämlich segnete, segnete <strong>de</strong>r Herr aus Zion gleichsam ihn<br />

durch die vielen Söhne und Töchter mit frohlocken<strong>de</strong>n Seelen, und <strong>Theoger</strong> schul<strong>de</strong>te <strong>de</strong>m Herrn<br />

Dank: „Siehe mich und meine Kin<strong>de</strong>r, die mir <strong>de</strong>r Herr gab!“ Was soll ich <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Erziehung o<strong>de</strong>r<br />

vom Leben dieser [Kin<strong>de</strong>r] sprechen? Dass <strong>de</strong>ren Heiligkeit so groß wur<strong>de</strong>, dass manche <strong>von</strong><br />

diesen durch Wun<strong>de</strong>r glänzten; dass weitere, in <strong>de</strong>n göttlichen Offenbarungen bewan<strong>de</strong>rt, das<br />

Kommen<strong>de</strong> predigten; dass nicht wenige im Geist Tag und <strong>St</strong>un<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ruhmvollsten Ablebens<br />

vorhersahen; dass an<strong>de</strong>re durch bestimmte sichere Zeichen ausmachten, dass die Seelen ihrer<br />

Brü<strong>de</strong>r, die längst verstorben waren, im Himmel Aufnahme gefun<strong>de</strong>n hatten.<br />

21. Ich berühre nur weniges <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Vielen, was auf uns gekommen ist. Einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n älteren<br />

[Mönchen] übte im Kloster <strong>de</strong>r Jungfrauen das Amt <strong>de</strong>s Priors aus. Er hatte untersagt, dass in<br />

<strong>de</strong>m Wald, <strong>de</strong>r an die Kirche grenzte, irgendjemand Holz schlagen dürfe, um später einen größeren<br />

Ertrag zu erhalten, weil im Verlauf <strong>de</strong>r Zeit [<strong>de</strong>r Wald] in Höhe und Dichte zunehmen wür<strong>de</strong>.<br />

Aber einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Einwohnern schätzte <strong>de</strong>n Befehl <strong>de</strong>s heiligsten Mannes gering und scheute<br />

sich nicht, im besagten Wald Holz zu schlagen. Und oftmals ermahnt, dass er <strong>von</strong> solchem Frevel<br />

Abstand nehme, wollte er [dies] ganz und gar nicht än<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r aufgeben. An irgen<strong>de</strong>inem<br />

Tag kam plötzlich <strong>de</strong>r Aufseher diese Wal<strong>de</strong>s unvermutet hinzu und zeigte [danach] ohne lautes<br />

Getöse an, dass dieser Mensch zwei Bäume dort wegnehmen und mit einem Wagen aus <strong>de</strong>m<br />

Wald führen wür<strong>de</strong> und dass schon bald ausgezeichnete Holzbalken daraus mit gewaltiger Anstrengung<br />

gesägt wür<strong>de</strong>n. Aber <strong>de</strong>r ältere [Mönch] wur<strong>de</strong> darüber sehr ungehalten, betrat die Kirche,<br />

die die Reliquien und <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s seligen Sebastian besaß, und stellte sich mit zum<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 12


Himmel erhobenen Hän<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n Altar. Ihm und gewiß allen Mönchen überhaupt seien Ruhe<br />

und <strong>St</strong>illschweigen vergangen, führte er aus, nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Namen dieses Märtyrers ausgerufen<br />

hatte, und er schwor, dass er, solange er lebe in <strong>de</strong>r Welt, in diesem Kloster <strong>von</strong> nun an keinen<br />

Gottesdienst durchführen wer<strong>de</strong>, bis jene ver<strong>de</strong>rbliche Heimsuchung seiner Kirche durch eine<br />

entsprechen<strong>de</strong> <strong>St</strong>rafe vergolten wäre. Jener Mensch nämlich, nach<strong>de</strong>m er schon <strong>de</strong>n Wagen<br />

bela<strong>de</strong>n hatte und die Ochsen mit <strong>de</strong>n für diese Tiere üblichen Fesseln angespannt hatte, bereitete<br />

sich vor wegzufahren. Aber die Ochsen, durch göttliche Tugend erschreckt und zurückgehalten,<br />

wur<strong>de</strong>n mit lächerlichem Schwin<strong>de</strong>l geschlagen, und sie gerieten so durcheinan<strong>de</strong>r. Und weil<br />

sie nur mit Mühe geführt wer<strong>de</strong>n konnten, wur<strong>de</strong>n sie, durch <strong>de</strong>n Unsichtbaren [Gott] erschreckt,<br />

völlig schwach und ungeeignet [für <strong>de</strong>n Transport]. Durch das gerechte Urteil Gottes ließ <strong>de</strong>r<br />

schlechte Mensch dort das Seine los, wo er gewohnt war, Frem<strong>de</strong>s zu rauben. Wahrhaftig ist <strong>de</strong>r<br />

gerechte und barmherzige Gott, wahrhaftig <strong>de</strong>r Wun<strong>de</strong>rbare in seinen Heiligen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n heiligsten<br />

Mann [<strong>de</strong>n Prior] erhörte, <strong>de</strong>r für die Bestrafung <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren betete und wahrhaftig <strong>de</strong>n Feind<br />

seiner Kirche mit vollen<strong>de</strong>tem Hass verfolgte, dass <strong>de</strong>r schuldige Mensch sein Verbrechen erkannte<br />

und er selbst <strong>de</strong>r Bestrafung durch die Versammlung <strong>de</strong>r Gläubigen nicht entging.<br />

22. Als <strong>de</strong>r Vater [<strong>Theoger</strong>] durch die heftigste Kraft <strong>de</strong>s Fiebers im Kloster bleiben musste, stand<br />

er schon vor <strong>de</strong>m Tod, als er sah, dass plötzlich <strong>de</strong>r Himmel sich öffnete und <strong>de</strong>r selige Georg<br />

vor ihm stand, <strong>de</strong>r auf Befehl Gottes seine aufgefangene Seele zum Himmel trug. Bald darauf<br />

kehrte er zu <strong>de</strong>n Mönchen zurück und was er, als er krank war, gesehen hatte, brachte er mit<br />

aufgeregter <strong>St</strong>imme hervor und sagte: „Ach ja, meine Brü<strong>de</strong>r, schämt euch nicht <strong>de</strong>s Kampfes,<br />

durch <strong>de</strong>n ihr im Dienst eines so großen Führers ins Schwitzen kommt, durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>n<br />

Kämpfen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Sieg und <strong>de</strong>n Siegern die Krone gibt.“<br />

23. Es war ebenfalls im Kloster ein gewisser Mann fortgeschrittenen Alters und guten Leumunds,<br />

<strong>de</strong>r wusste, dass <strong>de</strong>r Tod seines Leibes bevorstand. Er befahl, alles, was für seine Beerdigung<br />

notwendig war, bereitzustellen. Er versicherte nämlich, dass die seligen Petrus und Paulus, Andreas<br />

und Jakobus mit <strong>de</strong>n übrigen Aposteln bereitstan<strong>de</strong>n, seinen Geist aufzunehmen, dass er<br />

auch jetzt noch allein seinen Herrn, jenen seligen Georg, <strong>de</strong>n Schutzherrn <strong>de</strong>s Klosters, erwarte.<br />

Als wenig später ein Bru<strong>de</strong>r herbeigerufen wur<strong>de</strong> und ihm zu Diensten war, sagte er: „Beeile dich<br />

und versehe meinen geringen Körper mit Asche und Bußgewand. Und die Brü<strong>de</strong>r und alle Herren<br />

mögen kommen. Ich muss nämlich schon sterben.“ Jener tat, wie er befohlen hatte, und er stieg<br />

vor allen Anwesen<strong>de</strong>n und Psalmen Singen<strong>de</strong>n fröhlich zum Himmel auf.<br />

24. Auch einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r neulich zu Gott gekommen ist, ist gestorben, als er noch<br />

nicht <strong>de</strong>n vollen Segen <strong>von</strong> einem [an<strong>de</strong>ren] Mönch erhalten hatte. Später sah einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Älteren,<br />

<strong>de</strong>r in Folge <strong>von</strong> Gebet und Nachtwachen das Augenlicht schon längst verloren hatte, entrückt,<br />

wie die Seele <strong>de</strong>s Verstorbenen durch die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Engel bis zum Himmel getragen wur<strong>de</strong>.<br />

Weil er nicht wusste, dass jener gestorben war, erkannte er nach <strong>de</strong>m Klang <strong>de</strong>r Schreibtafel,<br />

die üblicherweise bei sterben<strong>de</strong>n Mönchen zerbrochen wird, wer gestorben war. Es folgte auch<br />

ein an<strong>de</strong>res Wun<strong>de</strong>r dieser Erscheinung. Als in <strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>r jungfräulichen Mutter Gottes <strong>de</strong>r<br />

Körper entseelt lag, zuckte über <strong>de</strong>r Totenbahre ein Lichtkreis ungewöhnlicher Helligkeit für alle<br />

sichtbar empor, <strong>de</strong>r aufs eindrücklichste bewies, dass die Seele <strong>de</strong>s Bru<strong>de</strong>rs in die ewige Helligkeit<br />

eingetreten war. Damals war <strong>Theoger</strong> zufälligerweise [vom Kloster] abwesend. Und als er<br />

wie<strong>de</strong>r zurückkehrte, erfuhr er, dass <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r gestorben war. Und hinsichtlich <strong>de</strong>m, dass ein<br />

noch nicht vollkommen [gesegneter] Mönch tot war - und er war gezwungen, <strong>de</strong>n Verlust <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>ssen Seele zu beweinen -, rügte er <strong>de</strong>n [an<strong>de</strong>ren Mönch], durch <strong>de</strong>ssen Nachlässigkeit ein so<br />

großes Übel im Kloster geschehen war. Der vorgenannte Alte tröstete daher heimlich <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong><br />

und erzählte <strong>von</strong> jener Erscheinung, die er gesehen hatte. So erkannte <strong>de</strong>r heilige und ehrwürdige<br />

Vater [<strong>Theoger</strong>] dies durch Lobpreis und Danksagung <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Person, die das gesehen hatte.<br />

Und es ist wahr, dass niemand mehr an Trost und Ruhm jenes [verstorbenen] Bru<strong>de</strong>rs zweifelte,<br />

als er [<strong>Theoger</strong>] darüber öffentlich und persönlich vermittels <strong>de</strong>r geschauten Erscheinung Einigkeit<br />

herstellte. Verehre diese Seligen, verehre diese ruhmvollen Männer, die in <strong>de</strong>r Liebe Gottes<br />

als tüchtig durch das Zeugnis <strong>de</strong>s Glaubens erkannt wer<strong>de</strong>n!<br />

25. Ich möchte kurz berichten auch <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Klöstern <strong>de</strong>r Jungfrauen und auf welche Weise <strong>de</strong>r<br />

ehrwürdige <strong>Theoger</strong> die Gemeinschaft <strong>de</strong>r Frauen zu <strong>de</strong>ren Gewinn einbrachte. Nicht nämlich will<br />

ich ausschließen die Sanktimonialen vom Ansehen seines Lobes. Gewiss aber ist dies für die<br />

Frauen die größte erfahrene Vollendung. Jene nämlich waren auch erhaben durch die Betrachtung<br />

<strong>de</strong>r Welt, durch die Kraft <strong>de</strong>r ruhmvollen Gerechtigkeit und durch das Lob <strong>de</strong>r hellen<br />

Keuschheit, und sie waren, um alle <strong>de</strong>ren Gaben kurz zusammenzufassen, <strong>de</strong>n Mönchen ähnlich.<br />

Jener [<strong>Theoger</strong>] also teilte nach <strong>de</strong>n Klöstern <strong>de</strong>r Männer, die er Männern zur Leitung übergeben<br />

hatte, die vielen Jungfrauen sowohl edlen als auch mittleren und geringen Geschlechts,<br />

die aus verschie<strong>de</strong>nen Gegen<strong>de</strong>n zusammengekommen waren, zu Gruppen und Gemeinschaften<br />

ein. Sie strömten in gleicher Weise zusammen unter seine Führung, unter die Regel <strong>de</strong>s heiligen<br />

Benedikt und unter die kirchlichen <strong>St</strong>un<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>s göttlichen Lobes auszufüh-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 13


en. Für je<strong>de</strong> Gruppe wur<strong>de</strong> eine eigene Leiterin bestimmt. Keine war dabei, die nicht täglich etwas<br />

aus <strong>de</strong>n Psalmen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Schriften lernte. An <strong>de</strong>n Festtagen hatten sie Muße zu<br />

Gebet und Lesung, an an<strong>de</strong>ren [Tagen] aber betrieben sie das auferlegte Werk. Alle hatten eine<br />

Haltung, und außer Nahrung und Kleidung hatte niemand etwas, was sich nicht schickte. Von<br />

<strong>de</strong>n Männern waren sie so weit getrennt, dass eine [Frau], die ein Mal das [Männer-] Kloster<br />

betrat, sofort dies verließ, wenn sie nicht sogar tot herausgetragen wur<strong>de</strong>. Ihnen [<strong>de</strong>n Frauen]<br />

stellte <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater heilige Männer und Lehrer guten Leumunds voran, und er half ihnen<br />

mehrmals mit seiner Anwesenheit und beobachtete Haltung und Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Einzelnen sorgfältig.<br />

Er wusste allerdings, wem <strong>von</strong> <strong>de</strong>n anvertrauten Schafen, wann o<strong>de</strong>r auf welche Weise er<br />

Rechenschaft ablegen musste. So oft er zu einer Gemeinschaft dieser [Frauen] kam, siehst du,<br />

wie durch <strong>de</strong>n wun<strong>de</strong>rbaren Eifer <strong>de</strong>s Sehens und Hörens die ihn umgeben<strong>de</strong>n Dienerinnen Gottes<br />

sich auf ihn stürzen: Gleichwie die Bienen zusammenkommen, wo sie sich um <strong>de</strong>n flüssigen<br />

Honig drängen, und sich ganz voll saugen mit <strong>de</strong>m süßen Nektar [Vergil, Aeneis I,432]. So allerdings<br />

stürzten die Gott geweihten Frauen, durch die Anwesenheit <strong>de</strong>s geistlichen Vaters entzückt,<br />

<strong>von</strong> ihren Sitzen einzeln herbei und umringten <strong>von</strong> überall her <strong>de</strong>n heiligen und ehrwürdigen<br />

Mann wie eine kostbare Paradiesblume. Und im Trog seines Herzens ernteten sie <strong>de</strong>n Nektar<br />

<strong>de</strong>r göttlichen Predigt, <strong>de</strong>n jener re<strong>de</strong>gewandt und in Tropfen <strong>von</strong> Honig abson<strong>de</strong>rte. So oft<br />

<strong>Theoger</strong> die keuscheste und heiligste Gemeinschaft <strong>de</strong>r Dienerinnen Gottes betrat, erhob sich<br />

Lei<strong>de</strong>nschaft aus <strong>de</strong>m Ort und <strong>de</strong>r Ordnung! Weil sie jenem, <strong>de</strong>r vom Himmel sprach, eine zahlreiche<br />

Hörerschaft bereiteten, glaubte er im Übrigen, dass es besser sei, wenn er sich in <strong>de</strong>r<br />

Nachbarschaft nie<strong>de</strong>rließ. Schon waren sie für seinen Gottesdienst, <strong>de</strong>r zum Prediger gehört, gerichtet,<br />

geschmückt und herausgeputzt; während seiner ermahnen<strong>de</strong>n Predigt fingen die Jungfrauen<br />

Christi an, hohe Seufzer auszustoßen, reichhaltigere Tränen zu weinen, zahlreich zu<br />

schluchzen und so leichte Sün<strong>de</strong>n zu betrauern, dass er [<strong>Theoger</strong>] glaubte, diese wären <strong>de</strong>r<br />

schwersten Verbrechen angeklagt. Nicht wenige dieser [Frauen] hatten Verlangen nach <strong>de</strong>m<br />

himmlischen Vaterland; wir berichten, dass <strong>de</strong>r Vorzüglichste dies beweinte habe, dass sie durch<br />

<strong>de</strong>n kürzesten Augenblick <strong>de</strong>r Zeit hingehalten wur<strong>de</strong>n <strong>von</strong> jenen Ewigkeiten, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen jener sie<br />

trennte.<br />

26. Aber weil es zu lange dauern wür<strong>de</strong>, alles Bewun<strong>de</strong>rungswürdige über sie [die Frauen] zusammenzufassen,<br />

erzähle ich weniges <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Vielen, was wir Wun<strong>de</strong>rbares erfahren und gelesen<br />

haben [Lücke]. Es war nämlich in <strong>de</strong>m Kloster <strong>de</strong>r Jungfrauen [Amtenhausen], in <strong>de</strong>m die<br />

Fürsorge dieses Vaters [<strong>Theoger</strong>] wachte, eine gewisse Sanktimoniale mit Namen Beatrix., die<br />

wir als Konversin zu Gott in diesen Or<strong>de</strong>n aufgenommen haben. Je<strong>de</strong>nfalls wollte sie in <strong>de</strong>n Jahren<br />

als Erwachsene die weltlichen Wege beschreiten, aber wur<strong>de</strong> – Dank sei Gott! – mit fester<br />

Hand zurückgehalten. Geboren <strong>von</strong> berühmten Eltern, war sie früh <strong>de</strong>r Eltern beraubt. Es war<br />

auch offenbar, dass sie hässlich aussah. Da sie sich weigerte, einem <strong>von</strong> ihren <strong>St</strong>an<strong>de</strong>sgenossen<br />

eine Ehefrau zu wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong> sie gewissermaßen gezwungen, in die Hochzeit mit Christus einzutreten.<br />

Und so begünstigte ihre Hässlichkeit ein gutes und frommes Leben gemäß <strong>de</strong>r Herkunft<br />

ihres Namens [Beatrix]. Als irgen<strong>de</strong>iner <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Verwandten sie nämlich schon als Mädchen in<br />

einem heiratsfähigen Alter sah, bekam er <strong>de</strong>n klugen Rat, dass sie für eine abzuschließen<strong>de</strong><br />

Hochzeit we<strong>de</strong>r Reichtum noch Schönheit habe. Er erwog, die Jungfrau Beatrix als Jungfrau <strong>de</strong>m<br />

himmlischen König und <strong>de</strong>m Schöpfer <strong>de</strong>r Jungfräulichkeit, <strong>de</strong>r die Reinheit <strong>de</strong>s Herzens und<br />

nicht die Schönheit <strong>de</strong>s Körpers liebt, anzuvermählen, damit das Aussehen <strong>de</strong>s Körpers beim<br />

Anschauen nicht missfällt und die Reinheit <strong>de</strong>s Körpers und <strong>de</strong>s Geistes durch die Umarmung<br />

<strong>de</strong>s Königs entsteht, nacheifernd <strong>de</strong>rjenigen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r gesagt wird: „Der ganze Ruhm ist im Innern<br />

<strong>de</strong>r Tochter dieses Königs [Ps. 45,14].“ Er [<strong>de</strong>r Verwandte] befahl daher, dass das Mädchen, das<br />

sich auf je<strong>de</strong> Weise dagegen wehrte und dadurch solch Gutes und solche Liebe aufs Spiel setzte,<br />

zum Kloster gebracht wer<strong>de</strong>. Er bat inständig, dass die Sanktimonialen <strong>de</strong>n Umgang mit jener<br />

nicht verweigerten. Sie wur<strong>de</strong> also in die Gemeinschaft aufgenommen, und wenig später empfing<br />

sie die Süße <strong>de</strong>r geistlichen Hochzeit. Tag und Nacht bemühte sie sich um fromme Werke. Sie<br />

fing an, <strong>de</strong>n Umarmungen ihres Ehemanns treu ergeben zu sein. Und obwohl ihr Aussehen hässlich<br />

war, zeigte sie sich, darum wissend, endlich <strong>de</strong>n Frauen. Weil sie erkannte, dass sie das E-<br />

benbild <strong>de</strong>s Schöpfers war, trat sie gemäß auch <strong>de</strong>n Regeln dieses Ebenbil<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n ein.<br />

Nicht bekannt waren ihr aber die Elemente <strong>de</strong>r Schrift, nichts wusste sie <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>s<br />

[göttlichen] Rechts. Aber weil <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>s Rechts Liebe ist, diente sie <strong>de</strong>m ganzen Recht<br />

in <strong>de</strong>r Liebe zu Gott und <strong>de</strong>m Nächsten. Und was ihr Verstand nicht aufnahm, lebte sie aus <strong>de</strong>m<br />

Innern heraus in <strong>de</strong>r Liebe. Sie wuchs in <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>r Geduld und <strong>de</strong>s Gebets, in <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Lebens und <strong>de</strong>r Einzigartigkeit <strong>de</strong>r Enthaltsamkeit über die an<strong>de</strong>ren Schwestern hinaus und zum<br />

unermesslichen Gipfel <strong>de</strong>r Heiligkeit. Und als <strong>de</strong>r allmächtige Gott entschie<strong>de</strong>n hatte, sie <strong>von</strong> ihren<br />

Mühen zu erlösen und ihr <strong>de</strong>n ewigen Lohn zu gewähren, fiel sie an [ihrem] letzten Tag in ein<br />

verzehren<strong>de</strong>s Fieber. Inzwischen kam <strong>Theoger</strong> unvermutet heran. Er gab <strong>de</strong>r dahinsiechen<strong>de</strong>n<br />

Jungfrau die letzte Ölung, und nach<strong>de</strong>m sie die heilsamen Sakramente empfangen hatte, wies er<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 14


geeignete Schwestern dazu an, dass wenn sie glaubten, <strong>de</strong>r Tod ihres Körpers stehe bevor, sie<br />

ihn und die an<strong>de</strong>ren Schwestern da<strong>von</strong> unterrichten sollten. Schon stand ihr Körper vor <strong>de</strong>m Tod,<br />

die Hitze <strong>de</strong>s Lebens war nur noch im Herzmuskel, als in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>r Nacht, während <strong>Theoger</strong><br />

sich mit <strong>de</strong>n Seinen in einem abgetrennten Schlafraum ausruhten, Erbo als einem <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn,<br />

die in <strong>de</strong>r Begleitung dieses Vaters waren, eine Erscheinung wi<strong>de</strong>rfuhr. Er sah, wie zwei<br />

Chöre im Gebetshaus, Psalmen singend, zusammenstan<strong>de</strong>n und unterschied das Geschlecht<br />

[<strong>de</strong>r Chorteilnehmer] aus <strong>de</strong>n <strong>St</strong>immen. Mal sangen abwechselnd die Männer die Antiphon, mal<br />

die Frauen, und zwar in <strong>de</strong>r Art, dass sie am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gesangs <strong>von</strong> neuem <strong>de</strong>n Anfang wie<strong>de</strong>rholten.<br />

Und so sangen sie sehr lange mit tiefer und hoher <strong>St</strong>imme: „Ich komme, meine Auserwählte,<br />

und ich setze dich auf meinen Thron, weil <strong>de</strong>r König <strong>de</strong>in Aussehen eifrig begehrt [Antiphon<br />

‚Commune virginum’ im Breviarum Romanum].“ Diese Antiphon beginnt bei[m Ton] f und<br />

en<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>r Septim. Sie geht weiter bei <strong>de</strong>r Septim, nicht beim dritten Ton und steigt vom en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Tetrachord bis zum oberen Tetrachord, und weil sie fast sechs Töne durchschreitet,<br />

nimmt sie die obere Septim – das ist b – an. Dadurch kann man merken, dass die Jungfrau Christi<br />

Beatrix einen seligen Tod erlei<strong>de</strong>n und in die siebte Höhe gelangen wird, d.h. in die siebte Ruhe<br />

und Glückseligkeit. Dies bezeichnet vollkommen die Zahl <strong>de</strong>r guten Werke. Jene himmlische Ruhe<br />

in <strong>de</strong>r siebten [Höhe] verweist darauf, dass die Seelen <strong>de</strong>r Heiligen und Erwählten, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />

Last <strong>de</strong>s Fleisches befreit, sich voller Glückseligkeit erfreuen. Wenn die Töne <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Höhen<br />

dieses Tetrachords herabsteigen, folgt <strong>de</strong>m run<strong>de</strong>n b das quadratische b, weil dadurch jene vier<br />

Tugen<strong>de</strong>n in ihrem Leben bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Wird dieses Tal <strong>de</strong>r Tränen verlassen, so folgt ohne<br />

Zweifel die Schönheit <strong>de</strong>s ewigen Lebens. Dieser Ton b ist nicht quadratisch, son<strong>de</strong>rn rund,<br />

weil er jene ewige Ruhe und die Schönheit <strong>de</strong>r Heiligen ohne En<strong>de</strong> abschließt und ohne Grenzen<br />

einschränkt. Das, was ich in Kürze darüber gesagt habe, soll genügen. Im Übrigen gibt es nieman<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>r weiß, ob diese Ausführungen wirklich geeignet sind, Tod und Lob dieser Jungfrau<br />

zu beschreiben. Solcherart aber waren <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rhall jenes Engels und die Liebenswürdigkeit <strong>de</strong>r<br />

Harmonie, dass nach Einschätzung eines je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r dies im Schlaf gehört hatte, dies die ganze<br />

Liebenswürdigkeit unter <strong>de</strong>m Himmel sei, so dass man glaubte, selig zu wer<strong>de</strong>n, wenn man solche<br />

weichen und wohltuen<strong>de</strong>n Gesänge <strong>de</strong>r Heiligen dauernd anhörte. Und als die Jungfrau <strong>de</strong>s<br />

Herrn schon ihren Geist aushauchte, erkannte jener [Erbo], [noch] schlafend, dass da diese selige<br />

Seele war, die unter Bekanntmachung großen Lobes aus ihrem Körper herausgerufen wur<strong>de</strong>.<br />

Schnell weckte er <strong>Theoger</strong> mit <strong>de</strong>n Seinen aus <strong>de</strong>m Schlaf, alle Sanktimonialen wur<strong>de</strong>n zusammengerufen,<br />

damit sie das <strong>St</strong>erben <strong>de</strong>r Jungfrau durch Gebete begleiteten, soweit sie dies mit<br />

Gottes Hilfe konnten. Während dies fromm durchgeführt wur<strong>de</strong>, ging <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>r Jungfrau zum<br />

Herrn, sie verließ <strong>de</strong>n jungfräulichen Körper, um bei <strong>de</strong>n heiligen Jungfrauen Platz zu fin<strong>de</strong>n. Der<br />

Körper war entseelt, er wur<strong>de</strong> gewaschen, in Leinentücher gewickelt. Zuletzt wur<strong>de</strong> er aufgebahrt<br />

und zur Zelle <strong>de</strong>s heiligen Georg [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] gebracht, die aber fast fünf Meilen entfernt lag. Es<br />

war nämlich Sitte, dass die Sanktimonialen, die an diesem Ort [Amtenhausen] verstorben waren,<br />

zur Beerdigung zum Kloster <strong>de</strong>s heiligen Georg gebracht wur<strong>de</strong>n. Inzwischen kam <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r<br />

[Erbo] heran und zeigte <strong>de</strong>m <strong>Abt</strong> an, was er gesehen hatte. Jener war erfreut, sagte ihm Dank<br />

und sprach: „Ich wer<strong>de</strong> diese Kirche [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] bereichern durch die gute Gabe, dass Beatrix,<br />

die Heiligste <strong>von</strong> allen, hier als Erste begraben wird und <strong>de</strong>r berühmte Ort neben ihren Fürbitten<br />

<strong>de</strong>n Körper besitzt.“ Deshalb sorgte er dafür, dass die Jungfrau in einer Nische draußen beim Paradies<br />

<strong>de</strong>r Kirche begraben wur<strong>de</strong>. Er setzte fest, dass alle [Sanktimonialen], die aus ihrer Gemeinschaft<br />

heraus <strong>de</strong>n Weg allen Fleisches gehen, dort begraben wer<strong>de</strong>n sollen. Nach<strong>de</strong>m<br />

schon fast sieben Jahre vergangen waren, geschah es, während sich <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater im<br />

Kloster <strong>de</strong>r Jungfrauen aufhielt, dass eine Sanktimoniale dieses Licht [<strong>de</strong>r Welt] verließ. In jener<br />

Nische war schon kein Platz für ein weiteres Grab mehr übrig, weil ja die, die in jener Zeit dort in<br />

Christus verstarben, <strong>de</strong>n ganzen Platz dieser Nische ausfüllten. Deswegen entschloss sich <strong>Theoger</strong>,<br />

das Grab <strong>de</strong>r Beatrix, die als Erste dort beerdigt wor<strong>de</strong>n war, zu öffnen und jene, die vor<br />

kurzem gestorben war, hineinzulegen. Er glaubte, dass die besagte Dienerin Gottes sich in <strong>de</strong>r<br />

langen Zeit seit ihrer Bestattung in Asche aufgelöst habe. Aber während sie [die Mönche] gruben,<br />

fan<strong>de</strong>n sie <strong>de</strong>n Schleier, <strong>de</strong>r ihren heiligen Körper umhüllte, unversehrt. Die Nasen <strong>de</strong>r Graben<strong>de</strong>n<br />

erfüllte die Süße eines wun<strong>de</strong>rbaren Geruchs, <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>r ganzen Klosterzelle sehr verbreitete.<br />

Nach<strong>de</strong>m er dies bemerkt hatte, befahl <strong>de</strong>r heilige und ehrwürdige Mann, die Überreste<br />

<strong>de</strong>s heiligen Körpers nicht vom Ort zu entfernen. Er gab bekannt, dass es die Heilige sei, <strong>de</strong>ren<br />

heiliger Lebenswan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>n Geruch <strong>de</strong>r Süße verursache und Gott und die Menschen angenehm<br />

erheitere.<br />

27. Auch war eine an<strong>de</strong>re Sanktimoniale im Kloster <strong>de</strong>r Jungfrauen gestorben, die <strong>von</strong> großer<br />

Heiligkeit war. Wenn wir das Übrige übergehen, so wur<strong>de</strong> geurteilt, dass nach ihr, <strong>de</strong>r Kranken,<br />

Engel gesehen hätten und <strong>de</strong>r <strong>St</strong>erben<strong>de</strong>n die Freu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Paradieses versprochen wur<strong>de</strong>n.<br />

Nämlich zwei Sanktimoniale saßen gewöhnlich am Bett <strong>de</strong>r Kranken, in ihrem Gehorsam dazu<br />

abgeordnet. Von diesen wur<strong>de</strong> berichtet, wie [die Kranke], nach<strong>de</strong>m die Gna<strong>de</strong> wie eine Abküh-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 15


lung ihr Erleichterung verschafft hatte, plötzlich fröhlicher wur<strong>de</strong> und lächelte. Aber als jene sich<br />

wun<strong>de</strong>rten und fragten, weswegen sie so lächele, sagte sie, nach<strong>de</strong>m sie <strong>von</strong> jenen die Zusage<br />

erbeten und erhalten hatte, dass sie dies nicht weitergeben wür<strong>de</strong>n: „Ich habe gelächelt, weil eure<br />

Meinung euch irren lässt, wonach ihr glaubt, dass eure Hän<strong>de</strong> mich tragen. Schon nämlich<br />

sind mir gera<strong>de</strong> zwei beson<strong>de</strong>re Jünglinge beigestan<strong>de</strong>n, die rechts und links mich mit ihren<br />

Hän<strong>de</strong>n stützen und dafür sorgen, dass ich auf meinem Lager weich gebettet wer<strong>de</strong>.“ Nach<strong>de</strong>m<br />

sie dies gesagt hatte, schwieg sie und lächelte wie<strong>de</strong>rum. Wie<strong>de</strong>rum wur<strong>de</strong> sie daher gefragt,<br />

warum sie lächle, und sie erhob mit leichter Bewegung die drei ersten Finger <strong>de</strong>r rechten Hand<br />

und behauptete, dass sie <strong>de</strong>swegen gelächelt hätte. Jenen aber, die nichts außer <strong>de</strong>r Leere ihrer<br />

Hand wahrnahmen, und die sie bestürmten, die Sache eindringlicher zu schil<strong>de</strong>rn, antwortete die<br />

Sanktimoniale, die bald ins Jenseits gehen wür<strong>de</strong>, dass ihr <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Wiesen <strong>de</strong>s Paradieses jene<br />

allerschönste Blume verkün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>, die sie mit <strong>de</strong>n Fingern umfasse. Sie wer<strong>de</strong> sich freuen,<br />

dass sie gemäß ihrer Weissagung bald in die allerschönsten Gebäu<strong>de</strong> gelangen wer<strong>de</strong>. Sie sagte<br />

dies, und <strong>de</strong>r Tod bestätigte das in jener Sache Gesagte. Es genügt, dass wir dies zur Bekräftigung<br />

<strong>de</strong>r Heiligkeit dieser Jungfrauen kurz erwähnt haben. Nun gelangt, wenn wir das Ganze<br />

wen<strong>de</strong>n, die Erzählung zu <strong>de</strong>n weiter zu erörtern<strong>de</strong>n Tugen<strong>de</strong>n unseres Vaters <strong>Theoger</strong>, obgleich<br />

wir auch die Tugen<strong>de</strong>n jener [Jungfrauen] loben müssen. Dieser [<strong>Theoger</strong>] sorgte durch<br />

Wort und Beispiel dafür, dass sie [die Jungfrauen] sich beständig verbesserten, so dass sie diese<br />

[die Tugen<strong>de</strong>n] zu erreichen verdienten.<br />

28. Aber mir wird, ehe ich die übrigen seiner Taten anspreche, das auch nach außen Bewirkte<br />

sichtbar [und zwar], wie viele Klöster er [<strong>Theoger</strong>] neu gegrün<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r [wie viele Klöster], die<br />

schon durch die Nachlässigkeit <strong>de</strong>r Vorsteher o<strong>de</strong>r durch das Alter <strong>de</strong>r Zeiten verfallen waren, er<br />

in <strong>de</strong>n vorhergehen<strong>de</strong>n [„reformierten“] Zustand mit Unterstützung Gottes überführt hat. Er errichtete<br />

im befestigten Ort Lixheim ein Kloster für Mönche, das später <strong>von</strong> ihm und seinen Nachfolgern<br />

geleitet wur<strong>de</strong> und in ihrer Verfügung stand. Die Befestigung gehörte <strong>de</strong>m frommen und edlen<br />

Grafen Folmar aus salischem Geschlecht, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Burg eine Wohnstätte für Mönche grün<strong>de</strong>n<br />

wollte. Deshalb gab <strong>Theoger</strong> nicht allein zu <strong>de</strong>n Plänen <strong>de</strong>s Grafen seine Zustimmung, son<strong>de</strong>rn<br />

er klei<strong>de</strong>te <strong>de</strong>n Grafen selbst, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> sehr frommen Geist erfüllt war, in ein Mönchsgewand;<br />

und durch seine Vermittlungen erlangte er nach <strong>de</strong>ssen Tod das, was [an Besitz] übrig war. Insofern<br />

verließ <strong>de</strong>r Graf nach <strong>de</strong>m Empfang <strong>de</strong>r Sakramente und <strong>de</strong>r richtigen Verfügung über die<br />

[weltlichen] Dinge dieses Leben und wur<strong>de</strong> schon - ein Mönch unter Mönchen - in diesem Kloster<br />

begraben. Ein an<strong>de</strong>res Kloster errichtete er [<strong>Theoger</strong>] an <strong>de</strong>r Flanke eines Berges, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />

Zelle <strong>de</strong>s heiligen Georg fast fünf Meilen entfernt war, in Amtenhausen, wo ungefähr einhun<strong>de</strong>rt<br />

Frauen zusammen waren, wo auch, wie wir oben sagten, die heiligste Beatrix als erste <strong>von</strong> allen<br />

verdiente, begraben zu wer<strong>de</strong>n, durch ihre Verdienste für die ewige göttliche Versöhnung eine<br />

Hilfe für <strong>de</strong>n Ort. Eine an<strong>de</strong>re Kirche [<strong>St</strong>. Marx], schon vorher nichts<strong>de</strong>stoweniger zu Ehren <strong>de</strong>s<br />

seligen Evangelisten Markus gegrün<strong>de</strong>t, aber mangelhaft und eng ausgestattet, erweiterte er mit<br />

Mauern und durch Besitzungen, damit auch darin ungleich mehr Jungfrauen leben konnten. Weiter<br />

machte er <strong>de</strong>n ehrwürdigen Mann mit Namen Rupert [I.; 1102-1145], <strong>de</strong>r - <strong>von</strong> Heiligkeit und<br />

Gna<strong>de</strong> erfüllt - noch heute lebt, zum <strong>Abt</strong> im Kloster Ottobeuren [1102]. Ebenso setzte er an einem<br />

an<strong>de</strong>ren Ort, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache Hugshofen heißt, einen <strong>Abt</strong> ein und reformierte die<br />

bestehen<strong>de</strong> Ordnung [um 1110]. Fürwahr schickte er <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>s Augsburger Klosters [Egino<br />

<strong>von</strong> <strong>St</strong>. Afra; 1109-1120], <strong>de</strong>r seine <strong>Abt</strong>swür<strong>de</strong> ersehnte und sich im Wunsch nach einem strengeren<br />

Vorsteher unter <strong>de</strong>ssen Lehrerschaft gestellt hatte, zurück auf Bitten <strong>de</strong>s Bischofs <strong>de</strong>r<br />

<strong>St</strong>adt, <strong>de</strong>r ganzen Geistlichkeit und <strong>de</strong>s Volkes und nicht wenigen Brü<strong>de</strong>rn dieser ehrwürdigen<br />

Gemeinschaft heiliger Umkehr [Reform]. Und durch seinen Rat und seine Hilfe erneuerte er [Egino]<br />

in diesem Kloster <strong>de</strong>n ursprünglichen Gottesdienst [1113?]. Auch <strong>de</strong>rjenige [Wolfhold; 1115-<br />

1137], <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Kloster Admont vorstand, lehrte im Umgang mit <strong>de</strong>n Schülern, die <strong>von</strong> ihm unterrichtet<br />

wur<strong>de</strong>n, das, was er <strong>von</strong> seinem Lehrer [<strong>Theoger</strong>] gelernt hatte. Im Übrigen hatte er [<strong>Theoger</strong>]<br />

schon begonnen, durch <strong>von</strong> ihm gesandte Mönche im Kloster Gengenbach die Ordnung zu<br />

reformieren; aber als er <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Metzer Kirche zum Bischof gewählt wor<strong>de</strong>n war [1117], konnte er<br />

nicht mehr einen <strong>Abt</strong> [in Gengenbach] einsetzen. Das, was er fromm für diesen Ort geplant hatte,<br />

vollen<strong>de</strong>te sein Nachfolger, <strong>de</strong>r ehrwürdige Mann Werner, <strong>de</strong>r vierte <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>r Zelle <strong>de</strong>s heiligen<br />

Georg, mit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes.<br />

29. Es war bei ihm [<strong>Theoger</strong>] eine Unruhe und ein ungeheurer Eifer, die Gläubigen durch Wort<br />

und Beispiel zur Geringschätzung <strong>de</strong>r Welt zu führen, so dass er die frommen Brü<strong>de</strong>r anleitete,<br />

die Seelen <strong>de</strong>n höchsten Wünschen zuzuwen<strong>de</strong>n. Und so wollte er <strong>de</strong>m Herrn aus <strong>de</strong>n Menschen<br />

bei<strong>de</strong>rlei Geschlechts und <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>s Zeitalters ein vollen<strong>de</strong>tes Volk bereiten. So Großes<br />

wur<strong>de</strong> aber <strong>de</strong>r mönchischen Ordnung <strong>de</strong>r damaligen Zeit getan, dass er als ein beliebiger armer<br />

Mensch auch <strong>de</strong>n mächtigen Leuten Rat geben konnte bei vielen Entscheidungen - im Ebenen,<br />

im Unwegsamen, bei Weggabelungen - und er keine Begegnung mit <strong>de</strong>m Feind fürchtete, sorg-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 16


los <strong>de</strong>r ganzen Gefahr gegenüber. Dies nämlich war bei <strong>de</strong>n ehrwürdigen Vertretern unseres<br />

Mönchtums <strong>de</strong>r Glauben, dass dieser auffälligerweise gegen die zusammengedrängten Fein<strong>de</strong><br />

unbewaffnet ihn wappnet. Niemals glaubte er endlich, dass er sorglos gewesen sei, wenn er für<br />

die Seele <strong>de</strong>s Bru<strong>de</strong>rs gemäß <strong>de</strong>m Befehl und <strong>de</strong>m Vorbild <strong>de</strong>s Herrn mit seinem Tod das Leben<br />

ausgehaucht hätte. Umso mehr ist da die Frömmigkeit jener [Kirchen-, Klosterreformer] zu bewun<strong>de</strong>rn<br />

und unser Müßiggang zu beweinen. Wir nämlich wur<strong>de</strong>n durch unsere [uns] prüfen<strong>de</strong>n<br />

Sün<strong>de</strong>n in die Schan<strong>de</strong> getan, wir sind preisgegeben wor<strong>de</strong>n, wir sind <strong>de</strong>r Welt, <strong>de</strong>n Engeln und<br />

<strong>de</strong>n Menschen ein Schauspiel gewor<strong>de</strong>n, auf dass in Wahrheit jener Profetenspruch uns zukommt:<br />

„Und die Krone fiel <strong>von</strong> unserem Haupt; wehe uns, weil wir gesündigt haben“ [Jes. 5,16].<br />

Weil wir nämlich uns durch verkommenen Lebenswan<strong>de</strong>l entfernt haben <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Sitten <strong>de</strong>s Vaters,<br />

sind wir, wahrlich entleert <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Tugen<strong>de</strong>n, ganz und gar nicht wert, <strong>de</strong>n Ruhm und das<br />

Ansehen <strong>de</strong>r Vorgänger zu erreichen.<br />

30. Wahr ist, um das, was wir begonnen haben, im Auge zu behalten, dass <strong>de</strong>r ehrwürdige <strong>Theoger</strong><br />

in einzigartiger Sorge um Eintracht erstrebte, die Abweichen<strong>de</strong>n zurückzurufen, und diese<br />

[Eintracht] vergrößerte ihm <strong>de</strong>r Herr in <strong>de</strong>n Augen aller als Gna<strong>de</strong>, damit die feindlichsten Menschen<br />

durch <strong>de</strong>ssen öfteres Eingreifen befrie<strong>de</strong>t wür<strong>de</strong>n. Sogleich nämlich, wenn er erfuhr, dass<br />

durch irgen<strong>de</strong>in Geschehen Menschen sich rücksichtslos entzweiten, eilte er rasch hinzu, um <strong>de</strong>n<br />

<strong>St</strong>reit zu schlichten. Und er erkannte <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r unschuldig angegriffen wur<strong>de</strong>, und versöhnte ihn<br />

durch geschul<strong>de</strong>te Genugtuung mit <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r gesündigt hatte, und endlich fiel er ihm zu Füßen<br />

und bat <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>r um Vergebung. Freilich dachte er, durch Demut <strong>de</strong>n zu überzeugen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Vernunft nicht zugänglich war. Und nicht nur gelang es ihm durch <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>r Demut, adlige<br />

Personen zu versöhnen, son<strong>de</strong>rn auch niedrige Leute, auf dass gemäß <strong>de</strong>m Wort <strong>de</strong>s Apostels<br />

[Petrus] <strong>de</strong>r ganzen menschlichen Kreatur dies wegen Gott nahegebracht wird [1. Petr. 2,13].<br />

Nämlich über einen <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn, die sich mit uns im Kloster aufhielten, habe ich einst gehört,<br />

wie er, während er noch in <strong>de</strong>r Welt war, <strong>von</strong> schlechten Menschen umringt und in einer sehr befestigten<br />

Burg lange Zeit gefangen war und endlich durch die Barmherzigkeit <strong>de</strong>s Herrn unverletzt<br />

entweichen konnte. Daraufhin warfen zwei Bewaffnete <strong>de</strong>n unschuldigen Menschen zu Bo<strong>de</strong>n,<br />

um Geld zu erpressen, sie glaubten, dass sie dies ungestraft durchführen könnten, doch wur<strong>de</strong>n<br />

sie wegen <strong>de</strong>s verletzten Frie<strong>de</strong>ns verurteilt, die geschul<strong>de</strong>te Genugtuung zu leisten, und gingen<br />

daran, <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n sie verletzt hatten, zu besänftigen. Zu diesem Schauspiel trat <strong>Theoger</strong> hinzu.<br />

Dem, <strong>de</strong>r we<strong>de</strong>r durch Bitten noch durch die geschul<strong>de</strong>te Genugtuung bewegt wer<strong>de</strong>n konnte,<br />

sagte er endlich, dass er <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n zustimmen solle, wenn das ihm angetane Unrecht durch<br />

geschul<strong>de</strong>te Vergeltung ausgeglichen wer<strong>de</strong>, d.h.: jener unser Friedfertiger [<strong>Theoger</strong>] wer<strong>de</strong> sich<br />

vor <strong>de</strong>ssen Füßen nach seiner Art auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n werfen. Jener aber war dann heftig erschreckt<br />

und hatte Ehrerbietung gegenüber diesem, er fürchtete auch, dass er sich <strong>de</strong>n himmlischen Zorn<br />

zuziehe, wenn er so <strong>de</strong>n Priester Gottes versuchte, und hielt ihn sogleich mit <strong>de</strong>r Hand an, sich<br />

nicht zum Bo<strong>de</strong>n nie<strong>de</strong>rzubeugen, und alle, die dabei waren, schrien laut. Er verzieh, in<strong>de</strong>m er<br />

<strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n verzieh, zum Zeugnis <strong>de</strong>r Heiligkeit jenes, dass solch ein Mann sich nicht verachtete,<br />

vor seine Füße zu sinken, und empfing eine Hostie. <strong>Theoger</strong> enteilte <strong>de</strong>ssen Umarmungen<br />

und Küssen, als ihm <strong>de</strong>r Geist ganzer Liebe zuströmte, und so hinterließ er an diesem Ort ruhmvolle<br />

Zeichen seiner Demut, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>n zur Gänze wie<strong>de</strong>rhergestellt war.<br />

31. Es gab außer<strong>de</strong>m im Elsass zwei Gehöfte, die nicht gera<strong>de</strong> weit <strong>von</strong>einan<strong>de</strong>r entfernt waren.<br />

Zwischen diesen war durch Zufall <strong>St</strong>reit entstan<strong>de</strong>n, lang andauernd zwischen <strong>de</strong>n unter sich uneinigen<br />

Bewohnern, und Göttliches und Menschliches miteinan<strong>de</strong>r vermischend. Dadurch nämlich<br />

ist es so weit in <strong>de</strong>r Unsinnigkeit gekommen, dass Krieg und Verwüstung <strong>de</strong>n heimischen<br />

Mühen schon fast ein En<strong>de</strong> setzten. Daher geschah es, dass nicht wenige, <strong>de</strong>m <strong>St</strong>reit längst ü-<br />

berdrüssig, Vorsorge trafen gegen Feuer und an<strong>de</strong>re Feindseligkeiten, die vielleicht passieren<br />

könnten, und daran arbeiteten, die Parteien zur Eintracht zurückzuführen. Aber weil kein Erfolg<br />

da war, wodurch Wirkung hätte erzielt wer<strong>de</strong>n können, entschloss man sich endlich, <strong>de</strong>n vielfältigen<br />

<strong>St</strong>reit dadurch zu schlichten, dass diesen <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>r großes Ansehen bei jenen genoss,<br />

gemäß seiner ihm <strong>von</strong> Gott gegebenen Weisheit been<strong>de</strong>n möge, nach<strong>de</strong>m er die Ansichten bei<strong>de</strong>r<br />

Parteien gehört hätte. Deshalb wur<strong>de</strong> <strong>Theoger</strong> gerufen, und er kam zu einer Verhandlung.<br />

Nach<strong>de</strong>m es aber viele <strong>St</strong>reitereien bis zum Urteilsspruch gegeben hatte, versprachen endlich alle,<br />

dass sie gemäß <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>s Mannes Gottes feierliche Versicherungen abgeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Aber ein gewisser Bauer, <strong>de</strong>r insgesamt schuld war [am <strong>St</strong>reit], fing an, starrsinnig im Geist, sich<br />

<strong>de</strong>m Mann Gottes zu wi<strong>de</strong>rsetzen, und legte <strong>de</strong>n Eid auf seinen Kopf ab, dass er <strong>de</strong>m Urteil nicht<br />

zustimmen wer<strong>de</strong>. Sogleich wandte sich <strong>de</strong>r Mann Gottes <strong>de</strong>n Gebeten und Bitten zu und warf<br />

sich vor <strong>de</strong>ssen Füßen zu Bo<strong>de</strong>n, während alle, die dabei waren, sich wun<strong>de</strong>rten, dass solch ein<br />

Mann sich dazu herabließ, sich in so großer Demut nie<strong>de</strong>rzuwerfen, und überzeugte <strong>de</strong>n Bauern<br />

[schließlich].<br />

32. Immerhin führte <strong>de</strong>r Mann Gottes so viele Versöhnungen we<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Geläufigkeit <strong>de</strong>r<br />

Sprache, noch, wie geglaubt wur<strong>de</strong>, mit Hilfe einer an<strong>de</strong>ren menschlichen Fähigkeit durch, son-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 17


<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Tat im göttlichen Geist und, wie wir sagten, durch <strong>de</strong>mütiges Bitten. Dafür gibt das unten<br />

<strong>St</strong>ehen<strong>de</strong> ein Beispiel, wo allerdings die rechte Hand <strong>de</strong>s Höchsten offenbar an<strong>de</strong>rs vorgeht.<br />

In einem bergigen Gebiet, das wegen seiner Rauheit die Bewöhner die Schär nennen, gab es<br />

zwei Kriegsleute, die heftig und langandauernd miteinan<strong>de</strong>r zerstritten waren. Aber als viele [<strong>de</strong>r<br />

Bewohner] wollten, dass <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> zwischen diesen wie<strong>de</strong>rhergestellt wer<strong>de</strong>n solle, konnte <strong>de</strong>r<br />

eine <strong>von</strong> diesen durch keine Überredung dazu gebracht wer<strong>de</strong>n, dass er in die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>ssen zurückkehre,<br />

durch <strong>de</strong>n er Unrecht erfahren hatte. Und als auch jener [<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re] aus Angst heraus<br />

sich fürchtete und die äußerste Gefahr bestand, dass er fast ohne Schutz sein wer<strong>de</strong>, ging er<br />

zum heiligen <strong>Theoger</strong> und bat ihn eindringlich, ob er durch sein Eingreifen bei jenem, <strong>de</strong>r ihn bedrohte,<br />

Gna<strong>de</strong> erlangen könne. Daher ging <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>ssen Füße sich immer leicht bewegten,<br />

wenn es darum ging, <strong>de</strong>n Menschen Frie<strong>de</strong>n zu bringen, um Eintracht zwischen diesen [bei<strong>de</strong>n]<br />

herzustellen. Als <strong>de</strong>ssen Ankunft bekannt gewor<strong>de</strong>n war, berichtete <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen, <strong>de</strong>r sich<br />

anschickte, das bereitete Unrecht schon zum Ziel zu bringen, durch göttliche Furcht bestimmt, alleine<br />

<strong>de</strong>m Mönch, dass er <strong>de</strong>n Bitten <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> in ganzer vortrefflicher Weise seine willige Zustimmung<br />

gewähre, wenn nämlich ihm o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Seinen ein guter Beschluss zukomme. Dies begann<br />

jener [<strong>Theoger</strong>] heftig abzulehnen und schwor sich, dass er eher nicht durch irgendwelche<br />

Bitten vom Gesetz <strong>de</strong>r Völker abweichen wer<strong>de</strong>, als dass <strong>de</strong>r Untergang <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s seine Lei<strong>de</strong>nschaft<br />

auslösche. Was [geschah] weiter? <strong>Theoger</strong> trat, nach<strong>de</strong>m die Übereinkunft vereinbart<br />

wor<strong>de</strong>n war, rasch hinzu, wie er entschie<strong>de</strong>n hatte. Und sogleich befiel jenen Menschen ein solcher<br />

Schrecken, dass er die Anwesenheit <strong>de</strong>s Mannes Gottes kaum ertragen konnte. Er än<strong>de</strong>rte<br />

in freiem Willen seine Meinung und sagte, dass er das ganze Unrecht gegen <strong>de</strong>n Feind aus Ehrerbietung<br />

gegenüber diesem [<strong>Theoger</strong>] aufgeben wer<strong>de</strong>, weil er ja nicht für schuldig gehalten<br />

wer<strong>de</strong>n wollte bei seinem Vater. Ohne Zweifel war er augenblicklich gewan<strong>de</strong>lt durch die Verdienste<br />

und <strong>de</strong>n Anblick <strong>de</strong>s Heiligen und ungefragt bekannte er das, was durch keine Bitten zuvor<br />

jemals <strong>von</strong> ihm erzwungen wor<strong>de</strong>n war.<br />

33. Und es war wun<strong>de</strong>rbar, als <strong>de</strong>r so große Mann die knistern<strong>de</strong>n Flammen in <strong>de</strong>n Herzen <strong>de</strong>r<br />

zueinan<strong>de</strong>r feindlichen Menschen auslöschte, weil er <strong>de</strong>n Feind <strong>de</strong>s Menschengeschlechts selbst<br />

[<strong>de</strong>n Teufel] nicht weniger aus <strong>de</strong>n menschlichen Körpern vertrieb. Es war nämlich seine wun<strong>de</strong>rbare<br />

Macht gegen die Dämonen, die in seiner Anwesenheit fortgeschleu<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n; auf<br />

wun<strong>de</strong>rbare Weise wälzte er diese Folterer durch Gebete hinweg, und er hörte nicht eher mit <strong>de</strong>ren<br />

Verfolgung auf, bis sie aus <strong>de</strong>n Besessenen ausgetrieben waren. Wenn einmal <strong>Theoger</strong> das<br />

Werk <strong>de</strong>r Teufelsaustreibung durchführte, berührte er nieman<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n, lärmte nicht<br />

mit Gebeten und schleu<strong>de</strong>rte nicht – wie bei <strong>de</strong>n meisten üblich – leere Worte in <strong>de</strong>n Wind, mehr<br />

mit <strong>de</strong>n [Dämonen] diskutierend als sie durch Gebet bekämpfend. Aber <strong>de</strong>n herangebrachten<br />

Besessenen bot er entwe<strong>de</strong>r die heilbringen<strong>de</strong> Oblate an o<strong>de</strong>r erneuerte mit <strong>de</strong>n heiligen Brü<strong>de</strong>rn<br />

das Gewissen jener. Er auferlegte sich das Amt <strong>de</strong>r Teufelsaustreibung, und er selbst führte die<br />

Re<strong>de</strong>, einzig in <strong>de</strong>r Re<strong>de</strong> versunken. Seine Re<strong>de</strong> war heilig und rein, daher erreichte er bei vielen<br />

Heilung, weil er diese gut umsorgte, damit <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> auch die Tugend <strong>de</strong>s Re<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n fühlte<br />

und dies <strong>de</strong>m Verursacher <strong>de</strong>s Lei<strong>de</strong>ns keine Vorteile brachte. Endlich tragen wir vor drei Kennzeichen<br />

seiner Tugend aus <strong>de</strong>n vielen, mit <strong>de</strong>nen er bei <strong>de</strong>r Sorge um die Besessenen hervorleuchtete,<br />

durch die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Beispiels. Ein gewisser Mann war <strong>von</strong> einem Dämonen besessen.<br />

Dieser wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n Armen gefesselt. Die Eltern bedrängten [<strong>Theoger</strong>], und sie führten diesen<br />

[Kranken] heran, damit er [<strong>Theoger</strong>] durch das Gebet an Gott <strong>de</strong>n vom Dämonen Besessenen<br />

befreie. Deshalb vertraute <strong>Theoger</strong> nicht auf seine Verdienste, son<strong>de</strong>rn auf die Güte Jesu<br />

und befahl, <strong>de</strong>n Mann [aus <strong>de</strong>n Fesseln] zu lösen. Aber jener fing an, gegen diesen schrecklich<br />

zu toben, und das ganze Körperchen vergeu<strong>de</strong>te sich durch Angriffe. We<strong>de</strong>r zögerte <strong>de</strong>r Heilige,<br />

das Zeichen <strong>de</strong>s Kreuzes hochzuheben, noch die Hand in die Höhe zu strecken, die <strong>de</strong>n alten<br />

Feind [<strong>de</strong>n Teufel] durch <strong>de</strong>n Schrecken <strong>de</strong>s Zeichens für das Leben in die Flucht trieb. Und ohne<br />

Zögern gesun<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> einem Dämonen besessen war, und war im Übrigen [für die Zukunft]<br />

frei <strong>von</strong> solcher Besessenheit. Von diesem [<strong>Theoger</strong>] wur<strong>de</strong> ohne Zweifel jener vollständig<br />

geheilt, <strong>de</strong>m [nun] <strong>de</strong>r Geist Gottes erfüllend innewohnte.<br />

34. Weiter gelangte eine gewisse Frau [zum Kloster], die aufs Heftigste in ihrer Wohnung <strong>von</strong> einem<br />

Dämon bedrängt wur<strong>de</strong>. Ihr befahl <strong>de</strong>r selige Mann [<strong>Theoger</strong>], diese Nacht in einer Zelle zu<br />

bleiben, und ließ sie am folgen<strong>de</strong>n Tag zum Altar <strong>de</strong>r Jungfrauen führen, damit er für sie eine<br />

heilbringen<strong>de</strong> Hostie <strong>de</strong>m Herrn opfere. Nach<strong>de</strong>m ihr Geist bis dahin gefangen war, blieb sie endlich<br />

in allem ruhig bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Messe und empfing die heilige Eucharistie <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>s<br />

Mannes Gottes zusammen mit <strong>de</strong>r früheren Gesundheit. Und so verließ sie das Haus und <strong>de</strong>n Altar<br />

und gab zu erkennen, dass durch die Verdienste <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> und durch die aufgesagten<br />

Spruchformeln vor vielen dabei <strong>St</strong>ehen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Dämon <strong>von</strong> ihr geflohen war. Sie gab <strong>de</strong>n Menschen<br />

einen beeindrucken<strong>de</strong>n Anblick und ermutigte fast das ganze Volk <strong>de</strong>r ganzen Provinz zur<br />

Verherrlichung dieses Mannes.<br />

35. Was aber uns in Bewun<strong>de</strong>rung für ihn festhält, ist dies, dass er [<strong>Theoger</strong>] die, die trotz seines<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 18


Bemühens ein [böser] Geist unglücklich verdorben hatte, zuweilen durch das Gebet und das<br />

Handauflegen heilte. Er war es gewohnt, dass einzig durch seine Anwesenheit manchmal aus<br />

<strong>de</strong>n besessenen Leibern die Dämonen flohen, so z.B. einer aus einem Diener, <strong>de</strong>r <strong>von</strong> einem<br />

Dämon besessen war: Als <strong>de</strong>r heilige Mann eilte, ihn zu besuchen, und zunächst <strong>de</strong>n Eingang<br />

<strong>de</strong>s Hauses, in <strong>de</strong>m jener wohnte, berührte, sollte er [<strong>de</strong>r Diener] geheilt wer<strong>de</strong>n. Gewiß [geschah<br />

dies] gemäß <strong>de</strong>m oft gebrauchten Wort <strong>de</strong>s Volkes: „Gebranntes Kind scheut Feuer.“ So<br />

allerdings fürchtete sich <strong>de</strong>r böse Geist, <strong>de</strong>r die geistliche <strong>St</strong>ärke jenes [<strong>Theoger</strong>] schon längst erfahren<br />

hatte, vor <strong>de</strong>ssen körperlicher Anwesenheit.<br />

36. Ich möchte aber dies nicht verschweigen, dass <strong>de</strong>r Mann Gottes, als er im Bistum Augsburg<br />

war und <strong>de</strong>n Fluss Günz bei Sonnenuntergang überqueren wollte, sah, dass es dort eine so große<br />

Überschwemmung gab, dass ihm und <strong>de</strong>n Seinen <strong>de</strong>r Übergang über jenen [Fluss] nicht möglich<br />

war. Lange hielten sie sich am Ufer <strong>de</strong>s Flusses auf und wussten nicht, was sie tun sollten,<br />

weil sie we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n begonnenen Weg [über <strong>de</strong>n Fluss] fortsetzen konnten, noch glaubten, dass<br />

dieser in <strong>de</strong>r Gefahr genug Sicherheit gab. Einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Älteren, ein vertrauter Schüler <strong>de</strong>s seligen<br />

Mannes - er war damals <strong>de</strong>ssen Kaplan -, warf scherzhaft ein und sagte: „Beachte, Vater,<br />

<strong>de</strong>n Fluss, damit wir ihn überqueren können, wie berichtet wird vom seligen Augsburger Bischof<br />

Ulrich [923-973], <strong>de</strong>r in einer ähnlichen Situation nach Rom gehen wollte.“ Jener [<strong>Theoger</strong>] hörte<br />

sich das Gesagte <strong>de</strong>s Älteren offen und ernst an. Er gab mit erhobener Hand <strong>de</strong>m Fluss ein Zeichen<br />

und überquerte [das Gewässer] und gelangte mit seinem ganzen Gefolge unversehrt ans<br />

Ufer. Es ist aber bemerkenswert, dass das Wasser dieses Flusses plötzlich zurückging, so dass<br />

er [<strong>Theoger</strong>] diesen leichter o<strong>de</strong>r wie in <strong>de</strong>r trockensten Jahreszeit überschreiten konnte.<br />

37. Als außer<strong>de</strong>m an einem Tag die Brü<strong>de</strong>r, die sich täglich in Handwerken abmühten, Heu zu<br />

einem Haufen zusammentrugen, brach plötzlich ein solch kräftiges Unwetter mit Regenwolken<br />

aus, dass, falls sich <strong>de</strong>r Heilige davor nicht zum Gebet am Heuhaufen hätte zurückziehen können,<br />

er durch die Fluten umgekommen wäre. Der Mann Gottes aber, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />

[Kloster-] Zelle aus gefolgt war, stand erhoben da mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n zum Himmel, segnete die<br />

Wolken und hielt sie <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Überschwemmung ab, so dass die Brü<strong>de</strong>r, durch die Unerhörtheit<br />

eines so großen Wun<strong>de</strong>rs überwältigt, erstaunt dastan<strong>de</strong>n, als sie die Arbeiten unterbrochen hatten.<br />

Unermessliches Wasser war in <strong>de</strong>n Wolken, und nicht ein Tropfen kam auf die Er<strong>de</strong> herab.<br />

Wahr ist, dass sie, nach<strong>de</strong>m die Arbeit been<strong>de</strong>t war, am Abend zurückkehrten – es sollte <strong>de</strong>r Tag<br />

<strong>de</strong>r Überführung <strong>de</strong>s heiligen Benedikt [11. Juli] folgen – und das Kloster betraten; [wahr ist,]<br />

dass nach<strong>de</strong>m die Wolken auseinan<strong>de</strong>rgebrochen waren, jenes kräftige Unwetter, das <strong>de</strong>r Heilige<br />

mit <strong>de</strong>m Gebet zwischendurch verhin<strong>de</strong>rt hatte, bald mit großem Getöse herankam und darin<br />

allerdings <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es und <strong>de</strong>r Gewalt seines Schöpfers eifrig diente, so dass es<br />

gleichsam seinen Nutzen erfüllte und abwartete, bis die Mönche [das Kloster] betreten hatten.<br />

[Lücke].<br />

ZWEITES BUCH<br />

II,1. In <strong>de</strong>r ganzen Zeit <strong>de</strong>s Verfolgers [König] Heinrich [IV.; 1056-1106] war also die Einheit <strong>de</strong>r<br />

Kirche durch die verwünschte Häresie zerrissen. Gleichwie ist diese Häresie vom Vater auf <strong>de</strong>n<br />

Sohn [Heinrich V.; 1106-1125] wie ein häretisches Recht gekommen. Dadurch versuchte Gott die<br />

Herzen seiner Gläubigen, versuchend prüfte er sie, dadurch gab er sie preis <strong>de</strong>m Becher seines<br />

Zorns und seines Unwillens durch einen verborgenen Urteilsspruch. Als nämlich bei<strong>de</strong>, Vater und<br />

Sohn, sich bemühten, mit <strong>de</strong>r königlichen Ehre auch die <strong>de</strong>r Kirche mit Eifer zu erlangen, so dass<br />

die bischöfliche Wahl nach königlichem Willen und Wunsch geschehe, wandten sich nicht wenige,<br />

die aus Ehrgeiz sich zu Grun<strong>de</strong> richten, ab <strong>von</strong> [göttlicher] Macht und Gehorsam, und sie besetzten<br />

die [Bischofs-] <strong>St</strong>ühle <strong>de</strong>r kirchlichen Ehre, bestärkt durch die königliche Autorität. In jenen<br />

Tagen drang ein gewisser Adalbero [IV.], aus kaiserlichem Geschlecht stammend, aber im<br />

Leben und in <strong>de</strong>n Sitten unwürdig, begünstigt durch die königliche Partei, in das Bistum Metz ein,<br />

und er regierte dort nicht nur ungefähr vierundzwanzig Jahre, son<strong>de</strong>rn bedrückte auch die Kirche.<br />

Während dieser nach <strong>de</strong>r Sitte <strong>de</strong>s Kaufmanns rücksichtslos und unverschämt Milch und Wolle<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Schafen entriss und die Her<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn ganz und gar nicht hütete, gab er darüber hinaus<br />

<strong>de</strong>m unfrommen König Hilfe. Der römische Bischof stellte ihn vom bischöflichen Amt frei, das<br />

er lange unverdient beansprucht hatte. Aber weil er so nicht <strong>von</strong> seinen üblen und verwegenen<br />

Ausschweifungen abließ, wur<strong>de</strong>n die Gläubigen dieses Bistums <strong>de</strong>r Schrecklichkeit seiner Tyrannei<br />

überdrüssig und entschie<strong>de</strong>n, nach<strong>de</strong>m ein Beschluss herbeigeführt wor<strong>de</strong>n war, in seiner<br />

Sache <strong>de</strong>n römischen Bischof anzugehen. Dies wur<strong>de</strong> aber trotz größtem Nutzen am beschwerlichsten<br />

erachtet, weil <strong>de</strong>r Kaiser, <strong>de</strong>r überaus unmenschlich und tyrannisch wütete, die Grenzen<br />

Italiens überschritt [1116] und allenthalben die Wege und Pfa<strong>de</strong> beobachtete, damit nicht irgen<strong>de</strong>in<br />

Bote, <strong>de</strong>r einer seiner Partei entgegenstehen<strong>de</strong> Botschaft bei sich trägt, durchschlüpfe. In<br />

dieser Zeit wechselten zwischen <strong>de</strong>m römischen Bischof und <strong>de</strong>n katholischen Priestern <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Gebiete Botschaften, betreffend die Angelegenheiten <strong>de</strong>r Kirche und <strong>de</strong>s Königreichs.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 19


Von diesen [Boten] kamen und gingen emsig die, die <strong>de</strong>n Kontrollen <strong>de</strong>s Königs entfliehen konnten,<br />

unverletzt. Du siehst - welche Schändlichkeit - fromme und edle Männer, versehen vom<br />

Scheitel bis zur Sohle mit ganzen Wissen, mit ausgestochenen Augen und abgeschnittener Nase,<br />

<strong>de</strong>m Hohn <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s ausgeliefert, und viele, die sich zu dieser Zeit für die Verteidigung <strong>de</strong>r<br />

Gerechtigkeit abmühten, nicht friedlicher lei<strong>de</strong>nd, als wenn die Schrecklichkeit <strong>de</strong>r römischen<br />

[Christen-] Verfolgung sie erreicht hätte.<br />

2. Es gab in dieser Zeit einen frommen und strebsamen Mann in Metz – er hieß Albero -, <strong>de</strong>r in<br />

dieser Kirche damals das Amt <strong>de</strong>s Archidiakons ausübte, <strong>de</strong>r später zum [Erz-] Bischof <strong>von</strong> Trier<br />

[1131-1152] bestimmt wur<strong>de</strong>, darüber hinaus auch mit <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>r apostolischen Autorität<br />

ausgestattet wer<strong>de</strong>n sollte. Während dieser, beseelt <strong>von</strong> Rat und Schreiben katholischer Männer,<br />

sein Herz daransetzte, <strong>de</strong>m schlechten Zustand <strong>de</strong>r Metzer Kirche entgegenzuarbeiten, verfolgte<br />

<strong>de</strong>r besagte Bischof ihn mit Hass, so dass er ihn durch viel Unrecht auch aus <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt verjagte.<br />

Schon um diese Zeit fing <strong>de</strong>r König an, gegen Albero einen Verdacht zu hegen. Er hörte nämlich,<br />

dass er ein Äbtrünniger gegen die königlichen Befehle war, ergrimmte in Wut und Unwillen und<br />

unternahm gegen <strong>de</strong>n Mann viele Hinterhältigkeiten, damit sein Feuer durch <strong>de</strong>n <strong>St</strong>urz jenes erlösche.<br />

Und er befahl, dass wenn er irgendwie ent<strong>de</strong>ckt wür<strong>de</strong>, man Albero festnehme. Aber weil<br />

jener [in seinen Aktivitäten] nichts<strong>de</strong>stoweniger fortfuhr, beschwerte er auch die Seinigen mit <strong>de</strong>m<br />

Versprechen, wonach sie sorgfältiger nach <strong>de</strong>m Mann suchen sollten, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m er sagte, dass<br />

dieser <strong>de</strong>r Ehre und seinem Königtum auflauere. Er schwor auf Krone und Majestät <strong>de</strong>s Kaisertums,<br />

dass er für die Augen <strong>de</strong>s Albero, wenn irgendwer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Seinen die Augen beibrachte,<br />

fünfzig Talente Silber zahlen wer<strong>de</strong>. So groß war daraufhin die Verfolgung jenes [Albero], dass<br />

viele Menschen ihn suchten, durch kaiserliches Edikt bewegt. Viele Nachstellungen erlei<strong>de</strong>nd,<br />

war er fast auf <strong>de</strong>m ganzen Erdkreis ein Flüchtling, und ihm blieb nicht ein Ort übrig zum Verweilen,<br />

und sein Fuß fand nicht mehr dahin, wo er ausruhen konnte. Albero wur<strong>de</strong> aber unterstützt<br />

durch die Gebete <strong>de</strong>r Gläubigen, auf Er<strong>de</strong>n und auf <strong>de</strong>n Meeren und durch viele Tränen ging er<br />

auf Wegen und Pfa<strong>de</strong>n und kehrte zurück, blieb unverletzt, auch als er öfters in die Hand <strong>de</strong>r<br />

Fein<strong>de</strong> fiel und diese ihn nicht erkannten, wie ein Schiff gleichsam bei<strong>de</strong> [Freund und Feind] beför<strong>de</strong>rte.<br />

Aber <strong>de</strong>r konnte gar nicht untergehen o<strong>de</strong>r bedroht wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Gott auserwählte, irgendwann<br />

<strong>de</strong>r Kirche an die Spitze gestellt zu wer<strong>de</strong>n. Jener nämlich - schlau wie er war – wechselte<br />

je nach Ort und Zeit das äußere Erscheinungsbild, mal behaart und bärtig, mal gebrechlich<br />

übers Land gehend, die Augen <strong>de</strong>r nach ihn Suchen<strong>de</strong>n auf diese Weise betrügend. Unter<strong>de</strong>ssen<br />

aber entkam er <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verfolger durch Flucht. Und er kam bis nach Rom [1117] und<br />

gab <strong>de</strong>m [Papst] Paschalis [II.] zu erkennen, wegen welcher Sache er gekommen sei und in welchem<br />

Auftrag er han<strong>de</strong>le. Er führte aus, dass die Metzer Kirche durch das bischöfliche Regiment<br />

ganz und gar zerstört sei, jener [Adalbero] sei <strong>de</strong>m Namen, nicht <strong>de</strong>r Tugend nach Bischof, kein<br />

Priester, son<strong>de</strong>rn ein Eindringling <strong>de</strong>r Kirche. In ihr sei <strong>de</strong>n Guten Ver<strong>de</strong>rben, <strong>de</strong>n Bösen Unterstützung,<br />

verweigert wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gehorsam gegenüber <strong>de</strong>m apostolischen <strong>St</strong>uhl, unterstützt wer<strong>de</strong>n<br />

die Frevel <strong>de</strong>r Triebhaftigkeit <strong>de</strong>s unfrommen Königs. Man sei mehr <strong>de</strong>r Tyrannei als <strong>de</strong>n<br />

Werken <strong>de</strong>s Glaubens zu Willen, und zuletzt wer<strong>de</strong> Recht und Unrecht zusammengeschüttet.<br />

Vieles außer<strong>de</strong>m erzählte er vom Zustand <strong>de</strong>r Kirche, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Tyrannei <strong>de</strong>s Königs, die we<strong>de</strong>r so<br />

gesehen noch gehört wur<strong>de</strong>. Und er rief über all dies im Namen <strong>de</strong>s ganzen christlichen Volkes<br />

<strong>de</strong>n Rat und die Hilfe <strong>de</strong>s römischen Bischofs an.<br />

3. Der römische Bischof aber seufzte über dieses so große Elend <strong>de</strong>r Kirche, übergab die Sache<br />

an die Kardinäle und schickte, als er mit ihnen Rat gehalten hatte, [zur Bereinigung <strong>de</strong>r Metzer<br />

Angelegenheit] seinen Kardinalbischof Kuno <strong>von</strong> Praeneste, einen klugen Mann, erfüllt <strong>von</strong> ganzer<br />

Autorität und Gna<strong>de</strong>. Und er fügte <strong>de</strong>m Auftrag dies hinzu, dass er, nach<strong>de</strong>m er die katholischen<br />

Bischöfe <strong>de</strong>r Diözesen zusammengerufen habe, <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Kirche durch Übereinkunft<br />

organisieren solle. Und dies empfing er [Kuno] neben Übrigem als Auftrag, damit er <strong>de</strong>n<br />

Söhnen <strong>de</strong>r Metzer Kirche helfe und sie unterstütze, bis <strong>de</strong>r falsche Bischof Adalbero abdanke<br />

und sie einen würdigen Bischof wählten. Nach<strong>de</strong>m also vom römischen Bischof jenem diese Gesandtschaft<br />

übertragen wur<strong>de</strong>, nahm er [Kuno] Namen und Kleidung eines Schreibers an, um an<br />

<strong>de</strong>n Orten, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>n kaiserlichen Kundschaftern besetzt waren, nicht aufzufallen. Endlich erreichte<br />

er die <strong>St</strong>adt Reims, die Werkzeuge dieses [Schreiber-] Handwerks hingen hinab <strong>von</strong> seinen<br />

emporgehobenen Schultern, damit nichts weniger auf <strong>de</strong>n Bischof <strong>von</strong> Praeneste hinwies.<br />

Aber als er die <strong>St</strong>adt erreicht hatte, offenbarte er das, was er hinter seiner Verkleidung als<br />

Schreiber verheimlichte. Sogleich nämlich zwang er nicht nur die Geistlichkeit und das Volk, son<strong>de</strong>rn<br />

auch nicht wenige Bischöfe, sich zu versammeln. Und für die Notwendigkeiten <strong>de</strong>r Kirche<br />

wur<strong>de</strong> eine Syno<strong>de</strong> abgehalten. Von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Bischöfen, die zwar gerufen wur<strong>de</strong>n, aber nicht<br />

persönlich kommen wollten, weil sie <strong>de</strong>n apostolischen <strong>St</strong>uhl gering schätzten, stellte er einige<br />

vom Bischofsamt frei. Und weil er <strong>de</strong>n Albero mit einem Brief zu <strong>de</strong>n Seinen schickte, beschwor<br />

er und ermahnte er ihn, dass er eintrete für die Wahl eines Bischofs an <strong>de</strong>m Ort [Metz] jenes [Adalbero],<br />

<strong>de</strong>r in rechtmäßigem Urteil schon sowohl vom Papst als auch durch ihn selbst abgesetzt<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 20


wor<strong>de</strong>n ist. Freilich gab es bei <strong>de</strong>n Metzern hinsichtlich einer neuen Bischofswahl eine Schwierigkeit,<br />

weil auch gemäß <strong>de</strong>m kanonischen Recht eine Bischofswahl außerhalb <strong>de</strong>r Grenzen [<strong>de</strong>r<br />

Diözese] nicht gestattet und innerhalb dieser wegen <strong>de</strong>r Furcht vor <strong>de</strong>r gegnerischen Partei diese<br />

Wahl nicht möglich war. Der Geist aber <strong>de</strong>s Herrn, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n starken Abysai einsetzte, <strong>de</strong>r König<br />

David folgte, belebte ohne Zweifel <strong>de</strong>n Albero und die Seinen, dass sie eine kanonische und<br />

würdige Wahl angingen.<br />

4. Es kamen also an einem <strong>von</strong> allen verlassenen Ort [Lixheim?], <strong>de</strong>r fast an <strong>de</strong>r entferntesten<br />

Grenze [<strong>de</strong>s Bistums] gelegen war, zusammen diejenigen, die erfüllt waren vom Geist <strong>de</strong>r Weisheit,<br />

um einen geeigneten Mann zu wählen gemäß Gott und [Lücke] sowie <strong>de</strong>r Ehrwürdigkeit [<strong>de</strong>s<br />

Kandidaten]. Sie versammelten sich im hinteren Teil einer Kirche, und dort wollten sie über die<br />

Wahl eines Bischofs verhan<strong>de</strong>ln, tauschten Meinungen aus und berieten. Dort öffnete zuallererst<br />

Albero einen besiegelten Brief, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Auftrag <strong>de</strong>s Legaten enthielt, <strong>de</strong>n er <strong>von</strong> Reims mitgebracht<br />

hatte und durch <strong>de</strong>n mehr die Beunruhigten als die Beständigen für das begonnene Unternehmen<br />

gewonnen wer<strong>de</strong>n sollten. Er machte <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s [Briefs] öffentlich. Der Inhalt steht<br />

nachstehend geschrieben: „Kuno, durch die Gna<strong>de</strong> Gottes Bischof <strong>von</strong> Praeneste und Legat <strong>de</strong>r<br />

heiligen römischen Kirche, <strong>de</strong>n geliebten Söhnen und Brü<strong>de</strong>rn in Christus, <strong>de</strong>n Äbten und Geistlichen,<br />

die im Namen Christi zur Wahl <strong>de</strong>r Metzer Kirche zusammengekommen sind, Gegenwart<br />

<strong>de</strong>s heiligen Geistes und Trost. Weil ihr ja die heiligen kanonischen Rechte befolgt und die Wahl<br />

eines Bischofs durchzuführen habt, haben wir veranlasst durch Autorität und auf Befehl <strong>de</strong>s<br />

Papstes, darüber hinaus auch auf Bitten <strong>de</strong>s Herrn Erzbischof <strong>von</strong> Vienne euch solches zu<br />

schreiben. Damit keiner <strong>von</strong> euch sich über die niedrige Zahl [<strong>de</strong>r Anwesen<strong>de</strong>n] beklagt, ermahne<br />

ich euch mit <strong>de</strong>m Ausspruch <strong>de</strong>s Herrn: ‚Erschrecke dich nicht, du kleine Her<strong>de</strong>!’ [Luk. 12,32]<br />

usw. sowie an<strong>de</strong>rswo: ‚Wo zwei o<strong>de</strong>r drei versammelt sind in meinem Namen, bin ich in ihrer Mitte.’<br />

[Matth. 18,20]. Und er sagt nicht: ‚Die Weisheit sitzt bei vielen.’ o<strong>de</strong>r: ‚Die Weisheit sitzt bei<br />

<strong>de</strong>n Versammlungen.’ Und nicht verwirre euch die Uneinigkeit <strong>de</strong>r Vielen. Es ist we<strong>de</strong>r erstaunlich<br />

noch ungewöhnlich, dass bei <strong>de</strong>r Wahl eines Bischofs Zwietracht herrscht im Urteil <strong>von</strong> Geistlichkeit<br />

und Volk. Deshalb steht in <strong>de</strong>r Heiligen Schrift geschrieben, dass nicht <strong>de</strong>r größere Teil,<br />

son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r bessere entschei<strong>de</strong>t. Daher befehlen wir durch diesen Brief, dass ihr, nach<strong>de</strong>m ihr<br />

die Wi<strong>de</strong>rsetzlichkeiten <strong>de</strong>r Parteien überwun<strong>de</strong>n habt, einen würdigen Priester <strong>de</strong>r Kirche Gottes<br />

wählt. Dem Erwählten aber, wer immer es sei, befehlen wir, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seite Gottes zu sein und die<br />

ganze Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kirche innezuhaben. Wenn irgendwer dagegen verstößt, bedrohen wir diesen<br />

mit <strong>de</strong>r Exkommunikation, und wir veranlassen, dass <strong>de</strong>ssen Haus als Haus <strong>de</strong>s Barfüßigen in Israel<br />

bezeichnet wird, und überlassen ihn am Tag <strong>de</strong>s [Jüngsten] Gerichts <strong>de</strong>r großen Bestrafung.<br />

Im Übrigen mögt ihr aus unserem Mund hören, was euch <strong>de</strong>r Bote <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n [Schriftstücks]<br />

<strong>von</strong> unserer Seite her gesagt und auferlegt hat, und das Gehörte möge euch unterschiedslos<br />

erfüllen.“<br />

5. Nach<strong>de</strong>m also dieser Brief vorgelesen wor<strong>de</strong>n war, riefen sie eines Herzens die Anwesenheit<br />

<strong>de</strong>s heiligen Geistes herbei. Sie erwogen zuerst, dass niemand <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen für <strong>de</strong>n Bischofsstuhl<br />

ausgewählt wer<strong>de</strong>, die ruchlose Bedränger jenes Bischofs [Adalbero] waren, damit er sich nicht<br />

durch Ehrgeiz und Macht auszeichne. Als die Wahl begann, wur<strong>de</strong>n auch eine Reihe Personen<br />

genannt; eine da<strong>von</strong> sollte bestimmt wer<strong>de</strong>n. Aber weil ein je<strong>de</strong>r eine an<strong>de</strong>re Einschätzung abgab,<br />

entstand aus <strong>de</strong>m Bemühen Zwietracht <strong>de</strong>r Parteien. Aber Albero sah, dass es nicht leicht<br />

war, eine bestimmte Person auszuwählen, wenn sie nicht <strong>von</strong> solcher Heiligkeit und solchem<br />

Verdienst wäre, dass sie <strong>de</strong>ren Wahl nicht ablehnen könnten. Er versicherte, dass <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong><br />

ein sehr frommer und ehrenvoller Mann sei. Und was jene [Wähler] <strong>von</strong> diesem kannten, erkun<strong>de</strong>te<br />

er. Als <strong>de</strong>ssen [<strong>Theoger</strong>s] Namen die Übrigen hörten, stimmten sie mit solcher Freu<strong>de</strong><br />

diesem Mann zu, dass kein an<strong>de</strong>rer mehr gesucht wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r sowieso nicht <strong>de</strong>r würdigste Mann<br />

im Bischofsamt gewesen wäre. Es war nämlich <strong>de</strong>r Wunsch Gottes, dass [<strong>Theoger</strong>] schnell diesen<br />

[Wählern] vor Augen kam, was diese [sowieso] wollten. Sie entschie<strong>de</strong>n wahrlich, in <strong>de</strong>n<br />

<strong>St</strong>uhl <strong>de</strong>r Metzer Kirche eine solche Person zu erheben, die <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>s oberen Sachwalters<br />

[<strong>de</strong>s Kardinals] gefiel. Daher stimmten alle zu, die an dieser Wahl teilnahmen. Und nach<strong>de</strong>m die<br />

Wahl <strong>de</strong>s Bischofs abgeschlossen war, fuhren sie fort und sangen mit erhabener <strong>St</strong>imme Gott eine<br />

Dankeshymne.<br />

6. Aber obwohl diese Sache leichter als sie geglaubt hatten <strong>von</strong>statten gegangen war, vereinbarten<br />

sie über das, was Geschehen war, für die Zwischenzeit <strong>St</strong>illschweigen. Wenn ein Gerücht<br />

darüber sich ausbreiten wür<strong>de</strong>, wür<strong>de</strong> die Wahl <strong>de</strong>s Bischofs durch die Gewalt <strong>de</strong>s Königs o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Fürsten o<strong>de</strong>r sicher <strong>de</strong>sjenigen, <strong>de</strong>r bisher unter falschem Namen das Bistum beanspruchte,<br />

zunichte gemacht wer<strong>de</strong>n. Sie wussten aber, dass <strong>de</strong>r ehrwürdigste Mann, <strong>de</strong>m solch eine Demut<br />

<strong>de</strong>s Herzens zu eigen war, in keiner Weise [<strong>de</strong>r Wahl] zustimmen wür<strong>de</strong>, wenn er unverhohlen<br />

gemäß kirchlichem Recht zum Besuch <strong>de</strong>r durch göttliche Gesetze [ihm] verlobten Kirche gerufen<br />

wer<strong>de</strong>. Dafür, dass [Letzteres] nicht geschehe, sprach sich eine große Zahl sehr lei<strong>de</strong>nschaftlich<br />

aus. Sie überdachten in besorgter Betrachtung, durch welchen Kunstgriff sie jenen end-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 21


lich vom Kloster [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] weglocken könnten. Daher entschie<strong>de</strong>n sie mit einmütiger Zustimmung,<br />

dass sie zu ihm ein Boten mit einem Brief im Namen <strong>de</strong>s Legaten schicken sollten, so<br />

dass ihm [<strong>Theoger</strong>] schleunigst <strong>de</strong>r erscheinen wür<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r schon dank <strong>de</strong>s Amtes seiner Legation<br />

nach Gallien geeilt sei. So sandten sie unter <strong>de</strong>m Siegel eines Briefes, <strong>de</strong>r im Namen <strong>de</strong>s Legaten<br />

<strong>von</strong> Reims aus geschickt wor<strong>de</strong>n war und bei <strong>de</strong>m kurz vorher in <strong>de</strong>r Versammlung Albero<br />

[das Siegel] abgelöst hatte, durch <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> [Anzelin] <strong>de</strong>s heiligen Klemens [bei Metz] und durch<br />

<strong>Theoger</strong>, damals Prior <strong>von</strong> Maursmünster, dann <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> Gorze, schließlich Kardinalbischof <strong>von</strong><br />

<strong>St</strong>. Rufina, diesem [<strong>Theoger</strong>] <strong>de</strong>n nachstehen<strong>de</strong>n Brief: „Kuno, durch die Gna<strong>de</strong> Gottes Bischof<br />

<strong>von</strong> Praeneste und Legat <strong>de</strong>r heiligen römischen Kirche, <strong>de</strong>m geliebten Sohn <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> in allen<br />

Arbeiten dieses Lebens Trost <strong>de</strong>s heiligen Geistes. Der Ruf eurer Frömmigkeit und Ehre und<br />

das, was ihr tut für die Verteidigung <strong>de</strong>r Wahrheit, macht euch für die <strong>St</strong>andhaftigkeit <strong>de</strong>r römischen<br />

Kirche bekannt und vernehmbar. Als wir daher im Rahmen unseres Amtes als Legat nach<br />

Gallien kamen, veranlassten wir als notwendig, dass <strong>de</strong>r Mainzer Erzbischof [Adalbert I.; 1111-<br />

1127] mit <strong>de</strong>m Pallium, was wir ihm gebracht haben, beklei<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, dass mit ihm und an<strong>de</strong>ren<br />

gewisse Beson<strong>de</strong>rheiten verhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, dass auch ihr gerufen wur<strong>de</strong>t, damit wir Rat und<br />

Zeugnis eurer Väterlichkeit hören. Den <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>s heiligen Klemens, <strong>de</strong>r euch zum Ort unserer Unterredung<br />

führt, schicken wir, und dass ihr mit diesem ohne Zeitverzug kommt, erbeten und befehlen<br />

wir.“<br />

7. Inzwischen hielt sich <strong>Theoger</strong> auf im Kloster <strong>de</strong>r Jungfrauen, das zu Ehren <strong>de</strong>s heiligen Evangelisten<br />

Markus [<strong>St</strong>. Marx] errichtet wur<strong>de</strong> und <strong>von</strong> <strong>de</strong>m wir sagten, dass es <strong>de</strong>r Fürsorge <strong>de</strong>r Zelle<br />

<strong>de</strong>s heiligen Georg und <strong>de</strong>sselben Vaters [<strong>Theoger</strong>] unterliege. Dort fan<strong>de</strong>n ihn die Gesandten,<br />

und er wehrte diese mit <strong>de</strong>m Argument eines geschul<strong>de</strong>ten Dienstes an <strong>de</strong>n Menschen ab. Aber<br />

aus <strong>de</strong>m Brief, <strong>de</strong>n er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Legaten empfing und in <strong>de</strong>m er dieser Sache zuliebe angerufen<br />

wur<strong>de</strong>, erkannte er, dass diesem Argument <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n entzogen war, und verzichtete auf Einwän<strong>de</strong>.<br />

Er war sehr erfreut sowohl darüber, dass er <strong>de</strong>s Zuspruchs solch eines Mannes [<strong>de</strong>s Kuno<br />

<strong>von</strong> Praeneste] würdig war, als auch <strong>de</strong>swegen, weil er als geeignet befun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> und als<br />

an <strong>de</strong>n zu betreiben<strong>de</strong>n und zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Unternehmungen <strong>de</strong>r Kirche beteiligt. Er [<strong>Theoger</strong>]<br />

folgte <strong>de</strong>n Gesandten bis zur Zelle, die Hugshofen mit Namen heißt, und wur<strong>de</strong> mit höchster Ehrerbietung<br />

aller dort dienen<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r empfangen. Sogleich wur<strong>de</strong> er mit <strong>de</strong>n Gefährten in ein<br />

geheimes Zimmer hineingezogen. Einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn stand plötzlich bei <strong>de</strong>n Türflügeln und<br />

rief einen an<strong>de</strong>ren <strong>von</strong> Zweien herbei, die auf Befehl <strong>de</strong>s Greises [<strong>Theoger</strong>] dort verweilten. Um<br />

<strong>de</strong>r Sache willen kamen sie schnell zusammen und re<strong>de</strong>ten miteinan<strong>de</strong>r. Jener führte schnell<br />

aus, was er gehört hatte, [nämlich] dass <strong>de</strong>r Greis <strong>de</strong>m Legaten <strong>de</strong>r römischen Kirche begegnen<br />

wer<strong>de</strong> und dass dies Boten seien, die <strong>de</strong>m alten Mann einen Brief, gekennzeichnet mit <strong>de</strong>m Siegel<br />

<strong>de</strong>s [Legaten], übergeben hätten; diese [Gesandten] hätten jenen auch aufgefor<strong>de</strong>rt, zum Ort<br />

einer Zusammenkunft zu gehen. Darauf erwi<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re dagegen: „Dies ist an<strong>de</strong>rs!“, weil<br />

jenem schon das Gerücht <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen [<strong>Theoger</strong>s] Wahl zu Ohren gekommen war. Er eröffnete<br />

die Wahrheit in dieser Sache und sagte: „Wahr ist, wie wir erfuhren, dass die Metzer Kirche, <strong>de</strong>r<br />

gesün<strong>de</strong>re Teil einer Versammlung, diesen zum Vorsteher gewählt hat und anordnete, ihn wegen<br />

dieser Angelegenheit sofort heranzuführen und zum Bischof zu machen.“ Jener seufzte schwer,<br />

dass er niemals die Abwesenheit <strong>de</strong>s geliebtesten Vaters mit Gleichmut ertragen wür<strong>de</strong>, er vergoss<br />

kräftig die Tränen, so dass die <strong>St</strong>imme <strong>de</strong>s Heulen<strong>de</strong>n innen [im Zimmer] gehört wur<strong>de</strong>.<br />

Diesen rief <strong>Theoger</strong> herbei und erkundigte sich nach <strong>de</strong>r Ursache <strong>de</strong>s Weinens. Weil dieser ihn<br />

heftig umfasste und <strong>de</strong>n geliebten [<strong>Theoger</strong>] bestürzt machte, verharrte jener noch mehr beim<br />

Wehklagen; obwohl mehrfach aufgefor<strong>de</strong>rt, die Ursache <strong>de</strong>s Geschreis offenzulegen, konnte er<br />

sich nicht da<strong>von</strong> losreißen. <strong>Theoger</strong> bemerkte dies und erhob sich aus <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>r Versammelten,<br />

<strong>de</strong>r weinen<strong>de</strong> und heulen<strong>de</strong> Schüler vertraute <strong>de</strong>m Lehrer an, dass er <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Wahl gehört<br />

hatte. Dieser [<strong>Theoger</strong>] verschloss sogleich das Zimmer, und <strong>de</strong>r sehr Verstörte erfüllte die<br />

ganze Zelle mit Weinen. Und lange erwog er [<strong>Theoger</strong>], ob er das Treffen absagen solle, und entschied<br />

sich dagegen. Als somit die Wahl offenbar war, trösteten die Gesandten, die [zu ihm] gekommen<br />

waren, ihn ehrwürdig und <strong>de</strong>mütig, dass er <strong>de</strong>r Erwählte [Bischof] <strong>de</strong>r ganzen Metzer<br />

Kirche sei, und sie baten, dass er nicht <strong>de</strong>n eigenen Bischofssitz verachte. Sie behaupteten, dass<br />

dieser [Bischofssitz] Einflüsse vieler zu erlei<strong>de</strong>n habe, wenn jener später als erwartet ankommen<br />

wür<strong>de</strong>. Sie fügten außer<strong>de</strong>m hinzu, dass menschliche Überlegung nicht zähle, wenn göttliche<br />

Macht bestimmt. Jener [<strong>Theoger</strong>] war <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Vorgebrachten nicht überzeugt, und er fing an,<br />

lei<strong>de</strong>nschaftlich dagegen anzugehen: Er habe in keiner Weise <strong>de</strong>r Wahl zugestimmt, we<strong>de</strong>r seinem<br />

Alter noch seiner Tugend nach sei er <strong>de</strong>r Richtige, um würdig eine Kirche lenken zu können,<br />

gera<strong>de</strong> in solch gefährlichen Zeiten; jenes [Unternehmen] sei ein Wahnsinn, wenn Schwachen<br />

eine so große Last auferlegt wür<strong>de</strong>. Er blieb <strong>de</strong>shalb am Ort. Einen <strong>von</strong> seinen Schülern, die mit<br />

ihm ausgezogen waren – dieser hatte ihm auch kurz vorher bestätigt, dass die Metzer Katholiken<br />

ihn zum Bischof gewählt hatten – schickte er [<strong>Theoger</strong>], weil jener, wie ich meine, älter, erfahrener<br />

und für Verhandlungen geeigneter war, zur Metzer Kirche und somit zum Legaten <strong>de</strong>r römi-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 22


schen Kirche mit einem Brief. Er selbst [<strong>Theoger</strong>] wollte zur Klosterzelle [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] zurückkehren<br />

und verabschie<strong>de</strong>te sich <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Gesandten und <strong>de</strong>n Vätern innig.<br />

8. Daraufhin brach <strong>de</strong>r Schüler <strong>de</strong>s seligen Mannes, wie jener befohlen hatte, auf und kam<br />

schnell voran. Als er zum Ort kam, wo die Metzer zusammen waren und die Ankunft ihres Erwählten<br />

[Bischofs] erwarteten, legte er <strong>de</strong>r ganzen Versammlung jener <strong>de</strong>n Brief vor, in <strong>de</strong>m neben<br />

an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n, die nicht so sehr ins Gewicht fielen, die lange Reihe <strong>de</strong>r Vorfahren jenes<br />

[<strong>Theoger</strong>] und die Vorfahren <strong>de</strong>r Vorfahren aufgezählt wur<strong>de</strong>n [Vergil, Aeneis IV,209], die alle<br />

Priester o<strong>de</strong>r Söhne <strong>von</strong> Priestern waren. Daher wollte <strong>de</strong>r selige Mann, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>r<br />

Niedrigkeit im Überfluss vorhan<strong>de</strong>n war, zur Kenntnis <strong>de</strong>r Menschen bringen, dass er wenigstens<br />

durch <strong>de</strong>n üblen Ruf seiner Sippe beschmutzt sei und <strong>de</strong>r Wahl durch die Kirche entfliehe. Und<br />

es stehe sehr <strong>de</strong>utlich fest gemäß <strong>de</strong>n kanonischen Vorschriften, dass eine <strong>von</strong> einer verrufenen<br />

Sippe abstammen<strong>de</strong> Person in keiner Weise zum Priester gewählt wer<strong>de</strong>n soll. Sie sahen also,<br />

dass <strong>de</strong>r Mann Gottes, wie geglaubt wur<strong>de</strong>, mit nicht wenig an Erklärung durch die Min<strong>de</strong>rung<br />

seiner Ehre sich <strong>de</strong>r Wahl entziehen wollte, und fast schon fielen alle <strong>von</strong> diesem ab. Aber jene<br />

konnten eine ähnlich be<strong>de</strong>utsame Person nicht fin<strong>de</strong>n und fürchteten sich vor <strong>de</strong>r großen Schwierigkeit,<br />

die Wahl fortzusetzen, wenn sie einen nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren wählten. Daher studierten sie<br />

alle Bücher <strong>de</strong>r kanonischen Autoritäten und fan<strong>de</strong>n dreiundfünfzig apostolische Bischöfe, die alle<br />

entwe<strong>de</strong>r Söhne o<strong>de</strong>r Neffen <strong>von</strong> Priestern gewesen waren. Und ohne Verzug und nach <strong>de</strong>m<br />

Beschluss <strong>de</strong>r Versammlung entschie<strong>de</strong>n sie, ihn [<strong>Theoger</strong>] einstimmig zu wählen und <strong>de</strong>n Erwählten<br />

anzugehen. Ohne Unterschied meinten sie, dass die geringste sittliche Unvollkommenheit<br />

gemil<strong>de</strong>rt wird in <strong>de</strong>r Person ihres Erwählten, weil auch in schwereren Fällen oft das [vorgefasste]<br />

Urteil durch die Anlage [<strong>de</strong>s Menschen] gemil<strong>de</strong>rt wird. So habe <strong>de</strong>r mit diesem Gesetz<br />

gemäß <strong>de</strong>n kanonischen Einrichtungen in keiner Weise zu tun, <strong>de</strong>r in all <strong>de</strong>n Jahren ein Kloster<br />

[<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] ehrenhaft und lobenswert in allem geleitet hat. Daher ermutigten sie <strong>de</strong>n Herrn Erbo,<br />

<strong>de</strong>r als Gesandter dazugekommen war, dass er sich <strong>de</strong>n begonnenen Reiseweg erspare, und<br />

drohten ihm auch, falls er weiterreisen wolle. Dessen Anwesenheit bei <strong>de</strong>m Legaten war jenen<br />

zumeist hin<strong>de</strong>rlich. Jener aber war in Gehorsam o<strong>de</strong>r Liebe mit seinem <strong>Abt</strong> [<strong>Theoger</strong>] verbun<strong>de</strong>n;<br />

er konnte in keiner Weise umgestimmt wer<strong>de</strong>n, ja er machte sogar sich auf, wie jener befohlen<br />

hatte. Der besagte Albero, <strong>de</strong>m das Höchste beim ganzen Han<strong>de</strong>l war, dass er seinen Erwählten<br />

im Namen <strong>de</strong>r Metzer Kirche kanonisch <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Legaten erlange, reiste [ebenfalls] ab. Bei<strong>de</strong><br />

[Erbo und Albero] nahmen <strong>de</strong>nselben Weg, hatten aber nicht dieselbe Absicht. Bei Compiegne,<br />

einer sehr bekannten Burg und in <strong>de</strong>m Teil <strong>de</strong>r Provinz, wo diese gelegen ist, ein Königssitz, fan<strong>de</strong>n<br />

sie <strong>de</strong>n erwähnten Herrn Bischof <strong>von</strong> Praeneste. Und jener sprach für die Kirche <strong>von</strong> <strong>de</strong>m,<br />

<strong>de</strong>n sie endlich gewählt hatten, und stellte fest, dass man <strong>de</strong>n Erwählten durch einen an diesen<br />

geschriebenen Brief, zumal einen falschen, herbeizurufen versucht habe. Dieser aber [Erbo]<br />

machte seinen <strong>Abt</strong> zufrie<strong>de</strong>n und zeigte <strong>de</strong>n Brief an <strong>de</strong>n [Legaten], <strong>von</strong> gleichem Inhalt wie ein<br />

früherer, <strong>de</strong>n er <strong>de</strong>r Metzer Kirche wenig zuvor übersandt hatte: Neben an<strong>de</strong>rem, was ihnen an<br />

jenem [<strong>Theoger</strong>] fehlt, wür<strong>de</strong>n sie auch seine unedle Abkunft bevorzugen. Aber <strong>de</strong>r Legat erfasste<br />

mit <strong>de</strong>m über <strong>Theoger</strong> Gesagten die Tatsache, dass dieser sich nur nach Wort und Schrift als<br />

unwürdig für das bischöfliche Amt zu erkennen gegeben habe. Es solle übrigens <strong>de</strong>r nach Leben<br />

und Sitten mit ganzer Ehre Würdigste ausgesucht wer<strong>de</strong>n, durch solch einen Priester wer<strong>de</strong> die<br />

Kirche glückselig, und bald wür<strong>de</strong> er die Wahl [<strong>Theoger</strong>s] durch apostolische Autorität bestätigen.<br />

9. In dieser Zeit [Anfang 1118] kam <strong>von</strong> Italien ein Gesandter herüber mit einem Brief, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

ehrwürdige Vater Gelasius [II.], <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Ableben <strong>de</strong>s Paschalis seligen Ge<strong>de</strong>nkens <strong>de</strong>n<br />

Apostelsitz empfangen hatte, <strong>de</strong>n Bischof <strong>von</strong> Praeneste als teuersten Bru<strong>de</strong>r diensteifrigst begrüßte<br />

und diesem noch einmal das Amt <strong>de</strong>s Legaten, das dieser in <strong>de</strong>r Zeit seines Vorgängers<br />

ausgeübt hatte, bestätigte. Und damit Ermunterung <strong>de</strong>r unentschlossenen Kirche zu Hilfe kommt,<br />

machte er die Verfolgung bekannt, die [die Kirche] durch <strong>de</strong>n ungerechten König erlitt. [Lücke]<br />

Jener [König] trieb ihn [Gelasius] am dreißigsten Tag [nach Amtsantritt] vom Bischofssitz und<br />

auch aus <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt [Rom] hinaus. Er fertigte ein Denkmal an und stellte die <strong>St</strong>atue gleichsam zur<br />

Anbetung auf einem Feld auf. Und weil <strong>de</strong>r ehrwürdige Bischof <strong>von</strong> Praeneste vom Überbringer<br />

<strong>de</strong>s Schriftstücks über <strong>de</strong>n Amtsantritt <strong>de</strong>s römischen Bischofs Gelasius Auskunft verlangt hatte,<br />

antwortete dieser, dass Geistlichkeit und Volk sowie alle katholischen Kardinäle <strong>de</strong>r Wahl dieses<br />

[Papstes] zugestimmt hätten und dass jener mit einmütiger Zustimmung zum römischen Bischof<br />

gewählt wur<strong>de</strong>. Darauf sagte <strong>de</strong>r Bischof: „Papst! Damit ein solcher Mann nicht in <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r<br />

Verfolgung überhand gewinnt, unterwerfe ihn in solcher Verwirrung <strong>de</strong>s ganzen <strong>St</strong>aates <strong>de</strong>m bischöflichen<br />

Amt! Es gibt dazu ein Beispiel <strong>von</strong> einem, <strong>de</strong>r sagt: ‚Siehe, das bin ich; schicke mich!’<br />

Wenn ich auch niemals – Gott ist [mein] Zeuge - nach <strong>de</strong>m apostolischen <strong>St</strong>uhl streben wer<strong>de</strong>, so<br />

will ich doch in dieser Zeit dabei sein und dafür das Gewicht einer geringen Herrschaft unterstützen.<br />

Ich wer<strong>de</strong> einfacher und freier <strong>de</strong>n Feind <strong>de</strong>s christlichen Glaubens bekämpfen, <strong>de</strong>r sich<br />

nicht scheut, die Kirche Christi anzugreifen. Was ist nämlich an<strong>de</strong>rs, als in dieser Zeit <strong>de</strong>r Verfolgung<br />

die [päpstliche] Herrschaft zu tragen, für das Heil <strong>de</strong>r Nächsten <strong>de</strong>n Gefahren zu begegnen,<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 23


die Mauer <strong>de</strong>r Verteidigung für das Haus Israel aufzurichten, gegen <strong>de</strong>n Feind anzutreten und zu<br />

stehen im Kampf am Tag <strong>de</strong>s Herrn? Im Übrigen fällt in die Zeit <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns, wo die meisten aus<br />

Gelegenheit nach Ehre streben, jene wichtigste zu erlangen<strong>de</strong> <strong>St</strong>rafe, dass niemand, durch Tugen<strong>de</strong>n<br />

mächtig, zur Herrschaft gelangt, es sei <strong>de</strong>nn gezwungen, und dass nicht <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r leer <strong>von</strong><br />

Tugen<strong>de</strong>n ist, gezwungen [Herrschaft] übernehmen darf.“ Weiter hörte in unseren Lan<strong>de</strong>n ein<br />

Erzbischof <strong>von</strong> großer Autorität, <strong>de</strong>r die Salzburger Kirche strebsam verwaltete [Konrad; 1106-<br />

1147], dass ein Kardinal <strong>de</strong>r heiligen römischen Kirche, genannt Johannes [Caietanus] – so wur<strong>de</strong><br />

er genannt, bevor er zum Papst gewählt wur<strong>de</strong> -, sich nach römischer Sitte Gelasius nannte.<br />

Er sagte: „Be<strong>de</strong>utungslos ist Johannes, zufällig [<strong>de</strong>r Name] Gelasius. Was kann gut sein?“ In dieser<br />

Zeit ging die Nachricht über Johannes um, dass er in Rom in Diensten <strong>de</strong>s Herrn Papstes<br />

Paschalis gestan<strong>de</strong>n hatte. Aber danach ist er, wie wir gesagt haben, mit <strong>de</strong>n priesterlichen Wür<strong>de</strong>n<br />

gekrönt wor<strong>de</strong>n, er än<strong>de</strong>rte Namen und Sinnesart, auf dass er in <strong>de</strong>n ewigen Zeiten, die später<br />

folgten, sich um fromme Werke bemühend, die Kirche wun<strong>de</strong>rbar berühmt machte. Er war daher<br />

auch bereit, <strong>de</strong>r verächtlichen Tyrannei <strong>de</strong>s Königs die Freiheit <strong>de</strong>r Kirche entgegenzustellen.<br />

Dies sollte <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Leben und Sitten erinnert wer<strong>de</strong>n, soweit uns die Zeit eines solchen Mannes<br />

ermahnt hat. Nun führen wir das aus, was wir begonnen haben.<br />

10. Daher gab, wie wir sagten, <strong>de</strong>r apostolische Legat, <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>r [Metzer] Kirche seine Zustimmung<br />

und rief endlich in einem feierlichen Brief <strong>de</strong>n <strong>Theoger</strong> herbei; das Schreiben war<br />

durch <strong>de</strong>n Eindruck seines Siegels gekennzeichnet, und er reichte es [Erbo], <strong>de</strong>r [<strong>von</strong> <strong>de</strong>m<br />

Schreiben] zu berichten hatte. Jener weigerte sich heftig, <strong>de</strong>n [Brief] anzunehmen, und sagte,<br />

dass er niemals das Schreiben zum <strong>Abt</strong> o<strong>de</strong>r zu seinem Ort [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] bringen wer<strong>de</strong>. Der<br />

Kardinal, längst unwillig gewor<strong>de</strong>n, drohte ihm mit <strong>de</strong>r <strong>St</strong>rafe <strong>de</strong>r Exkommunikation, wenn er nicht<br />

diesen [Brief] bald annehme. Und nicht einmal die Drohungen jenes konnten ihn bewegen. Endlich<br />

stimmte er <strong>de</strong>m Rat vieler, die dabei waren, ungern zu und empfing <strong>de</strong>n Brief <strong>de</strong>s Kardinals,<br />

<strong>de</strong>r an <strong>Theoger</strong> gerichtet war, um ihn weiterzuleiten. Er kam am heiligen Samstag vor <strong>de</strong>r Auferstehung<br />

<strong>de</strong>s Herrn [13. April] an [in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] und fand <strong>Theoger</strong>, wie er in fiebriger Kraft arbeitete.<br />

Und er zeigte ihm <strong>de</strong>n Brief, <strong>de</strong>n er aus <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>s Kardinals empfangen hatte. Dieser<br />

Brief lautet: „Kuno, durch die Gna<strong>de</strong> Gottes Bischof <strong>von</strong> Praeneste und Legat <strong>de</strong>s apostolischen<br />

<strong>St</strong>uhles, <strong>de</strong>m geliebten Bru<strong>de</strong>r <strong>Theoger</strong> Heil und Liebe. Wir haben <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Brief <strong>de</strong>iner brü<strong>de</strong>rlichen<br />

Liebe durch <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r Alard gehört, <strong>de</strong>n du an die Metzer Kirche gerichtet hattest, damit<br />

sie einmütig und zuverlässig han<strong>de</strong>lt. Nun aber haben - mit Zustimmung Gottes – sowohl durch<br />

<strong>de</strong>ine als auch durch die Ermahnungen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren alle Söhne dieser Kirche entschie<strong>de</strong>n und<br />

kamen in kanonischer Wahl überein, dass sie in einmütiger Zustimmung dich zum <strong>von</strong> Gott eingesetzten<br />

Bischof wählten. Daher sprachen sie uns einmütig an und fragten, ob wir ihrer Wahl die<br />

Zustimmung erteilen, und wir stimmten zu, dass sie dich als Priester haben sollten, <strong>de</strong>n sie innerhalb<br />

<strong>de</strong>r Grenzen unseres Amtsbezirks sich aufhalten wussten. Wir aber untersuchten das Zeugnis<br />

<strong>de</strong>ines Lebens und Umgangs, und durch die Gna<strong>de</strong> Gottes fan<strong>de</strong>n wir nichts, was <strong>de</strong>n heiligen<br />

kanonischen Gesetzen entgegensteht. Daher, liebster Bru<strong>de</strong>r for<strong>de</strong>rn wir dich mit <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Schreiben auf und befehlen durch ermahnen<strong>de</strong> apostolische Autorität, dass du dich<br />

<strong>de</strong>r dir auferlegten Last und Sorge für die heilige Metzer Kirche, die eines eigenen Priesters entbehrt,<br />

nicht heimlich entziehst, aber würdiger die Mauer <strong>de</strong>s Hauses Israel verteidigst. Und vor<br />

<strong>de</strong>r Kirche Christi, die in <strong>de</strong>n durch die ungeheuerlichste Wut verursachten Wellen <strong>de</strong>r Verfolger<br />

schwankt, darfst du dich in keiner Weise verstecken, um jenen Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten und um [sie]<br />

zu stützen, gemäß <strong>de</strong>m Beispiel jener Heiligen, die in <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r Kirche die priesterliche<br />

Sorge übernahmen und nicht zweifelten, für die Verteidigung <strong>de</strong>r Kirche sich selbst, wenn es dazu<br />

Gelegenheit gab, <strong>de</strong>n Gefahren <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s auszusetzen. Wenn aber, was fern sei, du es gering<br />

schätzt, diesen Ermahnungen <strong>de</strong>r Kirche und <strong>von</strong> uns zu gehorchen, sollst du wissen, dass<br />

du ohne Zweifel dich <strong>de</strong>r Klage <strong>de</strong>ines Or<strong>de</strong>ns aussetzt und dir in keiner Weise, wenn du nicht im<br />

Gehorsam stirbst, <strong>de</strong>r Zugang zu <strong>de</strong>n Kirchen offen steht. Wegen dieser Sache ermahnen wir<br />

wie<strong>de</strong>r und wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ine Liebe und befehlen, dass du <strong>de</strong>n dir auferlegten Gehorsam ohne Verzug<br />

annimmst und nicht versäumst, dich daraufhin nach empfangenem Gehorsam <strong>de</strong>m Herrn Erzbischof<br />

<strong>von</strong> Vienne, <strong>de</strong>m Legaten <strong>de</strong>r heiligen römischen Kirche, vorzustellen, damit du nach Empfang<br />

<strong>de</strong>s apostolischen Segens würdig <strong>de</strong>r Kirche Christi dienen kannst.“<br />

11. Wenige Tage waren kaum vergangen, und es kam <strong>de</strong>r ehrwürdige <strong>Abt</strong> Antonius <strong>de</strong>s Klosters<br />

Sens mit einem Brief daher [nach <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>]. Ihm hatte <strong>de</strong>rselbe Kardinalbischof befohlen,<br />

dass er schnell zu seinem Erwählten [Bischof] eilen und er diesen mit ganzer Schnelligkeit führen<br />

solle zu <strong>de</strong>m Ort, <strong>de</strong>n ihm <strong>de</strong>r Herr Albero bezeichnet hatte. Der Inhalt dieses Briefes war folgen<strong>de</strong>r:<br />

„Kuno, durch die Gna<strong>de</strong> Gottes Bischof <strong>von</strong> Praeneste und Legat <strong>de</strong>s apostolischen <strong>St</strong>uhles,<br />

<strong>de</strong>m geliebten Bru<strong>de</strong>r <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>m Erwählten <strong>von</strong> Metz, <strong>de</strong>n Geist <strong>de</strong>s Gehorsams mit <strong>de</strong>m<br />

Geist <strong>de</strong>r <strong>St</strong>ärke. Während <strong>de</strong>r Sohn Gottes <strong>de</strong>m Gottvater gehorchte, leugnest du, <strong>de</strong>m Gehorsam<br />

ausweichend, ein Teil <strong>von</strong> jenem [Gottessohn, d.h. <strong>de</strong>r Kirche] zu sein. Siehe also, ehrwürdigster<br />

Bru<strong>de</strong>r, dass du nicht in götzendienerischem Ungehorsam verharrst und <strong>de</strong>n ewigen [Höl-<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 24


len-] Feuern anheim fällst. Du siehst nämlich die Kirche Gottes sich abmühen, und du weigerst<br />

dich zu kämpfen, willst vielmehr ruhen, damit du in <strong>de</strong>r Ewigkeit dich abmühst. Wir ermahnen<br />

dich daher durch apostolische Autorität und befehlen, in<strong>de</strong>m wir ermahnen, dass du die Wahl <strong>de</strong>r<br />

Metzer Kirche <strong>de</strong>mütig annimmst und dich bis zum Sonntag Misericordia Domini [28. April] <strong>de</strong>m<br />

römischen Legaten, <strong>de</strong>m Erzbischof <strong>von</strong> Vienne, vorstellst. Wenn du dies nicht machst, schließen<br />

wir dich vom ganzen Gottesdienst aus. Deinen Brü<strong>de</strong>rn aber befehlen wir in höchstem Gehorsam,<br />

dass sie zustimmen. Wenn sie dies nicht tun, verhängen wir dieselbe <strong>St</strong>rafe über sie. Wir<br />

nämlich gestehen dir die Leitung <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> zu, bis du in überschaubarer Zeit einen<br />

würdigen <strong>Abt</strong> für diese Kirche ausgewählt hast. Die heilige Göttlichkeit, ehrwürdigster Bru<strong>de</strong>r,<br />

lehrt dich zu gehorchen.“<br />

12. Der Erwählte <strong>de</strong>s Herrn fand endlich eine Entschuldigung dafür, dass er nicht <strong>de</strong>m folgen<br />

müsse, was ihm befohlen wur<strong>de</strong>, und stellte die Schwachheit <strong>de</strong>s Körpers, die ihn heftig vereinnahme,<br />

heraus. Und er fügte gegenüber <strong>de</strong>r Metzer Kirche nicht wenige an<strong>de</strong>re Grün<strong>de</strong> seines<br />

Unvermögens hinzu und vertraute <strong>de</strong>n Gesandten dieses Legaten, die sich ganz und gar enttäuscht<br />

sahen, an, vom unvollen<strong>de</strong>ten Werk Abstand zu nehmen. Endlich befahl er, jenen Brief,<br />

<strong>de</strong>n er unter <strong>de</strong>m Namen <strong>de</strong>s Kardinals empfangen hatte, in Anwesenheit <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r vorzulesen<br />

und dass ein je<strong>de</strong>r in dieser Sache, wiewohl es scheint, dass diese <strong>von</strong> Gott bewirkt wur<strong>de</strong>, Rat<br />

erteile. Mal dies, mal jenes, wie es bei einer zweifelhaften Sache üblich ist, rieten einzelne, alle<br />

waren uneinig bezüglich <strong>de</strong>r kirchlichen Wahl. Einige meinten, man solle das ablehnen, was <strong>de</strong>r<br />

apostolische Legat im Brief befahl. Und sicher gingen die nicht fehl, die die Ursache <strong>de</strong>s ganzen<br />

Han<strong>de</strong>ls in jenem Überbringer <strong>de</strong>s oben genannten Briefes sahen, <strong>de</strong>r gleichsam durch einen<br />

Kunstgriff <strong>de</strong>n Legaten überlistete, damit dieser aus <strong>de</strong>m Mittelmaß <strong>Theoger</strong> emporhob. Im Übrigen<br />

prüfte <strong>de</strong>r ehrwürdige Vater <strong>de</strong>n Schüler [Erbo], <strong>de</strong>n er liebte, als ihm in allem ergeben und<br />

treu, nichts bei ihm war ungerecht und leichtfertig. Daher entschied er nach Überlegung mit <strong>de</strong>n<br />

Brü<strong>de</strong>rn <strong>von</strong> neuem, diesen zum Kardinal zu schicken – er war nämlich jenem am bekanntesten -<br />

, damit er sowohl bei jenem, als auch bei <strong>de</strong>n kirchlichen Zuhörern <strong>de</strong>n Greis <strong>de</strong>mütig entschuldigen<br />

solle. Weil jener dies heftig ablehnte, da er ja die letzte Gesandtschaft durchgeführt hatte,<br />

wur<strong>de</strong> er durch <strong>de</strong>n schweren Ta<strong>de</strong>l aller Brü<strong>de</strong>r bezwungen: Endlich setzte sich <strong>de</strong>r kranke <strong>Theoger</strong><br />

durch, weil jener nach empfangenem Segen versprach, dass er sich dorthin begeben wer<strong>de</strong>.<br />

Er konnte nicht dazu gezwungen wer<strong>de</strong>n, dass er nicht alleine losging, aber er nahm endlich einen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Laienbrü<strong>de</strong>rn als Begleiter mit. Ihm haftete eine größere Autorität an, und es war<br />

ihm leichter, wenn er die Sache anging, <strong>de</strong>n Argwohn <strong>de</strong>r Gegenseite zu zerstreuen, wenn er jener<br />

diesen Schimpf antat und beim Han<strong>de</strong>l dabei war.<br />

13. Zu dieser Zeit [Mai 1118] hielt sich <strong>de</strong>r ehrwürdige Kardinalbischof Kuno in Köln auf, wo er ein<br />

Konzil mit <strong>de</strong>n meisten Bischöfen zu feiern befohlen hatte. Auch <strong>de</strong>r Vorsteher Albero, <strong>de</strong>r schon<br />

lange wartete, kam nach Köln, und dort wartete er auf die Ankunft seines Erwählten [<strong>Theoger</strong>],<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>m er gehört hatte, dass er kommen wer<strong>de</strong>. Im Übrigen erbat <strong>de</strong>r Schüler <strong>de</strong>s seligen Mannes,<br />

<strong>de</strong>r ihn auf <strong>de</strong>ssen Befehl entschuldigte, <strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Konzil anwesen<strong>de</strong>n Salzburger Erzbischof,<br />

<strong>de</strong>n er neulich im Exil vor <strong>de</strong>r Wut <strong>de</strong>s Kaisers getroffen hatte, ob er, nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n<br />

Schutz <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es und seiner Brü<strong>de</strong>r genossen hatte, die Sache jener unterstützen wür<strong>de</strong>. Dieser<br />

äußerte auf Grund <strong>de</strong>r Bitten Zustimmung, jener war freundlich und unbesorgt, nichts erregte in<br />

dieser Sache sein Misstrauen, als <strong>de</strong>r Erzbischof mit großer Re<strong>de</strong>gabe und großer Autorität zu<br />

han<strong>de</strong>ln versprach. Weil inzwischen die Wahl <strong>de</strong>r Metzer Kirche auf <strong>de</strong>r Tagesordnung stand, re<strong>de</strong>te<br />

allein <strong>de</strong>r Vorsteher [Albero] für diese Kirche und erkundigte sich bei <strong>de</strong>m apostolischen Legaten<br />

in Anwesenheit <strong>de</strong>s ganzen Konzils nach seinem kanonisch Erwählten. Der Vertreter aber<br />

dieses Erwählten ermahnte <strong>de</strong>n besagten Erzbischof, damit er einge<strong>de</strong>nk seines Versprechens<br />

<strong>de</strong>n Greis entschuldigte. Jener überlegte, dass es nicht möglich sei, die Wahl für ungültig zu erklären,<br />

und antwortete, dass er keine Veranlassung sehe, gegen die <strong>von</strong> Gott beschlossene Bischofswahl<br />

anzugehen. Unter<strong>de</strong>ssen stand Albero auf, in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n apostolischen Legaten und<br />

alle Väter <strong>de</strong>s Konzils eifriger aufrief, dass er, pochend auf Autorität und Gerechtigkeit, seinen<br />

Erwählten verlange. Dessen Vertreter dort eilte in die Mitte, und weil er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m apostolischen<br />

Legaten eine geeignete Person für sich gefor<strong>de</strong>rt hatte, die statt ihm han<strong>de</strong>ln und für diesen antworten<br />

solle, wandte sich jener dagegen, ihm jeman<strong>de</strong>n zu bestimmen, während nicht wenige,<br />

die dabei waren, <strong>de</strong>n Mann auffor<strong>de</strong>rten, für sich selbst zu sprechen. Mit gesenktem Blick und einer<br />

Hilfe heischen<strong>de</strong>n <strong>St</strong>imme sagte er, dass er <strong>von</strong> seinem <strong>Abt</strong> gesandt sei, dass dieser nicht<br />

hätte kommen können, dass er aber <strong>de</strong>n Herrn Kardinal und die Väter dieses heiligen Konzils<br />

auffor<strong>de</strong>re, dass sie nicht einem schwachen Greis die schwerste Last <strong>de</strong>s bischöflichen Amtes<br />

auferlegen; ihnen sei das Alter jenes bekannt, auch <strong>de</strong>r Geist sei vermin<strong>de</strong>rt nach <strong>de</strong>m Wort:<br />

„Das Alter erträgt alles, die Seele auch“ [Vergil, Eklogen IX,51]. Zuletzt mögen sie sehen, dass er<br />

nicht <strong>von</strong> allem getrennt wer<strong>de</strong>. Während er dazu nicht weniges hinzufügte, beharrte <strong>de</strong>r Kardinalbischof<br />

unbeweglich auf seinem Urteil und sagte, dass es nicht richtig sei, <strong>de</strong>m göttlichen<br />

Wunsch zu wi<strong>de</strong>rstehen, dass Tugend und Kräfte jenem vollauf <strong>von</strong> Gott zugeteilt wür<strong>de</strong>n, dass<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 25


<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn aber nicht ein geeigneter Klosterleiter abgehe, dass zuletzt die Zeit vergeblich <strong>de</strong>n<br />

erlöse, <strong>de</strong>r ohne Zweifel irgen<strong>de</strong>inmal kommen wer<strong>de</strong>. Was mehr? Bis dahin nahm die Zustimmung<br />

<strong>de</strong>r [Metzer] Kirche, die sich durch die Äußerungen <strong>de</strong>s Vorstehers artikulierte, zu, wonach<br />

<strong>von</strong> neuem jene bischöfliche Wahl mit einmütigem Urteilsspruch aller befestigt wer<strong>de</strong>. Ferner war<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Zweien, die nichts<strong>de</strong>stoweniger als Gesandte <strong>de</strong>s Vaters [<strong>Theoger</strong>] dabei waren, einer<br />

argwöhnisch; er war ein ungebil<strong>de</strong>ter Mann und glaubte nichts <strong>von</strong> <strong>de</strong>m, was gesagt wur<strong>de</strong>. Er<br />

erkundigte sich nach <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Geschehens, über die Schwierigkeiten <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r, über<br />

die Belastungen für <strong>de</strong>n [Kloster-] Ort, endlich über die Nützlichkeit <strong>de</strong>s Greises. Und weiter begann<br />

<strong>de</strong>r Laienbru<strong>de</strong>r, sich <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren hinzugesellend, die umfangreiche Re<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn Kardinals<br />

zu unterbrechen. Dies verurteilte <strong>de</strong>r Kardinal und zeigte seinen Unwillen, wie er [überhaupt]<br />

ein heftiger Mann war. Dieser re<strong>de</strong>te mit ungeordneter <strong>St</strong>imme dazwischen, dass er glaube,<br />

dass jener eher beschimpfen statt vortragen könne. So allerdings verstummte er, sowohl vom<br />

Kardinalbischof, als auch <strong>von</strong> an<strong>de</strong>ren, die dabei waren, gezwungen.<br />

14. Dann endlich sprach <strong>de</strong>r Kardinalbischof <strong>de</strong>n Herrn Erbo, <strong>de</strong>n vertrauten Schüler <strong>de</strong>s seligen<br />

Mannes, an und zeigte diesem <strong>de</strong>n besiegelten Brief, <strong>de</strong>n er, zur Klosterzelle zurückgekehrt,<br />

<strong>Theoger</strong> vorlegen sollte. Während dieser gesagt hatte, dass <strong>de</strong>m Greis die Möglichkeit zum Reisen<br />

fehle, sagte jener aber: „Er wird kommen, entwe<strong>de</strong>r auf einem Esel reitend o<strong>de</strong>r zu Fuß gehend,<br />

wenn nur eine weitere Verzögerung seiner Ankunft uns nicht ermü<strong>de</strong>t.“ Jener aber fing an,<br />

beharrlicher zu bitten, dass dieser [Kardinal] besser <strong>de</strong>m Laienbru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n zum Greis zu bringen<strong>de</strong>n<br />

Brief gebe, damit nicht <strong>de</strong>r ganze Ärger auf jenen falle, wenn er mit <strong>de</strong>m gegenteiligen Ergebnis<br />

seines Auftrags als Gesandter zurückkehre. Danach brachen sie mit gegebener Erlaubnis<br />

auf. Und schon war die Reise zu En<strong>de</strong>, und sie näherten sich <strong>von</strong> ferne <strong>de</strong>r Klosterzelle, als ihre<br />

Ohren das schnelle Gerücht erreichte, <strong>Theoger</strong> habe die Zelle vor kurzem verlassen und halte<br />

sich im oberen Teil <strong>de</strong>r Provinz auf. Der Laienbru<strong>de</strong>r als Bote <strong>de</strong>s Schriftstücks unternahm es,<br />

nach<strong>de</strong>m die Reise unterbrochen wor<strong>de</strong>n war, um zum Kloster zurückzukehren, <strong>de</strong>n Spuren<br />

[<strong>Theoger</strong>s] zu folgen, damit er ihm <strong>de</strong>n Brief <strong>de</strong>s Herrn Kardinals aushändigen konnte, und er<br />

drängte darauf, nach<strong>de</strong>m er die Brü<strong>de</strong>r nicht begrüßt hatte, unverzüglich abzureisen. So gab es<br />

einen einmütigen Beschluss aller Katholiken in dieser Wahl, so gab es in dieser Sache <strong>de</strong>n Urteilsspruch<br />

<strong>de</strong>s unbeirrbaren Kardinals, damit <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r zuerst und am heftigsten dagegen war, gera<strong>de</strong><br />

danach strebte, <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l zu beschleunigen. Während jener [Laienbru<strong>de</strong>r] also abreiste,<br />

kehrte <strong>de</strong>r Herr Erbo zur Klosterzelle [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] zurück. Nichts sagte er zum Brief, nichts <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>r Wahl, er behielt alles für sich bis zur Ankunft <strong>de</strong>s besagten Bru<strong>de</strong>rs zurück und bezeugte unentwegt,<br />

dass jener die Einzelheiten, die gesagt und aufgeschrieben wor<strong>de</strong>n waren, und auch<br />

<strong>de</strong>n Brief habe. Dadurch waren die Mönche in Erwartung. Der ehrwürdige <strong>Theoger</strong> wusste nichts<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>m, was geschehen war und traf plötzlich am Samstag vor Pfingsten [1. Juni] [im Kloster]<br />

ein, während <strong>de</strong>r Laienbru<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Brief in <strong>de</strong>r Provinz hin- und herzog. Inzwischen rief <strong>Theoger</strong>,<br />

<strong>de</strong>r glaubte, für seinen Ungehorsam vom heiligen Altardienst freigestellt wor<strong>de</strong>n zu sein, <strong>de</strong>n<br />

Schüler, <strong>de</strong>n er liebte, herbei und wollte nach <strong>de</strong>n feierlichen Worten <strong>de</strong>r Segnung wissen, ob er<br />

das bischöfliche Amt ausüben müsse. Jener aber – es war <strong>de</strong>r fünfte Tag <strong>de</strong>r Woche [6. Juni],<br />

<strong>de</strong>n als Be<strong>de</strong>nkzeit <strong>de</strong>r Kardinal angegeben hatte – antwortete, dass dieses [Amt] jenem zukomme.<br />

Daraufhin wollte er viel <strong>von</strong> <strong>de</strong>m erfahren, was jener bisher verschwiegen hatte, und wann<br />

jener Bru<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Brief erscheinen wer<strong>de</strong>, und mahnte an, dass er mehr erfahren und die<br />

Grün<strong>de</strong> erfragen wolle. Inzwischen kam <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r [durch das Reisen] mü<strong>de</strong> war, hinzu und<br />

gab <strong>de</strong>m Greis <strong>de</strong>n zu lesen<strong>de</strong>n Brief. Und <strong>de</strong>r heilige Mann [<strong>Theoger</strong>] veranlasste, dass dieser<br />

öffentlich vorgelesen wur<strong>de</strong>. [Der Inhalt war] nämlich: Weil <strong>de</strong>r Mann Gottes sich weigerte, sich<br />

<strong>de</strong>m Erzbischof <strong>von</strong> Vienne vorzustellen, wie es <strong>de</strong>r Kardinal befohlen hatte, rief ihn dieser zu<br />

sich durch <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Brief.<br />

15. <strong>Theoger</strong> erkannte aus <strong>de</strong>m Brief, was <strong>de</strong>r Herr Kardinal ihm auf Grund <strong>de</strong>s Urteilsspruchs<br />

<strong>de</strong>s ganzen heiligen Konzils befohlen hatte. Er gab dann ein gewaltiges Seufzen, gewiss <strong>von</strong><br />

Herzen kommend, <strong>von</strong> sich [Vergil Aeneis I,485] und beklagte, dass er sich unglücklich und<br />

schlecht fühle, weil das Alter ihn mit solchen großen Mühseligkeiten einschränke, so dass er es<br />

nicht ruhig genießen könne. Er erwog, <strong>de</strong>nnoch zu gehen und <strong>de</strong>n Gefahren zu begegnen, weil<br />

er die Sache zu En<strong>de</strong> bringen wollte. Er erwog zu Genüge, alles zu erlei<strong>de</strong>n, statt in dieser Hartnäckigkeit<br />

zu verharren, durch die er sowohl sich als auch jenes Kloster [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] <strong>de</strong>m Übel<br />

<strong>de</strong>r Exkommunikation zuführte. Und ohne Verzug brach er nach diesen Überlegungen am folgen<strong>de</strong>n<br />

Tag [2. Juni] auf – nicht länger wollte er Wi<strong>de</strong>rstand leisten o<strong>de</strong>r Beharrlichkeit zeigen.<br />

Schon erfüllte das Gerücht seiner Abreise das ganze Kloster, die Brü<strong>de</strong>r waren verwirrt, und es<br />

flossen mehr als genug Tränen; es wur<strong>de</strong> sich beklagt über seinen Weggang und über die Abreise<br />

eines sehr geliebten Vaters. Jene nicht wenigen Begleitern <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Mönchen, die er ausgewählt<br />

hatte, bereiteten sich vor, an<strong>de</strong>res, was gebraucht wur<strong>de</strong>, wur<strong>de</strong> bereitgestellt. In jener<br />

Nacht büßte <strong>Theoger</strong> in <strong>de</strong>n Lobpreisungen <strong>de</strong>s Herrn, die Augen fan<strong>de</strong>n keinen Schlaf, die Seele<br />

keine Ruhe. Und als die Matutin <strong>de</strong>s Tages kam, feierte er für sich eine Messe, weil er fortging,<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 26


und empfahl sich <strong>de</strong>m Heiligen Geist, <strong>de</strong>r an diesem Tag sich ergießen sollte über seine Schüler.<br />

Darauf nahm er die Möglichkeit, die ihm Ort und Zeit gaben, wahr und rief die Brü<strong>de</strong>r herbei. Einzelne<br />

küsste er, [dann] beeilte sich, die Reise zu beginnen. Zur dritten <strong>St</strong>un<strong>de</strong>, nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n<br />

Segen empfangen hatte, legte er <strong>de</strong>n Weg zurück, und man erreichte <strong>de</strong>n Legaten, wie dieser<br />

befohlen hatte. Schon in <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt, die <strong>de</strong>n Namen Koblenz danach hatte, dass hier Rhein und<br />

Mosel zusammenfließen, verweilte er [<strong>de</strong>r Kardinal] zusammen mit <strong>de</strong>m Kölner Erzbischof [Friedrich<br />

I.] und nicht wenigen an<strong>de</strong>ren Bischöfen, die sich in Köln nach Beendigung <strong>de</strong>s Konzils dorthin<br />

begeben hatten. All diese empfingen <strong>de</strong>n ehrwürdigen Mann, <strong>de</strong>ssen Heiligkeit allen schon<br />

längst bekannt war, ehrerbietig. Und beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Kardinal war über <strong>de</strong>ssen Ankunft erfreut und<br />

umarmte und sah <strong>de</strong>n Mann an. Er wollte in einem vertrauten Gespräch erfahren, wie viele Jahre<br />

jener schon <strong>Abt</strong> war. Ihm wur<strong>de</strong> als Antwort fast dreißig Jahre gegeben. Weil <strong>de</strong>m Fragen<strong>de</strong>n<br />

dies viel erschien, lächelte er die an, die dazugekommen waren, und sagte gewählt mit einem<br />

passen<strong>de</strong>n Spruch: „Gegen das Alter können wir nichts einwen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r hat wahrlich die<br />

Reife zum Bischof, <strong>de</strong>r so viele Jahre <strong>Abt</strong> gewesen ist.“ Du magst glauben, dass hier <strong>de</strong>r Patriarch<br />

Jakob vor <strong>de</strong>m Pharao steht, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Anzahl seiner Lebenstage fragt; jener apostolische<br />

Legat ist in<strong>de</strong>s nicht mit <strong>de</strong>r Person dieses Pharao vergleichbar, weil ein an<strong>de</strong>rer <strong>de</strong>r Pharao<br />

ist, <strong>de</strong>r sich an <strong>de</strong>r Qual <strong>de</strong>r Hebräer wei<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re aber <strong>de</strong>r ist, <strong>de</strong>r als Jüngling Joseph<br />

durch Zustimmung Getrei<strong>de</strong> gewährte [1. Mose 41, 47].<br />

16. Als darauf alle weiterzogen, kehrte <strong>de</strong>r Kardinalbischof zusammen mit <strong>de</strong>m Kölner Erzbischof<br />

zum Schiff zurück und führte <strong>de</strong>n gewählten Priester <strong>de</strong>s Herrn [<strong>Theoger</strong>] mit sich. Weil auch <strong>de</strong>r<br />

besagte Archidiakon [Albero] mitkam, empfahl er diesem in allem gehorsame Treue. Der Kölner<br />

Erzbischof hielt ihn [<strong>Theoger</strong>] dort [in Köln] lange auf, dann sorgte er sich darum, dass [<strong>Theoger</strong>]<br />

das Kloster Deutz, das nicht weit vom Ufer <strong>de</strong>s Flusses Rhein entfernt liegt, besuchte und danach<br />

ein an<strong>de</strong>res, das [Mönchen-] Gladbach genannt wird. Dort wur<strong>de</strong> er [<strong>Theoger</strong>] <strong>von</strong> großer<br />

Schwäche überwältigt, gesun<strong>de</strong>te aber wenig später durch die Barmherzigkeit Gottes. Bis zum<br />

Tag seines To<strong>de</strong>s sollte er an <strong>de</strong>n Beschwernissen <strong>de</strong>s Körpers lei<strong>de</strong>n. Dort [in (Mönchen-)<br />

Gladbach] ist er vom <strong>Abt</strong> sehr ehrfürchtig und <strong>de</strong>mütig behan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n. Danach kehrte er nach<br />

Köln zurück und traf <strong>de</strong>n Erzbischof. Dieser führte jenen mit sich, und er brach mit einer großen<br />

Schar <strong>von</strong> Reitern auf zu einer befestigten Burganlage, die wegen ihrer Höhe nahe <strong>de</strong>n Wolken<br />

Wolkenburg heißt. Bei diesem Aufbruch schämte sich einer <strong>de</strong>r Schmarotzer [im Gefolge <strong>de</strong>s<br />

Erzbischofs], eine schamlose und schimpfliche Person, nicht, vor <strong>de</strong>m Angesicht <strong>de</strong>r Menschen<br />

unbeklei<strong>de</strong>t einherzugehen, mit <strong>de</strong>m Pferd hin- und herzureiten und sich wild zu gebär<strong>de</strong>n. Jetzt<br />

beginnen die Einen <strong>de</strong>n Lauf, die an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>n Rücklauf, gegeneinan<strong>de</strong>r gewandt und in immer<br />

wechseln<strong>de</strong>n Kreisen [Vergil, Aeneis V,583]. Als er im Scherz nicht wenige in <strong>de</strong>r Schar mit einer<br />

Lanze, die er in <strong>de</strong>r Hand führte, angriff, wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Heiligen <strong>de</strong>r kranke Mann zurückgehalten,<br />

<strong>de</strong>r diesen zum Teilnehmer an <strong>de</strong>m Spaß machen wollte. Jener besagte Schüler <strong>de</strong>s seligen<br />

Mannes befürchtete sehr, dass dies geschehe. Dennoch unternahm er ohne Befehl und Willen<br />

seines Lehrers nichts und sagte, zum Greis gewandt: „Ich gehe und möchte irgen<strong>de</strong>inen <strong>de</strong>r Anwesen<strong>de</strong>n<br />

auffor<strong>de</strong>rn, dass er diesen Menschen <strong>von</strong> seiner Krankheit zähmt. Er möge sich <strong>von</strong><br />

euch fernhalten.“ „Es ist nicht nötig“, sagte <strong>de</strong>r Heilige, „darüber irgen<strong>de</strong>twas zu sagen. Jener<br />

nämlich wird ohne Mühe in Kürze bezwungen.“ Jener hörte das Gesagte und been<strong>de</strong>te das<br />

Schauspiel. Inzwischen erreichte <strong>de</strong>r Erzbischof die Burg, wo er <strong>de</strong>n erwählten und ihm lieben<br />

Priester <strong>de</strong>s Herrn ehrerbietig empfing. Er war sehr diensteifrig und freute sich, solch einen Gast<br />

zu haben, in <strong>de</strong>m sich Gott wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>. Weil inzwischen die Sonne untergegangen war und die<br />

Nacht kam, gab sich <strong>de</strong>r schamlose Spaßmacher <strong>de</strong>m Wein mehr hin als <strong>de</strong>m Schlaf. Als er wenig<br />

später, <strong>von</strong> Sinnen und betrunken wie er war, die höchste Treppe emporschwankte, fiel <strong>de</strong>r<br />

Unglückselige plötzlich herunter, ehe er <strong>de</strong>n Wein verdaut hatte, und trank <strong>de</strong>n bitteren Becher<br />

<strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s aus. Wer glaubt nicht, dass auch <strong>de</strong>r heilige Mann einen Teil <strong>de</strong>s profetischen Geistes<br />

empfangen hatte, als er <strong>de</strong>n unvermuteten Untergang jenes Menschen vorhersah.<br />

17. Inzwischen entschied <strong>de</strong>r Kardinalbischof, nach<strong>de</strong>m er Teile Germaniens besucht hatte, nach<br />

Sachsen zu gehen. Und er rief die Bischöfe jener Kirchen zusammen, damit er zum einen auf einer<br />

Versammlung das zu Verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> zurechtwies, zum an<strong>de</strong>ren durch Auflegen <strong>de</strong>r eigenen<br />

Hand <strong>de</strong>n Metzer Erwählten zum apostolischen Bischof weihte. Und schon weilte <strong>de</strong>r Kardinal im<br />

Kloster <strong>de</strong>s seligen Märtyrers Vitus, das Corvey genannt wird. Nicht wenige Bischöfe versammelten<br />

sich. Es kam <strong>de</strong>r Tag, an <strong>de</strong>m in diesem Jahr die feierliche Oktav [<strong>de</strong>s Festes] <strong>de</strong>r seligen<br />

Apostel Peter und Paul [6. Juli] gefeiert wur<strong>de</strong>. Und weil <strong>de</strong>r Sonntag bevorstand, sahen alle, wie<br />

an diesem Tag die Bischofswahl zu En<strong>de</strong> geführt wur<strong>de</strong>. An diesem Tag setzte <strong>de</strong>r ehrwürdige<br />

Kardinalbischof <strong>von</strong> Praeneste, <strong>de</strong>r Legat <strong>de</strong>s apostolischen <strong>St</strong>uhles, <strong>de</strong>n Erwählten <strong>von</strong> Metz<br />

<strong>Theoger</strong>, einen unta<strong>de</strong>ligen Mann, schwer [gebeugt] vom Alter, gereift in <strong>de</strong>n Sitten, erfahren in<br />

<strong>de</strong>n Wissenschaften, mit Unterstützung <strong>von</strong> zwei Erzbischöfen, <strong>de</strong>m <strong>von</strong> Salzburg als Metropoliten<br />

für Bayern und <strong>de</strong>m für Mag<strong>de</strong>burg, feierlich in das Bischofsamt ein, während die zwei Erzischöfe<br />

dabei stan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r eine <strong>von</strong> ihnen jenem [<strong>Theoger</strong>] <strong>de</strong>n Ring und die Kopfbe<strong>de</strong>ckung<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 27


eichte, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re die Sandalen und die Handschuhe sowie alle heiligen Gewän<strong>de</strong>r, die im Übrigen<br />

bei <strong>de</strong>r Weihe eines Bischofs nach <strong>de</strong>m Vorrecht <strong>de</strong>r Verdienste gereicht wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r<br />

<strong>St</strong>un<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prozession sah <strong>de</strong>r ehrwürdige und Gott würdige Erzbischof <strong>von</strong> Salzburg <strong>de</strong>n Heiligen<br />

Gottes an, <strong>de</strong>r durch die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Segnung ergriffen war und <strong>de</strong>m er sich, wie wir schon<br />

sagten, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seite näherte. Er sagte: „O Bischof, niemals ist in unseren Tagen so etwas geschehen,<br />

dass zwei Erzbischöfe eine Weihe auf <strong>de</strong>r linken Seite [vom zu Weihen<strong>de</strong>n] begleitet<br />

haben. Aber an <strong>de</strong>iner Person ist die göttliche Wür<strong>de</strong> durch uns heute erfüllt wor<strong>de</strong>n.“ Weil er<br />

[<strong>Theoger</strong>] nämlich ein Mann hohen Charakters war, sind solche Ehren innerhalb eines Zeitraums<br />

<strong>von</strong> ungefähr einhun<strong>de</strong>rt Jahren nur <strong>de</strong>m <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>r sich selbst versteckt hielt, zugetragen<br />

wor<strong>de</strong>n. Der Mann Gottes konnte in jener ganzen Zeit seiner Weihe die Tränen nicht zurückhalten,<br />

wo ihm <strong>von</strong> allen sowohl Bewun<strong>de</strong>rung als auch Hochachtung begegneten.<br />

18. 19. Nach<strong>de</strong>m er daher die bischöfliche Weihe empfangen hatte, weihte <strong>de</strong>r selige Bischof<br />

<strong>Theoger</strong> zuerst bei <strong>de</strong>mselben Kloster die Kirche zu Ehren <strong>de</strong>s heiligen Märtyrers Georg, damit<br />

er beson<strong>de</strong>rs diesen [Heiligen] in <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong>ei als Patron hatte. Auch führte er in seinem Bistum<br />

<strong>de</strong>ssen wohltätigen Schutz zum ersten Mal ein. Aber auch die Krypta <strong>de</strong>r Corveyer Kirche und<br />

<strong>de</strong>n Altar <strong>de</strong>s seligen Apostels Andreas [weihte er] [Lücke].<br />

20. [Lücke] An diesem Punkt gab das Pferd, auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Heilige saß, <strong>de</strong>n rechten Weg auf. Keine<br />

Schläge, keine Führung brachten es weiter. Den Bischof hinüberzubringen o<strong>de</strong>r vom Pferd zu<br />

steigen, war nicht möglich; hier drohten zu bei<strong>de</strong>n Seiten Felswän<strong>de</strong>, dort ein ungeheurer Abhang.<br />

Endlich gab es keine Hoffnung, das Lasttier zu wen<strong>de</strong>n, weil <strong>de</strong>r Ort so eng war wie die<br />

kleinste Grube einer Zelle im Gefängnis. Nicht fern befand sich <strong>de</strong>r Schüler [Erbo], <strong>de</strong>n er [<strong>Theoger</strong>]<br />

liebte, und er stand <strong>de</strong>m Greis bei, so dass die Sache ihren [guten] Ausgang nahm. Durch<br />

die Fürsorge Gottes aber geschah es, dass das wil<strong>de</strong> Tier, unruhig gewor<strong>de</strong>n, unbeweglich da<br />

stand und fühlte, wie sich <strong>de</strong>r heiligste Bischof darauf setzte, so wie es ihn zu diesem Ort getragen<br />

hatte. Endlich drehte sich das Pferd und brachte sich und <strong>de</strong>n unverletzten Priester zurück.<br />

Ich je<strong>de</strong>nfalls glaubte, die Sache kurz zu streifen, und weiß nicht, ob ich sie sorgfältig beschrieben<br />

habe. Ich weiß dies Eine, dass er <strong>de</strong>m Tod nicht entronnen wäre, wenn er nicht auf göttliche<br />

Hilfe vertraut hätte.<br />

21. Danach kehrte er <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Versammlung [zu Fritzlar] zurück und gelangte, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m besagten<br />

Archidiakon [Albero] ehrerbietig geführt, zum Ort, <strong>de</strong>r Dieulouard heißt. Dort erwarteten ihn eine<br />

Anzahl <strong>von</strong> Äbten und Geistlichen, die im Bistum <strong>de</strong>n gesün<strong>de</strong>ren Teil bil<strong>de</strong>ten. Auch fromme<br />

Frauen und Adlige besuchten ihn oft in <strong>de</strong>r Mühsal heiliger Aufmerksamkeit, die <strong>de</strong>n äußersten<br />

Besatz seiner Kleidung berührte, da sie glaubte, dadurch selig zu wer<strong>de</strong>n. Im Übrigen erlaubte<br />

die Menge an Bun<strong>de</strong>sgenossen jenes verbrecherischen Bischofs es ihm nicht, in die <strong>St</strong>adt [Metz]<br />

einzudringen. Nicht wenige stan<strong>de</strong>n diesem Ansinnen entgegen, wodurch sie sich durch das Unrecht<br />

<strong>de</strong>s Priesters [Adalbero] das Wohlwollen <strong>de</strong>s Königs verschafften. Nämlich <strong>de</strong>r König, wenn<br />

er <strong>de</strong>nn nicht einen Bischof einsetzen wollte, neigte dazu, dass dieser [Adalbero] nicht abgesetzt<br />

wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r ihm durch nahe Verwandtschaft und Gunst beistand. Schon vergingen die meisten<br />

Tage, und <strong>de</strong>r heilige Bischof [<strong>Theoger</strong>] wan<strong>de</strong>rte, geführt vom Archidiakon, unstet umher. Und<br />

die heilige Ansicht entflammte bei allen, dass sie sich als <strong>de</strong>ssen [<strong>Theoger</strong>s] Söhne bezeichnen<br />

wollten – nämlich <strong>de</strong>ssen große Leutseligkeit und das Vertrauen <strong>de</strong>r Vielen in ihm rief Eifer hervor<br />

-, aber er konnte endlich nicht die Metzer überzeugen, dass sie ihm die <strong>St</strong>adt öffneten. Der<br />

fortgeschrittene Wahnsinn dieser [<strong>St</strong>adtbewohner] war, dass sie gemeinsam entschie<strong>de</strong>n, dass,<br />

wenn irgendwer diesen [<strong>Theoger</strong>] als Bischof anerkenne, er alles, was er hat, verliere und die<br />

<strong>St</strong>adt verlassen müsse. Es wur<strong>de</strong> [bei <strong>de</strong>n Anhängern <strong>Theoger</strong>s] Rat gehalten, alle, die bei ihm<br />

[<strong>Theoger</strong>] in Gehorsam verweilten, wur<strong>de</strong>n weggeschickt, <strong>de</strong>r Bischof wollte in seinem Kloster<br />

[<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] bleiben, bis die Untreue <strong>de</strong>r Schismatiker aufhören und die Metzer Kirche Frie<strong>de</strong>n<br />

empfangen wür<strong>de</strong>. Er beschwor dies und reiste mit seinen Begleitern ab.<br />

22. Und <strong>de</strong>r Teufel ließ durch solche Mühen nicht zu, dass er [<strong>Theoger</strong>] ermü<strong>de</strong>te o<strong>de</strong>r ein wenig<br />

Atem holte. Auf <strong>de</strong>m Weg, <strong>de</strong>n er bereiste, lauerten Hinterhalte. Jene Einö<strong>de</strong> nämlich, die für gewöhnlich<br />

Vogesen genannt wird, betrat er und wandte sich bei Sonnenuntergang zu einem gewissen<br />

Kloster, das die Reliquien und <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s seligen Gregor besaß [Münster im Gregoriental].<br />

Als er sich am folgen<strong>de</strong>n Tag erhob, sagte er <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn Lebwohl und setzte die begonnene<br />

[Reise] durch das Gebiet fort. Zu Mittag war ihm schon heiß, und obwohl die Jahre <strong>de</strong>s<br />

Alters <strong>de</strong>n durch Fasten entkräfteten Körper schwächten, besiegte er endlich das Alter durch <strong>de</strong>n<br />

Geist, und ein kräftiger Wan<strong>de</strong>rer, ungeduldig bei Verzögerungen, setzte <strong>de</strong>n vorbereiteten Weg<br />

fort. Soldaten, die <strong>von</strong> zwei Basler Geistlichen angestiftet wur<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Heiligen einen Hinterhalt<br />

legten, weil dieser, als er <strong>von</strong> Metz wegging, reichlich Geld besaß, stürzten sich plötzlich auf<br />

ihn. Frech suchten sie eifrig nach <strong>de</strong>m Geld, nach<strong>de</strong>m nämlich die Begleiter [<strong>Theoger</strong>s] untersucht<br />

wor<strong>de</strong>n waren; jener hielt die Suchen<strong>de</strong>n nicht auf und hörte nicht auf, Psalmen vorzutragen,<br />

die er kurz zuvor <strong>de</strong>r Seelenruhe verstorbener Schüler gewidmet hatte, Zeugen eines friedfertigen<br />

Herzens. Zuletzt wur<strong>de</strong> er aber <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Soldaten umzingelt und betastet. Man befahl<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 28


ihm, vom Pferd abzusteigen, und er stieg herab. Endlich untersuchte man ihn und fand ihn ohne<br />

Geld. Ihm wur<strong>de</strong> befohlen, sich wie<strong>de</strong>r auf das Pferd zu setzen, und er setzte sich darauf. Und<br />

bald begann er [<strong>Theoger</strong>] mit <strong>de</strong>m Totenamt, das er vorhin unterbrochen hatte, und führte dies<br />

zum En<strong>de</strong> aus. Es ist eine Tatsache, dass die Soldaten überaus erschreckt waren und <strong>de</strong>ssen<br />

unerschrockenen Eifer beim Gottesdienst bewun<strong>de</strong>rten. Dann wandte sich <strong>de</strong>r Schüler [Erbo]<br />

zum Greis und versuchte zu erfahren, ob er gehen müsse o<strong>de</strong>r bleiben könne; ihm hatten nämlich<br />

die Soldaten die Möglichkeit <strong>de</strong>s Gehens o<strong>de</strong>r Bleibens eingeräumt. Der Bischof befahl, dass<br />

es besser sei zu gehen und sich für seine Befreiung einzusetzen. Daraufhin führten die Soldaten<br />

<strong>de</strong>n Bischof gefangen ab, <strong>de</strong>r Schüler aber, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Lehrer in größter Sorge und durch die Fesseln<br />

<strong>de</strong>r Liebe verbun<strong>de</strong>n war, blieb frei und lei<strong>de</strong>te als Ausgeschlossener mehr als <strong>de</strong>r Gefangene.<br />

Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Zeitraum <strong>von</strong> ein paar Tagen vergangen waren, kehrte er mit Hilfe ehrbarer<br />

Leute zum Greis zurück und empfing sogleich die Hilfe jener für diesen [bei <strong>de</strong>ssen Befreiung].<br />

Fröhlich und freudig setzen sie <strong>de</strong>n Weg, <strong>de</strong>r zum Kloster [<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] führte, fort.<br />

23. Und schon unterbrachen sie die Reise, um zum Kloster Marbach zu gelangen, aber dorthin<br />

war schon das Gerücht über <strong>de</strong>n Greis gelangt. Diesen empfingen die Brü<strong>de</strong>r, Mönche und Kanoniker,<br />

und traten <strong>de</strong>m Kommen<strong>de</strong>n entgegen, nach<strong>de</strong>m sie einen melodischen Gesang angestimmt<br />

hatten. Voller Jubel empfingen sie ihn. Unter ihnen war jener ehrwürdige [Propst] Gerung,<br />

<strong>de</strong>r, wie wir am Anfang dieses Werkes erwähnt hatten, <strong>de</strong>n <strong>Theoger</strong> unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>von</strong><br />

Bußfertigkeit bestimmt hatte, in seiner Jugendzeit in Hirsau [als Mönch] beim ehrwürdigen <strong>Abt</strong><br />

Wilhelm einzutreten. Er [Gerung] war schon im Alter fortgeschritten, mit grauem Haar auf <strong>de</strong>m<br />

Haupt, und freute sich in wun<strong>de</strong>rbarer Weise auf <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>n er seit <strong>de</strong>m Tag <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Klostereintritt<br />

nicht mehr gesehen hatte, <strong>de</strong>n Mönch und Priester, <strong>de</strong>n Zögling und Gast. Der selige<br />

Bischof <strong>Theoger</strong> aber war <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Greis, <strong>de</strong>n er wie<strong>de</strong>rerkannte, sehr bewegt. Danach gingen<br />

sie [ins Kloster] hinein, sie schüttelten bei<strong>de</strong> die Hän<strong>de</strong>, und er [<strong>Theoger</strong>] küsste und begrüßte ihn<br />

[Gerung] vertraut. Er bekannte, dass jener sein Apostel sei, dass durch ihn er einst [als Mönch]<br />

eingefangen wor<strong>de</strong>n sei in einer heilsamen Gefangenschaft. Darauf sagte jener: „Niemals bereue<br />

ich, dass ich ergriffen bin <strong>von</strong> <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r sich nicht nur in jener Gefangenschaft befin<strong>de</strong>t. Er trägt<br />

auch zusammen eine solche Wür<strong>de</strong> an Ehre und Ruhm, dass er zuerst Mönch, dann <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>r<br />

Mönche gewor<strong>de</strong>n war, schließlich mit <strong>de</strong>m Willen Gottes das höchste Priesteramt erreichte.“<br />

Und darauf antwortete <strong>de</strong>r Bischof: „Und ich bereue es nicht, <strong>de</strong>n Rat meines Apostels angenommen<br />

zu haben, <strong>de</strong>r in dieser Hinsicht seine Ausgezeichnetheit vergrößerte. Und er fin<strong>de</strong>t in<br />

mir durch die Gewogenheit Christi die erwünschte Frucht frommer Arbeit.“<br />

24. Endlich verabschie<strong>de</strong>te sich <strong>de</strong>r heilige Bischof sowohl <strong>von</strong> allen Brü<strong>de</strong>rn, als auch insbeson<strong>de</strong>re<br />

<strong>von</strong> seinem Apostel, wie er ihn bezeichnete. Er eilte zum Kloster <strong>de</strong>s heiligen Georg, zur<br />

freundlichen Herberge <strong>de</strong>r Tugend [November/Dezember 1118]. Da gingen alle <strong>de</strong>m ankommen<strong>de</strong>n<br />

Vater mit [ihren] Alben [<strong>de</strong>n weißen Chorhem<strong>de</strong>n] entgegen, und sie sangen mit wohltönen<strong>de</strong>n<br />

<strong>St</strong>immen ehrerbietigst bei seiner Ankunft. Ort und Zeit waren günstig, er wur<strong>de</strong> ehrfürchtig<br />

empfangen, sie küssten sich. Der Bischof dankte freudig und gab allen, die sich über seine Ankunft<br />

gefreut hatten, gleichsam als Gastgeschenk <strong>de</strong>s Bistums <strong>de</strong>n geistlichen [Lücke: Segen].<br />

Über fast vier Monate aber verweilte er dort, er weihte Kirchen, die auf <strong>de</strong>m Grund <strong>de</strong>s Klosters<br />

lagen, nach<strong>de</strong>m er vom Konstanzer Bischof [Ulrich I.; 1110-1127] die Erlaubnis dazu bekommen<br />

hatte. Gott war mit ihm barmherzig, so dass er Ort und Gemeinschaft <strong>de</strong>s seligen Georg, die er<br />

einst beispielhaft errichtet hatte, nun auch durch Segnungen befestigte. Inzwischen kamen zu<br />

ihm weltliche Leute, und nicht einer bemühte sich vergeblich, mit ihm zusammenzukommen. Mit<br />

allen hatte er kurzweiligen und fröhlichen Umgang. Die Mühsal nämlich <strong>de</strong>s Reisens überbrachte<br />

die Kost <strong>de</strong>r Arbeit. Als er aber allen lieb gewor<strong>de</strong>n war, kündigte er seinen Weggang an. Man<br />

zog ihn nämlich <strong>von</strong> neuem zum Bistum [Metz], die Verwundung, verwaist zu sein, war da, so<br />

dass <strong>de</strong>r fromme Vater je<strong>de</strong>s Einzelnen trauerte.<br />

25. Die Metzer katholische Kirche war <strong>von</strong> <strong>de</strong>r bischöflichen Leitung entblößt gewesen und wusste<br />

inzwischen nicht, was zu tun war, weil <strong>de</strong>r unfromme Teil <strong>de</strong>rer, die sich nach <strong>de</strong>r kanonischen<br />

Wahl [<strong>Theoger</strong>s] als Schismatiker getrennt hatten, überwog. Endlich schickte <strong>de</strong>r Vorsteher <strong>de</strong>s<br />

apotolischen <strong>St</strong>uhls Gelasius, nach<strong>de</strong>m er <strong>von</strong> dieser Uneinigkeit gehört hatte, <strong>de</strong>r Geistlichkeit<br />

und <strong>de</strong>m Volk <strong>de</strong>r Metzer Kirche einen Brief und untersagte dort die gottesdienstlichen Handlungen,<br />

bis <strong>de</strong>r Bischof [<strong>Theoger</strong>] in <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt aufgenommen wür<strong>de</strong>. Aber auch <strong>de</strong>r Erzbischof Bruno,<br />

<strong>de</strong>r damals die Trierer Kirche regierte, wi<strong>de</strong>rstrebte unfromm <strong>de</strong>ssen Wahl, weil er [<strong>Theoger</strong>]<br />

ohne Rücksprache und ohne sein Wissen gewählt wor<strong>de</strong>n war. Endlich än<strong>de</strong>rte er, nach<strong>de</strong>m er<br />

[<strong>de</strong>n Sachverhalt] mit Vernunft erwogen hatte, seine Meinung. Er schickte <strong>de</strong>n Metzern einen<br />

Brief und befahl in Gehorsam, dass sie <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n sie sich als Priester erwählt hatten, zum eigenen<br />

Bischofssitz zurückriefen. Nach<strong>de</strong>m sie die Auffor<strong>de</strong>rungen bei<strong>de</strong>r Bischöfe, <strong>de</strong>s römischen und<br />

<strong>de</strong>s trierischen, erhalten hatten, riefen Geistlichkeit und Volk mit besserem Urteil ihren Bischof mit<br />

einem an ihn gesandten Schreiben zurück. Und schon während <strong>de</strong>r Fastentage [März 1119] ging<br />

<strong>de</strong>r Großteil [<strong>de</strong>r Leute] [zu <strong>Theoger</strong>] über, und <strong>de</strong>r frommste Vorsteher, <strong>de</strong>r schon zwei o<strong>de</strong>r drei<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 29


Briefe <strong>de</strong>r Metzer Kirche empfangen hatte, war gezwungen zu kommen. Der Traurige schickte<br />

sich an zu jener Reise in die Frem<strong>de</strong>. Er ermahnte die Brü<strong>de</strong>r [im Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>] eindringlich,<br />

dass er viele Feindseligkeiten ertragen wer<strong>de</strong>; <strong>de</strong>r Ausgang [<strong>de</strong>r Ereignisse] bestätigte [ihn]<br />

später. Nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Rhein überquert hatte, kam er nach Maursmünster und zog <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> dieses<br />

Ortes hinzu. Er wandte sich zur <strong>St</strong>adt [Metz]. Die Äbte zeigten sich, <strong>de</strong>r Archidiakon zeigte<br />

sich, und wie viele nur immer <strong>de</strong>m gesün<strong>de</strong>ren Rat anhingen, sie begrüßten ihren Bischof bei <strong>de</strong>r<br />

Ankunft. Jener erblickte diese und freute sich im Schein Christi. Aber er gab zu erkennen, dass er<br />

unwürdig war für die Begegnung mit so vielen. Und endlich glaubte <strong>de</strong>r Archidiakon nicht, sich<br />

<strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt nähern zu können, weil das unsichere Volk mit seiner gegenteiligen Parteilichkeit entwe<strong>de</strong>r<br />

durch Liebe o<strong>de</strong>r durch Hass zugrun<strong>de</strong> gerichtet wer<strong>de</strong>. Daher eilte er unter Begleitung<br />

<strong>de</strong>s Bischofs zu <strong>de</strong>m Ort, <strong>de</strong>r Cappentia [Chambley?] heißt. Und dort feierte <strong>de</strong>r Bischof mit gewissen<br />

Äbten <strong>de</strong>n Palmsonntag [23. März].<br />

26. Und schon kam <strong>de</strong>r Tag heran, <strong>de</strong>n die Christen Gründonnerstag nennen. Dass an ihm das<br />

Chrisma bereitet wird, verlangt die Ordnung <strong>de</strong>s bischöflichen Amtes. Aber wo dies getan wer<strong>de</strong>n<br />

könnte, wusste er [<strong>Theoger</strong>] nicht. An <strong>de</strong>m Ort, an <strong>de</strong>m er weilte, stand ihm das, was ihm für<br />

solch ein Amt nützlich war, nicht zur Verfügung. Im Übrigen war ihm die <strong>St</strong>adt durch die Aufsässigkeit<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung versperrt. Endlich wur<strong>de</strong> entschie<strong>de</strong>n, dass er im Kloster Gorze das Weiheamt<br />

erfülle. Der <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>s Ortes wur<strong>de</strong> durch einen Boten <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Ankunft <strong>de</strong>s Bischofs unterrichtet.<br />

Und alles, was zum Nutzen dieser Sache wichtig war, wur<strong>de</strong> bereit gestellt. Der Bischof<br />

kam am Tag davor [26. März]. Schon ging die Nachricht um, dass <strong>de</strong>r Bischof nach Gorze komme,<br />

und die Menschen jenes Ortes gingen mit Schwertern und <strong>St</strong>öcken hinaus wie zu einem<br />

Räuber. Du siehst, dass zu diesem Zeitpunkt <strong>de</strong>r ehrwürdige Bischof die Fahne <strong>de</strong>s Kreuzes<br />

hochgehalten hatte. Dadurch zweifelte <strong>de</strong>r höchste Priester nicht, <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verbrecher<br />

ausgeliefert zu sein und unter <strong>de</strong>m Kreuz zu sterben. Gleichwie nämlich jener angebliche Schüler<br />

Christi [Judas] seinen Lehrer und Herrn in die Hand <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n übergab, so zogen jene Mönche<br />

[<strong>von</strong> Gorze], die für ihn fälschlicherweise nur Mönche mit Namen hießen, aus, um unwürdig <strong>de</strong>n<br />

Bischof zu verfolgen. Kaum hatte daher <strong>de</strong>r heilige Bischof die Klosterpforte berührt, als das ganze<br />

Volk, das <strong>de</strong>m Heiligen einen Hinterhalt gelegt hatte, <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Seiten wütend herbeischoss.<br />

Nach<strong>de</strong>m es die Pfer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Bischofs weggenommen hatte, griff es auch die ganze Begleitung<br />

an, so dass <strong>de</strong>r Archidiakon vor <strong>de</strong>n Verfolgern nur die Flucht ergreifen konnte. Dies geschah,<br />

während <strong>de</strong>r heilige Bischof die Kirche betrat, und was sich draußen zutrug, bemerkte er nicht. Er<br />

stand beim Gebet, während alle ihm mit <strong>de</strong>n Tod drohten, und rief <strong>de</strong>n Schöpfer <strong>de</strong>s Lebens an.<br />

Dann traten einige <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Mönchen herbei, die seine Anwesenheit [dort] bemerkten, und mit<br />

großer Ironie for<strong>de</strong>rten sie ihn auf zu gehen und sagten, dass sie wegen <strong>de</strong>s Wahnsinns <strong>de</strong>s wil<strong>de</strong>n<br />

Volkes nicht <strong>de</strong>n Märtyrertod erlei<strong>de</strong>n wollten, wenn dort <strong>de</strong>r Bischof gefun<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Der<br />

Bischof war also <strong>von</strong> allergrößten Gefahren umzingelt und zitierte das Wort <strong>de</strong>s Apostels: „Draußen<br />

[sind] die Kämpfe, innen [ist] die Furcht“ [2. Kor. 7,5]. Ganz und gar wollte er nicht wissen,<br />

was geschah. Dann fühlte er mit ganzem Verstand <strong>de</strong>n Geist <strong>de</strong>r Klugheit und <strong>de</strong>r <strong>St</strong>ärke und<br />

beeilte sich, beklei<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>n Pontifikalien, aus <strong>de</strong>r Kirche zu treten. Er trat ganz allein <strong>de</strong>n Wüten<strong>de</strong>n<br />

entgegen und wollte mit gebieterischer <strong>St</strong>imme wissen, wen sie suchten. Du siehst alle,<br />

die ihn ohne Grund verfolgten, wie sie zuerst bei <strong>de</strong>ssen Anblick so erschraken, dass sie in größtem<br />

Wahnsinn verfielen, weil er nicht vertrieben war, wie sie solche Schan<strong>de</strong> auf ihren Geist<br />

häuften, dass sie die verbrecherischen Hän<strong>de</strong> gegen <strong>de</strong>n Gesalbten <strong>de</strong>s Herrn [<strong>Theoger</strong>] ausstreckten.<br />

27. Nach<strong>de</strong>m endlich die Gemüter sich beruhigt hatten, bestimmte <strong>de</strong>r Bischof, wegzugehen und<br />

zur <strong>St</strong>adt [Metz] aufzubrechen. Als <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. Klemens erschien, ermahnte er [<strong>Theoger</strong>],<br />

dass dieser sich zunächst zu seinem Kloster begeben solle. Und dort empfing er ihn zusammen<br />

mit <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn in einer freudigen Prozession. Aber die Bürger dort hörten, dass <strong>de</strong>r Bischof in<br />

<strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt angekommen sei. Sie waren voller Wut und spien mit ihrem Gezänk vor <strong>Theoger</strong> aus.<br />

Sie drohten, ihn nicht nur aus <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt zu vertreiben, son<strong>de</strong>rn auch mit <strong>de</strong>m Schwert zu vernichten.<br />

Dies wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Bischof überbracht – er hatte die Kirche noch nicht verlassen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

<strong>Abt</strong> dieses Ortes ihn aufgenommen hatte –, und er schritt [nun] in bischöflicher Kleidung, die er<br />

getragen hatte, als er <strong>von</strong> Gorze kam, gegen die Fein<strong>de</strong>, willig für <strong>de</strong>n Herrn die Feindseligkeiten,<br />

die ihm geschahen, zu ertragen. Nicht wenige <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Bürgern bemerkten <strong>de</strong>n Greis <strong>von</strong> ferne,<br />

sie näherten sich ihm, dass sie kaum ihre Hän<strong>de</strong> zügeln konnten. Der Heilige, erfüllt <strong>von</strong> ruhigem<br />

Geist, zügelte durch mil<strong>de</strong> Worte <strong>de</strong>n Wahnsinn <strong>de</strong>r Unglücklichen. Zu ihnen kam <strong>de</strong>r Präfekt <strong>de</strong>r<br />

<strong>St</strong>adt [Graf Folmar <strong>von</strong> Homburg; †n.1130] und versuchte zu erfahren, wie er [<strong>Theoger</strong>] die <strong>St</strong>adt<br />

betreten hätte. Jener antwortete einfach, wie es sich damit verhalten hat, und dass er hierhin allein<br />

gekommen wäre, damit er in geschul<strong>de</strong>ter Sorge das ihm anvertraute Volk besuchen könne.<br />

Dass die Metzer aber we<strong>de</strong>r richtig noch gut han<strong>de</strong>ln wür<strong>de</strong>n, wenn die <strong>de</strong>n Bischof <strong>von</strong> seinem<br />

Recht abhielten, die die Sorge <strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>m apostolischen Herrn nicht in Abre<strong>de</strong> stellen könnten,<br />

entgegnete er zwingend. Er sprach dies und beharrte darauf und blieb an die <strong>St</strong>elle geheftet<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 30


[Vergil, Aeneis II,650]. Und solcherart besänftigte er [<strong>Theoger</strong>] die Seelen <strong>de</strong>s Präfekten und <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren, die dabei und gesun<strong>de</strong>n Geistes waren, damit diese nicht nur vom Aufstand Abstand<br />

nähmen, son<strong>de</strong>rn auch die an<strong>de</strong>ren, die sie beschwichtigen konnten, zufrie<strong>de</strong>n stellten. Dann<br />

stellte eine Frau, wun<strong>de</strong>rbar in Glauben und Frömmigkeit, jener aus <strong>de</strong>m Evangelium gleich, die<br />

allein unter <strong>de</strong>n Bedrückern <strong>de</strong>n Heiland berührte, vor <strong>de</strong>n stehen<strong>de</strong>n Bischof einen Tragsessel,<br />

berührte ihn [<strong>Theoger</strong>] leicht durch <strong>de</strong>n <strong>St</strong>off <strong>de</strong>r Kleidung und ermahnte ihn, sich zu setzen.<br />

Nach<strong>de</strong>m dieser sich sofort hingesetzt hatte, fiel sie vor ihm nie<strong>de</strong>r und verehrte ihn. Er zog sich<br />

ehrerbietig zurück. Aber auch an<strong>de</strong>re Frauen, die die Gier <strong>de</strong>r Liebe zu ihm anlockte, näherten<br />

sich, um wenigstens <strong>de</strong>n Klei<strong>de</strong>rstoff <strong>von</strong> jenem zu berühren. Sie glaubten, dass die Berührung<br />

ihnen viel nützen wür<strong>de</strong>.<br />

28. Als <strong>de</strong>r Bischof sich schon vorbereitete, die Schuhe auszuziehen und mit nackten Füßen die<br />

<strong>St</strong>adt zu betreten, ging ihn wild an ein junger Geistlicher mit Namen Konstantin, ein Verwandter<br />

<strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es <strong>de</strong>s seligen Klemens, bewegt durch ungesun<strong>de</strong> Bitterkeit. Er verhöhnte <strong>de</strong>n Heiligen<br />

heftig und mäßigte sich we<strong>de</strong>r bei Schmähungen noch bei Handgreiflichkeiten. Der schlechte<br />

Mensch war mit solcher Wut ausfallend, dass er die priesterliche <strong>St</strong>ola vom Hals jenes herabwarf.<br />

Als er auch <strong>de</strong>n Bischofsstab aus <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>s Bischofs schlug und ihn durch Schläge noch<br />

mehr schwächte, schritt <strong>de</strong>r besagte <strong>Abt</strong>, <strong>de</strong>r nahe dabei stand, sein Verwandter, ein - und er<br />

[Konstantin] hätte ihn [<strong>Theoger</strong>] kräftig geschlagen -, so dass er da<strong>von</strong> Abstand nahm, auf das<br />

Haupt mit einem wil<strong>de</strong>n <strong>St</strong>oß <strong>de</strong>s <strong>St</strong>abes zu schlagen. Beson<strong>de</strong>rer Ruhm <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong>! Man sieht<br />

ihn nämlich als jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Herrn gewissermaßen Unbill erlei<strong>de</strong>t. Ich habe nämlich<br />

richtig erzählt <strong>von</strong> jenem Jüngling, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Priester Gottes so übel behan<strong>de</strong>lte, <strong>de</strong>r jenem eine<br />

Ohrfeige gab. Weil jener Gott vertraute, <strong>de</strong>r ihn nicht aufgab, ertrug er die Person und fürchtete<br />

nicht geschlagen zu wer<strong>de</strong>n. Dann aber hob <strong>de</strong>r Bischof bei<strong>de</strong> Hän<strong>de</strong> zum Himmel und lobte die<br />

Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Erlösers, dass dieser solcherart in ihm innewohne, so dass er verdiene, dies in <strong>de</strong>ssen<br />

Namen zu ertragen. Und nicht war er die Wildheit <strong>de</strong>s Verruchten [Konstantin] gewahr. Der<br />

Jüngling begann, sich noch wil<strong>de</strong>r zu gebär<strong>de</strong>n, legte an <strong>de</strong>n Heiligen Hand an und versuchte,<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Hand jenes <strong>de</strong>n Ring wegzunehmen. Jener sah <strong>de</strong>n Bärtigen, <strong>de</strong>r nicht mit Tonsur und<br />

geistlicher Kleidung versehen war, als ob er als Geistlicher nicht erkannt wer<strong>de</strong>n wolle, schloss<br />

die Hand, um [<strong>de</strong>ssen Ansinnen] zu vereiteln, und sagte zu <strong>de</strong>m Mann, dass, wenn er <strong>de</strong>n Ring<br />

<strong>von</strong> ihm haben wolle, er diesen nicht <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Hand irgen<strong>de</strong>ines Laien, son<strong>de</strong>rn <strong>von</strong> <strong>de</strong>r eines geweihten<br />

Geistlichen stehlen müsse. Da kam <strong>de</strong>r Präfekt dazwischen – eine Weile lang hatte er<br />

das Geschehen aus <strong>de</strong>n Augen verloren – und sah <strong>de</strong>n heiligen Bischof, wie er <strong>von</strong> <strong>de</strong>m besagten<br />

Jüngling heftig angegriffen wur<strong>de</strong>. In ungeschlachter Re<strong>de</strong> bewegte er diesen, bald wegzugehen.<br />

29. Dann endlich beschworen <strong>de</strong>r Präfekt und die an<strong>de</strong>ren, die dabei waren, im Namen Gottes<br />

<strong>de</strong>n Bischof, dass er nicht in die <strong>St</strong>adt gehe und sich <strong>de</strong>m Hass <strong>de</strong>r ungebil<strong>de</strong>ten Menge zuziehe,<br />

son<strong>de</strong>rn dass er zu irgen<strong>de</strong>iner bischöflichen Besitzung mit <strong>de</strong>n Seinen ausweichen solle, wo die<br />

ihm als Herrn und Bischof dienen, die <strong>de</strong>n Kaiser o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Erzbischof über das Geschehen um<br />

Rat fragen. Sie sagten, dass sie beschwören, dass sie ohne Zustimmung <strong>von</strong> einem dieser bei<strong>de</strong>n<br />

keinen Bischof haben wür<strong>de</strong>n. Jener [<strong>Theoger</strong>] stimmte <strong>de</strong>ren Ratschlägen zu und nahm da<strong>von</strong><br />

Abstand, die <strong>St</strong>adt zu betreten. Am späteren Tag gelangte er wie<strong>de</strong>rum zum Kloster <strong>de</strong>s heiligen<br />

Klemens, und dort feierte er sehr festlich <strong>de</strong>n Gründonnerstag [27. März]. Am Karfreitag [28.<br />

März] wollte er gemäß <strong>de</strong>m Rat jener mit <strong>de</strong>m Trierer Erzbischof [Bruno] zusammentreffen. Aber<br />

da dieser nicht in Trier war – er war nämlich vom Kölner Erzbischof zu <strong>de</strong>n [Oster-] Festlichkeiten<br />

eingela<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n -, erreichte er diesen in Köln am Osterdienstag [1. April]. Seine Ankunft sah<br />

<strong>de</strong>r Trierer Erzbischof ungern, sie war weiter <strong>de</strong>m Kölner [Erzbischof Friedrich I.] willkommen.<br />

Während Letzterer ihm beistand, lies er [Bruno] ihn erst am Donnerstag [3. April] zu einer Unterredung<br />

la<strong>de</strong>n. Dann vertraute er ihm an, dass er für <strong>de</strong>n Festtag <strong>de</strong>s heiligen Apostels Jakobus<br />

[25. Juli] eine Zusammenkunft festgesetzt hätte, an <strong>de</strong>r er in [Lücke] <strong>de</strong>ssen [<strong>Theoger</strong>s] Sache<br />

mit <strong>de</strong>m Bischof <strong>von</strong> Toul [Riquin; 1108-1126] und <strong>de</strong>n Einwohnern <strong>von</strong> Verdun und Metz behan<strong>de</strong>ln<br />

wolle. Schon waren nämlich in <strong>de</strong>r vergangenen Woche Boten <strong>de</strong>r Metzer Kirche zu ihm gekommen,<br />

nämlich <strong>de</strong>r Küster Arnulf und <strong>de</strong>r Unterhändler <strong>de</strong>s Archidiakons, hatten <strong>von</strong> diesem<br />

das Chrisma empfingen und einen Waffenstillstand verabre<strong>de</strong>t. Und sie verletzten [damit], während<br />

jener [Bruno] zustimmte, die Verordnung <strong>de</strong>s apostolischen Herrn über die herumschweifen<strong>de</strong>n<br />

Bischöfe [ohne Bistum]. Endlich wandte <strong>de</strong>r Bischof [<strong>Theoger</strong>] gegen diesen Waffenstillstand<br />

ein, dass dadurch ihm und <strong>de</strong>n Metzer Katholiken Schwierigkeiten auferlegt wür<strong>de</strong>n. Letztere<br />

entbehrten schon in dieser Zeit <strong>de</strong>r bischöflichen Fürsorge. Darauf sagte <strong>de</strong>r Erzbischof,<br />

dass er ihm nicht <strong>de</strong>n Befehl erteile, aber ihm <strong>de</strong>n Rat gebe, sich für <strong>de</strong>n ganzen festgelegten<br />

Zeitraum <strong>de</strong>s bischöflichen Amtes zu enthalten. Wer – frage ich – hin<strong>de</strong>rt solch einen Priester <strong>de</strong>s<br />

Herrn am heilsamen Amt? Der Apostel Petrus wollte <strong>de</strong>n Herrn <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Opferung seines Körpers,<br />

vom Tod am Kreuz, abhalten, sie fürchteten [die Gesandten und <strong>de</strong>r Erzbischof] sich nicht, jenen<br />

[<strong>Theoger</strong>] <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Ehre und <strong>de</strong>m Ruhm eines katholischen Priesters fernzuhalten. Petrus – so<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 31


sage ich – wollte <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Lehrers nicht, durch <strong>de</strong>n das höchste Heil entstand, <strong>de</strong>r Erzbischof<br />

aber fürchtete, dass jener Bischof [Alberich] abdanken könne, <strong>de</strong>r ihn einst als Suffraganbischof<br />

zum Metropoliten geweiht hatte. Aber <strong>de</strong>r heilige Bischof wusste da<strong>von</strong>, und er gehorchte, weil<br />

Gehorsam besser sei als Opfer. Und er hielt sich fern [vom Bistum]. Während Bruno nach Trier<br />

zurückging, erreichte <strong>de</strong>r Kölner Erzbischof, nach<strong>de</strong>m er diesem [Bruno] einen Brief geschickt<br />

hatte, für <strong>de</strong>n darüber unwissen<strong>de</strong>n <strong>Theoger</strong> die Erlaubnis, die heilige Messe zu feiern. Viele Tage<br />

hielt er [<strong>Theoger</strong>] sich in <strong>de</strong>ssen [Friedrichs] Hausgenossenschaft auf, erteilte auf <strong>de</strong>ssen Bitte<br />

<strong>de</strong>m zahlreichen Volk in <strong>de</strong>r heiligen <strong>St</strong>adt [Köln] das Chrisma aus und weihte einige Kirchen.<br />

30. Schon kam <strong>de</strong>r Festtag <strong>de</strong>s seligen Johannes <strong>de</strong>s Täufers [24. Juni]. Der Kölner Erzbischof<br />

eilte gemäß <strong>de</strong>m Befehl <strong>de</strong>s Kaisers mit <strong>de</strong>m Schiff zum Hof, <strong>de</strong>r auf einer Insel <strong>de</strong>s Rheins [bei<br />

Tribur o<strong>de</strong>r Mainz?] tagte. Darauf kehrte <strong>de</strong>r besagte Erzbischof <strong>von</strong> Trier mit diesem [<strong>Theoger</strong>]<br />

in Gna<strong>de</strong> zurück, und weil <strong>de</strong>ssen Fall schleunigst [Lücke]<br />

[Lebenslauf nach Johannes Trithemius, Annales Hirsaugienses zu 1087:] Inzwischen kam Papst<br />

Calixt II., <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Gelasius nachfolgte nach Gallien und hatte in seiner Begleitung <strong>de</strong>n erwähnten<br />

Bischof <strong>von</strong> Praeneste und viele an<strong>de</strong>re Kardinäle. Nach<strong>de</strong>m er die Bischöfe Galliens zusammengerufen<br />

hatte, hielt er in <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt Reims eine Syno<strong>de</strong> ab [Oktober 1119], bei <strong>de</strong>r er die Wahl<br />

und Weihe <strong>de</strong>s heiligen Bischofs <strong>Theoger</strong> mit vielen, die ihn dabei unterstützten, noch einmal<br />

bestätigte, und <strong>de</strong>n Mann Gottes, weil er auf <strong>de</strong>m Konzil anwesend war, mit vielfältiger Tröstung<br />

stärkte, damit er nicht aufhöre, sich für <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s Hauses Gottes einzusetzen. Nach<strong>de</strong>m<br />

das Reimser Konzil endlich been<strong>de</strong>t war, nahm <strong>de</strong>r römische Bischof Calixt <strong>de</strong>n seligen <strong>Theoger</strong><br />

mit sich, erreichte die <strong>St</strong>adt Autun und feierte dort mit seinen Kardinälen das Geburtsfest <strong>de</strong>s<br />

Herrn [25. Dezember]. Von Autun begab sich Papst Calixt zum Kloster Cluny, begleitet vom seligen<br />

Bischof <strong>Theoger</strong>, <strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> Pontius mit größter Freu<strong>de</strong> empfing und <strong>de</strong>m er, wie er konnte,<br />

durch sie und die Seinen die ganze Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Menschlichkeit wie einem Dienert Gottes<br />

enthüllte. Während Papst Calixt mit <strong>de</strong>n Seinen Cluny verließ, blieb <strong>de</strong>r heilige Bischof <strong>Theoger</strong><br />

an diesem Ort auf Bitten <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es Pontius als Armer und Frem<strong>de</strong>r vier Monate lang. Die ganze<br />

Zeit verbrachte er in Betrachtung <strong>de</strong>r göttlichen Dinge und im Gebet. Genau im vierten Monat erfasste<br />

<strong>de</strong>n heiligen Greis ein tödliches Fieber, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m er nicht genesen sollte. Der Mensch Gottes<br />

erwartete fröhlich <strong>de</strong>n Tod und empfing die Sakramente <strong>de</strong>s Herrn gemäß <strong>de</strong>r Gewohnheit<br />

<strong>de</strong>r heiligen Kirche an <strong>de</strong>n dritten Kalen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mai - dies ist <strong>de</strong>r vorletzte Tag <strong>de</strong>s Monats April<br />

[29. April] - und ging hinüber zum Herrn Jesus Christus, <strong>de</strong>n er mit ganzem Herzen liebte im noch<br />

nicht vollen<strong>de</strong>ten dritten Jahr seines Pontifikats, gleichsam im Jahr <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Herrn 1119,<br />

römische Indiktion 12. Begraben wur<strong>de</strong> er in <strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>s heiligen Petrus <strong>de</strong>s Klosters Cluny im<br />

nördlichen Teil an <strong>de</strong>r Wand <strong>de</strong>s Gotteshauses. An seinem Grab sind daraufhin vom Himmel her<br />

viele Wun<strong>de</strong>r gesehen wor<strong>de</strong>n, über die hier zu schreiben nicht möglich ist.<br />

Edition: Vita <strong>Theoger</strong>i. Die lateinische Lebensbeschreibung (Vita) <strong>de</strong>s heiligen <strong>Theoger</strong> wur<strong>de</strong><br />

<strong>von</strong> einem Mönch (Wolfger?) aus <strong>de</strong>m Benediktinerkloster Prüfening in <strong>de</strong>n 40er-Jahren <strong>de</strong>s 12.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts verfasst und damit nur wenige Jahre nach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>s Protagonisten. Das Werk<br />

ist in zwei Bücher mit mehr als 37 bzw. 30 Kapiteln unterteilt. Der Anfang <strong>von</strong> Buch I ist nicht erhalten<br />

und wur<strong>de</strong> vom Editor <strong>de</strong>r Vita in <strong>de</strong>n Monumenta Germaniae Historica durch Ausführungen<br />

<strong>de</strong>s benediktinischen Gelehrten Johannes Trithemius (*1462-†1516) ergänzt. Dasselbe gilt<br />

für das En<strong>de</strong> <strong>von</strong> Buch II. Übersetzung: BUHLMANN.<br />

Aus <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>r Vita ergibt sich das Bild <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es und Bischofs <strong>Theoger</strong> und mithin<br />

eine Bewertung <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Charakter und Amtsführung. <strong>Theoger</strong>s Herkunft bleibt unklar.<br />

Die Vita ordnet <strong>Theoger</strong> <strong>de</strong>m ministerialischen, unfreien <strong>St</strong>and zu (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,20).<br />

Dem stehen seine hervorragen<strong>de</strong> Ausbildung, etwa bei Manegold <strong>von</strong> Lautenbach, und seine<br />

guten Kontakte zum lothringischen A<strong>de</strong>l entgegen. Eine spätmittelalterliche Überlieferung<br />

sieht <strong>Theoger</strong> gar als Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Grafen Folmar <strong>von</strong> Metz (†1107), <strong>de</strong>s <strong>St</strong>ifters <strong>de</strong>s Klosters<br />

Lixheim. Die klösterliche Laufbahn <strong>Theoger</strong>s beinhaltete seinen Aufstieg vom Mönch über<br />

<strong>de</strong>n Prior bis hin zum Priester und <strong>Abt</strong>. Sie resultierte wie seine Eignung zur Führung eines<br />

Klosters zweifelsohne aus seiner Bildung und seinem Charakter. Und so betont die Vita die<br />

Tugen<strong>de</strong>n <strong>Theoger</strong>s: Frömmigkeit, Keuschheit, Sittsamkeit, Aufrichtigkeit, Wohlwollen, Beschei<strong>de</strong>nheit,<br />

Geduld und Anstand bestimmten die asketische Lebensführung <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es und<br />

<strong>de</strong>ssen Heiligmäßigkeit. Dieser Tugendkatalog erscheint aber seltsam gestört durch <strong>de</strong>n<br />

Übereifer <strong>Theoger</strong>s sich selbst und an<strong>de</strong>ren gegenüber. Es ist <strong>de</strong>r <strong>St</strong>urz vom Pferd und die<br />

da<strong>von</strong>getragene Verletzung, die hier einen Wan<strong>de</strong>l bewirkt (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,14f). Ein<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 32


<strong>de</strong>mütiger <strong>Theoger</strong> tritt nun in Erscheinung, <strong>de</strong>r trotz allem die geistliche Amtsführung fest in<br />

<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n behält und <strong>de</strong>r auf weltliche Leistungen beim Aufbau <strong>de</strong>s Klosters verweisen<br />

kann. Mehr nebenher erfahren wir aus <strong>de</strong>r Vita vom Bau <strong>de</strong>r Klostergebäu<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r vom Ringen<br />

um die Einkünfte <strong>de</strong>r Mönche in <strong>de</strong>n frühen Jahren <strong>de</strong>r <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Kommunität (D.1.:<br />

Vita <strong>Theoger</strong>i, I,13 und 19). Die geistliche Amtsführung <strong>Theoger</strong>s offenbart sich am besten in<br />

seinen Beziehungen zu an<strong>de</strong>ren geistlichen Gemeinschaften. Allen voran sind die engen<br />

Verbindungen zu <strong>de</strong>n Frauen <strong>de</strong>s Klosters Amtenhausen zu nennen, die ausweisen, welch<br />

beeindrucken<strong>de</strong> und beherrschen<strong>de</strong> Gestalt <strong>Theoger</strong> gewesen sein muss. Nur dadurch war<br />

überhaupt <strong>de</strong>r Aufstieg <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>s zu einem Zentrum benediktinischen Reformmönchtums<br />

gegeben (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,25f und 28).<br />

An<strong>de</strong>rerseits be<strong>de</strong>uteten Macht und Ruhm, dass <strong>Theoger</strong> auch zu an<strong>de</strong>ren, ungeliebten<br />

Aufgaben herangezogen wur<strong>de</strong>. Und so vollzieht sich mit <strong>de</strong>m Wechsel vom ersten zum<br />

zweiten Buch <strong>de</strong>r Vita <strong>de</strong>r Übergang <strong>von</strong> einem agieren<strong>de</strong>n <strong>Abt</strong> zu einem lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Bischof.<br />

Es ist nicht nur das Alter, das <strong>Theoger</strong> lei<strong>de</strong>n lässt, es ist auch die Aufgabe <strong>de</strong>s monastischen<br />

Lebens, die mit <strong>de</strong>m Bistum Metz verbun<strong>de</strong>n war. So fällt <strong>de</strong>r Abschied <strong>von</strong> <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong> schwer, so fin<strong>de</strong>t sich am Schluss seines Lebens <strong>Theoger</strong> wie<strong>de</strong>r in einem Kloster:<br />

Cluny (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, II,24 und 30). <strong>Theoger</strong> als Bischof – das ist für Wolfger <strong>de</strong>r Heilige,<br />

<strong>de</strong>r ein apostolisches Leben führt. Es ist die imitatio Christi („Nachahmung Christi“), die<br />

<strong>Theoger</strong> seine missliche kirchenpolitische und persönliche Lage ertragen lässt. Darin liegt<br />

aber auch die Tragik dieses Menschen, dass er als Mönch und <strong>Abt</strong> sehr erfolgreich war, als<br />

Bischof aber gescheitert ist. Die päpstliche Partei, die ihn unbedingt als Bischof haben wollte,<br />

hat <strong>de</strong>n Klosterreformer nur unzureichend unterstützt.<br />

Ein Abschnitt <strong>de</strong>r <strong>Theoger</strong>vita befasst sich mit <strong>de</strong>r Musik (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i I,26). Erbo und<br />

Wolfger spielen hier sicher an auf das musiktheoretische Werk <strong>Theoger</strong>s, die Musica <strong>Theoger</strong>i.<br />

Die nur in Abschriften <strong>de</strong>r frühen Neuzeit überlieferte Schrift bezeugt das Interesse<br />

<strong>Theoger</strong>s an <strong>de</strong>n Artes liberales, an <strong>de</strong>n „sieben freien Künsten“. Die Musik war Teil dieses<br />

Fächerkanons, sie gehörte zum Quadrivium, <strong>de</strong>m mathematisch ausgerichteten „Vierweg“<br />

aus Arithmetik, Geometrie, Astronomie und eben Musik. Daneben gab es als Teil <strong>de</strong>r frühund<br />

hochmittelalterlichen Artes <strong>de</strong>n „Dreiweg“, das Trivium, mit <strong>de</strong>n Fächern Grammatik,<br />

Rhetorik und Dialektik. Dass <strong>Theoger</strong> sich mit <strong>de</strong>m Quadrivium beschäftigte, hängt sicher mit<br />

<strong>de</strong>m Einfluss <strong>Abt</strong> Wilhelms <strong>von</strong> Hirsau zusammen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m eine astronomische und eine<br />

musikalische Schrift bezeugt sind. Die Musik im früheren Mittelalter war dabei aufs stärkste<br />

mit <strong>de</strong>r kirchlichen Liturgie verbun<strong>de</strong>n, gesungen wur<strong>de</strong> auch und gera<strong>de</strong> in Klöstern und<br />

<strong>St</strong>iften zum Lobe Gottes. Bis zum 11./12. Jahrhun<strong>de</strong>rt trat neben <strong>de</strong>n einstimmingen Choral<br />

das mehrstimmige Singen, neue Formen <strong>de</strong>r Choralkomposition entstan<strong>de</strong>n. Untermauert<br />

wur<strong>de</strong> diese Entwicklung durch musiktheoretische Schriften, <strong>de</strong>n Schriften <strong>de</strong>s Philosophen<br />

Boethius (*475/80-†524), <strong>de</strong>r Musica enchiriadis (9. Jahrhun<strong>de</strong>rt, 2.Hälfte), <strong>de</strong>m Musiktraktat<br />

<strong>de</strong>s Guido <strong>von</strong> Arrezo (*ca.992-†n.1033).<br />

D.2. Quelle: Die musiktheoretische Schrift <strong>de</strong>s <strong>Theoger</strong> (ca.1080-1088)<br />

In seiner Einleitung zur Musica <strong>Theoger</strong>i bezieht sich <strong>Theoger</strong> auf seine „Vorgänger“ <strong>von</strong> Pythagoras<br />

(um 500 v.Chr.) bis Guido <strong>von</strong> Arezzo. Dann kommt er auf das Monochord zu sprechen<br />

und auf Töne und Tonleiter. Er entwickelt daraus die Lehre <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Tetrachor<strong>de</strong>n, <strong>von</strong> Quarte,<br />

Quinte und Oktave sowie <strong>von</strong> <strong>de</strong>n acht Kirchentonarten. Es bleibt noch zu sagen, dass <strong>Theoger</strong><br />

seine Musica wohl während seines Aufenthalts in Hirsau (und Reichenbach), also zwischen 1080<br />

und 1088, geschrieben haben muss.<br />

Überliefert in: GERBERTUS, M., Historia Nigrae Silvae ordinis Sancti Benedicti Coloniae, Bd.II, <strong>St</strong>.<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 33


Blasien 1784. Übersetzung: ZEGGERT, <strong>Theoger</strong>. – Martin Gerbert (†1793), <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. Blasien,<br />

hat die Musica <strong>Theoger</strong>i aus <strong>de</strong>r Überlieferung <strong>de</strong>r Benediktinerklöster <strong>St</strong>. Blasien, <strong>St</strong>. Peter<br />

im Schwarzwald und Tegernsee zusammengestellt und mit einem Vorwort versehen. Die „Musik<br />

<strong>Theoger</strong>s“ wur<strong>de</strong> in Latein verfasst.<br />

Wir erwähnen noch die Metzer Bistumsgeschichte u.a. <strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts, die zwar <strong>Theoger</strong><br />

nicht nennt, dafür aber <strong>de</strong>n Konflikt um Adalbero IV. und Bischof <strong>St</strong>ephan (1120-1163),<br />

<strong>Theoger</strong>s Nachfolger (Gesta episcoporum Mettensium, S.544).<br />

Das <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Kloster und <strong>Theoger</strong><br />

<strong>Theoger</strong>s Eintritt ins Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (1088) begann mit einem Missklang. Es ging um<br />

nichts weniger als die Selbstständigkeit <strong>de</strong>s <strong>de</strong>signierten <strong>Abt</strong>es <strong>Theoger</strong> und seiner zukünftigen<br />

Mönchsgemeinschaft vom Hirsauer <strong>Abt</strong> Wilhelm. So stan<strong>de</strong>n sich Wilhelm und <strong>de</strong>r Konstanzer<br />

Bischof Gebhard III. gegenüber, <strong>de</strong>r <strong>Abt</strong> entließ schließlich <strong>Theoger</strong> aus <strong>de</strong>r Gehorsamspflicht<br />

ihm gegenüber, <strong>de</strong>r Weihe <strong>Theoger</strong>s zum <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er <strong>Abt</strong> stand nun nichts<br />

mehr im Wege (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,12f).<br />

Wie erfolgreich <strong>Theoger</strong> als Klosterreformer eigentlich Hirsauer Politik weiterführte, erzählt<br />

uns die Vita, wenn sie <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Männer- und Frauenklöstern berichtet, die alsbald <strong>von</strong> <strong>Theoger</strong><br />

(neu) gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die sich <strong>de</strong>r <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Reform unterstellten (D.1.: Vita<br />

<strong>Theoger</strong>i, I,25f und 28). Auf die sog. <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Reform, die damit wesentlich auf <strong>Theoger</strong><br />

zurückging, gehen wir an<strong>de</strong>rer <strong>St</strong>elle ausführlich ein (Q.Tl.VIII), so dass hier ein Überblick<br />

reicht. Danach wandten sich zum Einen eine Anzahl <strong>von</strong> Klöstern an die in <strong>de</strong>r Klosterreform<br />

so erfolgreiche Mönchsgemeinschaft in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> und erbaten sich <strong>von</strong> <strong>Theoger</strong><br />

Mönche, die als Äbte Reformen durchführen sollten. Das bayerische Ottobeuren ist hier zu<br />

nennen, das mit <strong>de</strong>m „seligen“ Rupert (I.) einen <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Mönch als Klosterleiter bekam<br />

(1102), weiter das in <strong>de</strong>r <strong>St</strong>eiermark gelegene Kloster Admont, wo im Jahr 1115 <strong>de</strong>r Mönch<br />

Wolfhold aus <strong>de</strong>m Brigachkloster zum <strong>Abt</strong> bestimmt wur<strong>de</strong>. (Ihm sollte mit <strong>Abt</strong> Gottfried<br />

(1137-1165) ein weiterer Mönch aus <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> folgen.) Um 1110 wird das Klosterleben im<br />

elsässischen Hugshofen durch <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> erneuert, ein neuer (Reform-) <strong>Abt</strong> wird eingesetzt.<br />

Zumin<strong>de</strong>st durch <strong>Theoger</strong> beeinflusst war die Restitution <strong>de</strong>s <strong>Abt</strong>es Egino vom Augsburger<br />

Kloster <strong>St</strong>. Afra. Egino musste aus Augsburg fliehen und gelangte 1113 o<strong>de</strong>r 1115/16<br />

wie<strong>de</strong>r dorthin zurück. Wie schließlich die Reform im Kloster Gengenbach ausgesehen hat,<br />

die gegen 1117 <strong>von</strong> <strong>Theoger</strong> begonnen, aber wegen seiner Wahl zum Bischof nicht weitergeführt<br />

wur<strong>de</strong>, bleibt unklar (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,28).<br />

Zum an<strong>de</strong>ren unterstellten sich geistliche Kommunitäten direkt <strong>Theoger</strong> und <strong>de</strong>m <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>er Kloster in <strong>de</strong>r Seelsorge o<strong>de</strong>r als <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Besitz. Die Beziehungen <strong>de</strong>s<br />

Schwarzwaldklosters zu einigen Klöstern westlich <strong>de</strong>s Rheins resultierten daraus. Bei Lixheim<br />

war <strong>de</strong>r <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er <strong>Abt</strong> direkt an <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s Männerklosters beteiligt (1107).<br />

Für die Gemeinschaft <strong>von</strong> Nonnen in <strong>St</strong>. Marx verweist die Vita auf eine Wie<strong>de</strong>rgründung<br />

durch <strong>Theoger</strong> (um 1105) (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,28). Auch die Neugründung <strong>de</strong>s Krauftaler<br />

Frauenklosters soll auf <strong>Theoger</strong> zurückgehen, wie eine Metzer Bischofschronik aus <strong>de</strong>m 14.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt zu erzählen weiß. Dass die Frauenklöster zur Zeit <strong>Theoger</strong>s einen beson<strong>de</strong>ren<br />

<strong>St</strong>ellenwert besaßen, erkennen wir auch an <strong>de</strong>r um 1105 erfolgten Gründung <strong>de</strong>s Klosters<br />

Amtenhausen in <strong>de</strong>r Baar (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i, I,25f). Bzgl. <strong>St</strong>. Marx und Krauftal übte das <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong>er Kloster im 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt ein Aufsichtsrecht aus, Lixheim und Amtenhausen<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 34


waren Besitz <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Mönchsgemeinschaft.<br />

Daneben war das Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> wohl schon während <strong>de</strong>s Abbatiats <strong>Theoger</strong>s mit an<strong>de</strong>ren<br />

Gemeinschaften durch Gebetsverbrü<strong>de</strong>rungen verbun<strong>de</strong>n, d.h. man gedachte in Gebet<br />

und Liturgie auch <strong>de</strong>r verstorbenen Mönche aus <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>rklöstern. Ein Nekrologfragment<br />

<strong>von</strong> <strong>St</strong>. Blasien im Südschwarzwald spricht aus, dass man sich hinsichtlich <strong>de</strong>r Gebetsverbrü<strong>de</strong>rung<br />

mit <strong>de</strong>n Mönchen in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> genauso verhalten solle wie bei <strong>de</strong>n Hirsauer<br />

Mönchen. Schließlich war <strong>Theoger</strong> und mit ihm sein Kloster im Netzwerk <strong>de</strong>r Kirchenreformer<br />

vertreten, etwa bei <strong>de</strong>n zwei „Äbtekonferenzen“ in <strong>St</strong>. Peter im Schwarzwald anlässlich<br />

<strong>de</strong>r Weihen <strong>de</strong>r Klosterkirche (1093, 1113) (Q.Tl.VIII; Q.Tl.IX).<br />

Die herausragen<strong>de</strong> Außenwirkung <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>s hatte eine stabile Grundlage im Klosterleben<br />

seiner Mönche. Mönche und Laienbrü<strong>de</strong>r waren vereint in Arbeit und Gebet. Die <strong>von</strong><br />

Hirsau übernommenen „Gewohnheiten“ (consuetudines), eine Art Ausführungsbestimmungen<br />

zur Regel <strong>de</strong>s heiligen Benedikt <strong>von</strong> Nursia (*ca.480-†547), die <strong>von</strong> Kloster zu Kloster<br />

variieren konnten, ordneten <strong>de</strong>n Tagesablauf zwischen Messe, Gebet, Ge<strong>de</strong>nken und Arbeit,<br />

bestimmten das Verhalten in Refektorium und Dormitorium (Speise-, Schlafsaal), äußerten<br />

sich zu <strong>de</strong>n Baulichkeiten <strong>de</strong>s Klosters o<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Klosterämtern. Hirsauer Klöster hatten<br />

als Zweiten nach <strong>de</strong>m <strong>Abt</strong> – gemäß <strong>de</strong>m Vorbild Cluny – einen Prior, und so fin<strong>de</strong>n wir auch<br />

<strong>de</strong>n Prior als <strong>St</strong>ellvertreter in <strong>de</strong>r Klosterleitung auch in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> bzw. in <strong>de</strong>n <strong>von</strong> <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong> abhängigen Klöstern, <strong>de</strong>n sog. Prioraten. Dass die consuetudines weitergegeben<br />

wur<strong>de</strong>n, versteht sich fast <strong>von</strong> selbst, und so besaß Admont durch <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Vermittlung<br />

die Hirsauer „Gewohnheiten“.<br />

Auch die rechtliche Lage <strong>de</strong>s Klosters war gesichert. <strong>Theoger</strong> gelang die Privilegierung <strong>de</strong>s<br />

<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Klosters durch Papsttum und Königtum. Den Anfang machte die Urkun<strong>de</strong><br />

Papst Urbans II. vom 8. März 1095 – <strong>de</strong>r Klostergrün<strong>de</strong>r Hesso (†1113/14) war an <strong>de</strong>r Ausstellung<br />

<strong>de</strong>s Privilegs maßgeblich beteiligt. In <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> wird <strong>de</strong>m Schwarzwaldkloster die<br />

libertas Romana, die „römische Freiheit“ bei Unterstellung unter das Papsttum, freier <strong>Abt</strong>sund<br />

Vogtwahl gewährt. Das Privileg Papst Paschalis’ II. vom 2. November 1105 wie<strong>de</strong>rholt<br />

die Bestimmungen <strong>de</strong>r ersten Papsturkun<strong>de</strong>. In zwei Königsurkun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Herrschers<br />

Heinrich V. vom 28. Januar 1108 und 16. Juli 1112 ging es auch um <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s<br />

Klosters Lixheim (vor<strong>de</strong>re Umschlagseite; Q.Tl.IV; Q.Tl.V).<br />

Was nun die wirtschaftliche Lage anbetraf, so wird diese sich unter <strong>de</strong>m langen Abbatiat<br />

<strong>Theoger</strong>s durch Schenkungen und an<strong>de</strong>ren Besitzerwerb entschei<strong>de</strong>nd verbessert haben.<br />

Die Grundherrschaft <strong>de</strong>s Klosters wuchs als Resultat einer erfolgreichen und anerkannten<br />

Reformpolitik auch gegen Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> wie etwa die <strong>de</strong>r Bauern <strong>von</strong> Aasen (D.1.: Vita <strong>Theoger</strong>i,<br />

I,16). Nicht zuletzt <strong>de</strong>r unter <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> angelegte <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Gründungsbericht<br />

(Notitiae fundationis et traditionum monasterii S. Georgii) belegt <strong>de</strong>n Zugewinn an Gütern<br />

und Rechten gera<strong>de</strong> zwischen 1088 und 1095 (Q.Tl.II: C.2.: Notitiae, c.42-46, 50-108;<br />

Q.Tl.VI).<br />

Unterstützung fand <strong>Theoger</strong> sicher auch bei <strong>de</strong>n Klostervögten, <strong>de</strong>n Schutzherren <strong>de</strong>r<br />

Mönchsgemeinschaft. Vogt Hermann (1088-1094) war <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s Klostergrün<strong>de</strong>rs Hezelo<br />

(†1088) und <strong>von</strong> daher am Erfolg <strong>de</strong>s Klosters an <strong>de</strong>r Brigach interessiert. Die Ermordung<br />

Hermanns auf <strong>de</strong>r Reichenau am 25. September 1094 – <strong>de</strong>r Sohn Hezelos war auch Vogt<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nseeklosters – be<strong>de</strong>utete sicher auch für<strong>Theoger</strong> eine Zäsur, zumal nach <strong>de</strong>m Tod<br />

Hermanns <strong>de</strong>ssen Witwe Helica Ulrich <strong>von</strong> Hirrlingen (†1123) heiratete, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum nach<br />

<strong>de</strong>rem Tod (um 1111) Ansprüche auf <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Besitzungen erhob. <strong>Theoger</strong> fand gegen<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 35


diese Ansprüche Unterstützung bei Herzog Berthold II. <strong>von</strong> Zähringen, die Zähringer sind<br />

spätestens 1114 <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Klostervögte gewor<strong>de</strong>n. Ebenfalls griff Berthold als Beschützer<br />

<strong>de</strong>s Klosters gegen die Aasener Bauern ein, die wir eben erwähnt haben (1094/95;<br />

Q.Tl.II: C.2.: Notitiae, c.47ff; Q.Tl.VI).<br />

Mit o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Weggang <strong>Theoger</strong>s aus <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> ist <strong>Abt</strong> Werner I. <strong>von</strong> Zimmern<br />

(1119-1134) <strong>de</strong>ssen Nachfolger gewor<strong>de</strong>n. Ob dies mit Zustimmung <strong>Theoger</strong>s geschah, mag<br />

im Lichte <strong>de</strong>r <strong>Theoger</strong>vita zweifelhaft erscheinen. Denn nicht Erbo, <strong>de</strong>r Prior in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

und Lieblingsschüler <strong>Theoger</strong>s, trat die Nachfolge an. Erbo blieb auch nicht in <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> –<br />

auch dies vielleicht ein Hinweis auf Spannungen -, son<strong>de</strong>rn wur<strong>de</strong> – wie oft erwähnt – <strong>Abt</strong> in<br />

Prüfening. Dazu vermel<strong>de</strong>t das „Prüfeninger Ge<strong>de</strong>nkbüchlein“: „Der durch viele Tugen<strong>de</strong>n<br />

berühmte [<strong>Abt</strong> Erminold <strong>von</strong> Prüfening] starb im Jahr <strong>de</strong>s Herrn 1121 an <strong>de</strong>n 8. I<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Januar, am Epiphaniastag [6. Januar], und ist <strong>von</strong> <strong>de</strong>m ehrwürdigen Regensburger Bischof<br />

Hartwig [I.; 1105-1126] in <strong>de</strong>r Kirche vor <strong>de</strong>m Heiligkreuzaltar, einem seinen Verdiensten<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Ort, beerdigt wor<strong>de</strong>n. Er hatte in <strong>de</strong>m ehrwürdigsten Mann Erbo, <strong>de</strong>m Prior<br />

<strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, das im Schwarzwald liegt, einen Nachfolger. Diesen weihte Bischof<br />

Hartwig an <strong>de</strong>n 12. Kalen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s August [21. Juli] zum <strong>Abt</strong>.“ (Ex libello memoriali Pruveningensi,<br />

S.1076).<br />

Wie die <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Mönche nach <strong>Theoger</strong>s Weggang bzw. Tod ihren großen <strong>Abt</strong> im Gedächtnis<br />

behalten haben, ist uns auf Grund <strong>de</strong>r Überlieferungslage nicht bekannt. Lediglich<br />

ein Hinweis auf <strong>Theoger</strong> fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Annalen: „1119. <strong>Abt</strong> Werner [I.]<br />

wur<strong>de</strong> gewählt. <strong>Theoger</strong> Bischof <strong>von</strong> Metz und <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>.“ (Q.Tl.I: B.1.: Annalen<br />

zu 1119).<br />

Der Tod <strong>Theoger</strong>s<br />

Wie aus <strong>de</strong>n Hirsauer Annalen <strong>de</strong>s Johannes Trithemius als beigefügtem Zusatz <strong>de</strong>r <strong>Theoger</strong>vita<br />

hervorgeht, ist <strong>Theoger</strong> am 29. April 1120 in Cluny gestorben. In <strong>de</strong>r dortigen Peterskirche<br />

wur<strong>de</strong> er auch beigesetzt. Seltsamerweise hat <strong>de</strong>r Tod eines solch be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n <strong>St</strong>reiters<br />

für Kirchenreform und päpstliche Partei in <strong>de</strong>r damaligen Zeit wenig Resonanz hervorgerufen.<br />

Und so besitzen wir nur eine Hand voll Nachrichten über das Ableben <strong>Theoger</strong>s.<br />

D.3. Quelle: Tod <strong>de</strong>s Metzer Bischofs <strong>Theoger</strong> (1120 [April 29])<br />

Der Historiograf Ekkehard <strong>von</strong> Aura (†n.1125) stellt in seiner Weltchronik zum Jahr 1120 <strong>de</strong>n Tod<br />

<strong>de</strong>s (sächsischen) Pfalzgrafen Friedrich I. (1088-1120) und <strong>de</strong>ssen Abstieg zum „Ort <strong>de</strong>r <strong>St</strong>rafe“,<br />

also zur Hölle, <strong>de</strong>m Tod <strong>Theoger</strong>s gegenüber, <strong>de</strong>r „Ruhe im Herrn“ fand. Auch hier greift <strong>de</strong>r Gegensatz<br />

zwischen kirchlicher und kaiserlicher Partei im Investiturstreit. Ekkehard schil<strong>de</strong>rt <strong>Theoger</strong><br />

als einen zu Unrecht Verfolgten, als gebil<strong>de</strong>ten Mann, <strong>de</strong>r ein heiligmäßiges Leben führte.<br />

Edition: Ekkehardi Uraugiensis Chronica zu 1120, S.256. Edition/Übersetzung: Ekkehard <strong>von</strong> Aura,<br />

Chronik zu 1120 = (SCHMALE, SCHMALE-OTT), Frutolfs und Ekkehards Chroniken, S.346f. – Die<br />

lateinische Weltchronik <strong>de</strong>s Ekkehard entstand in Fortsetzung <strong>de</strong>r Chronik <strong>de</strong>s Mönches Frutolf<br />

<strong>von</strong> Michelsberg (in Bamberg) (†1103) und berichtet ziemlich zeitgleich <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Ereignissen.<br />

Drei weitere zeitnahe Quellen beleuchten <strong>de</strong>n Tod <strong>Theoger</strong>s. Die Annalen <strong>de</strong>s Klosters Disibo<strong>de</strong>nberg<br />

(bei Bingen) erwähnen kurz: „1120. Es starb <strong>de</strong>r Metzer Bischof <strong>Theoger</strong>.“ Es ist<br />

dies <strong>de</strong>r einzige Eintrag zum Jahr 1120 in diesem Annalenwerk (Annales sancti Disibodi,<br />

S.23). Zwei Nekrologeinträge befassen sich noch mit <strong>Theoger</strong>. Im Nekrolog <strong>de</strong>s Klosters<br />

Ottobeuren heißt es: „3. Kalen<strong>de</strong>n [<strong>de</strong>s Mai; 29. April]. Bischof <strong>Theoger</strong>“ (Necrologium Ottenburanum,<br />

S.106), im Nekrolog <strong>de</strong>s schwäbischen Klosters Zwiefalten lautet <strong>de</strong>r Eintrag<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 36


ebenfalls: „3. Kalen<strong>de</strong>n [<strong>de</strong>s Mai]. Bischof <strong>Theoger</strong>“ (Necrologium Zwifaltense, S.251). Bei<strong>de</strong><br />

Totenbücher geben also <strong>de</strong>n 29. April (1120) als To<strong>de</strong>stag <strong>de</strong>s Bischofs <strong>Theoger</strong> an, sie<br />

erwähnen aber nicht, dass <strong>Theoger</strong> auch <strong>Abt</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> gewesen war.<br />

Damit sind unsere Nachrichten zu <strong>Theoger</strong> erschöpft. Einiges da<strong>von</strong> stammt – wie wir gesehen<br />

haben - aus <strong>de</strong>r Überlieferung <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>: eine dürftige Mitteilung aus <strong>de</strong>n<br />

<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Annalen (Q.Tl.I: B.1: Annalen zu 1119), <strong>de</strong>r <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>er Gründungsbericht<br />

(Q.Tl.I: C.2: Notitiae), die Papst- und Königsurkun<strong>de</strong>n (Q.Tl.IV; Q.Tl.V). Die für das Leben<br />

<strong>Theoger</strong>s wichtigste Quelle ist in<strong>de</strong>s die Lebensbeschreibung aus <strong>de</strong>m bayerischen Kloster<br />

Prüfening. Erst dank ihr erhalten wir einen wenn auch hagiografischen Einblick in die Person<br />

<strong>Theoger</strong>s, die vielleicht nicht heilig, aber gewiss außergewöhnlich gewesen war.<br />

Literaturverzeichnis<br />

Abkürzungen<br />

*, †, ∞ = geboren, gestorben, verheiratet<br />

(…) = ca., um (bei eingeklammerten Jahreszahlen)<br />

ADB = Allgemeine <strong>de</strong>utsche Biographie<br />

ArchKGElsaß = Archiv für elsässische Kirchengeschichte<br />

B. = Bischof<br />

Bd. = Band<br />

BW = Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />

EdG = Enzyklopädie <strong>de</strong>utscher Geschichte<br />

Erg. = Ergänzungsf,<br />

ff = folgen<strong>de</strong> Seite, folgen<strong>de</strong> Seiten<br />

FOLG = Forschungen zur oberrheinischen Lan<strong>de</strong>sgeschichte<br />

FSGA = Freiherr vom <strong>St</strong>ein-Gedächtnisausgabe. Reihe A (Mittelalter)<br />

H. = Heft<br />

HbBWG 1,1 = Handbuch <strong>de</strong>r ba<strong>de</strong>n-württembergischen Geschichte, Bd.1, Tl.1<br />

hg., Hg. = herausgegeben, Herausgeber<br />

LexMA = Lexikon <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

MGH SS = Monumenta Germaniae Historica. Scriptores (in Folio)<br />

NDB = Neue <strong>de</strong>utsche Biographie<br />

Ndr = Nachdruck<br />

OGG = Ol<strong>de</strong>nbourg Grundriss <strong>de</strong>r Geschichte<br />

Q.Tl.(Nr.) = Quellen zur mittelalterlichen Geschichte <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>s, Teil (Nr.)<br />

Q.Tl.I = BUHLMANN, <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> und Südwest<strong>de</strong>utschland bis zum Mittelalter<br />

Q.Tl.II = BUHLMANN, Gründung und Anfänge <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong><br />

Q.Tl.IV = BUHLMANN, M., Die Päpste in ihren Beziehungen zum mittelalterlichen Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> (=<br />

Q.Tl.IV = VA N.N.) [i.Vorb.]<br />

Q.Tl.V = BUHLMANN, M., Die <strong>de</strong>utschen Könige in ihren Beziehungen zum mittelalterlichen Kloster <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong> (= Q.Tl.IV = VA N.N.) [i.Vorb.]<br />

Q.Tl.VIII = BUHLMANN, M., <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> als Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums (= Q.Tl.VIII<br />

= VA N.N.) [i.Vorb.]<br />

Q.Tl.IX = BUHLMANN, M., Die vom Kloster <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> abhängigen geistlichen Gemeinschaften (=<br />

Q.Tl.IX = VA N.N.) [i.Vorb.]<br />

Tb = Taschenbuch<br />

Tl. = Teil<br />

übers. = übersetzt<br />

VerVS = Veröffentlichungen <strong>de</strong>s <strong>St</strong>adtarchivs und <strong>de</strong>r städtischen Museen Villingen-Schwenningen<br />

Vita <strong>Theoger</strong>i = Vita <strong>Theoger</strong>i abbatis S. Georgii et episcopi Mettensis<br />

VuF = Vorträge und Forschungen<br />

ZGO = Zeitschrift für die Geschichte <strong>de</strong>s Oberrheins<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 37


Gedruckte Quellen und Übersetzungen<br />

Annales sancti Disibodi, hg. v. G. WAITZ, in: MGH SS 17, S.4-30<br />

Ekkehardi Uraugiensis Chronica, hg. v. G. WAITZ, in: MGH SS 6, S.1-267<br />

Ex libello memoriali Pruveningensi, hg. v. O. HOLDER-EGGER, in: MGH SS 15,2, S.1075f<br />

Frutolfs und Ekkehards Chroniken und die anonyme Kaiserchronik, übers. v. F.-J. SCHMALE u. I.<br />

SCHMALE-OTT (= FSGA A 15), Darmstadt 1972<br />

Gesta episcoporum Mettensium, hg. v. G. WAITZ, in: MGH SS 10, S.531-551<br />

Monumenta Germaniae Historica. Necrologia Germaniae<br />

Bd.1: Dioeceses Augustensis, Constantiensis, Curiensis, hg. v. F.L. BAUMANN, 1888, Ndr München<br />

2002<br />

Monumenta Germaniae Historica. Scriptores (in Folio)<br />

Bd.6: [Annales et chronica aevi Salici], hg. v. G.H. PERTZ, 1844, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1963<br />

Bd.10: [Annales et chronica aevi Salici. Vitae aevi Carolini et Saxonici], hg. v. G.H. PERTZ, 1852, Ndr<br />

<strong>St</strong>uttgart 1987<br />

Bd.12: [Historiae aevi Salici], hg. v. G.H. PERTZ u.a., 1866, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1968<br />

Bd.15,2: [Supplementa tomorum I-XII, pars III. Supplementum tomi XIII], hg. v. G. WAITZ u.a., 1888,<br />

Ndr <strong>St</strong>uttgart-New York 1963<br />

Bd.17: [Annales aevi Suevici], hg. v. G.H. PERTZ, 1861, Ndr <strong>St</strong>uttgart-New York 1963<br />

Necrologium Ottenburanum, in: MGH Necrol. I, S.99-118<br />

Necrologium Zwifaltense, in: MGH Necrol. I, S.240-268<br />

Notitiae fundationis et traditionum monasterii S. Georgii in Nigra Silva, hg. v. O. HOLDER-EGGER, in:<br />

MGH SS 15,2, S.1005-1023<br />

Die Prüfeninger Vita Bischof Ottos I. <strong>von</strong> Bamberg, hg. v. J. PETERSOHN (= MGH SSrG 71), Hannover<br />

1999<br />

[Publius] Vergil[ius Maro], Aeneis. Epos in zwölf Gesängen, hg. v. W. PLANKL (= RUB 221), 1989, Ndr<br />

<strong>St</strong>uttgart 2002<br />

Vita <strong>Theoger</strong>i abbatis S. Georgii et episcopi Mettensis, hg. v. P. JAFFÉ, in: SS 12, S.449-479<br />

ZEGGERT, G., <strong>Theoger</strong> (Dietger <strong>von</strong> Metz). <strong>Abt</strong> <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> im Schwarzwald in <strong>de</strong>n Jahren<br />

1088-1118, o.O. [1954]<br />

Darstellungen<br />

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Die Benediktinerklöster in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, bearb. v. F. QUARTHAL (= Germania Benedictina,<br />

Bd.5), Ottobeuren 1976<br />

Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Österreich und Südtirol, bearb. v. U. FAUST u. W.<br />

KRASSNIG (= Germania Benedictina, Bd.3), Tl.1: Admont - Göttweig, <strong>St</strong>. Ottilien 2000<br />

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BUHLMANN, M., <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> und Südwest<strong>de</strong>utschland bis zum Mittelalter (= Q.Tl.I = VA 2), <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong> 2002<br />

BUHLMANN, M., Gründung und Anfänge <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> im Schwarzwald (= Q.Tl.II = VA 3),<br />

<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 2002<br />

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S.163<br />

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Dietger (<strong>Theoger</strong>), bearb. v. M. PARISSE, in: LexMA, Bd.3, Sp.1013f<br />

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Hagiographie, bearb. v. C. LEONARDI u.a., in: LexMA, Bd.4, Sp.1840-1862<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 38


Hirsau, bearb. v. K. SCHREINER, in: Benediktinerklöster in BW, S.281-303<br />

Jahrbücher <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Reiches<br />

MEYER VON KNONAU, G., Jahrbücher <strong>de</strong>s Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V.: Bd.VI:<br />

1106-1116, 1907, Ndr Berlin 1965, Bd.VII: 1116-1125, 1909, Ndr Berlin 1965<br />

KALCHSCHMIDT, K.T., Geschichte <strong>de</strong>s Klosters, <strong>de</strong>r <strong>St</strong>adt und <strong>de</strong>s Kirchspiels <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> auf <strong>de</strong>m<br />

badischen Schwarzwald, 1895, Ndr Villingen-Schwenningen 1988<br />

Klosterreichenbach, bearb. v. K. SCHREINER, in: Benediktinerklöster in BW, S.336-344<br />

Lexikon <strong>de</strong>s Mittelalters<br />

Bd.1: Aachen - Bettelor<strong>de</strong>nskirchen, 1980, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1999<br />

Bd.3: Co<strong>de</strong>x Wintonensis - Erziehungs- und Bildungswesen, 1986, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1999<br />

Bd.4: Erzkanzler - Hid<strong>de</strong>nsee, 1989, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1999<br />

Bd.6: Lukasbil<strong>de</strong>r - Platagenét, 1993, Ndr <strong>St</strong>uttgart 1999<br />

MARTINI, E.C., Geschichte <strong>de</strong>s Klosters und <strong>de</strong>r Pfarrei <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> auf <strong>de</strong>m Schwarzwald. Ein historischer<br />

Versuch, 1859, Ndr Villingen 1979<br />

Musik, bearb v. M. BERNHARD, in: LexMA, Bd.6, Sp.948-955<br />

NAHMER, D. VON DER, Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie (=<br />

Einführungen), Darmstadt 1994<br />

Neue <strong>de</strong>utsche Biographie, 20 B<strong>de</strong>., hg. v.d. Historischen Kommission b.d. Bayerischen Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaften, Berlin 1953-2001<br />

900 Jahre <strong>St</strong>adt <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> im Schwarzwald 1084-1984. Festschrift, hg. v.d. <strong>St</strong>adt <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, <strong>St</strong>.<br />

<strong>Georgen</strong> 1984<br />

<strong>St</strong>. Peter, bearb. v. W. MÜLLER, in: Benediktinerklöster in BW, S.475-483<br />

SCHMID, K., Die Gründung <strong>von</strong> <strong>St</strong>. Peter im Zeithorizont <strong>de</strong>s mittleren Investiturstreits, in: MÜHLEISEN,<br />

H.-O., OTT, H., ZOTZ, T. (Hg.), Das Kloster <strong>St</strong>. Peter auf <strong>de</strong>m Schwarzwald. <strong>St</strong>udien zu seiner Geschichte<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Gründung im 11. Jahrhun<strong>de</strong>rt bis zur frühen Neuzeit (= Veröffentlichungen <strong>de</strong>s A-<br />

lemannischen Instituts Freiburg i.Br., Nr.68), Waldkirch 2001, S.33-50<br />

WOLLASCH, H.-J., Die Anfänge <strong>de</strong>s Klosters <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> im Schwarzwald. Zur Ausbildung <strong>de</strong>r geschichtlichen<br />

Eigenart eines Klosters innerhalb <strong>de</strong>r Hirsauer Reform (= Forschungen zur oberrheinischen<br />

Lan<strong>de</strong>sgeschichte, Bd.14), Freiburg i.Br. 1964<br />

WOLLASCH, H.-J., Die Benediktinerabtei <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> im Schwarzwald und ihre Beziehungen zu Klöstern<br />

westlich <strong>de</strong>s Rheins, in: 900 Jahre <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, S.45-61<br />

WOLLASCH, H.-J. (Bearb.), <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, in: Benediktinerklöster in BW, S.242-253<br />

WOLLASCH, J., Cluny, Licht <strong>de</strong>r Welt. Aufstieg und Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>r klösterlichen Gemeinschaft, Zürich<br />

1996<br />

Text aus: Vertex Alemanniae. Schriftenreihe <strong>de</strong>s Vereins für Heimatgeschichte <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong>, Heft 7,<br />

<strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 2004<br />

<strong>Michael</strong> Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Theoger</strong> <strong>von</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgen</strong> 39

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