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Die Stufe 145

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die Mehrheit hat, hatte zuvor jedem Swazi als Entschädigung<br />

umgerechnet 10 Cent angeboten.<br />

Für viele Südafrikaner stehen die neuen Fußballstadien als<br />

Symbol für Vergeudung dringend benötigter Mittel. Johannesburgs<br />

Stadtrat hat wegen Überschreitung der Baukosten seinen<br />

Haushalt um 90 Millionen Euro gekürzt.<br />

Über 90 Prozent ihrer Einnahmen bezieht die FIFA aus<br />

Sponsorengeldern. <strong>Die</strong> Sponsoren fordern Sperrzonen um<br />

Stadien und Fanmeilen und setzen ihre Rechte rücksichtslos<br />

durch. <strong>Die</strong> FIFA versprach, gegen „Eventpiraten“ vorzugehen,<br />

Schwierige WM-Gastgeber<br />

<strong>Die</strong> Frage nach der politischen Korrektheit eines ausrichtenden<br />

Landes stellte sich in der Vergangenheit mehrmals.<br />

Das faschistische Mussolini-Regime benutzte die<br />

WM 1934 als propagandistische Bühne für den Faschismus.<br />

Zugleich war diese WM von Bestechungsvorwürfen<br />

überschattet. Italiens Sieg soll durch die Unterstützung<br />

mehrerer Schiedsrichter zustande gekommen sein.<br />

Deutschland galt als Favorit, die WM 1942 auszurichten.<br />

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ersparte dem<br />

Weltfußball den erneuten politischen Missbrauch des<br />

Sports durch die Nazis.<br />

Auch Argentinien war 1978 ein schwieriger Gastgeber.<br />

Zwei Jahre zuvor putschte sich eine Militärjunta unter<br />

General Videla an die Macht und überzog das Land mit<br />

Mord, Folter und Entführungen von Regimegegnern.<br />

<strong>Die</strong> FIFA hatte bereits 1966 die WM an Argentinien<br />

vergeben, konnte oder wollte sich jedoch nicht dazu<br />

durchringen, Argentinien die WM zu entziehen und in<br />

einem anderen Land auszutragen. Chile und Brasilien,<br />

die bereits eine WM ausgerichtet hatten, unterstanden zu<br />

dieser Zeit ebenfalls einer Militärdiktatur. Dem damaligen<br />

FIFA-Präsidenten Joao Havelange wurden hervorragende<br />

Kontakte zu den Machthabern sowohl in Argentinien als<br />

auch in Brasilien nachgesagt.<br />

1966 vergab die FIFA die Weltmeisterschaft 1982 an<br />

Spanien, das zum Zeitpunkt der Vergabe noch von der<br />

Militärdiktatur General Francos beherrscht wurde.<br />

1974 bekam Kolumbien die Weltmeisterschaft 1986<br />

zugesprochen. In den Folgejahren litt das Land innenpolitisch<br />

immer mehr unter der Gewalt von Drogenkartellen<br />

und mehrerer paramilitärischer Guerillabewegungen.<br />

Nachdem die FIFA das Teilnehmerfeld von 16 auf 24<br />

Mannschaften erhöht hatte, musste Kolumbien endgültig<br />

zugunsten Mexikos absagen.<br />

Jubelnde südafrikanische Kinder: Kann die WM halten was sie verspricht?<br />

die versuchen, „Profit aus einem Ereignis zu erzielen, zu dem<br />

sie nichts beigetragen haben.“ <strong>Die</strong>se sogenannten Eventpiraten<br />

sind zehntausende meist arme Straßenhändler, von deren Einkommen<br />

das Überleben ihrer Familien abhängt. <strong>Die</strong> Kampagne<br />

gegen Vertreibung sagte, dass "das Leben kleiner Unternehmen<br />

und Straßenhändler in Südafrika durch diese WM zerstört würde.<br />

Wenn wir nicht berechtigt sind, in der Nähe von Stadien,<br />

Fanmeilen und anderen touristischen Gebieten zu handeln, wie<br />

können wir vom Tourismus profitieren?" So wurden bereits in<br />

der Bauphase der Stadien billige Straßenküchen, welche die<br />

Bauarbeiter versorgten, durch teure Catering-Firmen ersetzt.<br />

<strong>Die</strong> meisten der ungefähr 40000 Arbeitsplätze, darunter die<br />

der Bauarbeiter, sind zeitlich befristet. Durch häufige Streiks<br />

konnten sie Zugeständnisse in Arbeitssicherheit und Bezahlung<br />

erreichen. Viele Bauarbeiter sind bereits wieder entlassen und<br />

ohne Arbeit.<br />

Trotzdem werden die meisten derer, die die Stadien errichteten,<br />

sich keine Eintrittskarten leisten können. Einem Wochenlohn<br />

von ca. 60 Euro stehen Ticketpreise zwischen 60 und 700 Euro,<br />

ungefähr doppelt so hoch wie 2006 in Deutschland, gegenüber.<br />

Dass der gute Ruf der WM und der Kartenvorverkauf der WM<br />

hinter den Erwartungen zurückbleibt, hat mittlerweile auch<br />

die FIFA eingeräumt. Sie vergab daraufhin Kontingente stark<br />

vergünstigt oder gratis an Gewerkschaften und gemeinnützige<br />

Organisationen.<br />

In ihrem Programm Football for Hope verpflichtet sich die<br />

FIFA zu umfassender sozialer Verantwortung gegenüber Kindern<br />

und Jugendlichen. Dennoch kommt die brasilianische UN-<br />

Sonderberichterstatterin Raquel Rolnik zu dem Schluss, dass die<br />

© Heinz-Josef Lücking<br />

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