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Layout 2004/2005 A4quer - Gymnasium Liestal

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38<br />

Schwerpunktthema Zusammenarbeit<br />

«Weshalb betrachten wir eigentlich sonst immer alles separat?»<br />

Fächerübergreifender Unterricht als Aufbruch in pädagogisches Neuland<br />

Kaum eine Forderung des neuen Maturitätsreglements<br />

stösst auf so viel Ratlosigkeit wie die in § 5 eingeforderte<br />

«Übung im vernetzten Denken». Der<br />

Anspruch stellt das <strong>Gymnasium</strong> vor die Aufgabe,<br />

einerseits Spezialisierung aufzubauen, diese aber<br />

zugleich im Hinblick auf eine Verständigung unter<br />

den Fächern zu überwinden. Ein Spagat, der schwer<br />

zu meistern ist.<br />

Das Fachlehrersystem, ein nach Fächern<br />

geordneter Lehr- und Stundenplan, bis<br />

hin zu den Prüfungsreglementen stellen<br />

ihm beträchtliche Hindernisse entgegen.<br />

Dennoch wäre fächerübergreifendes<br />

Lernen dringlich: Blicken wir über die<br />

Schule hinaus, so erkennen wir, dass es oft<br />

gerade die Fragen jenseits der Fachfragen<br />

sind, die die Lebens- und Berufswelt<br />

bedrängen. Hunger, Umweltzerstörung,<br />

Drogen, Seuchen, Terror und Krieg, die<br />

grossen Herausforderungen unserer Zeit,<br />

tun uns nicht den Gefallen, sich nach<br />

der Ordnung wissenschaftlicher oder<br />

schulischer Fächer zu richten. Das neue<br />

Maturitätsreglement fordert deshalb mit<br />

Recht, dass das <strong>Gymnasium</strong> «vernetztes<br />

Denken» schule.<br />

Doch wie anstellen? Eine Gruppe von<br />

27 Lehrpersonen an unserer Schule<br />

hat im vergangenen Jahr eine bunte<br />

Vielfalt fächerübergreifender Vorhaben<br />

in Angriff genommen. Diese gedeihen<br />

gleichsam in den Ritzen unseres nach<br />

Fächern geordneten Bildungsgebäudes.<br />

So macht etwa Blockunterricht während<br />

der mündlichen Matur Teamteaching<br />

möglich. Aber auch die Koordination<br />

verwandter Inhalte im Fachunterricht<br />

(etwa in den historischen Fächern) bietet<br />

Chancen, Lernenden Verbindungen und<br />

Zusammenhänge zwischen den Fächern<br />

aufzuzeigen. Eine gemeinsame Leitfrage,<br />

eine gemeinsame Einführungslektion und,<br />

nach fachgetrenntem Unterricht, eine<br />

abschliessende Synthesedoppelstunde<br />

vermögen, auch im Fachkorsett des<br />

Stundenplans, erstaunliche Ergebnisse<br />

zu erbringen. Zweifellos: Der zeitliche<br />

Aufwand, eine fächerübergreifende<br />

Unterrichtseinheit zu entwickeln, ist<br />

gross, entspricht leicht dem Zweifachen<br />

des Fachunterrichts. Fächerübergreifendes<br />

Unterrichten bedeutet Pionierarbeit in<br />

einem lehrmittelarmen Brachland, das<br />

dennoch im Bereich des Lehrplans liegt.<br />

Biologie und Mathematik<br />

Was heisst nun fächerübergreifender<br />

Unterricht auf der Ebene der Inhalte? Ich<br />

will dies an zwei Beispielen aus dem letzten<br />

Schuljahr illustrieren.<br />

In der Klasse 1A haben sich Mathematik<br />

(M. Erdin) und Biologie (M. Obrist) zum<br />

Thema Symmetrien verbunden. Zunächst<br />

wurden im fächergetrennten Unterricht<br />

Grundlagen erarbeitet. In der Mathematik<br />

lernten die Schüler/-innen Symmetrien<br />

und Symmetriegruppen, goldenen Schnitt<br />

und goldenen Winkel kennen. Zeitgleich<br />

behandelte Biologie das Thema Symmetrie<br />

im Lichte biologischer Mechanismen der<br />

Musterbildung (Fellzeichnung, Blattstellung,<br />

Bienenwaben) aus evolutiver<br />

Sicht. Die Übertragung von Wissen vom<br />

einen in das andere Fach erwies sich<br />

nun auf mehreren Ebenen als fruchtbar.<br />

Einerseits gewann die Mathematik in der<br />

Biologie ein wertvolles Anschauungsfeld<br />

(das ihr gewöhnlich eher im Fach Physik<br />

zukommt). So tat sich für die Mathematik<br />

die Aussicht auf, biologische Vorgänge zu<br />

simulieren und dadurch weitere Anwendungen<br />

vorzubereiten. Aber auch der Weg<br />

von der Biologie in die Mathematik barg<br />

überraschende Erkenntnisse: Betrachtet<br />

man Naturphänomene als Träger mathematischer<br />

Strukturen (Symmetrien, goldenen<br />

Winkel etc.), so wird es möglich,<br />

mathematische Strukturen als naturgeschichtlich<br />

gewachsene zu entdecken.<br />

Das Thema Evolution gewinnt eine ganz<br />

neue Dimension.<br />

Deutsch und Geschichte<br />

Ein zweites Beispiel illustriert ein<br />

Zusammengehen der Fächer Geschichte<br />

(A. Schmidlin) und Deutsch (H. Caviola)<br />

in der Klasse 3Wa zum Thema Moderne.<br />

Die fächerübergreifende Frage lautete<br />

hier: «In welchen Kulturphänomenen<br />

der Moderne (1880–1933) wird die<br />

Öffnung einer zuvor geschlossenen Form<br />

fassbar?» Den Geschichtsstoff für diese<br />

kulturmorphologische Fragestellung<br />

bot der Zeitraum des Imperialismus<br />

bis zum Ende der Weimarer Republik.<br />

In der Literaturgeschichte wurde der<br />

Übergang vom Naturalismus bis hin<br />

zu Dada behandelt, ebenso der Zusammenhang<br />

zwischen Psychoanalyse und<br />

der literarischen Technik des Bewusstseinsstroms.<br />

Werke von Schnitzler und<br />

Kafka boten literarische Innensichten<br />

eines Zeitalters, dessen Bild auch durch<br />

gelegentliche Exkurse in die Welt der

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