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29.11.98!<br />
Legalize it<br />
Löst sich Schweizer<br />
Dufthanf-Modell in Rauch auf?<br />
SF. «Herr Hiltebrand», teilt am späten Freitag Nachmittag des 16. Oktobers der<br />
Zürcher Bezirksrichter Thomas Meyer dem Angeklagten Hanfladenbetreiber mit,<br />
«sie werden schuldig gesprochen, gewerbsmässig mit Marijuana gehandelt zu<br />
haben!» Dieses Urteil hat nicht nur Bruno Hiltebrand von «James Blunt» ein für die<br />
Schweiz hartes Urteil eingebracht, es hat auch die Schweizer Hanf-Szene verunsichert<br />
– aber dafür auch zusätzliche Kräfte für die Initiative «Für eine vernünftige<br />
Drogenpolitik» mobilisiert, welche am 29. November zur Abstimmung gelangt!<br />
Nur der Handel mit ganzen<br />
Pflanzen legal?<br />
Bezirksanwalt Max Spörri als Vertreter<br />
der Anklage brauchte nicht viele Beweise<br />
auf den Tisch zu legen, um den Richter<br />
von der Schuld des Angeklagten zu überzeugen.<br />
Er meinte, es sei völlig unglaubwürdig,<br />
dass jugendliche KäuferInnen<br />
von sogenannten «Duftsäcklein» mehrmals<br />
im Monat fünfzig oder sogar hundert<br />
Franken ausgeben würden für Hanf,<br />
den sie nur in ihren Kleiderschrank hängen<br />
würden. Er verwies darauf, dass die<br />
Qualität des Marijuanas in den Duftsäcklein<br />
besser sei als jenes, welches auf der<br />
Gasse gehandelt werde. Die Schweiz bekomme<br />
auch bereits international Druck<br />
zu spüren, weil laufend Jugendliche an<br />
den Grenzen zu Deutschland, Österreich,<br />
Frankreich und Italien mit Marijuana<br />
erwischt würden, welches sie problemlos<br />
in den Schweizer Hanfläden einkaufen<br />
könnten. Laut konstanter Rechtsprechung<br />
des Bundesgerichts sei zwar die<br />
Hanfpflanze legal, nicht aber der Handel<br />
mit jenen Teilen der Pflanze, welche einen<br />
hohen THC-Gehalt aufwiesen. Somit sei<br />
alles, was Bruno Hiltebrand gemacht<br />
habe, illegal, wonach sich auch nicht<br />
mehr die Frage stelle, ob Bruno Hiltebrand<br />
in kauf genommen habe, dass das<br />
Kraut geraucht würde oder nicht. Das<br />
Gericht habe nicht die Aufgabe, politische<br />
Entscheide zu fällen und müsse Bruno<br />
Hiltebrand verurteilen.<br />
Verteidigung fand kein Gehör<br />
«Es gibt keine vernünftigen Gründe für<br />
die Verteufelung des Hanfs, die Cannabis-Prohibition<br />
ist eine Fehlleistung unserer<br />
Zeit!», war eine der zentralen Aussagen<br />
des Verteidigers Thomas Gabathuler.<br />
Er verwies auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten<br />
des Hanfs, insbesondere<br />
auch im therapeutischen Bereich und den<br />
Einsatz von berauschendem Cannabis in<br />
den fernöstlichen Religionen. Zum vorliegenden<br />
Fall meinte er, dass es sich bei<br />
Marijuana um mexikanischen Hanf<br />
handle, der in keinen Gesetzestexten<br />
erwähnt werde. So handle es sich bei Hanf<br />
und Marijuana um ein und dasselbe.<br />
Das schweizerische Betäubungsmittelgesetz<br />
verbiete den Handel mit Hanfkraut<br />
zur Betäubungsmittelgewinnung,<br />
woraus klar ersichtlich sei, dass die<br />
Absicht der Betäubungsmittelgewinnung<br />
effektiv vorliegen müsse. Nicht der Hanf<br />
an sich sei illegal, sondern der Verwendungszweck<br />
als Betäubungsmittel. Ein<br />
Autoverkäufer werde ja auch nicht angeklagt,<br />
wenn der Käufer eines Porsches<br />
damit fahrlässig einen Unfall verursache.<br />
Nach dem über einstündigen Plädoyer<br />
des Verteidigers folgte eine Prozesspause<br />
bis zur Urteilsverkündung.<br />
Während dieser hatten die vielen anwesenden<br />
MedienvertreterInnen Gelegenheit,<br />
die am Prozess direkt<br />
Beteiligten zu befragen sowie die<br />
Stimmungslage der vielen Sympathisanten<br />
aus der Hanf-Branche auszuloten.<br />
Die Ernüchterung erfolgte<br />
gleich zu Beginn der Urteilsverkündung:<br />
Bruno Hiltebrand wurde vollumfänglich<br />
schuldig gesprochen<br />
und zu 14 Monaten Gefängnis auf<br />
Bewährung verurteilt. Zudem<br />
muss er eine Busse von Fr. 20 000.–<br />
und die Gerichtskosten von rund<br />
Fr. 3 000.– bezahlen sowie den Gewinn<br />
von Fr. 100 000.– abliefern… Logisch,<br />
dass Bruno dieses Urteil nicht akzeptiert<br />
und beim Zürcher Obergericht Berufung<br />
Bruno Hiltebrand<br />
vom Zürcher Hanfladen<br />
«James Blunt».<br />
Jährlich sterben weltweit ca. 10 000 Menschen durch illegale Drogen. Dagegen<br />
sterben an Tabak ca. 3 Millionen und an Alkohol ca. 300 000 Menschen, völlig legal.<br />
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