BRG/BORG Schwaz - Landesschulrat für Tirol
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Realgymnasium <strong>Schwaz</strong> 23<br />
Sissis Reise nach Possenhofen<br />
Schnurstracks ging ich auf die Tür mit der Aufschrift<br />
„Kaiserin Sissi“ zu und öffnete sie langsam. Plötzlich<br />
befand ich mich im Jahr 1860 und stand in einem großen,<br />
pompösen Raum.<br />
In diesem Zimmer hingen sehr viele Damenkleider. Die<br />
Schuhe waren alle aufgestellt und es gab einige Dinge in<br />
dem Raum zu sehen.<br />
Ich traute meinen Augen nicht, als auf einmal Kaiserin<br />
Elisabeth vor mir stand. Sie sah mich verwundert an und<br />
sagte: „Steh nicht in der Gegend herum, sondern bring<br />
mir sofort meine Kleider <strong>für</strong> den Empfang des ungarischen<br />
Grafen Andrássy!“<br />
Völlig erstaunt bewunderte ich die wunderhübsche Kaiserin<br />
Sissi, in diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich<br />
ihre Zofe war. Ich ging auf die vielen Kleider zu und<br />
suchte das schönste aus und sie ging zum Empfang.<br />
Währenddessen machte ich eine Entdeckungsreise durch<br />
das Schloss. Ich schlenderte vorbei an den wunderschön<br />
angelegten Parkanlagen, in denen sich prachtvolle Blumen,<br />
zu Skulpturen zurecht geschnittene Bäume und einige<br />
Teiche befanden. Unter anderem bestaunte ich auch die<br />
Reitställe mit den verschiedensten Pferden aus aller Welt.<br />
„Hier würde ich auch gerne leben,“ ließ ich mir durch den<br />
Kopf gehen. Als ich einiges der Außenanlage gesehen<br />
hatte, erforschte ich die Innenräume.<br />
Ich ging durch die erstbeste Tür und befand mich im<br />
Speisesaal ihrer Majestät. Dort hingen Vorhänge aus einem<br />
schweren dunkelroten Stoff, die mit Gold umrandet waren,<br />
ein riesengroßer Kronleuchter mit hunderten von Kerzen<br />
und eine lange Tafel erstreckte sich durch die ganze<br />
Länge des Saales.<br />
Gerade als ich wieder hinausgehen wollte, hörte ich Gemurmel<br />
und lief aus dem Raum. Ich stieg einige Stufen<br />
hinauf und landete schließlich im Badezimmer der Kaiserin.<br />
Bevor ich mich jedoch umsehen konnte, hörte ich<br />
Sissi rufen: „Geschwind, lasst mir ein Lavendelbad ein!“<br />
Hastig sah ich mich um und suchte nach dem Lavendelduft,<br />
der im obersten Regal stand, gerade wollte ich die<br />
Flasche herunternehmen, als auch schon die anderen<br />
Diener kamen und Feuer unter dem großen Kessel machten.<br />
Als die Kaiserin wenig später im warmen Wasser lag,<br />
erklärte sie mir: „Morgen in aller Frühe werden wir nach<br />
Possenhofen aufbrechen. Richte alles Nötige her, um<br />
rechtzeitig abreisen zu können.“<br />
Am nächsten Morgen saßen wir in der Kutsche, und ich<br />
betrachtete die ersten Sonnenstrahlen und genoss es,<br />
mit der Kaiserin zusammen zu reisen. Dieses Gefühl<br />
endete, als ich auf ein Mal ein schreckliches Geräusch<br />
und Gebrüll hörte.<br />
Mit einem Ruck kam die Kutsche zum Stillstand. „Kutscher,<br />
warum bleiben wir hier stehen? Ich wünsche, dass<br />
wir unverzüglich weiterfahren!“, rief Elisabeth hysterisch.<br />
Stille! Es rührte sich gar nichts. Meine Nackenhaare<br />
sträubten sich, als ich all meinen Mut zusammennahm<br />
und ausstieg.<br />
Was ich sah, erschreckte mich. Der Kutscher und die<br />
Wachen waren erschlagen worden und lagen auf dem<br />
Boden. Gerade als ich schreien wollte, kamen sechs<br />
grünlich gekleidete Männer mit langen Nasen und riesengroßen<br />
Ohren auf mich zu.<br />
Jeder hielt eine Waffe in der Hand. „Sofort aussteigen!“,<br />
brüllten sie alle zusammen. Vor lauter Furcht gelang es<br />
mir nicht, mich zu bewegen.<br />
„Was habt ihr mit uns vor?", fragte ich, doch in diesem<br />
Moment stieg Sissi aus. Einer der Männer kam auf sie zu<br />
und packte sie am Arm. „Wir werden euch mitnehmen<br />
und erst wieder freilassen, wenn Kaiser Franz uns eine<br />
Belohnung gibt“, erklärte uns der mit der größten Nase.<br />
„Das ist ja ungeheuerlich, ich wünsche, dass ihr uns<br />
sofort weiterziehen lasst!“, rief die Kaiserin zornig. Doch<br />
die Entführer dachten nicht daran.<br />
Ein bisschen später befanden wir uns in einer dunklen,<br />
kalten und nassen Höhle. „Ach, Valentina, wir werden<br />
hier wahrscheinlich sterben“, sagte die Kaiserin mit zittriger<br />
Stimme.<br />
Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Ich bekam kein Wort<br />
heraus und mein Herz pochte wie wild. Es war keiner der<br />
Männer in der Höhle, sie hatten nur eine gruselige<br />
Gestalt, die wie ein Gnom aussah, als Wache hier gelassen.<br />
Plötzlich bewegte sich etwas, die Kaiserin und ich<br />
trauten uns fast nicht, zum Eingang hinüberzusehen, als<br />
wir auf einmal einen lauten Knall hörten.<br />
Unser Bewacher fiel wie ein Stein auf den Boden, und vor<br />
uns stand eine der Wachen, der davor den Entführern<br />
entkommen war. „Schnell, Eure Majestät, lasst uns fliehen!",<br />
rief er aufgeregt. So schnell wir konnten, liefen wir<br />
zum Loch, um aus der Höhle zu entkommen.<br />
Es kamen drei Pferde auf uns zu und die Wache half der<br />
Kaiserin aufzusteigen. „Ich kann nicht reiten!“, kreischte<br />
ich. „Dann lauf in den Wald und versteck dich“, antwortete<br />
mir der Mann.<br />
Ich schaute in den dunklen Wald und panische Angst<br />
ergriff mich. Da die Kaiserin und unser Retter aber schon<br />
weggeritten waren, lief ich, so schnell ich konnte, und<br />
traute meinen Augen nicht, als ich hinter zwei großen<br />
alten Bäumen eine Tür entdeckte, die mich an die in<br />
Onkel Frederics Haus erinnerte.<br />
Ohne zu zögern, machte ich sie auf und stand plötzlich<br />
wieder in dem Raum, wo ich zuvor war. Als ich mich<br />
umdrehte, konnte ich wieder die Aufschrift „Kaiserin<br />
Sissi" sehen. Was wohl aus ihr geworden war?<br />
Valentina Siller