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Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV

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<strong>Rückblick</strong><br />

Das 51. Jahr<br />

DJG <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> e.V.


Mai 2013<br />

Wie auch <strong>in</strong> den letzten Jahren haben wir <strong>in</strong> diesem <strong>Rückblick</strong> für alle Veranstaltungen<br />

nochmals e<strong>in</strong> kurzes Resumeé gezogen. Die e<strong>in</strong>zelnen Artikel s<strong>in</strong>d fast alle schon im Kaiho<br />

erschienen, teilweise <strong>in</strong>haltlich aber ausführlicher, da wir für unser Rundschreiben häufig<br />

die Berichte kürzen mussten. Auch s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen Beiträge reichhaltig illustriert.<br />

Wir danken allen unseren Kooperationspartnern, die auch <strong>in</strong> 2012 unsere Arbeit unterstützt<br />

und damit zum Erfolg der <strong>Gesellschaft</strong>, der sich auch <strong>in</strong> weiter wachsenden<br />

Mitgliederzahlen ausdrückt, beigetragen haben. Unser Dank gilt <strong>in</strong>sbesondere dem<br />

<strong>Japanische</strong>n Generalkonsulat <strong>in</strong> München, dem Kulturreferat der Landeshauptstadt<br />

München, dem <strong>Japanische</strong>n Kultur<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> Köln sowie dem Internationalen<br />

Begegnungszentrum (IBZ), und – nicht zuletzt – den vielen fleißigen Helfern aus unserem<br />

Mitgliederkreis<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 2


1.<br />

Die japanische Mentalität<br />

und ihre Begegnung mit <strong>Deutsch</strong>land<br />

Vortrag von Akira Mizutani,<br />

<strong>Japanische</strong>r Generalkonsul <strong>in</strong> München,<br />

beim Bus<strong>in</strong>ess Luncheon am 18.01.2012<br />

Für diesen Vortrag wurde ke<strong>in</strong>e Rückschau erstellt, da der Vortrag <strong>in</strong> voller Länge im kaiho 2/2012<br />

veröffentlicht wurde.<br />

2.<br />

Beg<strong>in</strong>n und Ende des Zweiten<br />

Weltkrieges im Pazifik<br />

Vortrag von Prof.Dr.Dr.h.c. Gottfried-Karl K<strong>in</strong>dermann am<br />

19.01.2012 im Hörsaal 104 der LMU München<br />

Der Pazifikkrieg begann <strong>in</strong> Asien mit dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Ch<strong>in</strong>esischen<br />

Krieges am 7. Juli 1937. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember<br />

1941 traten am Folgetag die USA <strong>in</strong> diesen Konflikt und damit <strong>in</strong> den Zweiten Weltkrieg<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Weitere beteiligte Länder <strong>in</strong> diesem Kriegsgebiet waren Großbritannien, Australien,<br />

Neuseeland und die Niederlande. Auf Seiten<br />

Japans erklärten im Kriegsverlauf e<strong>in</strong>ige der<br />

von ihnen besetzten Länder den Alliierten<br />

den Krieg. Gegen Kriegsende traten e<strong>in</strong>ige<br />

asiatische Länder, nachdem die Japaner auf<br />

ihrem Territorium besiegt worden waren,<br />

auf Seiten der Alliierten <strong>in</strong> den Krieg e<strong>in</strong>.<br />

Am 2. September 1945 wurde auf dem US-<br />

Schlachtschiff Missouri <strong>in</strong> der Sagami-Bucht<br />

der Pazifikkrieg und damit auch der Zweite<br />

Weltkrieg mit der Unterzeichnung der<br />

japanischen Kapitulationsurkunde beendet. Er war der e<strong>in</strong>zige Krieg, <strong>in</strong> dem sowohl<br />

atomare (von den USA <strong>in</strong> Japan) als auch biologische und chemische Waffen (beide<br />

hauptsächlich von Japan <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a) e<strong>in</strong>gesetzt wurden.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 3


3.<br />

Die Eulenburg-Mission<br />

E<strong>in</strong> <strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von<br />

Professor Dr. Peter Pantzer beim sh<strong>in</strong>nenkai 2012<br />

Jahresabschluss gewählt.<br />

Mit dem sh<strong>in</strong>nenkai der <strong>Gesellschaft</strong> am 24.<br />

Januar endete nicht nur das unheilvolle Jahr<br />

2011, sondern es endeten auch die Feiern zur<br />

Er<strong>in</strong>nerung an den ersten diplomatischen<br />

Kontakt zwischen Japan und Preußen, e<strong>in</strong><br />

Ereignis, dem das ganze Jahr gewidmet war.<br />

Deshalb schien es angemessen zu se<strong>in</strong>, noch<br />

e<strong>in</strong>mal im Rahmen unseres Neujahrsfestes auf<br />

die historische Bedeutung der preußischen<br />

Ostasienmission h<strong>in</strong>zuweisen. Professor Dr.<br />

Pantzer, der den Mitgliedern der <strong>Gesellschaft</strong><br />

schon von mehreren früheren Vorträgen<br />

bekannt ist, hatte dieses Thema zum<br />

Wir haben heute kaum e<strong>in</strong>e Ahnung von den Schwierigkeiten, <strong>in</strong> den Jahren 1860 und 1861<br />

überhaupt solch e<strong>in</strong>e Mission auszuschicken; die<br />

Bedeutung des Königreichs Preußen <strong>in</strong>nerhalb<br />

des deutschen Staatengebildes war ja noch<br />

ungesichert, und es besaß noch nicht e<strong>in</strong>mal die<br />

geeigneten Schiffe für e<strong>in</strong>e solche Überseereise.<br />

Mit zahlreichen Dokumenten und Zeichnungen,<br />

die auch bei der Ausstellung „Ferne Gefährten“<br />

<strong>in</strong> Mannheim Teil der Ausstellung waren, führte<br />

Professor Pantzer deutlich die sehr<br />

unterschiedlichen Interessen und Ziele der<br />

Mission und ihrer handelnden Personen vor, an<br />

erster Stelle die Persönlichkeit von Graf zu<br />

Eulenburg, der der Expedition, denn e<strong>in</strong>e solche<br />

war das Vorhaben, se<strong>in</strong>en Namen gab.<br />

Die Mission geriet <strong>in</strong> Japan <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ähnlich<br />

ungeklärte politische Lage, die äußerst explosiv war, weshalb auch damals der<br />

liebenswürdige Dolmetscher Hendrik Heusken Opfer e<strong>in</strong>es Komplotts wurde. Graf zu<br />

Eulenburg erreichte trotz der widrigen Umstände tatsächlich den Abschluß e<strong>in</strong>es<br />

Vertrages. Nicht nur war der von großen Opfern begleitet, wie der Untergang des Schiffes<br />

„Frauenlob“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Taifun, es war auch nur e<strong>in</strong> Teilvertrag, der <strong>in</strong> der deutschen Heimat<br />

sehr kritisiert wurde. Vielmehr bestimmten die Umstände, unter denen sich zum ersten<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 4


Mal Japaner und Preußen begegneten, die Zukunft beider Länder. Denn hier wurde e<strong>in</strong><br />

erster Grundste<strong>in</strong> für die später folgende Annäherung der beiden Völker gelegt.<br />

Folgerichtig trat der Handel, das eigentliche Ziel, <strong>in</strong> den Jahren nach der Meiji-Restauration<br />

h<strong>in</strong>ter anderen Bereichen wie Mediz<strong>in</strong> oder Rechtswissenschaft zurück.<br />

Der Blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zeit vor e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahrhunderten, als Japan die ersten Schritte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

vom Westen beherrschte Welt machte, begeisterte die Zuhörer; wunderschöne Bilder und<br />

Zeichnungen führten <strong>in</strong> die Welt des alten Japan zurück, das noch nichts von der<br />

Technologie des Westens übernommen hatte. Die lockere, aber fundierte Vortragsweise<br />

von Prof. Pantzer und das reiche und farbenfrohe Bildmaterial krönten unser diesjähriges<br />

Neujahrsfest.<br />

Zum ersten Mal trat beim sh<strong>in</strong>nen-kai der Japanisch-<strong>Deutsch</strong>e Projektchor auf. Er belebte<br />

den Vortrag mit japanischen Liedern, die <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land bereits den Rang e<strong>in</strong>es<br />

„Ohrwurms“ haben, weil sie auch unsere Gefühle ansprechen. Das wundert nicht, denn<br />

zwei von ihnen („Hana“ und „Kojō no tsuki“) wurden von Rentarō Taki komponiert, der <strong>in</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land Komposition studiert hat und e<strong>in</strong> gutes Beispiel für den vorerwähnten<br />

Kulturaustausch ist.<br />

„Sakura“ ist <strong>in</strong>zwischen bei uns so bekannt, daß man es mit dem „Heiderösle<strong>in</strong>“ <strong>in</strong> Japan<br />

gleichstellen kann. Dabei basiert es auf e<strong>in</strong>em Volkslied des 17. Jahrhunderts. Sehr lebhaft<br />

waren die beiden letzten Lieder „Shimauta“ von Kazufumi Miyazawa, das erst 1990<br />

komponiert wurde, aber zeigt, wie frisch japanische Volkslieder auch heute noch s<strong>in</strong>d.<br />

(Shimauta basiert auf e<strong>in</strong>em solchen). Und das Lied „Saitara-bushi“ berührte alle, weil es<br />

aus der von den Unglücksfällen getroffenen Prov<strong>in</strong>z Miyagi stammt.<br />

Das geme<strong>in</strong>same S<strong>in</strong>gen im Chor verb<strong>in</strong>det <strong>Deutsch</strong>e und Japaner, wie es auch das letzte<br />

Lied vermochte, das alle Gäste zusammen mit dem Chor gesungen<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 5


4.<br />

Japan nach der Katastrophe<br />

vom 11. März 2011<br />

Vortrag von Prof.Dr. Klaus Vollmer am 26.01.2012<br />

im Hörsaal 140 der LMU<br />

Wenn man heute über <strong>Deutsch</strong>land und Japan spricht, dann kommt man nicht umh<strong>in</strong>, auch<br />

etwas über den 11. März diesen Jahres zu sagen. Denn wie unter e<strong>in</strong>em Vergrößerungsglas<br />

bot sich hier, angesichts dieser beispiellosen Katastrophe, e<strong>in</strong>e Momentaufnahme e<strong>in</strong>iger<br />

zentraler Aspekte des deutsch-japanischen Verhältnisses - von <strong>Deutsch</strong>land aus gesehen<br />

auch e<strong>in</strong>e Momentaufnahme der Projektionen der deutschen <strong>Gesellschaft</strong> auf „Japan“ oder<br />

das, was die Medien davon berichten. Was die Reproduktion von Klischees über die<br />

japanische <strong>Gesellschaft</strong> <strong>in</strong> den meisten deutschen Medien angeht, könnte man angesichts<br />

der wenigen differenzierten Stimmen von e<strong>in</strong>em Tiefpunkt sprechen.<br />

Auch das bald ausschließlich auf den Super GAU <strong>in</strong> Fukushima konzentrierte Interesse der<br />

deutschen Öffentlichkeit sprach Bände über die Selbstbezogenheit der deutschen Seite; geradezu<br />

grotesk etwa die Tatsache, dass Ende März <strong>in</strong> München <strong>in</strong> den meisten Apotheken<br />

Jod-Tabletten ausverkauft waren, so als ob man 10.000 Kilometer von Fukushima entfernt<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land schon mal den Strahlentod simulieren wolle. Andererseits war die<br />

Reaktion <strong>in</strong> weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit von starker Sympathie,<br />

Anteilnahme und großem Interesse am Schicksal Japans geprägt.<br />

Auszüge aus diesem Vortrag wurden im kaiho 3/2012 veröffentlicht,<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 6


5.<br />

2011 – Japan <strong>in</strong> Bewegung<br />

<strong>Rückblick</strong> von Jürgen Betten auf den Vortrag von<br />

Dr. Christian Gelt<strong>in</strong>ger am 30. Januar 2012<br />

Das Jahr 2011 hat wie kaum e<strong>in</strong> anderes nicht nur Japan bewegt. Die Zuhörer im gut<br />

besetzten Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung <strong>in</strong> der Residenz <strong>in</strong> München<br />

waren daher gespannt auf den Vortrag von Dr. Christian Gelt<strong>in</strong>ger, der seit März 2010<br />

Repräsentant des Freistaats <strong>Bayern</strong> <strong>in</strong> Japan ist und e<strong>in</strong> Büro <strong>in</strong> der Nähe des Tokyo Towers<br />

hat. Dr. Gelt<strong>in</strong>ger war von Oktober 2006 – Februar 2010 bayerischer Repräsentant <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a,<br />

mit Büro <strong>in</strong> Q<strong>in</strong>gdao und davor stellvertretender Referatsleiter von Invest <strong>in</strong> Bavaria.<br />

Der mit vielen Fakten und Zahlen versehene Vortrag war für die Anwesenden e<strong>in</strong><br />

hervorragendes Update über die Lage <strong>in</strong> Japan sowie über die Beziehungen zwischen Japan<br />

und <strong>Bayern</strong>.<br />

2011 haben sich – nach Angaben des Referenten – <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 5 neue japanische Firmen<br />

angesiedelt, 4 japanische<br />

Firmen haben sich <strong>in</strong><br />

<strong>Bayern</strong> erweitert und 5<br />

japanische Firmen haben<br />

bayerische Firmen<br />

übernommen. So hat<br />

Japans<br />

größtes<br />

Internetunternehmen<br />

Rakuten das Bamberger<br />

Unternehmen Tradoria<br />

übernommen, e<strong>in</strong>en<br />

führenden Anbieter von<br />

Mietshops im Internet.<br />

Damit ist <strong>Bayern</strong> mit 340<br />

japanischen Firmen (bzw.<br />

250 ohne Selbständige)<br />

knapp nach dem Raum<br />

Düsseldorf und vor dem<br />

Raum London der zweitgrößte Standort japanischer Firmen <strong>in</strong> Europa.<br />

E<strong>in</strong>en breiten Raum nahmen im Vortrag die japanische Energiepolitik bzw. die<br />

Energiewende und der Atomausstieg e<strong>in</strong>. Tatsache ist, dass derzeit nur noch 3 der 54<br />

Atomkraftwerke <strong>in</strong> Betrieb s<strong>in</strong>d. Sie werden Ende April ebenfalls abgeschaltet, da <strong>in</strong> Japan<br />

die AKWs alle 13 Monate für e<strong>in</strong>e Wartung heruntergefahren werden. Dann ist Japan<br />

vorerst atomstromfrei. Zur Wieder<strong>in</strong>betriebnahme ist die Zustimmung der Kommunen<br />

und Gouverneure erforderlich, mit der aufgrund der derzeitigen Stimmung <strong>in</strong> der<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 7


japanischen Öffentlichkeit vorerst nicht zu rechnen ist, so dass dies de facto e<strong>in</strong>em<br />

Atomausstieg gleichkommt, zumal e<strong>in</strong>ige Präfekturen schon def<strong>in</strong>itiv ihre AKWs<br />

abgeschaltet haben. Erstmals soll nun e<strong>in</strong> unabhängiger Untersuchungsausschuss<br />

herausf<strong>in</strong>den, was <strong>in</strong> Fukushima wirklich geschah und noch geschieht. Prom<strong>in</strong>ente<br />

Fürsprecher des Atomausstiegs s<strong>in</strong>d der Ende August 2011 zurückgetretene<br />

Premierm<strong>in</strong>ister Naoto Kan (<strong>in</strong> Davos Ende Januar 2012) und der Literaturnobelpreisträger<br />

Kenzaburô Ôe , der am 8.Februar 2012 vor dem Club der Auslandskorrespondenten <strong>in</strong><br />

Tokyo feststellte: „Dass der von der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ der<br />

deutschen Regierung am 30.Mai 2011 empfohlene Ausstieg unter der Führung der<br />

Bundeskanzler<strong>in</strong> Angela Merkel dann beschlossen wurde, hat e<strong>in</strong>en „enormen Impuls“ auf<br />

die japanische <strong>Gesellschaft</strong> gehabt“.<br />

Wie soll der Strombedarf nun gedeckt<br />

werden? Die Aufforderung der<br />

Regierung an alle (Industrie und<br />

Bevölkerung) hat im Sommer 2011 e<strong>in</strong>e<br />

Energiee<strong>in</strong>sparung von 15-20 %<br />

gebracht; im W<strong>in</strong>ter 2011/12 sollen<br />

nochmals 10 % e<strong>in</strong>gespart werden. Der<br />

Import von Flüssiggas ist enorm<br />

gestiegen, während der Ölimport auf<br />

gleichem Niveau bleibt. Der Stromanteil<br />

aus erneuerbaren Energien soll <strong>in</strong> 10<br />

Jahren von 1 % auf 20 % gesteigert<br />

werden. E<strong>in</strong> Gesetz zur Förderung<br />

erneuerbarer Energien wurde<br />

beschlossen. Solar-, Wasser- und<br />

Biomassenkraftwerke, Geothermie<br />

werden e<strong>in</strong>e Rolle spielen. Im Dezember hat e<strong>in</strong>e 45-köpfige japanische<br />

Unternehmergruppe W<strong>in</strong>dparks an der deutschen Nordseeküste besucht. Vor der Küste<br />

von Fukushima soll e<strong>in</strong> Offshore-Projekt entstehen, um nur e<strong>in</strong>ige Aktivitäten zu nennen.<br />

Japan bleibt <strong>in</strong> Bewegung und prüft viele Möglichkeiten…<br />

<strong>Deutsch</strong>land ist <strong>in</strong> Japan weiterh<strong>in</strong> hoch angesehen, was nicht zuletzt durch über 20.000<br />

japanische Besucher beim Gartenfest im Garten der <strong>Deutsch</strong>en Botschaft <strong>in</strong> Tokyo am<br />

23.Oktober 2011 e<strong>in</strong>drucksvoll dokumentiert wurde. Die Spendenaktionen deutscher<br />

Unternehmen und Organisationen für die Katastrophenregion Tohoku haben <strong>in</strong>zwischen<br />

ca. 60 Mio. € ergeben und das Ziel ist 150 Mio. €, wobei viele Projekte die japanische<br />

<strong>Gesellschaft</strong> e<strong>in</strong>beziehen. Über die japanischen Fußballspieler, die <strong>in</strong> der deutschen<br />

Bundesliga spielen, wird <strong>in</strong> den japanischen Medien viel berichtet, nachdem der Sieg der<br />

japanischen Frauenmannschaft <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land bei der Fußball-WM auch <strong>in</strong> Japan hohe<br />

Wellen geschlagen hatte.<br />

Süd-Korea ist derzeit für Japan der Konkurrent schlechth<strong>in</strong>, auch bei der<br />

Spitzentechnologie. Korea ist flexibler und hat schon im Juli 2011 das<br />

Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen, wobei sich die koreanische Regierung<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 8


gegen die starke Bauernlobby durchsetzen konnte. In Korea wurden viele Zwangsfusionen<br />

durchgeführt und es wurden Kräfte gebündelt. In der Elektrobranche s<strong>in</strong>d es nur noch 2-3<br />

große Unternehmen, während es <strong>in</strong> Japan 20 entsprechende Großunternehmen gibt, von<br />

denen sich derzeit e<strong>in</strong>ige schwer tun. Die koreanischen Firmen reagieren beim Aufgreifen<br />

neuer Trends schneller oder s<strong>in</strong>d bereit, höhere Risiken e<strong>in</strong>zugehen. Wie selbstbewusst und<br />

stark manche koreanische Firmen auf dem Weltmarkt agieren, zeigt derzeit die Firma<br />

Samsung mit se<strong>in</strong>er weltweiten Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Apple um Tablets .<br />

Dass – nach Auffassung des Berichterstatters – die Innovationskraft der japanischen Firmen<br />

unverändert hoch ist, zeigt demgegenüber z.B. die<br />

Patentstatistik. Hier liegt Japan weiterh<strong>in</strong> z.B. mit<br />

46.934 europäischen Patentanmeldungen (+12 %) im<br />

Jahr 2011 deutlich vor Korea mit 13.324 (+8 %). Zum<br />

Vergleich: <strong>Deutsch</strong>e Firmen haben 33.289 (+0,55 %)<br />

europäische Patentanmeldungen e<strong>in</strong>gereicht und<br />

ch<strong>in</strong>esische Firmen 16.153 (+27,2 %). E<strong>in</strong> ähnliches<br />

Bild zeigt sich beim <strong>Deutsch</strong>en Patent- und<br />

Markenamt, wo die entsprechenden Zahlen – für das<br />

Jahr 2010 – lauten: 2.970 deutsche Patentanmeldungen<br />

aus Japan und 684 Anmeldungen aus Korea.<br />

Gut entwickelt sich – nach Auffassung des Referenten<br />

– die Zusammenarbeit zwischen Japan und <strong>Bayern</strong>.<br />

Auf Vermittlung der japanischen<br />

Außenhandelsorganisation JETRO wird es zu e<strong>in</strong>er<br />

Zusammenarbeit zwischen Firmen aus der nördlich an<br />

Tokyo angrenzenden Präfektur Saitama und den beiden bayerischen Clustern<br />

Mechatronik/Automation und Mediz<strong>in</strong>technik/ForumMed Pharma <strong>in</strong> den Regionen<br />

München und Nürnberg kommen. Die Präfektur Saitama hat mehr als 7 Mio. E<strong>in</strong>wohner<br />

und zahlreiche kle<strong>in</strong>- und mittelständische „Hidden Champions“, die <strong>in</strong> ihrem Bereich<br />

Marktführer s<strong>in</strong>d.<br />

Japan sei e<strong>in</strong> attraktiver und großer Markt, der sich stärker öffnen wird. Der Druck auf<br />

japanische Firmen sei groß und die deutschen Firmen würden ihre Chancen sehen. Seit<br />

dem 10.Februar 2012 arbeitet e<strong>in</strong>e 250 Mitarbeiter umfassende Agentur zur Koord<strong>in</strong>ation<br />

für den Wiederaufbau, der noch 20-40 Jahre <strong>in</strong> Anspruch nehmen wird. Der Wiederaufbau<br />

bietet für ganz Japan große Chancen: Aufbau neuer Infrastrukturen (z.B. s<strong>in</strong>d viele<br />

Basisstationen des Mobilfunks zerstört worden), Modellprojekte für Mobilität, Aufbau<br />

neuer Stadtteile oder gar ganzer Städte usw. Hier bieten sich auch deutschen Firmen große<br />

Chancen, etwa mit Niederenergie- oder Fertighäusern. Nach e<strong>in</strong>em Bericht der <strong>Deutsch</strong>en<br />

Welle vom 5.April 2011 boomen deutsche Passivhäuser <strong>in</strong> Japan.<br />

Der starke Yen und die Energieprobleme haben und werden vermehrt zu<br />

Auslands<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Indonesien und Thailand führen. So ist der Anteil des<br />

produzierenden Gewerbes an der Gesamtwirtschaft von 27 % <strong>in</strong> den 70er Jahren auf heute<br />

17 % zurückgegangen.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 9


Erstmals seit 31 Jahren ist die Handelsbilanz Japans negativ, was aber wohl wesentlich auf<br />

Sondere<strong>in</strong>flüsse zurückzuführen sei, wie starker Yen, Produktionsausfälle durch die<br />

Katastrophe, große Sonder-Importe (z.B. von Autos durch Nissan). Auch wenn die<br />

japanischen Firmen weiterh<strong>in</strong> unter e<strong>in</strong>er hohen Steuerlast (sie liege mit 41 %<br />

Unternehmenssteuer weit über dem OECD-Durchschnitt und auch über der von<br />

<strong>Deutsch</strong>land) stöhnten, so seien sie doch liquide und könnten weltweit agieren.<br />

Ch<strong>in</strong>a ist <strong>in</strong>zwischen wichtigster Handelspartner Japan, sowohl für die Herstellung von<br />

Waren als auch als Markt, auch wenn <strong>in</strong>zwischen – aus Kostengründen – Teile der<br />

Herstellung nach Indonesien und Thailand verlegt wurden, wo die Flut im vergangenen<br />

Jahr die japanischen Firmen hart getroffen hatte.<br />

44 Mio. zurückgehen.<br />

Nach der letzten<br />

Vorhersage e<strong>in</strong>es<br />

japanischen Forschungs<strong>in</strong>stitutes<br />

wird Japans<br />

Bevölkerung von derzeit<br />

128 Mio. auf 87 Mio. im<br />

Jahr 2060 schrumpfen, was<br />

dem Stand der 1950er<br />

Jahre entspricht. Gleichzeitig<br />

wird sich die Zahl<br />

der Senioren über 65 Jahre<br />

von derzeit 23 % auf 40 %<br />

nahezu verdoppeln.<br />

Zudem wird die<br />

erwerbsfähige Bevölkerung<br />

zwischen 18 und 64<br />

Jahren um die Hälfte auf<br />

E<strong>in</strong>e touristische Attraktion sei schon jetzt der <strong>in</strong> alter Pagodenbauweise (zweiteilige<br />

Struktur, die aus e<strong>in</strong>em äußeren Stahlrahmen und e<strong>in</strong>em, davon unabhängigen <strong>in</strong>neren<br />

Schaft <strong>in</strong> Zyl<strong>in</strong>derform aus verstärktem Beton) erbaute Tokyo Sky Tree mit 634 m Höhe,<br />

der um den 11.März 2011 herum se<strong>in</strong>e Endhöhe erreicht hatte und der dem großen<br />

Erdbeben ohne große Probleme standhielt. Er wird am 22.Mai 2012 eröffnet werden. Die<br />

Höhe von genau 634 m wurde so gewählt, dass sie leicht merkbar ist. Die Zahlen 6 (mu), 3<br />

(sa) und 4(shi) ergeben „Musashi“, e<strong>in</strong>en alten Namen für die Gegend, <strong>in</strong> der der Tokyo<br />

Sky Tree steht (Quelle: Wikipedia).<br />

Es wäre schön, wenn der Referent <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr wieder so e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes und<br />

<strong>in</strong>formatives Update machen könnte.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 10


6.<br />

Musikerstammstisch<br />

E<strong>in</strong> <strong>Rückblick</strong> von Willi Huber auf den<br />

ersten Musikerstammtisch der DJG <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> e.V.<br />

Am 8. Februar fanden sich zum ersten Mal die musik<strong>in</strong>teressierten Mitglieder der DJG und<br />

deren Freunde zum neu gegründeten “Musikerstammtisch“ im Restaurant Kitcho. Bed<strong>in</strong>gt<br />

durch Kälte- und Grippewelle hielt sich die Zahl der Teilnehmer zwar noch e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong><br />

Grenzen, doch dadurch<br />

fanden die Anwesenden<br />

um so schneller zue<strong>in</strong>ander<br />

und waren bald <strong>in</strong><br />

angeregte Gespräche<br />

vertieft. Besonders reizvoll<br />

war - trotz der relativ<br />

kle<strong>in</strong>en Gruppe - die<br />

Vielfalt der von den<br />

Teilnehmern vertretenen<br />

musikalischen Aktivitäten.<br />

Vom<br />

re<strong>in</strong>en<br />

Musikliebhaber bis h<strong>in</strong><br />

zum Profi, vom Designer<br />

elektronischer Musik bis<br />

h<strong>in</strong> zum klassischen<br />

Chorsänger, die Bandbreite<br />

hätte nicht größer se<strong>in</strong> können.<br />

Neben allgeme<strong>in</strong>en Themen über Japan, die uns ja immer bewegen, ergaben sich auch lebhafte<br />

Diskussionen über die Probleme der Urheberrechtswahrnehmung und der<br />

weltweiten digitalen Vermarktung von Musik über das Internet.<br />

Somit könnte sich der Musikerstammtisch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em weiteren Verlauf durchaus zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>teressanten Forum für Musiker und Musikliebhaber entwickeln. E<strong>in</strong>e nächste Gelegenheit<br />

zur Fortsetzung bietet sich am Mittwoch, den 4. April - wieder im Restaurant Kitcho <strong>in</strong> der<br />

Wurzerstraße. Dann hoffentlich bei lieblicheren Temperaturen sowohl außen als auch<br />

<strong>in</strong>nen, denn die eisige Kälte auch im Inneren des Restaurants sorgte leider für e<strong>in</strong> frühes<br />

Ende unseres sonst sehr angenehmen Treffens.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 11


7.<br />

<strong>Japanische</strong> Denkweise und Gefühlswelt.<br />

<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von<br />

Dr. Kam<strong>in</strong>o am 28. Februar 2012<br />

E<strong>in</strong>ige Bilder der dreifachen Katastrophe vom 11. März 2011 haben sich auch <strong>in</strong> unser<br />

Gedächtnis e<strong>in</strong>gebrannt: da ist e<strong>in</strong>mal das große Schiff, das wie Spielzeug vom Tsunami<br />

getrieben auf e<strong>in</strong>em Hausdach landet, und auf der anderen Seite e<strong>in</strong> Opfer, e<strong>in</strong>e bejahrte<br />

Frau, die sich bei ihren Rettern dafür entschuldigt, ihnen so viele Umstände zu machen.<br />

Wie kam es <strong>in</strong> Japan zu dieser E<strong>in</strong>stellung?<br />

Nach Auffassung von Dr. Kam<strong>in</strong>o gibt es ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Erklärungsgrund, wie etwa den<br />

Begriff von „Schicksal“, dem man sich unterwirft, sondern mehrere Faktoren, die<br />

zusammenkommen: die japanische Ur-Religion des Sh<strong>in</strong>to, die ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Gott<br />

kennt, sondern göttliche Manifestationen <strong>in</strong> Felsen, Bäumen und anderem. Die Natur ist<br />

hier zumeist wohltätig, aber gelegentlich auch unberechenbar und grausam, was aber nicht<br />

bekämpft werden kann. Der Mensch kann nicht gegen die Natur leben, sondern nur mit<br />

ihr. E<strong>in</strong>en gewissen Schutz vor Katastrophen bietet die Geme<strong>in</strong>schaft. Die Japaner s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />

Bauernnation, die beim Reispflanzen aufe<strong>in</strong>ander Rücksicht nehmen musste und so das<br />

notwendige Geme<strong>in</strong>schaftsgefühl entwickelte. Ke<strong>in</strong> persönliches Schicksal sollte diesen<br />

Rahmen sprengen, aber es darf auch ke<strong>in</strong>er h<strong>in</strong>ausgedrängt werden.<br />

Als zweiten Faktor nannte Dr. Kam<strong>in</strong>o den Buddhismus, der sich im Lauf der Jahrhunderte<br />

mit dem Sh<strong>in</strong>toismus verband, nie aber gegen ihn kämpfte. Der Buddhismus brachte die<br />

Überzeugung, daß unsere zeitlich begrenzte leibliche Existenz nicht so bedeutend ist, wie<br />

wir heute im Westen glauben. Das Vertrauen <strong>in</strong> das eigene Schicksal gibt vielen Japanern<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Ruhe, um die sie oft beneidet werden.<br />

Für Dr. Kam<strong>in</strong>o ist außerdem der „Bushido“, der „Weg des Kriegers“ noch heute <strong>in</strong> Japan<br />

allgegenwärtig. Obgleich es sich um e<strong>in</strong>en Verhaltenskodex für e<strong>in</strong>e begrenzte Gruppe des<br />

Volkes handelte, s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Werte <strong>in</strong>s Volk „abgesunken“ und werden noch immer gelebt.<br />

E<strong>in</strong>e Rolle mag auch spielen, dass es sich bei den besonders betroffenen Gebieten um<br />

Landstriche <strong>in</strong> Japan mit e<strong>in</strong>er eher bäuerlichen Bevölkerung handelte, bei denen diese<br />

Werte noch stärker vorhanden s<strong>in</strong>d als z.B. <strong>in</strong> den Großstädten. Dies war auch e<strong>in</strong>e der<br />

vielen Fragen, die im Anschluss an den Vortrag an Herrn Dr. Kam<strong>in</strong>o gestellt wurden: wie<br />

weit e<strong>in</strong>e solche Haltung im modernen Japan überhaupt noch wirken kann, und ob es nicht<br />

gerade die Wucht der Katastrophe war, die die Menschen <strong>in</strong> ihrer Not darauf zurückgreifen<br />

ließ.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 12


8.<br />

Pucc<strong>in</strong>i und die Geishas<br />

<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von Herbert<br />

Eichele am 21. März 2011<br />

Wer davon überzeugt ist, die „Madama Butterfly“ von Giacomo Pucc<strong>in</strong>i gut zu kennen –<br />

schließlich ist sie e<strong>in</strong>e der bekanntesten Opern der Welt -, hätte sich den Vortrag von Herrn<br />

Eichele anhören sollen. Immerh<strong>in</strong> besuchten zahlreiche Mitglieder der DJG diesen<br />

Vortragsabend und kehrten mit zahlreichen neuen<br />

Informationen, Hör- und Bildbeispielen nach Hause zurück.<br />

Herr Eichele rekapitulierte zuerst den Ablauf der Geschichte, die<br />

die Oper bildet, und ihre Entstehung, die auf dem<br />

Zusammenspiel zahlreicher Zufälle beruhte. (Heute kann man<br />

sich nicht mehr vorstellen, dass die erste Aufführung e<strong>in</strong> Flop<br />

war). Das herausragende Besondere an der Oper ist wohl, dass<br />

Pucc<strong>in</strong>i dabei orig<strong>in</strong>al japanische Tonfolgen e<strong>in</strong>flocht, die er<br />

unter anderem bei Besuchen der Frau des japanischen<br />

Botschafters auf Schallplatten hörte, die zu den ersten ihrer Art<br />

gehörten. Schwieriger war es sicher für ihn als Komponist, sich<br />

<strong>in</strong> die Gefühlswelt e<strong>in</strong>er Japaner<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zuleben. Zufällig trat<br />

damals auch <strong>in</strong> Italien die ehemalige Geisha Sadayakko<br />

Kawakami auf, die als erste mit ihrer Truppe durch Europa reiste<br />

und viel Aufsehen erregte. Außer der Frau des Botschafters und<br />

der Schauspieler<strong>in</strong> wird Pucc<strong>in</strong>i ke<strong>in</strong>e anderen Japaner<strong>in</strong>nen<br />

gesehen haben. Se<strong>in</strong>e Madama Butterfly spiegelt deshalb auch den Geschmack der Zeit, der<br />

vom „Japonismus“, der schwärmerischen Spiegelung Japans <strong>in</strong> der europäischen Kultur,<br />

geprägt war.<br />

So wie Pucc<strong>in</strong>i bei der Musik japanische Tonfolgen benutzte, die er aus unterschiedlichen<br />

Quellen entnahm, so ist auch das Bild der unglücklichen Cho-cho-san aus verschiedenen<br />

Episoden zusammengestückelt, von denen er Kenntnis bekam. Denn nach der Öffnung<br />

Japans war es für europäische Männer durchaus e<strong>in</strong>fach, sich bei e<strong>in</strong>em Aufenthalt <strong>in</strong> Japan<br />

e<strong>in</strong>e „Frau auf Zeit“ zu leisten. Nur selten erfuhr die Öffentlichkeit etwas von den Frauen,<br />

die davon betroffen waren. Herr Eichele erzählte also von den verschiedenen Affären,<br />

angefangen mit Toj<strong>in</strong> O-Kichi, die e<strong>in</strong>e kurze Zeit lang Townsend Harris, den ersten<br />

amerikanischen Gesandten, pflegte und später Selbstmord beg<strong>in</strong>g. Oder von dem<br />

französischen See-Offizier Pierre Loti, der dieses Genre mit se<strong>in</strong>en Romanen bekannt<br />

machte.<br />

Es gibt sehr viele Theorien, welche Frau letztendlich das wirkliche Vorbild für Madama<br />

Butterfly war, aber das Rätsel wird sich nie mehr lösen lassen. Herr Eichele schenkte dafür<br />

mit se<strong>in</strong>en zahlreichen Bildern, seltenen Photos sowie den Hörbeispielen aus der Oper den<br />

Zuhörern e<strong>in</strong>en genussreichen Abend, der begeistert angenommen wurde.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 13


9.<br />

Jugendreise nach Nara<br />

E<strong>in</strong> Bericht von Dr. Oliver Schön über die Reise vom 31.03. bis<br />

zum 15.04.2012<br />

Die zweite Jugendreise der <strong>Deutsch</strong>-<strong>Japanische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> e.V. zu der<br />

Partnergesellschaft <strong>in</strong> Nara fand <strong>in</strong> den Osterferien dieses Jahres statt. 10 Jugendliche<br />

zwischen 16 und 22 Jahren s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>sam mit dem Präsidenten der DJG, Dr. Oliver<br />

Schön, <strong>in</strong> die traditionsreiche Kle<strong>in</strong>stadt Nara <strong>in</strong> der Nähe von Kyoto und Osaka gefahren.<br />

Die Reisezeit war so gelegen, dass sie genau <strong>in</strong> die Kirschblüte fallen sollte. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

begann der Frühl<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Japan dieses Jahr besonders spät, so dass es <strong>in</strong> der ersten Woche<br />

noch sehr kalt war und sich die Kirschblüte erst nach und nach entwickelte. Rechtzeitig<br />

zum dreitägigen Ausflug nach Kyoto hatte sie dann ihren Höhepunkt erreicht, so dass die<br />

Jugendlichen geme<strong>in</strong>sam mit tausenden japanischen Touristen auf dem berühmten<br />

Philosophenweg unter Kirschbäumen wandeln konnten. Der Besuch <strong>in</strong> Kyoto mit se<strong>in</strong>en<br />

Tempeln und E<strong>in</strong>-kaufsmöglichkeiten war der unumstrittene Höhepunkt der Reise.<br />

Das Austauschprogramm war von der Partnergesellschaft sehr gut organisiert. Alle<br />

Teilnehmer waren bei japanischen Gastfamilien untergebracht und haben so e<strong>in</strong>en guten<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Leben e<strong>in</strong>er japanischen Familie gew<strong>in</strong>nen können. Das Programm war<br />

auch abwechslungsreich. Neben e<strong>in</strong>em Besuch <strong>in</strong> dem Tempel Daianji, wo die Japanisch-<br />

<strong>Deutsch</strong>e <strong>Gesellschaft</strong> Nara ihren Stammsitz hat, waren auch e<strong>in</strong>e Stadtführung zu den<br />

Sehenswürdigkeiten im Nara-Park und zu dem <strong>in</strong> den letzten Jahren renovierten Stadtteil<br />

„Nara-machi“ auf dem Programm. Dies war besonders <strong>in</strong>teressant, da dabei e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />

zahlreiche typisch japanische Traditionen gegeben wurde. Dafür eignet sich Nara<br />

besonders gut, weil dort noch viele Traditionen gepflegt werden, die <strong>in</strong> den größeren<br />

Städten bereits verschwunden s<strong>in</strong>d. Neben Besuchen <strong>in</strong> Osaka und <strong>in</strong> Kyoto gab es auch<br />

exotische Beschäftigungen, wie Takuhon (Anfertigen von Tuscheabdrucken), e<strong>in</strong> Tusche-<br />

Kurs und japanisches Bogenschießen.<br />

Bis auf e<strong>in</strong>e Ausnahme war es für die Teilnehmer der erste Aufenthalt <strong>in</strong> Japan. Mit der<br />

freundlichen Aufnahme durch unsere Partnergesellschaft <strong>in</strong> Nara und das zum<strong>in</strong>dest<br />

zuletzt frühl<strong>in</strong>gshafte Wetter mit herrlicher Kirschblüte kann es als e<strong>in</strong> gelungener E<strong>in</strong>stieg<br />

bezeichnet werden. Hoffentlich können wir uns bei e<strong>in</strong>em Gegenbesuch durch die JDG<br />

Nara im nächsten Jahr für die Gastfreundschaft der japanischen Partnergesellschaft<br />

erkenntlich zeigen<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 14


10.<br />

Das Senryū<br />

<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von<br />

Prof. Dr. Peter Pörtner am 23. April im IBZ.<br />

Das senryū ist – e<strong>in</strong>fach gesagt - e<strong>in</strong>e der japanischen Gedichtformen. Allerd<strong>in</strong>gs ist es im<br />

Ausland nicht so populär geworden wie das haiku, das auch <strong>in</strong>nerhalb der DJG besonders<br />

gepflegt wird. Dabei entstammt es der näheren Umgebung des haiku und besitzt wie dieses<br />

die gleiche dreizeilige Form von 5-7-5 Silben. Als Fachmann hat uns Herr Prof. Pörtner<br />

gleich darüber aufgeklärt, dass man eigentlich nicht von Silben sprechen kann, sondern<br />

dass es sich um „Moren“ handelt, Spreche<strong>in</strong>heiten. <strong>Japanische</strong> Vokallängungen und<br />

Konsonantenverdoppelungen haben deshalb e<strong>in</strong>e eigene Zählung. Haikus besitzen also<br />

e<strong>in</strong>e eigene strenge Form, die bekannteste Eigenheit ist das „Jahreszeitenwort“. Das senryū<br />

ähnelt zwar dem haiku, allerd<strong>in</strong>gs ist der Bezug zu Jahreszeiten nicht notwendig, denn<br />

zum Ziel nimmt es sich eher menschliches Verhalten. Deshalb kann man e<strong>in</strong>en<br />

humorvollen, mitfühlenden oder sogar spöttischen Ton daraus hören. Auch leichte Kritik<br />

an den Zuständen des Landes schimmert gelegentlich durch; aber der Inhalt war nie<br />

bösartig.<br />

Entstanden ist es im 18. Jahrhundert. Senryū („die Weide am Fluss“) war der Dichtername<br />

von Karai Hachiëmon (1718-1790), der se<strong>in</strong>en Beamtenstatus aufgab, um als „Reimerichter“<br />

zu wirken. Im 18. Jahrhundert gab es <strong>in</strong> der Hauptstadt Edo zahlreiche Dichterzirkel, und<br />

wer nicht e<strong>in</strong>em Zirkel angehörte, dichtete trotzdem. Er gab se<strong>in</strong>en Schülern „maeku“<br />

(„Vorverse“) vor, auf die dann <strong>in</strong> entsprechender oder überraschend anderer Form e<strong>in</strong><br />

senryū als Antwort gedichtet werden musste. Manchmal wurden diese Vorverse auch wie<br />

e<strong>in</strong>e Antwort auf e<strong>in</strong>e Aussage an den Schluss gestellt und ergaben e<strong>in</strong>e unerwartete<br />

Po<strong>in</strong>te. Das Ergebnis war dann witzig, poetisch oder vielschichtig und setzte zudem e<strong>in</strong>e<br />

große Vertrautheit mit der Literatur voraus. Es war e<strong>in</strong>e Gedichtform für Kenner und<br />

Liebhaber der Poesie. Die 5-7-5 Silbenfolge des haiku und senryū und die 7-7 Silbenfolge<br />

des maeku s<strong>in</strong>d sehr rhythmisch und e<strong>in</strong>gängig. Beide entsprechen der japanischen<br />

Sprache mit ihren vielen Möglichkeiten der spielerischen Anwendung und ihrer<br />

Vieldeutigkeit.<br />

Herr Prof. Pörtner hat uns viele Gedichte mit höchst unterschiedlichem Inhalt vorgetragen.<br />

Die Übersetzung <strong>in</strong>s <strong>Deutsch</strong>e war dann <strong>in</strong>haltlich genau, klang aber holprig. Woraus folgt,<br />

dass die Übertragung dieser Gedichtformen <strong>in</strong> andere Sprachen nicht ganz e<strong>in</strong>fach ist. Da<br />

aber die Silbenzahl nicht als das e<strong>in</strong>zige Kriterium gilt, ist der Anwendung auch <strong>in</strong> der<br />

deutschen Sprache nichts <strong>in</strong> den Weg gelegt.<br />

Das alles mag kompliziert kl<strong>in</strong>gen, aber <strong>in</strong> der Vortragsweise von Herrn Prof. Pörtner war<br />

davon nicht viel zu merken. Und so war der Abend e<strong>in</strong> Vergnügen für die zahlreichen<br />

<strong>in</strong>teressierten Zuhörer.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 15


11.<br />

Die Kraft der Bündelung der Energien<br />

E<strong>in</strong> <strong>Rückblick</strong> von Karlhe<strong>in</strong>z Reichenstetter auf den Vortrag von<br />

Soke Keido Yamaue am 27. April 2012<br />

Der Mensch zwischen Sonne und Erde, der Mensch aber auch als Teil se<strong>in</strong>er Umgebung, im<br />

Fluss der Energieströme. Energie aufnehmend und weitergebend, Energie zur eigenen<br />

Heilung und Genesung bei Krankheiten, aber auch zur Abwehr von Gefahr.<br />

Soke Keido Yamaue, der Großmeister, Kampfkünstler und Lehrer, vermittelte am Abend<br />

des 27. April im Münzkab<strong>in</strong>ett der Residenz<br />

München e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>teressiert und<br />

aufmerksam lauschenden Publikum die<br />

Geheimnisse se<strong>in</strong>er von ihm begründeten<br />

Variante des <strong>Japanische</strong>n Kampfsports<br />

Aikijutsu, die auch se<strong>in</strong>en Namen trägt:<br />

Yamaue Ryu Aiki Jutsu. Chi (Ki) gong ( 气 功<br />

oder 氣 功 ) entstammt ursprünglich der<br />

ch<strong>in</strong>esischen Praxis, Energie (Chi)<br />

aufzunehmen, auf e<strong>in</strong>e ausgewogene Weise<br />

zu beherrschen und bei Bedarf aus der<br />

aufgenommenen und im eigenen Körper<br />

„gespeicherten“ Energie Kraft zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Dass dazu aber auch menschliche Intelligenz<br />

benötigt wird, wird von Kaido Yamaue<br />

besonders betont. Nicht dem Körper ist zu<br />

vertrauen, sondern dem Verstand, denn<br />

wenn der Mensch auch altert und damit<br />

schwächer wird, so ist se<strong>in</strong> Verstand doch<br />

stärker geworden. „Verlasse dich nicht auf<br />

de<strong>in</strong>en Körper, vertraue de<strong>in</strong>em Verstand“.<br />

Diese Auffassung hat für Keido Yamaue e<strong>in</strong>e<br />

große Bedeutung gewonnen. Se<strong>in</strong> von ihm entwickeltes Yamaue Ryu Aiki Jutsu basiert<br />

darauf.<br />

Die Bedeutung des Verstandes erklärt Kaido Yamaue mit Wellen, die vom Gehirn<br />

ausgehen (bra<strong>in</strong> waves). Der Verstand steuert und kontrolliert den Körper, ähnlich wie<br />

Wärmestrahlen, die der Körper fühlt und deren Energie er aufnimmt. Energie wird<br />

weitergeleitet: Durch die Berührung mit der Handfläche kann Energie zur Heilung<br />

beitragen oder e<strong>in</strong> möglicher Gegner abgewehrt werden.<br />

Doch wie lässt sich Energie gew<strong>in</strong>nen? Der Schlaf ist e<strong>in</strong>e wichtige Quelle, Meditation e<strong>in</strong>e<br />

andere. Der Religion misst Keido Yamaue hier ke<strong>in</strong>e große Bedeutung zu.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 16


Er unterteilt die Gehirnwellen <strong>in</strong> verschiedene Kategorien (bra<strong>in</strong> activities), die auch den<br />

Zustand des Gehirns wiedergeben: E<strong>in</strong> „klarer“ Kopf, wie wir sagen würden, oder – im<br />

gegenteiligen Fall - e<strong>in</strong> „schläfriger“ Kopf. E<strong>in</strong> klarer Kopf sendet Ki-Wellen aus. Es gibt<br />

aber auch Wellen, die e<strong>in</strong>em Chaos im Kopf entstammen, etwa <strong>in</strong> Ausnahmefällen. Diese<br />

Energie ist dann sehr mächtig, aber nicht kontrollierbar. Menschen können damit<br />

körperliche Leistungen hervorbr<strong>in</strong>gen, derer sie sonst nie fähig wären.<br />

Nur Ki-Wellen übertragen demnach Energie, die uns nützen kann. Dazu muss der<br />

Verstand entsprechend vorbereitet se<strong>in</strong>, er muss zuvor <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Zustand versetzt worden<br />

se<strong>in</strong>, so dass diese Wellen ausgesendet werden können. Der normale Mensch bef<strong>in</strong>det sich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand der „geistigen Ausgewogenheit“. Er benützt se<strong>in</strong>e Energie ohne andere<br />

Menschen zu schädigen. Liebe ist mit Kraft verbunden, ja mit ihr verwandt. Gewalt jedoch<br />

nicht.<br />

Ich will, ich muss, ich kann: Vom Gehirn ausgehend wird e<strong>in</strong> Zwang ausgelöst, der letztlich<br />

die Kraft freisetzt, etwas zu tun. Fehlt e<strong>in</strong>er dieser drei Teile oder Stufen, kann der<br />

Energiefluss nicht funktionieren.<br />

Zen Meditation ist die optimale Voraussetzung um Energie zu gew<strong>in</strong>nen. Sie br<strong>in</strong>gt den<br />

Verstand <strong>in</strong> die notwendige Ausgeglichenheit. Keido Yamaue hat hier e<strong>in</strong> paar praktische<br />

Hilfsmittel für den „modernen“ Menschen: Still h<strong>in</strong>setzen, e<strong>in</strong>e Viertelstunde ganz ruhige<br />

Musik hören, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Bild betrachten oder e<strong>in</strong>e ruhige Landschaft.<br />

Keido Yamaue hat auch e<strong>in</strong> paar se<strong>in</strong>er Schüler mitgebracht. Obwohl e<strong>in</strong>en Kopf größer<br />

und sichtlich auch sehr viel gewichtiger, reichen e<strong>in</strong> paar wenige Handgriffe und<br />

Bewegungen aus, diese starken Männer buchstäblich „<strong>in</strong> die Knie“ zu zw<strong>in</strong>gen. Für uns<br />

ungläubige Zuschauer äußerst erstaunlich und e<strong>in</strong>drucksvoll. Und als dann auch noch<br />

e<strong>in</strong>ige Zuschauer unter Anleitung von Soke Yamaue ihre Energie bündeln und so der<br />

Stärke se<strong>in</strong>er Schüler spielend widerstehen, ist die Überraschung und Begeisterung groß.<br />

Am Ende des Vortrags und nach den kle<strong>in</strong>en Kampfe<strong>in</strong>lagen ist der kle<strong>in</strong>e Bibliothekssaal<br />

des Münzkab<strong>in</strong>etts fühlbar von Energie angefüllt. Die Zuhörer und Zuschauer s<strong>in</strong>d<br />

begeistert. E<strong>in</strong> langanhaltender Beifall beschließt den spannend und abwechslungsreich<br />

gehaltenen Abend. Alle s<strong>in</strong>d sich e<strong>in</strong>ig – Soke Yamaue ist jederzeit wieder herzlich<br />

willkommen.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 17


12.<br />

Die Privatisierung<br />

der japanischen Staatsbahn<br />

<strong>Rückblick</strong> von Jürgen Betten auf den Vortrag von Gregor Leister<br />

am 8. Mai 2012 im IBZ<br />

In e<strong>in</strong>em spannenden und <strong>in</strong>teressanten Vortrag hat der Referent die Bahnprivatisierung <strong>in</strong><br />

Japan erläutert und dabei auch e<strong>in</strong>ige Bezüge zur Bahnprivatisierung <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land hergestellt.<br />

Der Referent, Richter am Landgericht München I, stammt aus e<strong>in</strong>er alten<br />

Eisenbahnerfamilie, <strong>in</strong> der schon beide Großväter als<br />

Eisenbahnbeamte tätig waren. Er ist mit 11 Jahren, also <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Alter, <strong>in</strong> dem viele Jungen „Eisenbahner“ werden<br />

wollen, für 3 Jahre mit der Familie nach Tokyo gezogen und<br />

hat dort die deutsche Schule besucht. Nach dem Jurastudium<br />

war er erneut für 2 Jahre <strong>in</strong> Tokyo.<br />

Zum E<strong>in</strong>stieg wurde die Geschichte der Eisenbahn <strong>in</strong> Japan<br />

dargestellt, die 1872 mit der Strecke Tokyo – Yokohama auf der<br />

englischen Kapspur (Schmalspur) begann. Die Engländer<br />

hatten sich – gegen die Amerikaner – als Berater durchgesetzt<br />

und lieferten auch die ersten Dampfloks. Die 1906/07<br />

verstaatlichte japanische Bahn fuhr – nach ihrer Ausgliederung<br />

als JNR (Japan National Railway) aus dem<br />

Eisenbahnm<strong>in</strong>isterium – von 1949-1964 noch kostendeckend. Erst ab 1964 geriet sie <strong>in</strong> die<br />

Verlustzone, was <strong>in</strong> den Folgejahren zu Qualitätsmängeln, jährlichen Preiserhöhungen ab<br />

1977, „illegalen“ Streiks und e<strong>in</strong>em zunehmenden Vertrauensverlust bei der Bevölkerung<br />

führte. Dabei wurde die JNR auch von der Politik „missbraucht“. Sie hatte zu viel Personal,<br />

da sie nach dem 2. Weltkrieg u.a. viele Kriegsveteranen und aus dem Ausland<br />

zurückgekehrte Japaner aufnehmen musste. Obwohl Japan als e<strong>in</strong> „längliches“ Land gut<br />

für die Eisenbahn geeignet ist, wuchsen die Verluste und es kam auch zu schweren<br />

Unfällen. Dagegen zeigten die Privatbahnen, wie z.B. Seibu, wie man Gew<strong>in</strong>n macht,<br />

<strong>in</strong>dem man sich selbst die Kunden schafft: durch Bau von Wohnungen, Hotels und<br />

Kaufhäusern, die durch die Eisenbahn mit den Zentren verbunden werden. So wurde auch<br />

der gerade fertiggestellte Tokyo Sky Tree (mit 300 Läden, Restaurants, Planetarium und<br />

Aquarium) zu e<strong>in</strong>em großen Teil von der Eisenbahngesellschaft Tobu f<strong>in</strong>anziert, die<br />

natürlich auch über e<strong>in</strong>e Eisenbahnl<strong>in</strong>ie zum neuen Tokyo Sky Tree verfügt. Mit dem 1.<br />

April 1987 hat sich das Gesicht der staatlichen Eisenbahn <strong>in</strong> Japan vollkommen gewandelt.<br />

Die JNR wurde privatisiert und <strong>in</strong> 7 private <strong>Gesellschaft</strong>en aufgespalten: davon sechs<br />

Personentrans-portgesellschaften JR Hokkaido, JR East, JR Central (Tokai), JR West, JR<br />

Shikoku, JR Kyushu und e<strong>in</strong>e Gütertransportgesellschaft JR Freight.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 18


Der Referent hat umfassend die wirtschaftlichen und sozialen H<strong>in</strong>tergründe der sehr<br />

erfolgreichen Privatisierung der japanischen<br />

Staatsbahn geschildert. Die Welt war<br />

erstmals 1964 auf die japanische Eisenbahn<br />

aufmerksam geworden, als rechtzeitig zu<br />

den Olympischen Spielen <strong>in</strong> Tokyo der erste<br />

Sh<strong>in</strong>kansen von Tokyo nach Osaka auf<br />

e<strong>in</strong>em separaten Hochgeschw<strong>in</strong>digkeitsnetz<br />

(mit Normalspur) fuhr. Bei der Privatisierung<br />

wurde das Sh<strong>in</strong>kansen-Netz im<br />

Wesentlichen von den 3 Honshu-<br />

<strong>Gesellschaft</strong>en (JR East, JR Central und JR<br />

West) vom Staat „abgekauft“, und es läuft<br />

<strong>in</strong>zwischen hoch profitabel.<br />

Die Altlasten der japanischen Staatsbahn trägt der japanische Staat mit der staatlichen<br />

Auffanggesellschaft JNR Settlement Corp. (JNR SC), die auch Vorbild für das deutsche<br />

Bundeseisenbahnvermögen (BEV) nach der Wiedervere<strong>in</strong>igung war. Freiwerdende<br />

Grundstücke sollten für den Schuldenabbau sorgen, was aber durch verzögerten Verkauf<br />

nach der Bubble Keiki nicht geglückt ist. Heute ist die <strong>in</strong> den Regionen Tohoku, Kanto und<br />

Kosh<strong>in</strong>´etsu tätige JR East die weltweit größte Bahngesellschaft, die durch die<br />

Dreifachkatastrophe und <strong>in</strong>sbesondere das Nachbeben am 7.4.2011, bei dem große Schäden<br />

an Betonmasten für die Oberleitungen auftraten, schwer getroffen wurde. Festzustellen ist<br />

jedoch, dass das Erdbeben-Vorwarnsystem voll funktioniert hat.<br />

Das Schienennetz ist <strong>in</strong> Japan sehr ausgelastet. Pro Bahnkilometer werden täglich mehr als<br />

46.000 Fahrgäste befördert. In <strong>Deutsch</strong>land s<strong>in</strong>d es dagegen knapp 5.000 Fahrgäste. Alle<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Sh<strong>in</strong>juku gibt es täglich über 3 Millionen Passagiere (der MVG München kommt auf<br />

täglich 1,37 Millionen). Dies erklärt auch, dass die Bahnen <strong>in</strong> Japan hoch profitabel s<strong>in</strong>d<br />

und es seit 1987 ke<strong>in</strong>e Preiserhöhungen mehr gegeben hat.<br />

Die Sh<strong>in</strong>kansen-Züge fahren derzeit mit e<strong>in</strong>er Geschw<strong>in</strong>digkeit von bis zu 300 km/h und<br />

werden ab Frühjahr 2014 auf bis zu 320 km/h beschleunigen. Bemerkenswert ist dabei,<br />

dass es beim Sh<strong>in</strong>kansen bislang noch ke<strong>in</strong>en tödlichen Unfall gab. Auch deutsche Zulieferer<br />

kommen beim Sh<strong>in</strong>kansen zum Zuge: So liefert z.B. die Firma Knorr-Bremse, mit<br />

Hauptsitz <strong>in</strong> München-Milbertshofen, Bremssysteme für den Sh<strong>in</strong>kansen sowohl für die<br />

neueste Generation E6 als auch für die Vorgängergeneration E5, und zwar an die JR East.<br />

Der Vortrag über dieses sehr spezielle Thema fand viele <strong>in</strong>teressierte Zuhörer und er wurde<br />

abgerundet von e<strong>in</strong>er lebhaften Diskussion, an der sich auch zwei Jungen im<br />

„Eisenbahneralter“, die e<strong>in</strong>ige Zeit <strong>in</strong> Japan gelebt haben, mit klugen Beiträgen beteiligten.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 19


13.<br />

Zwischenbilanz(en) –<br />

E<strong>in</strong> Jahr nach Fukushima<br />

Vortrag von Dr. Matthias Koch, Freie Universität Berl<strong>in</strong>, am<br />

10.05.2012 im Institut für Ostasienkunde, München<br />

Im Zentrum des Vortrages steht die Frage nach Kont<strong>in</strong>uität und Wandel der japanischen<br />

Kernenergiepolitik vor und nach „Fukushima“. Japan und die Welt ziehen Zwischenbilanz<br />

nach den Naturereignissen vom 11. März 2011.<br />

Was s<strong>in</strong>d die Gründe und Ursachen sowie die Folgen des Fukushima-Nuklearunfalls? Was<br />

ist vom Krisenmanagement zu halten? Was passiert mit den von der Dreifachkatastrophe<br />

direkt und <strong>in</strong>direkt betroffenen Menschen? Wer trägt die Verantwortung für den<br />

Nuklearunfall? Wer zahlt die Kosten und kommt für Entschädigungen auf? Wie kommen<br />

die Dekontam<strong>in</strong>ierungsarbeiten voran? Wie ist der aktuelle Stand der Diskussionen zur<br />

Revision der Grundzüge der Kernenergiepolitik <strong>in</strong> Japan? Setzt die japanische Regierung,<br />

wie <strong>in</strong> der Vor-Fukushima-Zeit, offen und offensiv auf die Unterstützung von<br />

Nukleartechnologieexport? Läutet Fukushima das Ende der Kernenergie <strong>in</strong> Japan e<strong>in</strong> oder<br />

leuchtet am Ende des Tunnels e<strong>in</strong>e Renaissance der Kernenergie <strong>in</strong> Gestalt von<br />

Kernreaktoren der 4. Generation? Mit welchen Ländern unterhält Japan<br />

Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen auf dem Gebiet der Kernenergie, mit welchen Ländern<br />

verhandelt es gerade? Verfolgt Japan noch das Ziel e<strong>in</strong>er geschlossenen nationalen<br />

Brennstoffkette?<br />

Viele Menschen fragen sich: War die Dreifachkatastrophe wirklich unvorstellbar und<br />

jenseits aller Erwartungen? Was bedeutet sicher im Rahmen e<strong>in</strong>er probabilistischen<br />

Sicherheitsanalyse und wie vernachlässigbar ist das nukleare Restrisiko wirklich? Was<br />

passiert <strong>in</strong> Japan, wenn Anfang Mai 2012 auch der letzte der 54 kommerziellen<br />

Leistungsreaktoren abgeschaltet ist? Der Vortrag versucht, auf diese Fragen e<strong>in</strong>e Antwort<br />

zu geben und wagt e<strong>in</strong>e vorsichtige Prognose zu den ersten Amtshandlungen der seit April<br />

2012 neu organisierten japanischen Atomaufsicht.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 20


14.<br />

„Japan - ke<strong>in</strong> Markt für das schnelle Geld“<br />

<strong>Rückblick</strong> auf den ersten Japan-Wirtschaftstag <strong>in</strong> Rosenheim<br />

am 16. Mai 2012<br />

Japaner gelten als die anspruchsvollsten Kunden der Welt - e<strong>in</strong> Grund, warum die<br />

Wirtschaft im Freistaat im Export nach Japan große Potentiale sieht. Schließlich steht "made<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>" für hohe Qualität. Mut, den E<strong>in</strong>tritt auf diesen asiatischen Markt zu wagen,<br />

verbreitete der erste Japan-Wirtschaftstag <strong>in</strong> Rosenheim.<br />

Mit Ichikawa verb<strong>in</strong>det Rosenheim e<strong>in</strong>e<br />

Städtepartnerschaft, die bisher vor allem<br />

kulturell und gesellschaftlich mit Leben<br />

erfüllt wurde. Jetzt - e<strong>in</strong> Jahr nach der<br />

verheerenden Dreifach-Katastrophe <strong>in</strong> der<br />

Region Fukushima - ist die Zeit nach<br />

Überzeugung von Oberbürgermeister<strong>in</strong><br />

Gabriele Bauer reif, die wirtschaftlichen<br />

Kontakte zu vertiefen. Auch der japanische<br />

Generalkonsul <strong>in</strong> München, Akira<br />

Mizutani, war zur Premiere gekommen, zu<br />

der Stadt und Stadtmarket<strong>in</strong>g sowie<br />

Sparkasse Rosenheim-Bad Aibl<strong>in</strong>g <strong>in</strong>s Sparkassen-Hochhaus e<strong>in</strong>geladen hatten. Er<br />

begrüßte, dass <strong>Deutsch</strong>land und Japan auf regionaler wirtschaftlicher Ebene enger<br />

zusammenrücken wollen.<br />

Japan als weltweit drittgrößte Volkswirtschaft besitzt nach Überzeugung von Bauer viel<br />

Potenzial für die oberbayerische Wirtschaft. Japan erwarte heuer e<strong>in</strong> Wachstum von 2,3<br />

Prozent, locke mit hohen Margen. Die Bürger würden sich verstärkt für europäische<br />

Produkte <strong>in</strong>teressieren. Und es gebe Wachstumsmärkte wie die erneuerbaren Energien, den<br />

energieeffizienten Gebäudebau, die Lebensmittelbranche und den Masch<strong>in</strong>enbau, <strong>in</strong> denen<br />

regionale Unternehmen punkten können. Wie der Markte<strong>in</strong>tritt gel<strong>in</strong>gt, erläuterten 100<br />

Gästen renommierte Experten, die beim Wirtschaftstag, moderiert vom früheren<br />

Stadtdirektor Diethard Sch<strong>in</strong>zel, praktische Tipps vermittelten - samt <strong>in</strong>teressanter<br />

Erfahrungsberichte aus den Führungsebenen heimischer Firmen, die <strong>in</strong> Japan aktiv s<strong>in</strong>d.<br />

"Wer es <strong>in</strong> Japan schafft, schafft es überall": Diese Überzeugung teilt Achim Gabor,<br />

Vorstandsvorsitzender der Gabor Shoes AG. Seit 18 Jahren verkauft se<strong>in</strong> Unternehmen <strong>in</strong><br />

Japan erfolgreich Schuhe. Ke<strong>in</strong> anderes Land br<strong>in</strong>gt nach Erfahrungen Gabors e<strong>in</strong>er hohen<br />

Qualität so viel Wertschätzung entgegen. Auch Konrad Irlbacher, der pro Jahr 10 000 Räder<br />

se<strong>in</strong>er Marke Corratec auf dem japanischen Markt verkauft, spricht von "positiven<br />

Erfahrungen". Nur e<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>s könne e<strong>in</strong> deutsches Produkt oft nicht e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

Corratec musste für den japanischen Markt beispielsweise zwei kle<strong>in</strong>ere Fahrradgrößen<br />

entwickeln. Informationen aus der Praxis gab es auch von Dr. Helmut Schwarz, Werkleiter<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 21


der Krones AG <strong>in</strong> Rosenheim. Der stark exportorientierte Anlagenbauer für die<br />

Getränke<strong>in</strong>dustrie wies auch auf e<strong>in</strong> anderes Konsumentenverhalten <strong>in</strong> Japan h<strong>in</strong>: Hier<br />

werden Getränke nicht kistenweise, sondern <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>zeln gekauft. Der Kunde<br />

besitze hohe Ansprüche, was Sauberkeit und Hygiene der Produkte im Regal angehe,<br />

bestätigte Jürgen Schmid von SKW East Asia. Andere Kriterien gelten auch beim<br />

Wachstumsmarkt Hausbau, berichtete Norbert Baumann (Ecotransfer), der Komponenten<br />

für Niedrig- und Passivenergiehäuser nach Japan verkauft. E<strong>in</strong>e dreiköpfige Familie lebe <strong>in</strong><br />

der Regel nur auf etwa 34 Quadratmetern. Bereits seit 35 Jahren <strong>in</strong> Japan aktiv ist die<br />

Meggle AG mit Sitz <strong>in</strong> Wasserburg. Geschäftsführer Drs. Sil H. van der Ploeg sieht auch auf<br />

dem dortigen Lebensmittelmarkt großen Bedarf für Produkte aus <strong>Bayern</strong>s Milchregion.<br />

Doch der geschäftliche Erfolg stellt sich nur e<strong>in</strong>, wenn auch die Kultur berücksichtigt wird,<br />

zog der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibl<strong>in</strong>g, Alfons Maierthaler,<br />

als Fazit. Denn alle Asien-Experten unterstrichen die Notwendigkeit, die japanische<br />

Tradition und Denkweise <strong>in</strong> unternehmerische Tätigkeiten e<strong>in</strong>zubeziehen: Wichtig seien<br />

enge persönliche Kontakte zum lokalen Management und e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Kommunikation -<br />

auch <strong>in</strong> Japanisch. "Außerdem Geduld", betonte Krones-Werksleiter Schwarz - e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>schätzung, die Lüder Paysen, Vorstandsmitglied der deutsch-japanischen <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, teilte: "Japan ist ke<strong>in</strong> Markt für das schnelle Geld, hier hat nur Erfolg, wer<br />

langfristige Strategien entwickelt." Dabei hilft der deutsch-japanische Wirtschaftskreis, den<br />

Geschäftsführer<strong>in</strong> Julia Hollmann vorstellte. Japan-Experten wie Hajime Takatsuka,<br />

Direktor von Invest Japan, Marcus Schürmann, stellvertretender Delegierter der <strong>Deutsch</strong>en<br />

Wirtschaft <strong>in</strong> Japan, M<strong>in</strong>isterialrat Arm<strong>in</strong> Schwimmbeck vom bayerischen<br />

Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium und der Asienfachmann der IHK für München und Oberbayern,<br />

Johannes Huber, sprachen über Förderprogramme und Instrumentarien der<br />

Außenwirtschaft. Die Hochschule Rosenheim unterstützt laut Präsident Professor He<strong>in</strong>rich<br />

Köster bereits im Studium deutsch-japanische Kontakte und pflegt den<br />

Professorenaustausch. Ähnlich <strong>in</strong>ternational aktiv ist die Fachhochschule Kufste<strong>in</strong>, so<br />

Professor Dr. Thomas Madritsch.<br />

15.<br />

Private Fotografie <strong>in</strong> Japan<br />

E<strong>in</strong> Vortrag von Katja Ferstl am 08.06.2012<br />

Der Vortrag beschäftigt sich mit den Fragen, seit wann private Fotopraktiken <strong>in</strong> Japan<br />

Bestand haben und wie sie sich entwickelt haben. Der kurze chronologische Überblick zur<br />

Entfaltung privater Fotografie <strong>in</strong> Japan erstreckt sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 22


16.<br />

Mitgliederversammlung<br />

Rückschau von Dr. Andrea Hirner<br />

Etwa 50 Mitglieder fanden sich zur Mitgliederversammlung am 11. Juni 2012 e<strong>in</strong>, um dem<br />

ersten Bericht des neuen Präsidenten Dr. Schön zu lauschen, der die letzten acht Monate<br />

Revue passieren ließ. Zuvor stellte er Frau Vizekonsul<strong>in</strong> Yamada vom <strong>Japanische</strong>n<br />

Generalkonsulat vor, die e<strong>in</strong>ige Worte der Begrüßung sprach.<br />

Das vergangene Jahr hat wegen der zahlreichen Veranstaltungen zu den beiden Jubiläen<br />

e<strong>in</strong>en erhöhten Umsatz der <strong>Gesellschaft</strong> von etwa 85.000 Euro gebracht. Das wird sich, wie<br />

Herr Hasieber, Schatzmeister der <strong>Gesellschaft</strong>, ausführte, <strong>in</strong> diesem normalen Jahr sicher<br />

nicht wiederholen. Dank zahlreicher Spenden von Mitgliedern konnten die erhöhten<br />

Anforderungen gemeistert werden, so dass der letztjährige Haushalt nahezu ausgeglichen<br />

war. Herr Dr. May als Rechnungsprüfer bestätigte die Rechtmäßigkeit aller Buchungen und<br />

dankte Herrn Hasieber für se<strong>in</strong>e genaue Arbeit. Herr Dr. Schön berichtete dann vor allem<br />

über die Hilfsmaßnahmen der <strong>Gesellschaft</strong> nach der dreifachen Katastrophe vom 11. März.<br />

Die e<strong>in</strong>gesammelten Spenden, die <strong>in</strong>zwischen nahezu 200.000 Euro betragen, wurden auf<br />

zwei der besonders betroffenen Städte im Katastrophengebiet verteilt, und zwar an K<strong>in</strong>der,<br />

wie es von Anfang an geplant war. Wir alle hoffen, dass damit das Leid etwas gemildert<br />

werden kann.<br />

Der Präsident dankte anschließend den Vorstandsmitgliedern und den freiwilligen<br />

Helfer<strong>in</strong>nen und Helfern, ohne die die Arbeit <strong>in</strong> der <strong>Gesellschaft</strong> nicht getan werden kann,<br />

für ihren E<strong>in</strong>satz. Er bat nochmals darum, dass sich noch mehr Mitglieder engagieren<br />

sollten, wenn ihnen das zeitlich möglich ist. Mit knapp 800 Mitgliedern s<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong>e große<br />

<strong>Gesellschaft</strong> geworden, und der Arbeitsanfall ist dementsprechend gewachsen. Zur<br />

Entlastung des Arbeitsvolumens bat Herr Hasieber u.a. darum, dass die Mitglieder für die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zugsermächtigung für die Jahresbeiträge ausstellen sollten. Aus dem<br />

gleichen Grund werden ke<strong>in</strong>e Mitgliedsausweise ausgestellt, weil Arbeit und Nutzen <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>em Verhältnis stehen. Darüber gab es zwar e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Diskussion, wie man sich dann<br />

ausweisen kann; aber alle waren sich e<strong>in</strong>ig, dass man sich auf die Ehrlichkeit aller<br />

Mitglieder verlassen könne.<br />

Die Diskussion danach war kurz, da sich bereits alle Gäste auf das Koto-Konzert der jungen<br />

und schönen Meister<strong>in</strong> Fuyuki Enokido freuten, die als kulturelle Botschafter<strong>in</strong> Japans<br />

gerade <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land weilt. Sie wurde von Herrn Generalkonsul Mizutani vorgestellt. Ihr<br />

kraftvolles Spiel überraschte alle Zuhörer. Sie begann mit dem Lied „Sakura“ und spielte<br />

dann noch mehrere Kompositionen, darunter auch eigene. Viele Mitglieder versammelten<br />

sich nach dem Konzert um sie, um ihre Erklärungen zu dem Instrument und zu den<br />

Kompositionen zu hören. Der Abend wurde durch e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en japanischen Imbiss<br />

abgerundet, und die Mitglieder saßen noch längere Zeit gemütlich beisammen<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 23


17.<br />

Ausflug Rothenburg ob der Tauber<br />

Ulrich Hosemann berichtet über das bei japanischen Touristen so<br />

beliebte Reiseziel<br />

An e<strong>in</strong>em herrlichen Sommertag fand am 16. Juni der Busausflug nach Rothenburg ob der<br />

Tauber statt. Die Stadt an der Romantischen Straße gehört seit vielen Jahren bei japanischen<br />

Touristen zu den beliebtesten Reisezielen <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land. Die Teilnehmer des Ausflugs<br />

hatten vormittags die Gelegenheit, die Stadt bei e<strong>in</strong>er Stadtführung näher kennenzulernen.<br />

Nach der Mittagspause empf<strong>in</strong>g Herr Kempter, Tourismusdirektor von Rothenburg von<br />

1986 bis 2008, die Gruppe im historischen Kaisersaal des Rathauses und berichtete über<br />

<strong>in</strong>teressante E<strong>in</strong>zelheiten zwischen Rothenburg ob der Tauber und Japan.<br />

Seit 1995 gibt es e<strong>in</strong>e Städtepartnerschaft mit Uchiko <strong>in</strong> der<br />

Präfektur Ehime auf Shikoku. Der Kontakt zwischen<br />

beiden Städten entstand 1986 als <strong>in</strong> Rothenburg e<strong>in</strong><br />

Denkmalschutzsymposium stattfand.In Rothenburg mit<br />

se<strong>in</strong>en 11.000 E<strong>in</strong>wohner leben und arbeiten 43 Japaner<br />

und haben teilweise hier e<strong>in</strong>geheiratet. Die meisten von<br />

ihnen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Tourismusbranche beschäftigt. Es gab<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch schon e<strong>in</strong>en Japaner, der sich <strong>in</strong> der Stadt<br />

zum Metzger ausbilden ließ und nun <strong>in</strong> der Partnerstadt<br />

Uchiko Wurst herstellt.<br />

Der berühmte japanische Landschaftsmaler Kaii<br />

Higashiyama ließ sich bei se<strong>in</strong>en Bildern von der<br />

Romantischen Straße <strong>in</strong>spirieren und trug <strong>in</strong> Japan so zur<br />

Popularität von Rothenburg bei. Der japanische Kunstprofessor Eichii Takeyama, der sich<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Freizeit der Malerei widmet, war von Rothenburg ebenfalls fasz<strong>in</strong>iert und ließ sich<br />

nach se<strong>in</strong>er Pensionierung hier nieder. Er betreibt e<strong>in</strong>e Galerie <strong>in</strong> der Herrngasse 23.<br />

Etwa 90% der Japaner kennen nach Herrn Kempters Informationen die Stadt. Die ersten<br />

japanischen Gäste kamen bereits <strong>in</strong> den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, da<br />

die Stadt im Ausland als typisch deutsch präsentiert wurde. Gegenwärtig verzeichnet die<br />

Stadt jährlich 60.000 Übernachtungen von Japanern. Rothenburg hat mehr japanische Gäste<br />

als München. Diese kommen sowohl als E<strong>in</strong>zelreisende wie auch <strong>in</strong> Gruppen nach<br />

Rothenburg. Die E<strong>in</strong>zelreisenden s<strong>in</strong>d tendenziell eher junge Leute, die <strong>in</strong> den<br />

preiswerteren Hotels oder der Jugendherberge übernachten und dann mehrere Tage <strong>in</strong> der<br />

Stadt verbr<strong>in</strong>gen. Die Gruppenreisenden nutzen eher die luxuriösen Hotels und bleiben<br />

meistens nur e<strong>in</strong>e Nacht. Es fällt auf, dass japanische Frauen reisefreudiger s<strong>in</strong>d als<br />

japanische Männer, denn sie machen 2/3 der japanischen Gäste aus.<br />

In der Stadt s<strong>in</strong>d japanische Gäste beliebt, da sie angenehm und unkompliziert s<strong>in</strong>d. Herr<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 24


Kempter berichtete aber auch von Schwierigkeiten mit japanischen Gästen, die mit der<br />

Benutzung der Badewannen nicht vertraut waren und diese zum Überlaufen brachten.<br />

Er er<strong>in</strong>nerte sich an e<strong>in</strong>en japanischen Geschäftsmann, der sich im Treppenhaus des<br />

Rathauses mit e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Inschrift verewigte. Dies wurde <strong>in</strong> Japan bekannt und war dort<br />

tagelang Thema <strong>in</strong> den Medien. Der Druck auf den Geschäftsmann war so groß, dass er<br />

erneut nach Rothenburg fuhr und sich persönlich und mit e<strong>in</strong>er Spende beim<br />

Bürgermeister entschuldigte.<br />

Rothenburg besitzt e<strong>in</strong> altes Denkmalschutzgesetz, das dafür sorgte, dass die im Zweiten<br />

Weltkrieg durch amerikanische Luftangriffe zerstörten Teile der Altstadt wieder<br />

orig<strong>in</strong>algetreu aufgebaut werden mussten und so das historische Stadtbild erhalten werden<br />

konnte. Das Verständnis für Denkmalschutz <strong>in</strong> Rothenburg ist der Anlass für zahlreiche<br />

Besuche von Delegationen japanischer Stadtverwaltungen, die sich außerdem für<br />

Umweltfragen und Abfallwirtschaft <strong>in</strong>teressieren.<br />

E<strong>in</strong> Torbogen e<strong>in</strong>es Turmes der Spitalbastei trägt die late<strong>in</strong>ische Inschrift "Pax Intranti-bus,<br />

Salus Exeuntibus", was übersetzt heißt: „Friede den E<strong>in</strong>tretenden, Wohlergehen den<br />

H<strong>in</strong>ausgehenden“. Diese Inschrift wurde <strong>in</strong>s <strong>Japanische</strong> übersetzt und ist nun am<br />

Empfangsgebäude des Flughafen Tokio-Haneda wiederzuf<strong>in</strong>den.<br />

Die Stadt ist auch bekannt für das ganzjährig geöffnete Geschäft für Weihnachtsschmuck<br />

von Käthe Wohlfahrt. In diese Familie e<strong>in</strong>geheiratet hat die Japaner<strong>in</strong> Rumiko Wohlfahrt,<br />

die ihren Mann bei e<strong>in</strong>em Interview für Werbeanzeigen kennengelernt hatte. Das<br />

Unternehmen betreibt auch Marktstände auf Weihnachtsmärkten <strong>in</strong> Japan.<br />

Abgerundet wurde der Empfang im Kaisersaal mit e<strong>in</strong>em Humpen fränkischen We<strong>in</strong>s aus<br />

dem Taubertal, den der Kellermeister servierte. Mit diesem prachtvollen Glas-Humpen ist<br />

e<strong>in</strong> geschichtliches Ereignis verbunden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1631 von<br />

60.000 Mann unter General Graf von Tilly belagert und e<strong>in</strong>genommen. Nach der Legende<br />

leerte der damalige Bürgermeister Georg Nusch auf Befehl General Tillys 3,25 Liter We<strong>in</strong><br />

auf e<strong>in</strong>en Zug und bewahrte damit die Stadt vor der Zerstörung. Aus diesem Anlass f<strong>in</strong>det<br />

noch heute jährlich das Festspiel „Der Meistertrunk“ statt.<br />

18.<br />

Successful German-Japanese Research<br />

Cooperation<br />

Vortrag von Dr. Wolfgang Kellerer beim Bus<strong>in</strong>ess Luncheon am<br />

20.06.2012 im Hilton Park Hotel<br />

Für diesen Vortrag wurde ke<strong>in</strong>e Rückschau erstellt, da der Vortrag <strong>in</strong> voller Länge im kaiho 5/2012<br />

veröffentlicht wurde<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 25


19.<br />

München Tomono-Kai<br />

<strong>Rückblick</strong> von Elke Föll-Großhans auf die Veranstaltung<br />

am 26. Juni 2012 im Münzkab<strong>in</strong>ett<br />

Im gut besuchten und für diesen Abend liebevoll mit Origami ausgeschmückten<br />

Bibliothekssaal der Staatlichen Münzsammlung <strong>in</strong> der Münchner Residenz stellte der<br />

Vere<strong>in</strong> „München Tomono-Kai“ se<strong>in</strong>e Aufgaben und se<strong>in</strong> Wirken vor.<br />

Nach den e<strong>in</strong>leitenden Worten von Keiko Kawata-Krüger, die mit ihrer Moderation<br />

schwungvoll durch den Abend führte, kamen die Vorsitzende von „München Tomono-<br />

Kai“ Rieko Kertels sowie weitere aktive Mitglieder Mitchiyo Ernst, Shizuko Nakaji-Schneider<br />

und die Origami-Meister<strong>in</strong> Yoshiko Hattori-Peters zu Wort. Ergänzend hierzu sprach<br />

außerdem Uli Stemann, die Leiter<strong>in</strong> des Caritas Alten- und Service-Zentrums Au-<br />

Haidhausen.<br />

Seit längerer Zeit weiß man, dass unter älteren Mitmenschen, die auf Hilfe angewiesen<br />

s<strong>in</strong>d, die Zahl der Migranten <strong>in</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land stark zunimmt. Oft s<strong>in</strong>d<br />

hier schlechte oder ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>Deutsch</strong>kenntnisse vorhanden, so<br />

dass dies das Leben – besonders im<br />

Alter – sehr erschwert. Um hier zu<br />

helfen, wurde im Oktober 2001 der<br />

Vere<strong>in</strong> „München Tomono-Kai –<br />

Nachbarschaftshilfe für Japaner <strong>in</strong><br />

München und Umgebung e.V.“<br />

gegründet. Der Vere<strong>in</strong> hilft Japanern,<br />

<strong>in</strong>sbesondere älteren Personen, ihre<br />

Schwierigkeiten im Alltag zu<br />

meistern. Man ist stolz darauf, bereits e<strong>in</strong> 10-jähriges Jubiläum gefeiert zu haben und<br />

Vorbild für weitere Vere<strong>in</strong>sgründungen <strong>in</strong> Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und<br />

Heidelberg zu se<strong>in</strong>. Ähnliche Vere<strong>in</strong>e gibt es <strong>in</strong> der Schweiz und <strong>in</strong> den Niederlanden. Dies<br />

zeigt, dass diese Idee richtig war. Mittlerweile wurden übrigens zwei Broschüren „Igaku<br />

yogo shu“ (Mediz<strong>in</strong>ische Wörter) und „Kenko to shoku Seikatsu“ (Gesundheit und Essen)<br />

veröffentlicht.<br />

Unsere japanischen Mitmenschen haben ihre Krankenkasse und Pflegeversicherung <strong>in</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land, aber es gibt Hilfe, die Japaner nur von anderen Japanern bekommen können.<br />

Besonders wichtig ist hier das persönliche Gespräch auf Japanisch und die Hilfestellung bei<br />

sprachlichen Problemen von JapanerInnen, die <strong>in</strong> München und Umgebung wohnen bzw.<br />

sich <strong>in</strong> Krankenhäusern oder Pflegeheimen bef<strong>in</strong>den. Wenn Menschen älter werden –<br />

besonders, wenn sie an Alzheimer leiden – vergessen sie oft ihre zweite Sprache und<br />

sprechen plötzlich nur noch ihre Muttersprache. So hat es sich „München Tomono-Kai“ zur<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 26


Aufgabe gemacht, Gespräche mit den jeweiligen Ärzten und Pflegepersonal h<strong>in</strong>sichtlich<br />

mediz<strong>in</strong>ischer Beratung, bei Problemen mit dem Essen und der Diät dolmetschend zu<br />

begleiten. Der Vere<strong>in</strong> betreut se<strong>in</strong>e Landsleute zuhause und unterstützt sie bei<br />

Behördengängen. Die Mitglieder versorgen sie mit japanischen Speisen, denn Menschen im<br />

Alter er<strong>in</strong>nern sich daran, was sie <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit besonders gerne gegessen haben.<br />

Beschaffung von Lesematerial <strong>in</strong> der Muttersprache ist sehr wichtig, und <strong>in</strong> besonderen<br />

Notsituationen setzt sich der Vere<strong>in</strong> auch mit Familienmitgliedern <strong>in</strong> Japan <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung.<br />

Die Origami-Meister<strong>in</strong> Yoshiko Hattori-Peters, die seit 46 Jahren <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land lebt, sprach<br />

über die Geschichte der Papierfaltkunst, die<br />

ihren ursprünglichen Weg von Ch<strong>in</strong>a nach<br />

Japan genommen hat und Anfang des 16. Jh.<br />

den religiösen und höfischen Zeremonien<br />

vorbehalten war. Der gefaltete Kranich<br />

gehört zu den ältesten Figuren dieser Kunst,<br />

und Frau Hattori-Peters berichtet, dass sie<br />

mit Patienten, die e<strong>in</strong>en Schlaganfall erlitten<br />

haben, Origami faltet, denn diese Kunst wird<br />

heute gerne pädagogisch und therapeutisch<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Man berichtet ihr dankbar, wie<br />

schön das Gefühl sei, langsam wieder die<br />

Geschicklichkeit der F<strong>in</strong>ger zurückzugew<strong>in</strong>nen.<br />

Musikalische E<strong>in</strong>lagen gaben dieser<br />

Veranstaltung e<strong>in</strong>en schönen Rahmen. Das<br />

Lied „Kōjō no Tsuki“ (Der Mond über der<br />

Ru<strong>in</strong>e) wurde von Kumiko Tatai mit<br />

wohlkl<strong>in</strong>gendem Mezzosopran vorgetragen<br />

und von unserem Vorstandsmitglied Willi<br />

Huber e<strong>in</strong>fühlsam auf der Zither begleitet.<br />

Willi Huber erzählte, dass er vor zehn Jahren<br />

so fasz<strong>in</strong>iert von dem Lied „Sakura“ war, als<br />

er es zum ersten Mal von der Koto gespielt<br />

hörte, dass er versucht hat, die meditative Ruhe, die dieses Kirschblütenlied ausstrahlt, die<br />

Ästhetik der Koto auf die Zither zu übertragen. Was ihm – wie wir feststellen konnten - gut<br />

gelungen ist. Er machte uns außerdem mit weiteren se<strong>in</strong>er Kompositionen vertraut: E<strong>in</strong>em<br />

Prélude, nostalgisch an Wiener Klänge er<strong>in</strong>nernd, und e<strong>in</strong>em Walzer, als kapriziös<br />

bezeichnet, leichte Unterhaltungsmusik zum Träumen und Entspannen. Im Laufe der Jahre<br />

hat sich aus den Mitgliedern von Tomono-Kai auch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er, schön kl<strong>in</strong>gender Chor<br />

gebildet, der uns mit „Ue o muite arukou“, dem <strong>in</strong> Europa als „Sukiyaki“ bekannten Song,<br />

<strong>in</strong>s Gedächtnis zurückrief. Zum Abschluss durften sich die Besucher aus der Vielfalt der<br />

Origami-Kunstwerke e<strong>in</strong> Geschenk auswählen und wurden noch mit selbstgebackenen<br />

Köstlichkeiten <strong>in</strong> europäischer/japanischer Geschmacksrichtung verwöhnt.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 27


20.<br />

No-Theater Workshop<br />

Das Komparu Ensemble zeigte se<strong>in</strong>e Künste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Workshop<br />

am 30.06.2012 nachmittags im Carl-Orff-Auditorium <strong>in</strong> München<br />

Das Komparu Ensemble ist die älteste unter den fünf großen Nō-Theater-Schulen Japans<br />

und steht unter der Leitung von Mitsuhiro Honda, der geme<strong>in</strong>sam mit se<strong>in</strong>en beiden<br />

Söhnen Yoshiki und Fuyuki Honda <strong>in</strong> München e<strong>in</strong>en erfolgreichen Workshop zum Nô –<br />

Theater veranstaltet hat.<br />

21.<br />

No-Theater Demonstration<br />

Das Komparu Ensemble demonstrierte<br />

am 30.06.2012 abends im Carl-Orff-Auditorium se<strong>in</strong>e Künste<br />

In der gut besuchten Aufführung wurde das Stück „Aoi no ue“ ausführlich erklärt,<br />

ebenfalls die verwendeten Masken und Gewänder. Danach wurden verschiedene Teile aus<br />

Nô Stücken demonstriert und als Höhepunkt wurden Auszüge aus „Aoi no ue“ vorgeführt.<br />

22.<br />

Euro(pe) – Quo Vadis?<br />

Munich „Asa No Kai”<br />

German-Japanese Breakfast Meet<strong>in</strong>g am 04.07.2012<br />

im Mandar<strong>in</strong> Oriental Hotel <strong>in</strong> München<br />

Das Frühstückstreffen des DJW (<strong>Deutsch</strong>-<strong>Japanische</strong>r Wirtschaftskreis) mit Repräsentanten<br />

der deutschen und japanischen Wirtschaft <strong>in</strong> München wurde zum ersten Mal veranstaltet.<br />

Für diese Veranstaltung war die DJG <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> Partner. Nicht zuletzt wegen des aktuellen<br />

Themas war dieses Treffen sehr gut besucht.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 28


23.<br />

Japanfest 2012<br />

Bereits zum siebzehnten Mal fand am 15. Juli 2012<br />

das Japanfest im Gelände um das Teehaus im Englischen Garten<br />

statt. Dr. Jochen K<strong>in</strong>gler, im Vorstand der DJG<br />

verantwortlich für das Japanfest, berichtet.<br />

Wie immer wurde das Fest geme<strong>in</strong>sam vom <strong>Japanische</strong>n Generalkonsulat, vom Japanclub<br />

und von unserer <strong>Deutsch</strong>-<strong>Japanische</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> ausgerichtet. Diesmal allerd<strong>in</strong>gs wollte<br />

das Wetter nicht so recht mitspielen: Zu Beg<strong>in</strong>n des Festes war der Himmel noch schön<br />

blau, später begannen dann, wie es <strong>in</strong> der Wettervorhersage so schön hieß, „ausgiebige<br />

Niederschläge“. Glücklicherweise ließen es sich die Besucher nicht verdrießen, und –<br />

verglichen mit den sonnigeren Festen der letzten Jahre – war gar nicht e<strong>in</strong>mal so viel<br />

weniger Betrieb auf dem Fest.<br />

Sicher trug dazu auch bei, dass<br />

<strong>in</strong>zwischen viele der Stände, die<br />

sich regelmäßig am Japanfest<br />

beteiligen, mit Zelten überdacht<br />

s<strong>in</strong>d, so dass die Zuschauer sich<br />

dort unterstellen konnten.<br />

Unsere <strong>Deutsch</strong>-<strong>Japanische</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> hatte gleich zwei<br />

repräsentative<br />

Zelte<br />

nebene<strong>in</strong>ander aufgebaut. In<br />

dem e<strong>in</strong>en haben wir unsere<br />

<strong>Gesellschaft</strong> vorgestellt und entsprechende Materialien wie z.B. Exemplare des Kaiho<br />

ausgelegt. E<strong>in</strong>e Fotoausstellung <strong>in</strong>formierte über unsere Spendenaktion für die Opfer der<br />

Erdbebenkatastrophe. Im zweiten Zelt fand der Wettbewerb des DJG-Haiku-Kreises statt.<br />

Nicht zuletzt auch wegen des trockenen Plätzchens gab es genügend Interessenten für e<strong>in</strong>e<br />

Teilnahme... Die Preisträger s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen auf unserer Homepage veröffentlicht.<br />

Wegen des Regens und weil wir dieses Jahr auf e<strong>in</strong>e Bühnenüberdachung verzichtet hatten,<br />

musste das Programm auf der Hauptbühne allerd<strong>in</strong>gs kürzer ausfallen. Dennoch konnten<br />

Frau Stadträt<strong>in</strong> Renner, Herr Generalkonsul Mizutani und die Präsidenten von Japanclub<br />

und DJG, Herr Matsukawa und Herr Dr. Schön, ihre Grußworte an die Besucher<br />

ausrichten. Es gab Gelegenheit, Tanzaufführungen zuzusehen und den Japanisch-<br />

<strong>Deutsch</strong>en Projektchor zu hören.<br />

Trotz der widrigen Wetterverhältnisse war das Fest gut besucht, um es mit den Worten des<br />

Sieger-Haiku unseres Wettbewerbs zu sagen:<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 29


Am schmalen Bachweg<br />

zum Sommerfest gilt: „Geduld!<br />

Kimonotempo!”<br />

Zu bedauern waren allerd<strong>in</strong>gs dieses Jahr e<strong>in</strong>ige der e<strong>in</strong>geladenen japanischen<br />

Kampfsportgruppen, die traditionellerweise zwar ihre Sportmatten beim Fest auslegen,<br />

aber ke<strong>in</strong>e Überdachung haben– sie kämpften dieses Jahr mehr mit dem Regen als mit den<br />

Partnern. Erstaunlicherweise blieben aber selbst die filigranen Blumen-Arrangements der<br />

Ikebana-Ausstellung <strong>in</strong>takt. Wie stets <strong>in</strong> den letzten Jahren waren unter den Besuchern<br />

auch viele Jugendliche, die sich als ihre Liebl<strong>in</strong>gsfiguren aus Mangas (japanische Comics)<br />

und Animes (japanische Zeichentrickfilme) verkleidet hatten, und die diesmal damit<br />

beschäftig waren, trotz der sich langsam aufweichenden nassen Wege ihre fantasievollen<br />

Kostüme sauber zu halten.<br />

Viele freiwillige Helfer tragen dazu bei, e<strong>in</strong> solches Fest erst möglich zu machen. Die<br />

Planung beg<strong>in</strong>nt bereits über e<strong>in</strong> halbes Jahr vorher. Teilnehmer vom Konsulat, vom<br />

Japanclub und<br />

DJG treffen sich<br />

etwa e<strong>in</strong>mal im<br />

Monat<br />

regelmäßig zur<br />

Besprechung der<br />

E<strong>in</strong>zelheiten,<br />

und dann geht<br />

jeder mit e<strong>in</strong>em<br />

Bündel bis zum<br />

nächsten Treffen<br />

zu erledigender<br />

Aufgaben nach<br />

Hause.<br />

Traditionellerweise ist dabei der Japanclub für den Kontakt zu den Restaurants zuständig<br />

und die DJG für die Anmeldungen und die Organisation der teilnehmenden Stände. Dieses<br />

Jahr hatte der Japanclub auch die Organisation der Bühne übernommen. Dank e<strong>in</strong>es guten<br />

Kontakts zum Haus der Kunst dürfen wir für das Fest teilweise dessen Infrastruktur<br />

(Strom- und Wasseranschluss, Garderobenräume usw.) nutzen. Wir freuen uns auch, e<strong>in</strong>en<br />

Bereich des Englischen Gartens zur Verfügung gestellt zu bekommen, denn das Gelände<br />

am japanischen Teehaus bildet die passende Umgebung für diese Veranstaltung.<br />

Die Adressen aller Gruppen, die mitgewirkt haben, f<strong>in</strong>den Sie zum Nachlesen auf dem<br />

Japanfest-Faltblatt, beim Japanfest-E<strong>in</strong>trag im Veranstaltungsarchiv der DJG-Homepage<br />

www.djg-muenchen.de<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 30


24.<br />

Todesstrafe <strong>in</strong> Japan<br />

<strong>Rückblick</strong> von Gregor Stevens (Richter am Landgericht München)<br />

auf das Kolloqium am 07.09.2012 <strong>in</strong> der Münzsammlung<br />

In der gut besuchten Veranstaltung führte zunächst Prof. Dr. Rosenau (Universität<br />

Augsburg) mit dem H<strong>in</strong>weis auf die <strong>in</strong> Japan kürzlich gegen fünf Verurteilte vollstreckten<br />

Todesstrafen <strong>in</strong> die Thematik e<strong>in</strong>. Gleichzeitig stellte er die hohe Zustimmung der<br />

japanischen Bevölkerung zur Todesstrafe und die weltweite Verbreitung der Todesstrafe<br />

dar. Demnach haben 97 Staaten der Erde die Todesstrafe vollständig abgeschafft, 8 Staaten<br />

haben die Todesstrafe <strong>in</strong> Friedenszeiten abgeschafft und 35 Staaten wenden die <strong>in</strong> ihren<br />

Gesetzen vorgesehene Todesstrafe nicht an, während 58 Staaten Todesurteile verhängen<br />

und vollstrecken. In Europa ist die Todesstrafe seit 2002 <strong>in</strong> allen Staaten außer<br />

Weißrussland abgeschafft. In der Bundesrepublik <strong>Deutsch</strong>land ist die Todesstrafe durch<br />

Art. 102 GG seit 1949 abgeschafft, wobei Umfragen <strong>in</strong> der Bundesrepublik seit den 70er<br />

Jahren durchgehend e<strong>in</strong>e mehrheitliche Me<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> der Bevölkerung gegen die Todesstrafe<br />

ergaben.<br />

Dr. Schön erläuterte die Bestrebungen <strong>in</strong> Japan, den Strafprozess durch Reformen<br />

transparenter zu gestalten und Bürger daran zu beteiligen. Diese Bewegung führte dazu,<br />

dass 2009 e<strong>in</strong> Schöffensystem e<strong>in</strong>geführt wurde, das e<strong>in</strong>e Mischung aus amerikanischen<br />

und europäischen Formen der Beteiligung der Öffentlichkeit an der Rechtsprechung<br />

darstellt. Bei Strafprozessen, die Kapitalverbrechen mit e<strong>in</strong>er drohenden Todesstrafe zum<br />

Gegenstand haben, sitzen seitdem normalerweise 6 Schöffen, welche nur für e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges<br />

Strafverfahren ausgewählt wurden, neben 3 Berufsrichtern auf der Richterbank. Der<br />

verbreiteten Befürchtung, die Schöffen könnten zu hart oder zu milde urteilen, begegnete<br />

man damit, dass im Richterzimmer auf Datenbanken zu früheren Fällen zurückgegriffen<br />

werden kann und dass es nur dann zu e<strong>in</strong>er Verurteilung kommen kann, wenn auch<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Berufsrichter für die mehrheitliche Schöffenme<strong>in</strong>ung stimmt.<br />

Herr Prof. Dr. Ishizuka (Ryukoku Universität Kyoto) stellte anschließend die Statistiken zu<br />

den verhängten und zu den vollstreckten Todesstrafen der letzten Jahrzehnte für Japan vor.<br />

In Japan wurden zwischen 1946 und 1993 <strong>in</strong>sgesamt 766 Personen zum Tode verurteilt, von<br />

denen 608 h<strong>in</strong>gerichtet wurden. Zwischen 1995 und 2005 kam es zu e<strong>in</strong>em „Peak“. Die<br />

Frage, wie es zu diesem starken Anstieg der Todesstrafen kam, werde teilweise mit dem<br />

H<strong>in</strong>weis auf die mit dem U-Bahn-Terror durch die Aum-Sekte <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stehenden<br />

Urteile beantwortet. Tatsächlich dürfte aber e<strong>in</strong>e schon zuvor verfolgte Politik der bis dah<strong>in</strong><br />

regierenden LDP verantwortlich se<strong>in</strong>, die das Ziel härterer Strafen durch Aufhebung der<br />

Freiheitsstrafenhöchstgrenze von 30 Jahren und durch e<strong>in</strong>e um 10.000 Mann verstärkte<br />

Polizei verfolgt habe. Dies führte auch zur heutigen Überbelegung der Gefängnisse um 7%.<br />

In Japan ist die Todesstrafe noch heute für <strong>in</strong>sgesamt 19 Verbrechen vorgesehen, darunter<br />

Mord, Raub oder Vergewaltigung mit Todesfolge, Straßenverkehrsgefährdung mit<br />

Todesfolge, Terrorismus mit Todesfolge, Brandstiftung bewohnter Gebäude (!) und<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 31


schwere Verbrechen gegen den Staat wie Hochverrat. Derzeit werden etwa 15 bis 20<br />

Personen pro Jahr zum Tode verurteilt, h<strong>in</strong>gegen werden etwa 2000 Taten begangen, bei<br />

denen die Verhängung der Todesstrafe <strong>in</strong> Betracht kommt. Derzeit bef<strong>in</strong>den sich 132 zum<br />

Tode Verurteilte <strong>in</strong> Haft. Zur Vollstreckung der Todesstrafe ist die Unterzeichnung e<strong>in</strong>er<br />

entsprechenden Anordnung durch den Justizm<strong>in</strong>ister erforderlich. Es hängt letztlich von<br />

dessen jeweiliger Persönlichkeit ab, ob <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Amtszeit H<strong>in</strong>richtungen durchgeführt<br />

werden oder nicht. Die seit dem Regierungswechsel im September 2009 im Amt tätigen 8<br />

Justizm<strong>in</strong>ister, deren Amtszeiten nach Tagen (zwischen 22 und 356) gezählt werden, haben<br />

<strong>in</strong>sgesamt nur 8 Personen h<strong>in</strong>richten lassen.<br />

Herr Prof. Dr. Tsujimoto (K<strong>in</strong>ki Universität Osaka) stellte anhand von zwei Beispielen die<br />

besonders <strong>in</strong> Grenzfällen mit heranwachsenden Straftätern auftretenden<br />

Abwägungsschwierigkeiten, die sich aus den vom japanischen obersten Gerichtshof<br />

aufgestellten Grundpr<strong>in</strong>zipien ergeben können, dar. Im sogenannten „Hikari-Fall“<br />

ermordete e<strong>in</strong> zur Tatzeit 18 Jahre und 1 Monat alter Täter e<strong>in</strong>e 23 Jahre alte Mutter und ihr<br />

11 Monate altes K<strong>in</strong>d. Dafür wurde er zunächst durch das LG Yamaguchi und <strong>in</strong> der<br />

Berufung durch das OLG Hiroshima zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die<br />

Revision der Staatsanwaltschaft hat der OGH das Urteil aufgehoben und den Fall zur<br />

erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen. Zur Begründung hat der OGH<br />

ausgeführt, dass <strong>in</strong> Ermangelung besonderer Umstände nur die Todesstrafe angemessen<br />

sei. Das Alter des Täters alle<strong>in</strong> stelle ke<strong>in</strong>en solchen besonderen Umstand dar. Mit zweitem<br />

Urteil des OLG wurde der Täter zum Tode verurteilt. Die Revision hiergegen hat der OGH<br />

verworfen, dieses Urteil allerd<strong>in</strong>gs wurde von e<strong>in</strong>er abweichenden Me<strong>in</strong>ung des Richters<br />

Miyagawa (e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der japanischen Justiz äußerst seltener Vorgang) begleitet, der dafür<br />

plädierte, die Todesstrafe bei Heranwachsenden mit ger<strong>in</strong>ger seelischer Reife nicht zu<br />

verhängen und dazu auf die „Beij<strong>in</strong>g-Rules“ (UN-M<strong>in</strong>dest-standards für die Verwaltung<br />

der Jugendgerichtsbarkeit), verwies.<br />

Im sogenannten „Ish<strong>in</strong>omaki-Fall“ hat e<strong>in</strong> 18 Jahre und 7 Monate alter Täter zwei Frauen<br />

getötet und e<strong>in</strong>en Mann schwer verletzt. Das LG Sendai verhandelte <strong>in</strong> der Besetzung als<br />

Schöffengericht und verhängte die Todesstrafe. Das Berufungsverfahren ist noch nicht<br />

abgeschlossen. Bemerkenswert an diesem Fall ist aber, dass der Verteidiger sich <strong>in</strong> der<br />

ersten Instanz e<strong>in</strong>er Befragung e<strong>in</strong>es Sozialarbeiters zu e<strong>in</strong>em Ahndungsvorschlag<br />

widersetzte und er Berufung auch mit der Begründung e<strong>in</strong>gelegt hat, dass e<strong>in</strong> Mordfall mit<br />

e<strong>in</strong>em heranwachsenden Täter mit besonderer (wissenschaftlicher) Gründlichkeit<br />

aufzuarbeiten sei, wofür se<strong>in</strong>er Ansicht nach e<strong>in</strong> Schöffengericht nicht h<strong>in</strong>reichend<br />

qualifiziert sei.<br />

In der anschließenden sehr angeregt geführten Diskussion war auch die Vollstreckung der<br />

Todesstrafe <strong>in</strong> Japan selbst Thema. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht<br />

widersprüchlich sei, dass die japanische Verfassung die „grausame Strafe“ verbietet,<br />

andererseits die Todesstrafe durch Erhängen vollstreckt wird. Diese Praxis hat der<br />

japanische Verfassungsgerichtshof 1955 für verfassungskonform erklärt und das Erhängen<br />

„selbst aus e<strong>in</strong>er humanitären Sicht“ für „nicht grausam“ befunden. Diskutiert wurden<br />

auch Alternativen, wie beispielsweise e<strong>in</strong>e „Todesstrafe auf Bewährung“, etwa nach<br />

ch<strong>in</strong>esischem Vorbild. Für die Zukunft dürfte aber das besondere Augenmerk auf der<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 32


Frage liegen, wie sich die Bee<strong>in</strong>flussung der Rechtsprechung durch die nunmehr beteiligten<br />

Schöffen auf die Zahl der ausgesprochenen Todesurteile auswirkt.<br />

Der <strong>in</strong>teressante Vortragsabend zeigte <strong>in</strong> besonders spannender Art und Weise, welche der<br />

Vorbehalte, die die <strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong>zwischen mehrheitlich gegen die<br />

Todesstrafe hat, von japanischen Anwälten, Professoren und auch Richtern geteilt werden.<br />

25.<br />

Besuch aus Sapporo<br />

Zum 40jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft<br />

zwischen München und Sapporo ermöglichten Mitglieder der<br />

DJG den japanischen Gästen am 8.09.2012<br />

e<strong>in</strong>e home-visit Möglichkeit.<br />

E<strong>in</strong> Bericht von Dr. Andrea Hirner<br />

In der Vorbereitung des Besuchs von Oberbürgermeister Ueda und e<strong>in</strong>er umfangreichen<br />

Delegation aus der Stadt Sapporo anlässlich des 40jährigen Jubiläums der<br />

Städtepartnerschaft zwischen München und Sapporo war auch an die DJG die Bitte<br />

herangetragen worden, für<br />

Mitglieder der Reisegruppe<br />

e<strong>in</strong> home-visit-Programm<br />

zu organisieren. Auf e<strong>in</strong>en<br />

ersten Aufruf h<strong>in</strong> meldeten<br />

sich so viele Mitglieder der<br />

DJG, dass nicht e<strong>in</strong>mal alle<br />

berücksichtigt werden<br />

konnten.<br />

Von Anfang an war klar,<br />

dass die Kürze des Besuchs<br />

(vorgesehen war Samstag,<br />

der 8. September von 14 bis<br />

18 Uhr) längere<br />

Anfahrtswege unmöglich<br />

machte. Deshalb mussten<br />

leider auch Bewerber<br />

abgewiesen werden, die<br />

außerhalb von München<br />

wohnen.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 33


Während der Oberbürgermeister, die Vertreter der Industrie- und Handelskammer von<br />

Sapporo und e<strong>in</strong> Direktor der Sapporo-Bierbrauerei nur e<strong>in</strong>ige Tage <strong>in</strong> München waren,<br />

stand wenigstens e<strong>in</strong>e ganze Woche für die Bürgerdelegation zur Verfügung. Die war<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch ausgefüllt mit Besichtigungen, Rundfahrten <strong>in</strong> München und außerhalb,<br />

e<strong>in</strong>em Vortrag über K<strong>in</strong>der aus den Katastrophengebieten, die von Bürgern nach Sapporo<br />

e<strong>in</strong>geladen werden, sowie e<strong>in</strong>em Besuch des Bauzentrums <strong>in</strong> Po<strong>in</strong>g wegen der dortigen<br />

Oeko-Häuser. Das Thema von Energiee<strong>in</strong>sparung, besserer Bauweise von Häusern und<br />

überhaupt ökologischen Fragen nahm bei den Damen und Herren der Bürgerdelegation<br />

e<strong>in</strong>en großen Raum e<strong>in</strong>.<br />

Am Samstagnachmittag versammelten sich dann die zehn „Gastfamilien“ im Hilton City<br />

Hotel, um ihre 25 Gäste dort abzuholen und zu sich nach Hause zu begleiten. Die Gäste,<br />

gelegentlich Ehepaare, aber überwiegend ältere Damen, hatten sich dafür zu kle<strong>in</strong>en<br />

Grüppchen von zwei oder drei Personen zusammen geschlossen. Die Verteilung klappte<br />

vorzüglich, und die e<strong>in</strong>zelnen deutsch-japanischen Gespanne verteilten sich nach dem<br />

ersten Kennenlernen <strong>in</strong> alle Himmelsrichtungen. Glücklicherweise zeigte sich das Wetter<br />

von se<strong>in</strong>er besten<br />

sonnigen Seite, und<br />

die meisten konnten<br />

noch um das<br />

Zuhause ihrer<br />

Gastfamilien e<strong>in</strong>en<br />

Spaziergang machen<br />

oder auswärts Kaffee<br />

tr<strong>in</strong>ken. Dabei gab es<br />

<strong>in</strong>teressante<br />

Gespräche, denn die<br />

meisten der<br />

Teilnehmer hatten<br />

spezielle Interessen<br />

oder Hobbys, waren<br />

schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

München gewesen<br />

oder betätigten sich<br />

selbst <strong>in</strong> Japan <strong>in</strong><br />

irgende<strong>in</strong>em kulturellen Bereich. Sprachprobleme gab es kaum, denn die meisten<br />

Gastfamilien verfügten über Japanisch-Kenntnisse <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form, hatten japanische<br />

Freunde dazu gebeten oder behalfen sich mit Englisch.<br />

Alle Teilnehmer wirkten bei ihrer Rückkehr <strong>in</strong>s Hotel am Abend angeregt und zufrieden.<br />

Frau Takahashi, die von Sapporo aus das Programm organisiert hatte, bedankte sich im<br />

Namen aller Damen und Herren noch e<strong>in</strong>mal bei der DJG dafür, dass so viele Gastfamilien<br />

an diesem Tag e<strong>in</strong> Zeichen von bayrisch-japanischer Gastfreundschaft gesetzt haben.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 34


26.<br />

Brillen (Megane)<br />

Vom Urlaub auf e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>samen Insel erzählt dieser Film, der am<br />

13.09.2012 im Gasteig gezeigt wurde<br />

Als die junge, gestresste Professor<strong>in</strong> und Großstädter<strong>in</strong> Taeko ihren Frühjahrsurlaub auf<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Insel zu verbr<strong>in</strong>gen gedenkt, ist sie bei Ankunft <strong>in</strong> ihrer Ferienpension<br />

überrascht: außer ihr gibt es ke<strong>in</strong>e Gäste <strong>in</strong> dieser Idylle. Die Frage nach dem Warum, klärt<br />

sich schnell, es gibt hier absolut nichts zu tun.<br />

27.<br />

1945, Sommer e<strong>in</strong>es Jungen<br />

Kuroki Kazuo ist eigentlich als Regisseur von Dokumentarfilmen<br />

bekannt. 1945, Sommer e<strong>in</strong>es Jungen basiert auf se<strong>in</strong>en eigenen<br />

K<strong>in</strong>dheitserlebnissen.<br />

Dieser Film wurde 14.09. 2012 im Gasteig gezeigt<br />

Die Geschichte spielt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Sommer 1945. Yasuo, der<br />

<strong>in</strong> die dritte Klasse der Mittelschule geht, wurde aus Tôkyô evakuiert und so von se<strong>in</strong>en<br />

Eltern getrennt. Er lebt nun bei se<strong>in</strong>en strengen Großeltern <strong>in</strong> dem Dorf Kirishima auf<br />

Kyûshû. Yasuo freut sich zwar, dass er aufgrund se<strong>in</strong>er schlechten Gesundheit nicht zum<br />

Militärdienst e<strong>in</strong>gezogen wurde, doch andererseits leidet er unter Schuldgefühlen, weil<br />

se<strong>in</strong> Freund vor se<strong>in</strong>en Augen bei e<strong>in</strong>em Bombenangriff ums Leben kam. Außerdem macht<br />

ihm das militärfreundliche Umfeld zu schaffen, an das er sich nicht gewöhnen kann.<br />

28.<br />

Das Gesicht (Kao) 顔<br />

Dieser vielfach preisgekröntes Roadmovie,<br />

der <strong>in</strong> Japan zum Independent-Hit avancierte,<br />

wurde im Gasteig am 15.09.2012 gezeigt<br />

Die sadistische Yukari besucht gelegentlich ihre Schwester Masako, die e<strong>in</strong> trostloses Leben<br />

<strong>in</strong> Kobe führt. Masako ist e<strong>in</strong>e recht unbeholfene und verschlossene Frau Ende Dreißig, die<br />

im Schatten ihrer jüngeren, bildschönen und koketten Schwester steht…<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 35


29.<br />

<strong>Japanische</strong> Gartengeschichte<br />

Rückschau von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von<br />

Kanji Nomura am 20.09.2012<br />

Wie bei der Übernahme von Schrift, Buddhismus und Künsten erfolgte auch <strong>in</strong> der<br />

Entwicklung der Gartenarchitektur e<strong>in</strong> Wechsel zwischen re<strong>in</strong>er Adaption der ch<strong>in</strong>esischen<br />

und koreanischen Vorbilder und der Rückbes<strong>in</strong>nung auf eigene japanische Traditionen. So<br />

erläuterte Prof. Nomura anhand von Relikten die „Gärten der Gottheiten“ im Altertum aus<br />

dem Glauben heraus, dass sich <strong>in</strong> Quellen und <strong>in</strong> großen Ste<strong>in</strong>en Gottheiten verbergen<br />

würden. In der Verehrung von Felsen und alten<br />

Bäumen ist das als Relikt noch im heutigen Japan<br />

spürbar. Dennoch heute vermeidet man e<strong>in</strong> Behauen<br />

von großen Ste<strong>in</strong>en. Mit der Übernahme des<br />

Buddhismus wurden Tempelgärten geschaffen,<br />

während der Adel der Heian-Zeit die Anlage von<br />

Häusern und Gärten nach dem ch<strong>in</strong>esischen<br />

Geomantie-Denken bevorzugte.<br />

Diejenigen berühmten Gärten, die heute<br />

Anziehungspunkte für Touristen s<strong>in</strong>d, wurden vor<br />

allem <strong>in</strong> der Muromachi-Zeit geschaffen (Mitte des<br />

14. bis Ende des 16. Jahrhunderts), ebenfalls e<strong>in</strong> Zeitraum der Rückbes<strong>in</strong>nung auf<br />

japanische Traditionen, <strong>in</strong> der auch die noch immer gültigen Pr<strong>in</strong>zipien formuliert wurden:<br />

E<strong>in</strong>heit von Gebäude und Garten (Verschmelzen von Innen und Außen), E<strong>in</strong>bettung des<br />

Gartens <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Umgebung, der Garten als verkle<strong>in</strong>ertes Abbild des Kosmos und daraus<br />

abgeleitet die Verwendung von aus der Natur entnommenen Bestandteilen.<br />

Durch die Richtung des Zen im Buddhismus kamen e<strong>in</strong>mal die „Gärten zum<br />

Herumwandern“ und dann auch die berühmten „leeren Gärten“ aus Ste<strong>in</strong>en und Kies auf,<br />

die „kare sansui“-Gärten, die vorwiegend zur Meditation der Mönche angelegt wurden.<br />

Heute gelten sie als „der japanische Garten“ schlechth<strong>in</strong>. Auf das Lehrhafte an diesen<br />

Gärten, wie z.B. die Anlage von Wasserfällen (Wasser oder trocken, d.h. mit Ste<strong>in</strong>en<br />

dargestellt), die den Weg zur Erleuchtung symbolisieren, konnte Prof. Nomura die Zuhörer<br />

durch Details h<strong>in</strong>weisen, die hier sicher nicht bekannt waren: So stellt der Ryōanji den<br />

„ruhenden Drachen“ dar, der die höchste Weisheit erlangt hat, wobei das Rautenmuster<br />

des Bambuszauns die Schuppen des empor gestiegenen Drachens darstellt.<br />

Aus solchen Details konnte jeder Zuhörer für sich den Schluss ziehen, dass e<strong>in</strong> japanischer<br />

Garten nicht durch das E<strong>in</strong>pflanzen von e<strong>in</strong> paar Bäumen und das Ausstreuen von Kies<br />

entsteht, sondern e<strong>in</strong> quasi-religiöses Konzept übernimmt. Dennoch gibt es seit der Neuzeit<br />

auch die Möglichkeit, lediglich nach den Pr<strong>in</strong>zipien der überlieferten Gartenbaukunst<br />

moderne Gärten anzulegen. Die Zuhörer dankten Herrn Nomura durch reichen Applaus.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 36


30.<br />

Energiepolitik <strong>in</strong> Japan<br />

Vortrag des japanischen Botschafters S.E. Takeshi Nakane<br />

beim Bus<strong>in</strong>ess Luncheon am 2. 10. 2012<br />

Für diesen Vortrag wurde ke<strong>in</strong> <strong>Rückblick</strong> erstellt, da der Vortrag <strong>in</strong> voller Länge im kaiho 6/2012<br />

abgedruckt wurde.<br />

31.<br />

Lesung aus Werken von Yoko Ogawa<br />

<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf die Lesung mit Ruth<br />

Geiersberger <strong>in</strong> der Münzsammlung am 07.11.2012<br />

Der schöne alte Bibliotheksraum der Staatlichen Münzsammlung erwies sich als der<br />

bestens geeignete Raum für e<strong>in</strong>e Lesung aus den Werken der japanischen Schriftsteller<strong>in</strong><br />

Yoko Ogawa. Für die Lesung konnte die bekannte Sprecher<strong>in</strong> des BR, Frau Ruth<br />

Geiersberger, gewonnen werden. Dass auch die Mitarbeiter<strong>in</strong> Frau Susanne F<strong>in</strong>k des<br />

Liebesk<strong>in</strong>d Verlages München, der die Werke von Yoko Ogawa übersetzt und bekannt<br />

gemacht hat, anwesend war, machte diesen Leseabend zu e<strong>in</strong>em besonderen Highlight im<br />

Programm der DJG.<br />

Die 1962 geborene Yoko Ogawa zählt <strong>in</strong> Japan zu den bekanntesten modernen<br />

Schriftstellern; auch im Ausland, und da besonders <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land, haben die<br />

Übersetzungen ihrer Erzählungen und Romane viele Leser gefunden. Vorgetragen wurden<br />

Teile aus „Der R<strong>in</strong>gf<strong>in</strong>ger“ (deutsch 2002), „Das Ende des Bengalischen Tigers“ (2011) und<br />

aus ihrem neuesten Werk „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“ (2012).<br />

Mit der ganzen Erfahrung als Sprecher<strong>in</strong> las Frau Geiersberger das Anfangskapitel des<br />

erstgenannten Buches, <strong>in</strong> dem sich das Rätselhafte und Geheimnisvolle leise ankündigt, das<br />

die Werke von Ogawa so oft auszeichnet. Immer wieder s<strong>in</strong>d es Er<strong>in</strong>nerungen, die wie<br />

körperliche Ersche<strong>in</strong>ungen das Geschehen dom<strong>in</strong>ieren und <strong>in</strong> diesem Buch e<strong>in</strong>e junge Frau<br />

<strong>in</strong> das Treiben ihres Chefs h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ziehen.<br />

Im Anfangskapitel des zweiten Buches, das e<strong>in</strong> Roman von sehr unterschiedlichen<br />

Geschehnissen ist, die sich unabhängig vone<strong>in</strong>ander entwickeln und doch auf rätselhafte<br />

Weise zusammengehörig s<strong>in</strong>d, schleicht sich das Grauen leise an den Leser heran: Der Erstickungstod<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kühlschrank beherrscht das Leben se<strong>in</strong>er Mutter. In<br />

dieser Geschichte zeigt sich die Meisterschaft von Yoko Ogawa, Entsetzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

wenigen Worten herauf beschwören zu können. Das dritte Buch überrascht durch e<strong>in</strong>en<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 37


neuen und positiv gestimmten Tonfall und e<strong>in</strong> ungewöhnliches Sujet: die Beschäftigung<br />

mit der Mathematik, die hier für Klarheit im Leben der drei handelnden Personen sorgt.<br />

Nach der Lesung entwickelte sich e<strong>in</strong>e längere und lebhafte Diskussion über die Werke von<br />

Yoko Ogawa, die ja unterschiedliche Aspekte aufweisen und kaum unter e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />

Begriff zu fassen s<strong>in</strong>d.<br />

Vor allem die Frage, was an ihrem Werk „japanisch“ ist, wo doch praktisch nie etwas<br />

auftaucht, was der Leser als japanisch identifizieren könnte, wurde rasch gestellt. Denn<br />

viele Leser<strong>in</strong>nen und Leser spüren <strong>in</strong> ihren Büchern e<strong>in</strong>en Bestandteil, den sie als<br />

„fremdartig“ bezeichnen. Frau Geiersberger und Frau F<strong>in</strong>k, die beide Frau Yoko Ogawa<br />

persönlich kennen lernen konnten, wurden deshalb <strong>in</strong>tensiv zu der Schriftsteller<strong>in</strong> befragt.<br />

Es war e<strong>in</strong> Abend, der zum Nachlesen und Nachdenken anregte und mit viel Beifall<br />

aufgenommen wurde.<br />

32.<br />

Dōgen Kigen - Mönch, Denker, Dichter<br />

<strong>Rückblick</strong> auf den Vortrag von Dr. Renate Syed am 13.11.2012 von<br />

Yuko Murato<br />

Frau Dr. Syed begann ihren Vortrag mit e<strong>in</strong>er kurzen Biographie Dōgens. Er wurde im<br />

Jahre 1200 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hochadeligen Familie <strong>in</strong> Kyōto geboren,verlor früh se<strong>in</strong>e Eltern und<br />

entschloss sich, Mönch zu werden. Dōgen g<strong>in</strong>g nach Ch<strong>in</strong>a, erreichte bei se<strong>in</strong>em Lehrer<br />

Nyojō die Erleuchtung und kehrte nach Japan zurück. Damals herrschte <strong>in</strong> Japan e<strong>in</strong>e<br />

unruhige Zeit. Mönche bewaffneten sich und kämpften gegene<strong>in</strong>ander. Dōgen, der die<br />

Sōtō-Schule gründete, g<strong>in</strong>g den Streitereien um die Macht aus dem Weg und zog sich <strong>in</strong> die<br />

Berge zurück. Später baute er den Tempel Eihei-ji im heutigen Fukui, weit weg von der<br />

damaligen Hauptstadt Kyōto. Dōgen sagte, e<strong>in</strong>zig wichtig sei shikan taza, das Sitzen. Alle<br />

anderen Übungen, Bücher, Lehren u. Ä. seien nur „Krücken“.<br />

Als Frau Syed von der Lehre Dogens zum ersten Mal erfuhr, war sie sehr überrascht, denn<br />

was er lehrte, war genau dasselbe, was die Yogis und der Buddha im alten Indien gelehrt<br />

hatten. Mit se<strong>in</strong>em gewaltigen Intuitionsvermögen durchschaute er, was das Wesentliche<br />

am Buddhismus war und was als Beiwerk auf dem Weg von Indien über Ch<strong>in</strong>a und Korea<br />

nach Japan h<strong>in</strong>zugefügt wurde. E<strong>in</strong> Mensch im Lotossitz nimmt die Form e<strong>in</strong>es Dreiecks<br />

e<strong>in</strong>. Frau Syed verglich das Dreieck mit dem Berg Fuji auf e<strong>in</strong>em ihrer Bilder, nicht nur der<br />

Form nach, sondern weil der Meditierende wie der Fuji, der e<strong>in</strong> ruhender Vulkan ist,<br />

explodieren kann. Der Lotossitz wurde schon 500 v. Chr. im Upanishaden erwähnt.<br />

Während der Meditation darf man Gedanken nicht bekämpfen. Genau so wie die Wolken<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 38


den Fuji nicht berühren, sondern sich nur wie e<strong>in</strong> loser Schleier um ihn legen, darf der<br />

Meditierende von den Gedanken nicht fest ergriffen, sondern nur umhüllt werden.<br />

Dōgens Hauptwerk heißt Shōbōgenzō (95<br />

Bände). An dem Werk erkennt man die<br />

Geistesgröße Dōgens. Aber se<strong>in</strong>e wahre<br />

Größe erkennt man daran, dass er die Worte<br />

e<strong>in</strong>es ch<strong>in</strong>esischen Mönchs, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Tempel als Koch arbeitete, sofort verstand<br />

und das ganze Leben lang beherzigte: Nicht<br />

mehr ist notwendig, als die Arbeit im Alltag<br />

mit voller Konzentration und Sorgfalt zu<br />

erledigen, denn Arbeit ist Übung. Frau Syed<br />

wiederholte die Stichwörter der Lehre<br />

Dōgens: „Achtsamkeit“, „Vorsicht“ und<br />

„Respekt vor den Lebewesen“.<br />

Es war e<strong>in</strong> ernsthafter, aber gleichzeitig sehr lebendiger und lustiger Vortragsabend. Alles<br />

war sehr anschaulich, auch dank ihrer Aufnahmen, die sie während ihrer Japanreise im<br />

September dieses Jahres gemacht hatte.<br />

33.<br />

Wie der Laut des W<strong>in</strong>des<br />

Meditative Solomusik für die japanische Bambusflöte Shakuhachi<br />

am 15.11.2012 im Künstlerhaus München<br />

Unter den japanischen Musik<strong>in</strong>strumenten zählt die Shakuhachi sicher zu den<br />

ungewöhnlichen, die aber <strong>in</strong> der letzten Zeit im Westen an Popularität gewonnen hat. Das<br />

liegt an ihrem rauen, teils auch scharfen Klang, der ke<strong>in</strong>e Ähnlichkeit mit e<strong>in</strong>er<br />

harmonischen Melodie nach westlichem Empf<strong>in</strong>den besitzt. Mit ihrer Solomusik entspricht<br />

die Shakuhachi, e<strong>in</strong>e schlichte Längsflöte aus Bambus, deshalb <strong>in</strong> besonderer Weise der<br />

traditionellen japanischen Musikästhetik und ihrem Ideal des „naturhaften Klangs“, <strong>in</strong> dem<br />

sich die Grenzen zwischen Geräusch und musikalischem Ton verwischen.<br />

Tadashi Tajima, der zu Japans herausragenden Shakuhachi-Spielern gehört, und nicht zum<br />

ersten Mal <strong>in</strong> München auftrat, begeisterte mit se<strong>in</strong>er ungewöhnlichen Ausdruckskraft und<br />

großer klanglicher Differenzierung wieder das zahlreich im Künstlerhaus erschienene<br />

Publikum.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 39


34.<br />

Selbsttötung und Selbsth<strong>in</strong>richtung<br />

<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag<br />

von Prof. Dr. Mart<strong>in</strong> Lehnert am 27.11.2012<br />

Das im Westen populärere Wort harakiri ist lediglich e<strong>in</strong>e andere Lesung von seppuku, wie<br />

Herr Prof. Lehnert gleich zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Vortrages erläuterte. Den Bedeutungswandel<br />

dieser extremen Form des Selbstmordes machte er an zwei unterschiedlichen japanischen<br />

Schriftstellern fest.<br />

Nitobe Inazō (1862-1933), der selbst aus e<strong>in</strong>er Samuraifamilie stammte, während se<strong>in</strong>es<br />

Studiums <strong>in</strong> den USA aber zum Quäker wurde, versuchte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em bekannten Hauptwerk<br />

„Bushidō. Der Ehrenkodex der Samurai“ die Selbsttötung <strong>in</strong> Japan den westlichen Lesern<br />

zu erklären. Er sah <strong>in</strong> dieser extrem schmerzhaften Form den letzten Beweis der<br />

emotionalen Lauterkeit e<strong>in</strong>es Kriegers, den Ausdruck von Kaltblütigkeit und die<br />

Verachtung der Todesangst. In gewissen Formen der Selbsttötung im europäischen<br />

Altertum erkannte er Parallelen. Der sehr viel jüngere Chiba Tokuji dagegen sah im seppuku<br />

gerade ke<strong>in</strong>en „Selbst“mord, da für diese Zeremonie e<strong>in</strong> Assistent, der kaishaku-n<strong>in</strong>, bereit<br />

steht, um dem Ausführenden den eigentlichen Todesstoß zu versetzen. Für Chiba ist der<br />

seppuku e<strong>in</strong>e ultimative Handlung der Wut und geschieht aus e<strong>in</strong>em Affekt heraus, um <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er ausweglosen Situation dem Fe<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Verachtung zu demonstrieren. Daher auch<br />

das Herausziehen des eigenen Gedärms, um es dem Gegner sozusagen vor die Füße<br />

schleudern zu können. Chiba bezieht sich auf Literatur aus dem 8. Jahrhundert als erster<br />

Erwähnung e<strong>in</strong>er Selbsttötung. Im japanischen Mittelalter, vor allem ab dem 12.<br />

Jahrhundert, wurde der seppuku von Kriegern zumeist <strong>in</strong> drei Fällen ausgeführt: als<br />

Treuebeweis beim Tod des Lehnsherrn, bei drohender Gefangennahme <strong>in</strong> kriegerischen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen oder als äußerster Protest gegen Fehlentscheidungen e<strong>in</strong>es<br />

Vorgesetzten. 1493 wandelte sich diese Form der letzten eigenständigen Handlung auch zu<br />

e<strong>in</strong>er privilegierten Strafe, <strong>in</strong>dem die Selbstentleibung vor Zeugen an die Stelle der<br />

Enthauptung wie bei normalen Verbrechern trat. E<strong>in</strong> kompliziertes Regelwerk wurde für<br />

den Akt selbst aufgestellt, er wurde „ritualisiert“ und verlor se<strong>in</strong>en affektiven Charakter. In<br />

letzter Konsequenz reichte es dann, wenn der Schnitt mit dem Dolch nur noch angedeutet<br />

und gar nicht mehr ausgeführt wurde. Die tödliche Enthauptung wurde aber immer von<br />

e<strong>in</strong>em engen Freund oder Vertrauten, nicht von e<strong>in</strong>em Henker ausgeführt. Dar<strong>in</strong> lag die<br />

Bevorzugung der Samurai. Nur ihnen wurde die Nervenstärke zu e<strong>in</strong>er solchen<br />

Selbstentleibung zugetraut. Unternahm e<strong>in</strong> Samurai seppuku zur Sühne eigener Schuld,<br />

konnte er damit se<strong>in</strong>en Besitzstand und die Ehre der Familie erhalten oder wieder<br />

herstellen.<br />

Mit der Meiji-Reform und der Aufhebung des Kriegerstandes wurde seppuku verboten. Er<br />

überlebte aber durch se<strong>in</strong>e Heroisierung wie bei Nitobe und durch die Popularisierung des<br />

Theaterstückes von den 47 rōn<strong>in</strong> „Chush<strong>in</strong>gura“. Theaterstücke und Filme im Westen taten<br />

e<strong>in</strong> übriges, um seppuku <strong>in</strong> die Sphäre übermenschlicher Willenskraft zu heben. Der<br />

Samurai und seppuku wurden nun zu e<strong>in</strong>em Synonym. Obwohl offiziell verboten, beg<strong>in</strong>g<br />

General Nogi Maresuke seppuku entsprechend den Gefolgsleuten e<strong>in</strong>es Fürsten <strong>in</strong> früherer<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 40


Zeit, als se<strong>in</strong> Befehlshaber, der Meiji-Kaiser, starb. Den letzten Selbstmord <strong>in</strong> dieser Form<br />

führte der Schriftsteller Mishima Yukio am 25.11.1970 <strong>in</strong> dem verzweifelten und erfolglosen<br />

Versuch aus, Japan <strong>in</strong> e<strong>in</strong> heroisches Zeitalter zurück zu führen.<br />

Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 41


Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 42

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