Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV
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Die Privatisierung<br />
der japanischen Staatsbahn<br />
<strong>Rückblick</strong> von Jürgen Betten auf den Vortrag von Gregor Leister<br />
am 8. Mai 2012 im IBZ<br />
In e<strong>in</strong>em spannenden und <strong>in</strong>teressanten Vortrag hat der Referent die Bahnprivatisierung <strong>in</strong><br />
Japan erläutert und dabei auch e<strong>in</strong>ige Bezüge zur Bahnprivatisierung <strong>in</strong> <strong>Deutsch</strong>land hergestellt.<br />
Der Referent, Richter am Landgericht München I, stammt aus e<strong>in</strong>er alten<br />
Eisenbahnerfamilie, <strong>in</strong> der schon beide Großväter als<br />
Eisenbahnbeamte tätig waren. Er ist mit 11 Jahren, also <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Alter, <strong>in</strong> dem viele Jungen „Eisenbahner“ werden<br />
wollen, für 3 Jahre mit der Familie nach Tokyo gezogen und<br />
hat dort die deutsche Schule besucht. Nach dem Jurastudium<br />
war er erneut für 2 Jahre <strong>in</strong> Tokyo.<br />
Zum E<strong>in</strong>stieg wurde die Geschichte der Eisenbahn <strong>in</strong> Japan<br />
dargestellt, die 1872 mit der Strecke Tokyo – Yokohama auf der<br />
englischen Kapspur (Schmalspur) begann. Die Engländer<br />
hatten sich – gegen die Amerikaner – als Berater durchgesetzt<br />
und lieferten auch die ersten Dampfloks. Die 1906/07<br />
verstaatlichte japanische Bahn fuhr – nach ihrer Ausgliederung<br />
als JNR (Japan National Railway) aus dem<br />
Eisenbahnm<strong>in</strong>isterium – von 1949-1964 noch kostendeckend. Erst ab 1964 geriet sie <strong>in</strong> die<br />
Verlustzone, was <strong>in</strong> den Folgejahren zu Qualitätsmängeln, jährlichen Preiserhöhungen ab<br />
1977, „illegalen“ Streiks und e<strong>in</strong>em zunehmenden Vertrauensverlust bei der Bevölkerung<br />
führte. Dabei wurde die JNR auch von der Politik „missbraucht“. Sie hatte zu viel Personal,<br />
da sie nach dem 2. Weltkrieg u.a. viele Kriegsveteranen und aus dem Ausland<br />
zurückgekehrte Japaner aufnehmen musste. Obwohl Japan als e<strong>in</strong> „längliches“ Land gut<br />
für die Eisenbahn geeignet ist, wuchsen die Verluste und es kam auch zu schweren<br />
Unfällen. Dagegen zeigten die Privatbahnen, wie z.B. Seibu, wie man Gew<strong>in</strong>n macht,<br />
<strong>in</strong>dem man sich selbst die Kunden schafft: durch Bau von Wohnungen, Hotels und<br />
Kaufhäusern, die durch die Eisenbahn mit den Zentren verbunden werden. So wurde auch<br />
der gerade fertiggestellte Tokyo Sky Tree (mit 300 Läden, Restaurants, Planetarium und<br />
Aquarium) zu e<strong>in</strong>em großen Teil von der Eisenbahngesellschaft Tobu f<strong>in</strong>anziert, die<br />
natürlich auch über e<strong>in</strong>e Eisenbahnl<strong>in</strong>ie zum neuen Tokyo Sky Tree verfügt. Mit dem 1.<br />
April 1987 hat sich das Gesicht der staatlichen Eisenbahn <strong>in</strong> Japan vollkommen gewandelt.<br />
Die JNR wurde privatisiert und <strong>in</strong> 7 private <strong>Gesellschaft</strong>en aufgespalten: davon sechs<br />
Personentrans-portgesellschaften JR Hokkaido, JR East, JR Central (Tokai), JR West, JR<br />
Shikoku, JR Kyushu und e<strong>in</strong>e Gütertransportgesellschaft JR Freight.<br />
Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 18