Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV
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Pucc<strong>in</strong>i und die Geishas<br />
<strong>Rückblick</strong> von Dr. Andrea Hirner auf den Vortrag von Herbert<br />
Eichele am 21. März 2011<br />
Wer davon überzeugt ist, die „Madama Butterfly“ von Giacomo Pucc<strong>in</strong>i gut zu kennen –<br />
schließlich ist sie e<strong>in</strong>e der bekanntesten Opern der Welt -, hätte sich den Vortrag von Herrn<br />
Eichele anhören sollen. Immerh<strong>in</strong> besuchten zahlreiche Mitglieder der DJG diesen<br />
Vortragsabend und kehrten mit zahlreichen neuen<br />
Informationen, Hör- und Bildbeispielen nach Hause zurück.<br />
Herr Eichele rekapitulierte zuerst den Ablauf der Geschichte, die<br />
die Oper bildet, und ihre Entstehung, die auf dem<br />
Zusammenspiel zahlreicher Zufälle beruhte. (Heute kann man<br />
sich nicht mehr vorstellen, dass die erste Aufführung e<strong>in</strong> Flop<br />
war). Das herausragende Besondere an der Oper ist wohl, dass<br />
Pucc<strong>in</strong>i dabei orig<strong>in</strong>al japanische Tonfolgen e<strong>in</strong>flocht, die er<br />
unter anderem bei Besuchen der Frau des japanischen<br />
Botschafters auf Schallplatten hörte, die zu den ersten ihrer Art<br />
gehörten. Schwieriger war es sicher für ihn als Komponist, sich<br />
<strong>in</strong> die Gefühlswelt e<strong>in</strong>er Japaner<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zuleben. Zufällig trat<br />
damals auch <strong>in</strong> Italien die ehemalige Geisha Sadayakko<br />
Kawakami auf, die als erste mit ihrer Truppe durch Europa reiste<br />
und viel Aufsehen erregte. Außer der Frau des Botschafters und<br />
der Schauspieler<strong>in</strong> wird Pucc<strong>in</strong>i ke<strong>in</strong>e anderen Japaner<strong>in</strong>nen<br />
gesehen haben. Se<strong>in</strong>e Madama Butterfly spiegelt deshalb auch den Geschmack der Zeit, der<br />
vom „Japonismus“, der schwärmerischen Spiegelung Japans <strong>in</strong> der europäischen Kultur,<br />
geprägt war.<br />
So wie Pucc<strong>in</strong>i bei der Musik japanische Tonfolgen benutzte, die er aus unterschiedlichen<br />
Quellen entnahm, so ist auch das Bild der unglücklichen Cho-cho-san aus verschiedenen<br />
Episoden zusammengestückelt, von denen er Kenntnis bekam. Denn nach der Öffnung<br />
Japans war es für europäische Männer durchaus e<strong>in</strong>fach, sich bei e<strong>in</strong>em Aufenthalt <strong>in</strong> Japan<br />
e<strong>in</strong>e „Frau auf Zeit“ zu leisten. Nur selten erfuhr die Öffentlichkeit etwas von den Frauen,<br />
die davon betroffen waren. Herr Eichele erzählte also von den verschiedenen Affären,<br />
angefangen mit Toj<strong>in</strong> O-Kichi, die e<strong>in</strong>e kurze Zeit lang Townsend Harris, den ersten<br />
amerikanischen Gesandten, pflegte und später Selbstmord beg<strong>in</strong>g. Oder von dem<br />
französischen See-Offizier Pierre Loti, der dieses Genre mit se<strong>in</strong>en Romanen bekannt<br />
machte.<br />
Es gibt sehr viele Theorien, welche Frau letztendlich das wirkliche Vorbild für Madama<br />
Butterfly war, aber das Rätsel wird sich nie mehr lösen lassen. Herr Eichele schenkte dafür<br />
mit se<strong>in</strong>en zahlreichen Bildern, seltenen Photos sowie den Hörbeispielen aus der Oper den<br />
Zuhörern e<strong>in</strong>en genussreichen Abend, der begeistert angenommen wurde.<br />
Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 13