Rückblick - Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern eV
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schwere Verbrechen gegen den Staat wie Hochverrat. Derzeit werden etwa 15 bis 20<br />
Personen pro Jahr zum Tode verurteilt, h<strong>in</strong>gegen werden etwa 2000 Taten begangen, bei<br />
denen die Verhängung der Todesstrafe <strong>in</strong> Betracht kommt. Derzeit bef<strong>in</strong>den sich 132 zum<br />
Tode Verurteilte <strong>in</strong> Haft. Zur Vollstreckung der Todesstrafe ist die Unterzeichnung e<strong>in</strong>er<br />
entsprechenden Anordnung durch den Justizm<strong>in</strong>ister erforderlich. Es hängt letztlich von<br />
dessen jeweiliger Persönlichkeit ab, ob <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Amtszeit H<strong>in</strong>richtungen durchgeführt<br />
werden oder nicht. Die seit dem Regierungswechsel im September 2009 im Amt tätigen 8<br />
Justizm<strong>in</strong>ister, deren Amtszeiten nach Tagen (zwischen 22 und 356) gezählt werden, haben<br />
<strong>in</strong>sgesamt nur 8 Personen h<strong>in</strong>richten lassen.<br />
Herr Prof. Dr. Tsujimoto (K<strong>in</strong>ki Universität Osaka) stellte anhand von zwei Beispielen die<br />
besonders <strong>in</strong> Grenzfällen mit heranwachsenden Straftätern auftretenden<br />
Abwägungsschwierigkeiten, die sich aus den vom japanischen obersten Gerichtshof<br />
aufgestellten Grundpr<strong>in</strong>zipien ergeben können, dar. Im sogenannten „Hikari-Fall“<br />
ermordete e<strong>in</strong> zur Tatzeit 18 Jahre und 1 Monat alter Täter e<strong>in</strong>e 23 Jahre alte Mutter und ihr<br />
11 Monate altes K<strong>in</strong>d. Dafür wurde er zunächst durch das LG Yamaguchi und <strong>in</strong> der<br />
Berufung durch das OLG Hiroshima zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die<br />
Revision der Staatsanwaltschaft hat der OGH das Urteil aufgehoben und den Fall zur<br />
erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen. Zur Begründung hat der OGH<br />
ausgeführt, dass <strong>in</strong> Ermangelung besonderer Umstände nur die Todesstrafe angemessen<br />
sei. Das Alter des Täters alle<strong>in</strong> stelle ke<strong>in</strong>en solchen besonderen Umstand dar. Mit zweitem<br />
Urteil des OLG wurde der Täter zum Tode verurteilt. Die Revision hiergegen hat der OGH<br />
verworfen, dieses Urteil allerd<strong>in</strong>gs wurde von e<strong>in</strong>er abweichenden Me<strong>in</strong>ung des Richters<br />
Miyagawa (e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der japanischen Justiz äußerst seltener Vorgang) begleitet, der dafür<br />
plädierte, die Todesstrafe bei Heranwachsenden mit ger<strong>in</strong>ger seelischer Reife nicht zu<br />
verhängen und dazu auf die „Beij<strong>in</strong>g-Rules“ (UN-M<strong>in</strong>dest-standards für die Verwaltung<br />
der Jugendgerichtsbarkeit), verwies.<br />
Im sogenannten „Ish<strong>in</strong>omaki-Fall“ hat e<strong>in</strong> 18 Jahre und 7 Monate alter Täter zwei Frauen<br />
getötet und e<strong>in</strong>en Mann schwer verletzt. Das LG Sendai verhandelte <strong>in</strong> der Besetzung als<br />
Schöffengericht und verhängte die Todesstrafe. Das Berufungsverfahren ist noch nicht<br />
abgeschlossen. Bemerkenswert an diesem Fall ist aber, dass der Verteidiger sich <strong>in</strong> der<br />
ersten Instanz e<strong>in</strong>er Befragung e<strong>in</strong>es Sozialarbeiters zu e<strong>in</strong>em Ahndungsvorschlag<br />
widersetzte und er Berufung auch mit der Begründung e<strong>in</strong>gelegt hat, dass e<strong>in</strong> Mordfall mit<br />
e<strong>in</strong>em heranwachsenden Täter mit besonderer (wissenschaftlicher) Gründlichkeit<br />
aufzuarbeiten sei, wofür se<strong>in</strong>er Ansicht nach e<strong>in</strong> Schöffengericht nicht h<strong>in</strong>reichend<br />
qualifiziert sei.<br />
In der anschließenden sehr angeregt geführten Diskussion war auch die Vollstreckung der<br />
Todesstrafe <strong>in</strong> Japan selbst Thema. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht<br />
widersprüchlich sei, dass die japanische Verfassung die „grausame Strafe“ verbietet,<br />
andererseits die Todesstrafe durch Erhängen vollstreckt wird. Diese Praxis hat der<br />
japanische Verfassungsgerichtshof 1955 für verfassungskonform erklärt und das Erhängen<br />
„selbst aus e<strong>in</strong>er humanitären Sicht“ für „nicht grausam“ befunden. Diskutiert wurden<br />
auch Alternativen, wie beispielsweise e<strong>in</strong>e „Todesstrafe auf Bewährung“, etwa nach<br />
ch<strong>in</strong>esischem Vorbild. Für die Zukunft dürfte aber das besondere Augenmerk auf der<br />
Veramstaltungsrückblick 2012 Seite 32