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3. Akt - Welcker-online.de

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DER OBERST: Ah so — (er setzt sich.)<br />

(Verwandlung.)<br />

30. Szene<br />

Marktplatz in Grodno. Die Bevölkerung ist versammelt, voran eine Schar von Mädchen.<br />

EIN BEAMTER DER STADTHAUPTMANNSCHAFT (verkün<strong>de</strong>t): Einem auf einen von <strong>de</strong>m<br />

Herrn Oberbefehlshaber <strong>de</strong>r XII. Armee ausgesprochenen Wunsch unter Bezugnahme auf <strong>de</strong>ssen<br />

Verfügung vom 29. April 1916, Zahl 61o6 ergangenen Ersuchen <strong>de</strong>s Chefs <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Verwaltung<br />

zufolge erläßt <strong>de</strong>r Stadthauptmann <strong>de</strong>n Befehl, daß die Mädchen angeleitet wer<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>utschen<br />

Offiziere und Beamten sowie auch die einheimischen Respektpersonen durch Knicksen zu<br />

begrüßen. (Die Mädchen knicksen. Respektpersonen geben vorbei) Knicksen! (Die Mädchen knicksen.<br />

Deutsche Beamte gehen vorbei) Tiefer knicksen! (Die Mädchen knicksen tiefer. Deutsche Offiziere<br />

kommen) Jetzt am tiefsten knicksen! (Die Mädchen knicksen am tiefsten.)<br />

( Verwandlung.)<br />

31. Szene<br />

Briefzensur bei einem <strong>de</strong>utschen Frontabschnitt.<br />

DER ZENSUROFFIZIER: Nee, heute ist aber mächtich viel zu tun! Ich habe seit neun Uhr 1286<br />

Karten und 519 Briefe zensuriert und die meisten waren an Otto Ernst. Wer noch heute drankommen<br />

will, möge mirs ohne An- und Unterschrift vorlesen. Meine Sehkraft ist alle. (Sie lesen <strong>de</strong>r<br />

Reihe nach vor und erhalten <strong>de</strong>n Zensurstempel.)<br />

EIN HAUPTMANN: Eine Gna<strong>de</strong> Gottes, ein unschätzbarer Segen sind Ihre Werke für uns Deutsche<br />

in dieser schweren Zeit! Sie sind für mich die Bestätigung, die Verkörperung <strong>de</strong>s männlich<strong>de</strong>utschen<br />

Glaubens <strong>de</strong>r Gegenwart. Darum k a n n ich nicht an<strong>de</strong>rs, ich m u ß Ihnen, gera<strong>de</strong> Ihnen<br />

mein Herz ausschütten.<br />

EIN FLIEGER: Ohne Phrasen dreschen zu wollen: Ihr Buch war mit das Schönste, Tiefste und Erhebendste,<br />

was ich seit Jahren gelesen habe.<br />

EIN VIZEFELDWEBEL: Innigen Dank für <strong>de</strong>n "Gewittersegen", <strong>de</strong>r mich erfrischt und erquickt<br />

hat. Der Teufel hole alle Flaumacher und Nörgler! Wie hat das Buch mir und allen in Feldgrau aus<br />

<strong>de</strong>r Seele gesprochen!<br />

EIN UNTEROFFIZIER: Heute haben wir Ostersonntag. Am Nachmittage wollen uns benachbarte<br />

Unterstän<strong>de</strong> besuchen, und zur Feier <strong>de</strong>s Tages wird Ihr "Sonntag eines Deutschen" vorgelesen.<br />

Das soll uns die schönste Osterfeier ersetzen!<br />

EIN LANDSTURMMANN: In <strong>de</strong>n Freistun<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>t ein richtiges Wettlesen statt. Je<strong>de</strong>r möchte<br />

zuerst dieses o<strong>de</strong>r jenes Ihrer Bücher lesen, und da wir bisher drei Stück erhielten, muß hübsch gewartet<br />

wer<strong>de</strong>n, bis ein Kamerad das Buch zu En<strong>de</strong> hat.<br />

BEDIENUNG DER 9-cm-GESCHÜTZE, GENANNT "DIE STURMKOLONNE" (unisono): Unser<br />

Dienst läßt es nicht immer zu, daß alle daran teilnehmen, und so lesen wir Ihren Roman doch<br />

lieber einzeln.<br />

SECHZEHN KRAFTFAHRER: Sechzehn Kraftfahrer <strong>de</strong>r 10. Armee haben mit Entzücken Ihren<br />

"Offenen Brief an Annunzio" gelesen — er drückt in Worten unsere Gefühle aus!<br />

EIN OBERLEUTNANT: Je<strong>de</strong> tapfere Zeile zün<strong>de</strong>t wie eine pünktlich krepieren<strong>de</strong> Granate.<br />

EIN FLIEGER-BEOBACHTER: Gera<strong>de</strong> Sie, <strong>de</strong>r Sie sich als Lebensbejaher erwiesen, sind ein Erlöser<br />

in diesem Stumpfsinn <strong>de</strong>s täglichen Einerlei.<br />

EIN LEUTNANT: Ich habe wie<strong>de</strong>r mal herzliche Freu<strong>de</strong> über Ihren Humor und hoffe, daß die Wirkung<br />

auch im Granatfeuer nicht nachläßt.<br />

EIN MILITÄRMUSIKER: Über die Zeit <strong>de</strong>r Trennung sollen meiner lieben, armen, unglücklichen<br />

Braut Ihre so wun<strong>de</strong>rbar heilkräftigen, tröstlichen Werke hinweghelfen.<br />

EIN GEFREITER: Sie können mit Ihrer von Gott gesegneten Fe<strong>de</strong>r unserm Vaterlan<strong>de</strong> mehr nüt-<br />

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