FNP 2020 Gera - Teil A - Begründung - Otto-Dix-Stadt Gera - Jena
FNP 2020 Gera - Teil A - Begründung - Otto-Dix-Stadt Gera - Jena
FNP 2020 Gera - Teil A - Begründung - Otto-Dix-Stadt Gera - Jena
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<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Flächennutzungsplan<br />
<strong>Gera</strong> <strong>2020</strong><br />
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Herausgeber:<br />
Bearbeitung:<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> – Dezernat Bau und Umwelt<br />
Fachdienst 4400 und weitere Fachdienste<br />
30. September 2010 1
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
2 30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Vorwort<br />
Der Flächennutzungsplan ist nach intensiven Diskussionen und in enger Abstimmung mit<br />
den Bürgern und Behörden erarbeitet worden. Viele <strong>Gera</strong>erinnen und <strong>Gera</strong>er haben mit ihren<br />
Stellungnahmen deutlich gemacht, dass sie aktiv Anteil nehmen an der zukünftigen Entwicklung<br />
<strong>Gera</strong>s.<br />
Seit der politischen Wende 1990 haben sich in <strong>Gera</strong> große gesellschaftliche und wirtschaftliche<br />
Veränderungen vollzogen, die sich erheblich auf die räumliche Entwicklung der <strong>Stadt</strong><br />
auswirkten. So verlor zum Beispiel in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> die ehemals dominierende industrielle<br />
Herstellung von Produkten ihre Bedeutung, in dessen Folge innerstädtische Flächen brach<br />
fielen. Auch der massive Rückbau von Wohnungen in den Plattenbaugebieten Lusan und<br />
Bieblach-Ost im Rahmen des <strong>Stadt</strong>umbaus führte und führt zu neuen verfügbaren Flächen.<br />
Der Flächennutzungsplan sieht diese Entwicklungen als Chance und nutzt die dadurch entstandenen<br />
Potentiale für eine nachhaltige und zukunftsträchtige Entwicklung. Auf innerstädtischen<br />
Brachflächen soll qualitativ hochwertiges Wohnen bzw. neues kleinteiliges Gewerbe<br />
entstehen, die Plattenbaugebiete erhalten neue Grünflächen, die zu einer Erhöhung der<br />
Wohn- und Lebensqualität führen. Das Hauptanliegen der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>, die wirtschaftliche<br />
Basis sichtbar zu verbessern, unterstützt das vorliegende Planwerk durch die Ausweisung<br />
von gewerblichen Entwicklungsflächen mit hoher Lagegunst.<br />
Insgesamt enthält der Flächennutzungsplan weniger quantitatives Flächenwachstum, sondern<br />
fokussiert sich auf eine qualitative Verbesserung der gesamträumlichen Situation der<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>. Damit wird er den zukünftigen Herausforderungen einer abnehmenden Bevölkerung,<br />
steigender Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes sowie neuer Wohn- und<br />
Standortansprüche der Einwohner bzw. Unternehmer gerecht.<br />
Der vorliegende Flächennutzungsplan stellt entsprechend dem Baugesetzbuch die sich aus<br />
der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung in Grundzügen<br />
dar. Er soll zukünftig neben der <strong>Stadt</strong>verwaltung vor allem den Bürgern und Investoren<br />
als Orientierungshilfe dienen.<br />
Dr. Norbert Vornehm<br />
Oberbürgermeister<br />
30. September 2010 3
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Vorwort<br />
Inhaltsverzeichnis………………………………………………………………….………….4<br />
1 Einführung ....................................................................................................................7<br />
1.1 Aufgabe des Flächennutzungsplanes.......................................................................7<br />
1.2 Rechtliche Grundlagen und Auswirkungen...............................................................7<br />
1.3 Aufstellungsverfahren ..............................................................................................8<br />
1.4 Planungs- und Darstellungsmethodik..................................................................... 10<br />
1.5 Flächenbilanz......................................................................................................... 14<br />
2 Grundlagen ................................................................................................................. 16<br />
2.1 Lage im Raum........................................................................................................ 16<br />
2.2 Geschichte der <strong>Stadt</strong>entwicklung ........................................................................... 17<br />
2.3 Natürliche Grundlagen ........................................................................................... 20<br />
2.4 Landes- und Regionalplanung, Fachplanungen ..................................................... 21<br />
3 Bevölkerung................................................................................................................ 27<br />
3.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung und Wanderung............................................ 27<br />
3.2 Entwicklung der Alterstruktur.................................................................................. 29<br />
3.3 Einwohner- und Haushaltsentwicklung bis <strong>2020</strong> .................................................... 32<br />
4 Grundkonzeption........................................................................................................ 42<br />
4.1 Leitlinien zur <strong>Stadt</strong>entwicklung ............................................................................... 42<br />
4.2 Großräumige <strong>Stadt</strong>struktur..................................................................................... 45<br />
4.3 Brachflächenentwicklung........................................................................................ 47<br />
4.4 Das Oberzentrum <strong>Gera</strong> und seine regionale Einbindung........................................ 51<br />
4.5 Entwicklung des <strong>Stadt</strong>zentrums ............................................................................. 56<br />
4.6 Zentrenkonzept ...................................................................................................... 64<br />
4.6.1 Grundsätze und Ziele ...................................................................................... 64<br />
4.6.2 <strong>Stadt</strong>zentrum und <strong>Stadt</strong>teilzentren................................................................... 67<br />
4.6.3 Bestehende großflächige Einzelhandelseinrichtungen..................................... 75<br />
4.6.4 Geplante großflächige Einzelhandelseinrichtungen ......................................... 77<br />
4.6.5 Zukünftige Handlungsziele............................................................................... 77<br />
4.7 Planungsziele für die ländlich geprägten Ortsteile.................................................. 78<br />
5 Wirtschaft.................................................................................................................... 80<br />
5.1 Ausgangssituation der Wirtschaft ........................................................................... 80<br />
5.2 Ziele....................................................................................................................... 84<br />
5.3 Prognose des Gewerbeflächenbedarfs .................................................................. 86<br />
5.3.1 Methodischer Ansatz ....................................................................................... 86<br />
5.3.2 Auswahl des Prognoseverfahrens ................................................................... 87<br />
5.3.3 Ermittlung der Datengrundlagen ...................................................................... 87<br />
5.3.4 Errechnung des gewerblichen Flächenbedarfes .............................................. 89<br />
5.4 Flächendarstellungen im gewerblichen Sektor ....................................................... 90<br />
5.4.1 Grundsätze und räumliche Schwerpunkte ....................................................... 90<br />
5.4.2 Unbeplante Bestandsgebiete........................................................................... 92<br />
5.4.3 Gewerbliche Bauflächen in Bebauungsplänen................................................. 94<br />
5.4.4 Neuausweisungen ........................................................................................... 98<br />
5.5 Bewertung des Gewerbeflächenbedarfs............................................................... 100<br />
5.5.1 Flächenbedarf von Unternehmen................................................................... 100<br />
5.5.2 Potenziale...................................................................................................... 103<br />
5.5.3 Bewertung der Potenziale und Handlungsbedarf ........................................... 106<br />
5.6 Tertiärer Sektor .................................................................................................... 108<br />
5.7 Umgang mit gemischten Bauflächen.................................................................... 109<br />
5.8 Höhere Bildung und Wissenschaft ....................................................................... 110<br />
4<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
6 Wohnen..................................................................................................................... 113<br />
6.1 Grundsätze und Ziele........................................................................................... 113<br />
6.2 Wohnungs- und Wohnflächenangebot ................................................................. 115<br />
6.2.1 Wohnungsbestand......................................................................................... 115<br />
6.2.2 Flächenpotentiale im Bestand........................................................................ 117<br />
6.2.3 Flächenpotentiale durch Wohnungsrückbau .................................................. 117<br />
6.2.4 Wohnungsbau auf Brachflächen.................................................................... 118<br />
6.2.5 Flächenpotentiale in Bebauungsplänen ......................................................... 119<br />
6.3 Wohnungsnachfrage 1995 bis 2007..................................................................... 122<br />
6.3.1 Entwicklung des Wohngebäude- und Wohnungsbestandes .......................... 122<br />
6.3.2 Entwicklung der Baufertigstellungen.............................................................. 123<br />
6.4 Wohnungsnachfrage bis <strong>2020</strong>.............................................................................. 124<br />
6.4.1 Methodische Vorgehensweise ....................................................................... 124<br />
6.4.2 Einflussfaktoren der Nachfragentwicklung ..................................................... 125<br />
6.4.3 Ableitung der Nachfrageentwicklung.............................................................. 127<br />
6.5 Wohnungs- und Wohnbauflächenbedarf bis <strong>2020</strong>................................................ 129<br />
6.6 Entwicklungsflächen „Wohnen“ ............................................................................ 130<br />
7 Gemeinbedarf, soziale Infrastruktur ....................................................................... 138<br />
7.1 Planungsmethodik ............................................................................................... 138<br />
7.2 Schulbildung ........................................................................................................ 138<br />
7.3 Kultureinrichtungen, Sportstätten und private Freizeiteinrichtungen..................... 147<br />
7.4 Kinder- und Jugendbetreuung.............................................................................. 152<br />
7.5 Soziale und medizinische Betreuung ................................................................... 157<br />
7.6 Kirchen, öffentliche Verwaltung und Denkmalschutz............................................ 163<br />
8 Verkehr...................................................................................................................... 167<br />
8.1 Planungsmethodik ............................................................................................... 167<br />
8.2 Grundsätze und Zielstellungen............................................................................. 168<br />
8.3 Öffentlicher Personennahverkehr......................................................................... 169<br />
8.4 Straßennetz ......................................................................................................... 170<br />
8.4.1 Autobahnen und Fernstraßen im Außenbereich der <strong>Stadt</strong> ............................. 170<br />
8.4.2 Entwicklung des städtischen Hauptverkehrsnetzes ....................................... 171<br />
8.4.3 Entwicklung des städtischen Nebenstraßennetzes ........................................ 172<br />
8.5 Ruhender Verkehr................................................................................................ 173<br />
8.6 Fußgänger- und Radverkehr................................................................................ 173<br />
8.7 Bahnverkehr und Bahnflächen ............................................................................. 174<br />
8.8 Flugverkehr.......................................................................................................... 175<br />
9 Ver- und Entsorgung, technischer Umweltschutz ................................................. 177<br />
9.1 Grundsätze .......................................................................................................... 177<br />
9.2 Wasserver- und -entsorgung................................................................................ 177<br />
9.3 Energieversorgung............................................................................................... 181<br />
9.3.1 Elektrizität...................................................................................................... 181<br />
9.3.2 Gas................................................................................................................ 181<br />
9.3.3 Fernwärme .................................................................................................... 182<br />
9.3.4 Regenerative Energien.................................................................................. 183<br />
9.4 Abfallwirtschaft..................................................................................................... 187<br />
9.5 Nachrichtentechnik .............................................................................................. 187<br />
9.6 Immissionsschutz................................................................................................. 188<br />
9.7 Nutzungsbeschränkungen des Bodens................................................................ 189<br />
10 Natur und Landschaft ........................................................................................... 194<br />
10.1 Planungsmethodik ............................................................................................ 194<br />
10.2 Integration des Landschaftsplanes ................................................................... 194<br />
10.3 Städtische Freiräume und Grünflächen............................................................. 196<br />
10.4 Landwirtschaft und Wald................................................................................... 203<br />
10.5 Abgrabungen und Rohstoffgewinnung .............................................................. 205<br />
11 Anhang................................................................................................................... 206<br />
11.1 Tabelle zur Integration des Landschaftsplans in den <strong>FNP</strong> ................................ 206<br />
30. September 2010 5
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
11.2 Quellenverzeichnis............................................................................................ 237<br />
11.3 Abbildungsverzeichnis ...................................................................................... 240<br />
11.4 Verzeichnis der Karten und Pläne..................................................................... 242<br />
11.5 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... 243<br />
6<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
1 Einführung<br />
1.1 Aufgabe des Flächennutzungsplanes<br />
Der Flächennutzungsplan (<strong>FNP</strong>) stellt gemäß § 5 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) für das<br />
gesamte <strong>Stadt</strong>gebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende<br />
Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den<br />
Grundzügen dar. Weiter führt der Bundesgesetzgeber zur Aufgabe des <strong>FNP</strong> in § 1 Abs. 5<br />
BauGB aus, dass er eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit<br />
entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen<br />
soll, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu<br />
schützen und zu entwickeln.<br />
Der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan soll für Gegenwart und Zukunft<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> eine stabile städtebauliche Entwicklung gewährleisten. Die in § 1 Abs. 5<br />
BauGB festgelegten und thematisierten Grundsätze werden mit der vorliegenden Planung<br />
als städtebauliche Rahmensetzung auf die Bedingungen der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> umgesetzt. Der <strong>FNP</strong><br />
stellt im Rahmen der permanenten Veränderungsprozesse insbesondere in den großen<br />
Städten ein Planungskonzept als Richtlinie bei Einzelfallentscheidungen dar.<br />
Damit ist der <strong>FNP</strong> die grundlegende Richtlinie für die städtebauliche Entwicklung der<br />
gesamten <strong>Stadt</strong>.<br />
1.2 Rechtliche Grundlagen und Auswirkungen<br />
Funktion und Inhalt des Flächennutzungsplanes sowie das Verfahren für seine Aufstellung<br />
regelt das Baugesetzbuch in seinen Paragraphen 1 bis 7. Das Gesetz unterscheidet zwischen<br />
der vorbereitenden Bauleitplanung, dem <strong>FNP</strong> und der verbindlichen Bauleitplanung,<br />
den Bebauungsplänen. Beide Planarten unterscheiden sich nicht nur in ihren Umrissen, der<br />
<strong>FNP</strong> beplant das gesamte <strong>Stadt</strong>gebiet, Bebauungspläne lediglich <strong>Teil</strong>bereiche, sondern insbesondere<br />
in der rechtlichen Qualität. Der <strong>FNP</strong> als für die Bebauungspläne vorbereitender<br />
Bauleitplan entfaltet noch keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber dem Bürger.<br />
Das hat zur Folge, dass Bürger aus dem <strong>FNP</strong> keine Rechtsansprüche ableiten können, wie<br />
etwa auf eine Baugenehmigung oder Entschädigung aus Neu- oder Umwidmungen von<br />
Grundstücken. Dies ist erst beim verbindlichen Bauleitplan möglich.<br />
Flächendarstellungen des <strong>FNP</strong> sind grundsätzlich wegen deren Grobkörnigkeit nicht grundstücksbezogen<br />
oder parzellenscharf. Aus dem Flächennutzungsplan lässt sich kein verbindliches<br />
Bodennutzungsrecht ableiten. Nur der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan<br />
setzt das Bodennutzungskonzept in unmittelbar geltendes Recht um und bestimmt somit<br />
Inhalt und Schranken des Grundeigentums.<br />
Vorhaben im unbeplanten Innenbereich beurteilen sich ausschließlich nach den Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
des § 34 BauGB ohne Berücksichtigung der Darstellungen des <strong>FNP</strong>.<br />
Der Flächennutzungsplan stellt nicht den Außenbereich dar. Bereiche nach § 35 BauGB<br />
definieren sich vielmehr als Negativkategorie. Der Außenbereich umfasst alle Gebiete, die<br />
nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nach § 30 Abs. 1 BauGB (qualifizierter B-<br />
Plan) bzw. außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB liegen. Ist<br />
die Außenbereichsqualität eines Grundstückes festgestellt worden, besitzt der <strong>FNP</strong> gemäß §<br />
35 BauGB als öffentlicher Belang Einfluss auf die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens,<br />
z.B. einer Windenergieanlage (WEA) oder eines Wohngebäudes.<br />
Eine unmittelbare Bindungswirkung entfaltet der Flächennutzungsplan in der Regel gegenüber<br />
den bei der <strong>FNP</strong>-Aufstellung beteiligten Behörden und Stellen, die Träger von öffentlichen<br />
Belangen (TÖB) sind. Sofern diese während des Aufstellungsverfahrens keinen<br />
Widerspruch erhoben haben, müssen sie ihre Planungen dem Flächennutzungsplan anpassen.<br />
30. September 2010 7
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die Geltungsdauer eines Flächennutzungsplanes ist gesetzlich nicht geregelt. Sie soll sich<br />
an den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde orientieren. Für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> bedeutet<br />
dies, dass sich die Art der Bodennutzung wegen des anhaltenden Bevölkerungsrückganges<br />
und des immer noch nicht endgültig vollzogenen Strukturwandels in den neuen Bundesländern<br />
nur sehr schwer einschätzen lässt. Mit länger werdendem Planungshorizont wird die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass die dem <strong>FNP</strong> zugrunde liegenden Rahmenbedingungen, Prognosen<br />
und Prämissen zutreffen, immer geringer. Der Flächennutzungsplan der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> ist<br />
deshalb für einen Planungshorizont bis zum Jahr <strong>2020</strong> vorgesehen.<br />
Ergeben sich während dieser Zeit abweichende Planungsziele, besteht die Möglichkeit, den<br />
<strong>FNP</strong> für einzelne <strong>Teil</strong>bereiche über ein formelles Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit<br />
zu ändern.<br />
1.3 Aufstellungsverfahren<br />
Versagung der Genehmigung des <strong>FNP</strong> 2001<br />
Am 22.11.2001 beschloss der <strong>Stadt</strong>rat der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> den Flächennutzungsplan, welcher mit<br />
Schreiben vom 13.12.2001 zur Genehmigung beim Landesverwaltungsamt, Referat 210 eingereicht<br />
wurde. Mit Schreiben vom 10.06.2002 versagte das Landesverwaltungsamt die Genehmigung<br />
des Flächennutzungsplans. Hauptablehnungsgründe waren Mängel bei<br />
Wohnbauflächenkonzeption - Wohnungsbedarfsberechnung,<br />
Gefährdungsabschätzung der für bauliche Nutzungen vorgesehenen Flächen, deren Böden<br />
erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind (Altlasten/ Altlastenverdachtsflächen),<br />
Darstellungsmethodik der Wohnbauflächen und gemischten Bauflächen sowie der<br />
naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächenkonzeption.<br />
Diese Themenbereiche betreffen nach Aussage des Landesverwaltungsamtes die Grundzüge<br />
des Flächennutzungsplans und mussten deshalb zwingend zur Ablehnung des Genehmigungsantrages<br />
führen.<br />
Aktuelle Rechtslage<br />
Die Ablehnung des Genehmigungsantrages führte dazu, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt<br />
lediglich ein festgestellter Flächennutzungsplan vorliegt. Dieser ist zwar als Willensbekundung<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> hinsichtlich der geplanten städtebaulichen Entwicklung zu verstehen, ist<br />
aber wegen der Versagung der Genehmigung rechtlich einem <strong>FNP</strong>-Entwurf gleichzustellen.<br />
Eine Neuaufstellung, die zu einem genehmigungsfähigen <strong>FNP</strong> führt, wird somit erforderlich.<br />
Um die notwendige Neuaufstellung des Flächennutzungsplans zu ermöglichen, wurde das<br />
bisherige Aufstellungsverfahren (Stand festgestellter, nicht genehmigter <strong>FNP</strong>) abgebrochen.<br />
Im Sinne eines sauberen Verfahrensschnitts wurde in Abstimmung mit der oberen Bauaufsichtsbehörde<br />
in Weimar den Bürgern und Trägern öffentlicher Belange durch öffentliche<br />
Bekanntmachung vom 17.12.2004 die Möglichkeit eröffnet, die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten<br />
Abwägungsergebnisse einzusehen. Von dieser Möglichkeit machten sieben Bürger<br />
Gebrauch.<br />
Vorentwurf <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong><br />
Mit <strong>Stadt</strong>ratsbeschluss Nr. 92/2006 vom 29.06.2006 wurde die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes<br />
formell beschlossen.<br />
Um erste inhaltliche Vorstellungen in den kommunalen Willensbildungsprozess einzubringen,<br />
8<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
wurde ein planerisches Grundkonzept erstellt und zum Vorentwurf in Form eines Eckpunktepapiers<br />
und eines Hauptplans im Maßstab 1:15.000 zusammengefasst. Das Eckpunktepapier<br />
beinhaltete Zielstellungen und Flächenvorschläge der für das strategische Agieren der<br />
<strong>Stadt</strong> wesentlichen Fachteile. Das waren insbesondere die geplanten Wohnbau-, Einzelhandels-<br />
und gewerblichen Bauflächen sowie die Verkehrstrassen. Einen weiteren wichtigen <strong>Teil</strong><br />
bilden das Grünflächenkonzept und die Ausgleichsflächen nach Naturschutzrecht, welche<br />
dem Landschaftsplan entnommen wurden. Der <strong>Stadt</strong>rat billigte mit Beschluss 141/2006 vom<br />
20.07.2006 den Vorentwurf, auf dessen Grundlage die frühzeitige Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung<br />
nach den §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 Baugesetzbuch durchgeführt wurde.<br />
Die Träger öffentlicher Belange – dazu gehören Behörden, Versorgungsunternehmen,<br />
Institutionen der Wirtschaft, Kirchen, Nachbargemeinden etc. – wurden mit Schreiben vom<br />
31.07.2006 beteiligt und der Vorentwurf zwischen dem 23.10. und 24.11.2006 öffentlich ausgelegt.<br />
Parallel zur Erarbeitung des Vorentwurfs wurde auch ein wichtiger Punkt der Umweltprüfung<br />
(Plan-UP), der Scoping-Termin nach § 4 Abs. 1 BauGB, bereits am 11.05.2006 durchgeführt.<br />
In diesem Arbeitsschritt wurde der Untersuchungsrahmen abgestimmt sowie die<br />
Tiefe der notwendigen Analyse mit den relevanten Behörden und Trägern öffentlicher Belange<br />
ermittelt. Die Informationen aus diesem Arbeitsschritt dienen als Ausgangspunkt für die<br />
Erstellung des Umweltberichtes, welcher parallel zu den Verfahrensschritten des <strong>FNP</strong> erstellt<br />
und qualifiziert wird. Der Umweltbericht sowie eine vollständige <strong>Begründung</strong> zum <strong>FNP</strong> werden<br />
parallel erarbeitet und liegen gemäß den Vorgaben des Baugesetzbuches mit der vorliegenden<br />
Entwurfsphase vor.<br />
Entwurf <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong><br />
Die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung wurden ausgewertet, teilweise<br />
übernommen und zusammen mit den Ergebnissen der Plan-UP sowie den Grundlagen<br />
des Vorentwurfes zum Entwurf qualifiziert. Dieser enthielt eine vollständige <strong>Begründung</strong>,<br />
einen Entwurf der Plan-UP sowie einen durchgearbeiteten Hauptplan im Maßstab 1:15.000.<br />
Der <strong>Stadt</strong>rat billigte mit Beschluss 232/2007 vom 21. Februar 2008 den Entwurf, auf dessen<br />
Grundlage die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach den §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2<br />
Baugesetzbuch durchgeführt wurde. Die Träger öffentlicher Belange – dazu gehören Behörden,<br />
Versorgungsunternehmen, Institutionen der Wirtschaft, Kirchen, Nachbargemeinden<br />
etc. – wurden mit Schreiben vom 12. März 2008 beteiligt und der Entwurf zwischen dem 10.<br />
März 2008 und 26. April 2008 öffentlich ausgelegt.<br />
Im Ergebnis des Beteiligungsverfahrens gingen 341 Bürgerstellungnahmen sowie 55 Stellungnahmen<br />
der Träger öffentlicher Belange ein.<br />
2. Entwurf <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong><br />
Die Ergebnisse der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf wurden ausgewertet<br />
und abgewogen. Es zeigte sich, dass Änderungen im <strong>FNP</strong> vorgenommen werden mussten,<br />
so dass die Erarbeitung des 2. Entwurfs notwendig wurde. Der <strong>Stadt</strong>rat billigte mit Beschluss<br />
101/2009 vom 14. Januar 2010 den 2. Entwurf, auf dessen Grundlage eine erneute<br />
Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach den § 4a Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 2 und § 4<br />
Abs. 2 Baugesetzbuch durchgeführt wurde. Die Träger öffentlicher Belange wurden mit<br />
Schreiben vom 4. Februar 2010 beteiligt und der 2. Entwurf zwischen dem 8. Februar 2010<br />
und 22. März 2010 öffentlich ausgelegt.<br />
Im Ergebnis des Beteiligungsverfahrens gingen 723 Bürgerstellungnahmen sowie 60 Stellungnahmen<br />
der Träger öffentlicher Belange ein.<br />
30. September 2010 9
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Feststellungsbeschluss<br />
Die Ergebnisse der erneuten Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung wurden ausgewertet<br />
und abgewogen. Es zeigte sich, dass keine Änderungen im <strong>FNP</strong> vorgenommen werden<br />
mussten, die eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert hätten. Der <strong>Stadt</strong>rat der <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Gera</strong> hat in seiner Sitzung am …………………….. mit Beschluss Nr. 101/2009, 1. Ergänzung<br />
den Flächennutzungsplan <strong>2020</strong> festgestellt. Die <strong>Begründung</strong> einschließlich Umweltbericht<br />
wurde gebilligt.<br />
Wirksamer Flächennutzungsplan<br />
Die Genehmigung wurde mit Verfügung der Höheren Verwaltungsbehörde vom<br />
…………………….. Az.: …………..…………………..…………………………………….. mit<br />
Nebenbestimmungen und Hinweisen erteilt. Mit Bekanntmachung der Genehmigung im<br />
Amtsblatt am…………………wurde der Flächennutzungsplan <strong>Gera</strong> <strong>2020</strong> rechtswirksam.<br />
1.4 Planungs- und Darstellungsmethodik<br />
<strong>Begründung</strong> und Umweltbericht<br />
Der Flächennutzungsplan ist eine zeichnerische Darstellung der Grundzüge der Entwicklung<br />
innerhalb der Grenzen des Gemeindegebietes. Die in ihm dargestellten Planungsvorstellungen<br />
sind zu begründen. Die <strong>Begründung</strong> hat die Funktion, die wesentlichen Elemente<br />
und Aussagen des Flächennutzungsplanes sowie seine Ziele verständlich und nachvollziehbar<br />
darzulegen. Zusätzlich enthält die <strong>Begründung</strong> einen Umweltbereicht, welcher die aufgrund<br />
der Umweltprüfung ermittelten und bewerteten Belange des Umweltschutzes beinhaltet.<br />
Die vorliegende <strong>Begründung</strong> zum <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong> besteht aus einem <strong>Teil</strong> A, der die engere <strong>Begründung</strong><br />
mit ihren 10 Fachkapiteln, grundlegenden Aussagen zur Planungsmethodik sowie<br />
rechtlichen und weiteren Rahmenbedingungen enthält. <strong>Teil</strong> B der <strong>Begründung</strong> ist der Umweltbericht<br />
inklusive saP, der gemäß § 2a BauGB die auf Grund der Umweltprüfung ermittelten<br />
und bewerteten Belange des Umweltschutzes enthält.<br />
Planzeichnung/ Kartengrundlage<br />
Die Planzeichnung wurde auf der Grundlage der amtlichen Topographischen Grundkarte des<br />
Landesvermessungsamtes Thüringen im Maßstab 1:15.000 erstellt. In <strong>Teil</strong>en wurde der Gebäudebestand<br />
in der Planunterlage ergänzt. Die gewählte Kartengrundlage ermöglicht eine<br />
übersichtliche Darstellung der angestrebten Entwicklung. Der Maßstab entspricht einer für<br />
Städte mit der räumlichen Ausdehnung <strong>Gera</strong>s üblichen Größe.<br />
Nutzungsfestlegungen<br />
Der Flächennutzungsplan unterscheidet grob drei verschiedene rechtliche Arten von Nutzungsfestlegungen.<br />
„Darstellungen“: Dies sind Nutzungsfestlegungen, welche die Kommune in eigener Verantwortung<br />
in Ausübung ihrer Planungshoheit treffen kann, z.B. die Ausweisung einer<br />
Wohnbaufläche.<br />
„Nachrichtliche Übernahmen“ und „Vermerke“: Hierbei handelt es sich um rechtliche<br />
Festlegungen andere Planungsträger, die nach dem BauGB übernommen werden müssen,<br />
z.B. Überschwemmungs- oder Landschaftsschutzgebiete. Sind die Festlegungen in<br />
Aussicht gestellt, so sind sie im <strong>FNP</strong> zu vermerken. In diesem Bereich gibt es keine Abwägungsmöglichkeit<br />
der Kommune.<br />
10<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
„Kennzeichnungen“: Der Gesetzgeber versteht darunter das Kenntlichmachen von gefährlichen<br />
Bereichen im Gemeindegebiet, z.B. Altlastenverdachtsflächen, als Warnung für<br />
nachfolgende Planungsebenen. Es handelt sich um eine Kennzeichnungspflicht. Auch sie<br />
ist nicht der Abwägung zugänglich.<br />
Darstellungsmethodik/ Konkretisierungsspielraum<br />
Der Gesetzgeber macht hinsichtlich der Darstellungsschärfe eines <strong>FNP</strong> keine bindenden<br />
Vorgaben. Entscheidend ist, dass sich aus dem <strong>FNP</strong> die gemeindliche Konzeption der Bauund<br />
Freiflächen, ihre Zuordnungen untereinander sowie ihre städtebaulich relevante Funktion<br />
im Gesamtgefüge entnehmen lassen. Diese Vorgaben sind dann in den einzelnen Bebauungsplänen<br />
mit genaueren Festsetzungen auszufüllen.<br />
Der Flächennutzungsplan ist vorbereitender Bauleitplan, der die städtische Entwicklung der<br />
<strong>Stadt</strong> nur in Grundzügen darstellen kann und soll. Dies drückt sich unter anderem im Maßstab<br />
aus. Bei einem Plan im Maßstab 1:15.000 kann nicht mehr jede kleine Bestands- oder<br />
Entwicklungsfläche dargestellt werden. Dies ist aus zeichnerischen Gründen nicht möglich<br />
und würde auch der Aufgabe des <strong>FNP</strong>, die städtebauliche Entwicklung in Grundzügen darzustellen,<br />
nicht entsprechen. Deshalb werden kleine Bau- oder Grünflächen nicht separat,<br />
sondern innerhalb der sie umgebenden Nutzung dargestellt. Auch geplante Entwicklungen<br />
werden im Flächennutzungsplan nur über einer gewissen Flächengröße dargestellt. Aufgrund<br />
der <strong>Stadt</strong>struktur und Größe der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> wird beim <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong> bei Flächen unter<br />
0,5 ha in der Regel vermutet, dass diese keine <strong>FNP</strong>-Relevanz besitzen und somit nicht<br />
selbständig dargestellt werden müssen. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass auch kleinere<br />
Flächen Relevanz für die gesamtstädtische Entwicklung des jeweiligen Bereiches besitzen,<br />
werden sie als Ausnahme von der Vermutungsregel ebenfalls selbständig dargestellt.<br />
Grundsätzlich gilt, dass die Entwicklung eines B-Planes aus dem Flächennutzungsplan<br />
gegeben sein muss. Eine abweichende Nutzungsfestsetzung in Bebauungsplänen für kleinere<br />
Flächen ist nur dann möglich, wenn der gegebene Entwicklungsspielraum gem. § 8 Abs. 2<br />
BauGB nicht überschritten wird. Das heißt vom <strong>FNP</strong> abweichende Nutzungsfestsetzungen<br />
für kleinere Flächen in Bebauungsplänen sind dementsprechend nur unter Würdigung des<br />
Einzelfalles und bei Nichtbeeinträchtigung der Grundzüge des <strong>FNP</strong> möglich<br />
Insbesondere für Objekte der sozialen und technischen Infrastruktur wurden größtenteils<br />
keine Flächendarstellungen vorgenommen. Es erfolgte an diesen Stellen eine Standortzuweisung<br />
über signethafte Planzeichen.<br />
Flächentypenauswahl<br />
§ 5 BauGB in Verbindung mit der Planzeichenverordnung (PlanzV) ermöglichen für die<br />
Flächennutzungsplanung einen größeren Spielraum hinsichtlich Darstellungsinhalt und -form<br />
als für die Bebauungspläne. Es besteht die Möglichkeit, aus den vorgegebenen Planzeichen<br />
auszuwählen und ggf. die Zeichen so zu differenzieren, dass die Art der Darstellung den<br />
spezifischen Bedingungen der <strong>Stadt</strong> und den Planungszielen angemessen ist.<br />
Die Darstellung der baulichen Nutzung kann im <strong>FNP</strong> in allgemeiner (Bauflächen) oder besonderer<br />
Art (Baugebiete) erfolgen. Dem Flächennutzungsplan der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> liegt die Prämisse<br />
zu Grunde, dass sich die Funktion des Flächennutzungsplans als vorbereitender Bauleitplan<br />
auch in den zeichnerischen Darstellungen der baulichen Nutzung eindeutig widerspiegeln<br />
soll. Entscheidend ist, dass die Grundzüge der Planung klar erkennbar sind und<br />
nicht durch zu kleinteilige, der Planungsebene nicht angemessene Aussagen verwischt werden.<br />
Der nachfolgenden verbindlichen Bauleitplanung soll ausreichender Entwicklungsspielraum<br />
offen gehalten werden. Nur so kann bei einem Planungshorizont bis <strong>2020</strong> flexibel<br />
auf neue Rahmenbedingungen reagiert werden.<br />
30. September 2010 11
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Allgemeine Art der baulichen Nutzung (Bauflächen)<br />
Aus den vorgenannten Gründen werden deshalb im <strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> folgende Bauflächen<br />
dargestellt:<br />
Wohnbauflächen (W) gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1<br />
Baunutzungsverordnung (BauNVO). Ableitbar im Bebauungsplan sind Kleinsiedlungsgebiete<br />
(WS), reine Wohngebiete (WR) sowie allgemeine Wohngebiete (WA).<br />
Gemischte Bauflächen (M) gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1<br />
Nr. 2 BauNVO. Ableitbar im Bebauungsplan sind Dorfgebiete (MD) und Mischgebiete<br />
(MI). Kerngebiete (MK) werden als solche direkt im <strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> dargestellt (siehe<br />
unten).<br />
Gewerbliche Bauflächen (G) gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs.<br />
1 Nr. 3 BauNVO. Ableitbar im Bebauungsplan sind Gewerbegebiete (GE) und Industriegebiete<br />
(GI).<br />
Sonderbauflächen (S) mit entsprechender Zweckbestimmung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1<br />
BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 4 BauNVO für sich von den anderen Bauflächen<br />
wesentlich unterscheidende Flächen. Im <strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> werden beispielsweise Sonderbauflächen<br />
für höhere Bildungseinrichtungen oder für das Waldklinikum ausgewiesen.<br />
Ableitbar im Bebauungsplan sind dementsprechende sonstige Sondergebiete (SO). Wochenendhausgebiete<br />
sind nicht ableitbar, da eine entsprechende Sonderbaufläche im<br />
<strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> nicht enthalten ist.<br />
Besondere Art der baulichen Nutzung (Baugebiete)<br />
Für spezielle Bereiche und Funktionen im <strong>Stadt</strong>gefüge sind aber auch detailliertere Vorgaben<br />
nötig und sinnvoll. Darüber hinaus können so bestehende und zu erhaltende Strukturen<br />
und Funktionen langfristig gesichert werden. So wird das Zentrum der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> mit seinen<br />
zentralen Handels-, Verwaltungs- und Kultureinrichtungen als Kerngebiet gemäß § 5 Abs. 2<br />
Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 7 BauNVO dargestellt.<br />
Wegen ihrer Relevanz für die Entwicklung der <strong>Stadt</strong> wird für großflächige Einzelhandelseinrichtungen<br />
ebenfalls die besondere Art der baulichen Nutzung angegeben. Sie werden, da<br />
sich ihre Nutzungsstruktur von den anderen Baugebieten wesentlich unterscheidet, gemäß §<br />
5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 11 Abs. 3 BauNVO als Sondergebiete „Großflächiger<br />
Einzelhandel“ dargestellt. Großflächige Einzelhandelsunternehmen wirken sich wegen<br />
ihrer Art und ihres Umfanges regional und auf die städtebauliche Entwicklung der Ansiedlungsgemeinde<br />
nicht nur unwesentlich aus. Damit werden hauptsächlich zwei wesentliche<br />
Grundzüge großflächiger Einzelhandelsbetriebe benannt:<br />
Sie besitzen einen großen, über das <strong>Stadt</strong>gebiet hinausreichenden Kundeneinzugsbereich,<br />
wirken also in die Region hinein.<br />
Sie beeinflussen die Zentrenstruktur der Standortgemeinde.<br />
Wegen dieser Auswirkungen sind großflächige Einzelhandelsbetriebe nur in Kern- und Sondergebieten<br />
zulässig. In der Regel wird von der Großflächigkeit eines Einzelhandelsbetriebes<br />
bei einer Verkaufsfläche (VK) ab 800 m² ausgegangen 1 . Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> hat im vorliegenden<br />
<strong>FNP</strong> mehrere Sondergebiete für den großflächigen Einzelhandel dargestellt.<br />
1 vgl.: BVerwG, Urteil vom 24.11.2005.<br />
12<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Sonstige Nutzungsdarstellungen<br />
Gemeinbedarfseinrichtungen wurden immer dann flächenhaft dargestellt, wenn am Standort<br />
eine größere Anzahl flächenintensiver Einrichtungen konzentriert ist, der Standort ein<br />
wichtiges Gliederungs- und Strukturelement des umgebenden <strong>Stadt</strong>raumes ist sowie eine<br />
hohe Zentrenbedeutung aufweist bzw. einen großen Einzugsbereich repräsentiert.<br />
Die Planzeichnung beinhaltet bei der Darstellung der Bau- und Gemeinbedarfsflächen bzw.<br />
Baugebiete keine zeichnerische Unterscheidung zwischen Bestand und Planung, um die<br />
Übersichtlichkeit zu wahren und eine gute Erkennbarkeit der Inhalte zu gewährleisten.<br />
Bezüglich der Darstellungsmethodik im Bereich der Freiraumnutzung wurden die in der<br />
PlanzV vorgegebenen Planzeichen weitestgehend übernommen. So steht die Signatur „Park<br />
und Grünanlage" für teilweise unterschiedlich strukturierte Parkanlagen, parkähnliche Grünanlagen<br />
und begrünte Plätze. Abweichend von der PlanzV wurde für die vorhandenen gärtnerisch<br />
genutzten Gebiete die Signatur „Klein- und Erholungsgärten“ verwendet. Unter diesem<br />
Sammelbegriff werden Dauerkleingärten auf der Grundlage des Bundeskleingartengesetzes,<br />
aber auch Gartenanlagen mit anderem Rechtsstatus subsumiert, da sowohl die Nutzung<br />
als auch das äußere Erscheinungsbild gleich sind.<br />
Zusätzlich wurde die Sammel- und Auffangkategorie „Grünflächen ohne Zweckbestimmung“<br />
aufgenommen. Bei diesen Grünflächen ist die Erholungsfunktion, wenn überhaupt relevant,<br />
gegenüber anderen, allgemeineren Funktionen, wie Gliederung von <strong>Stadt</strong>- oder Landschaftsraum,<br />
Hochwasserabfluss, Freihaltefunktionen, untergeordnet. Grünflächen, die keiner<br />
Zweckbestimmung zugeordnet sind, benötigen zur Erfüllung ihrer Funktion keine Baulichkeiten;<br />
anderenfalls hätten sie zu deren planungsrechtlicher Nutzung eine spezielle Zweckbestimmung<br />
erhalten. Die Möglichkeit der Darstellung von Grünflächen ohne Zweckbestimmung<br />
ist durch die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Ableitung aus der<br />
Bebauungsplanung bestätigt worden. 2 Typische Grünflächen ohne besondere Zweckbestimmung<br />
im <strong>Gera</strong>er <strong>FNP</strong> sind Grünflächen in der freien Landschaft, in denen Ausgleichsmaßnahmen<br />
realisiert werden, Grünstreifen entlang der Weißen Elster und Straßen begleitende<br />
Begrünung im öffentlichen Raum (Verkehrsgrün).<br />
Bei den technisch orientierten Darstellungen im Bereich der Ver- und Entsorgung sowie<br />
des Verkehrs wurden entsprechend der speziellen Funktion und in Abhängigkeit zur gesamtstädtischen<br />
Bedeutung weitergehende Differenzierungen vorgenommen.<br />
Zu weitergehenden Erläuterungen planungsmethodischer Detailfragen wird auf die Hinweise<br />
in den einzelnen Fachteilen verwiesen.<br />
Nachrichtliche Übernahmen und Vermerke, Kennzeichnungen<br />
In die Planzeichnung wurden des weiteren gemäß § 5 Abs. 4 BauGB alle festgesetzten oder<br />
beabsichtigten Planungen- oder Nutzungsregelungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften<br />
nachrichtlich übernommen bzw. vermerkt.<br />
§ 5 Abs. 3 BauGB sieht im Sinne einer Warnfunktion vor, dass für bestimmte Flächen im<br />
<strong>Stadt</strong>gebiet eine Kennzeichnung vorzunehmen ist. In <strong>Gera</strong> betrifft dies<br />
akute Erdfallgebiete, die gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauGB (siehe hierzu auch Punkt 9.7),<br />
Bereiche des ehem. Tiefbaus der Wismut GmbH, die gemäß § 5 Abs. 3 Nr.2 BauGB (siehe<br />
hierzu auch Punkt 9.7) sowie<br />
Altlasten und Altlastenverdachtsflächen, die gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB gekennzeichnet<br />
sind (siehe hierzu auch Punkt 9.7).<br />
2 vgl.: BVerwG, Urteil vom 27.07.1989.<br />
30. September 2010 13
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Von der Darstellung ausgenommene Flächen<br />
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB kann die Gemeinde einzelne Flächen aus dem Flächennutzungsplan<br />
ausnehmen, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Gemeinde<br />
beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Von dieser<br />
Möglichkeit macht die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> für einen potentiellen Standort für die Windenergie zwischen<br />
Cretzschwitz und Seligenstädt Gebrauch. In der Genehmigungsfassung des Regionalplans<br />
Ostthüringen (RP OT) ist diese Fläche als Vorranggebiet für die Windenergie W-4<br />
„<strong>Gera</strong>-Seligenstädt“ verankert. Im bis zur Rechtskraft des neuen Regionalplans noch anzuwendenden<br />
Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen (RROP OT) ist für die gleiche Fläche<br />
noch ein Vorranggebiet zum Schutz des Bodens als landwirtschaftliches Produktionsmittel<br />
ausgewiesen. Die Ausweisung einer Fläche für die Windenregie im <strong>FNP</strong> würde also zum<br />
jetzigen Zeitpunkt den Zielen der Regionalplanung in Form des RROP OT entgegenstehen.<br />
Da die Nutzung für die Erzeugung von Windenergie zwar den geltenden raumordnerischen<br />
Zielstellungen entgegensteht, nach derzeitigem Stand den zukünftigen Zielstellungen aber<br />
entsprechen wird und somit dieser Zielkonflikt zwischen „altem“ und „neuen“ Regionalplan im<br />
Rahmen der Flächennutzungsplanung zur Zeit nicht auflösbar ist, wird die Fläche im <strong>FNP</strong><br />
von der Darstellung ausgenommen (Weißfläche).<br />
Die Darstellung der Nutzung dieser Fläche wird nachgeholt, wenn der fortgeschriebene Regionalplan<br />
rechtskräftig ist und belastbare regionalplanerische Ziele zur Ausweisung von<br />
Vorranggebieten für die Windenergie vorliegen. In dem durchzuführenden Ergänzungsverfahren<br />
ist dann auch zu entscheiden, ob die Darstellungen zur Nutzung der Windenergie im<br />
<strong>FNP</strong> mit einer Konzentrationsplanung gekoppelt werden soll, die die Rechtswirkung des § 35<br />
Abs. 3, Satz 3 BauGB entfaltet.<br />
1.5 Flächenbilanz<br />
Bei der vorliegenden Planzeichnung des Flächennutzungsplanes handelt es sich um eine<br />
maschinell erstellte Planung. Die Eintragungen der Grenzen zwischen den verschiedenen<br />
Nutzungsarten erfolgten durch zeichnerische Eintragung auf der topographischen Karte. Dadurch<br />
ergibt sich eine rechnerisch ermittelte <strong>Stadt</strong>fläche von 15.226,6 ha, die nur marginal<br />
von der durch das Thüringer Landesamt für Statistik (TLS) angegebenen amtlichen Flächenangabe<br />
(15.193 ha) abweicht. Die Aussagen des <strong>FNP</strong> werden durch die geringe Abweichung<br />
nicht tangiert. Den folgenden Flächenangaben und Berechnungen liegt die vom Geoinformationssystem<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> (GIS) ermittelte <strong>Stadt</strong>fläche von 15.226,6 ha zugrunde.<br />
Bezeichnung der Flächennutzung<br />
Größe in ha<br />
Wohnbauflächen 1.355,4<br />
gemischte Bauflächen 243,2<br />
gewerbliche Bauflächen 658,9<br />
Kerngebiet 38,4<br />
Sondergebiete großflächiger Einzelhandel 53,9<br />
Sonderbauflächen 95,9<br />
Gemeinbedarfsflächen 72,0<br />
Fläche für BAB und Hauptstraßennetz 148,0<br />
Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung 25,5<br />
Bahnanlagen 126,6<br />
Flugplatzfläche 49,1<br />
Flächen für Ver- und Entsorgungsanlagen 25,1<br />
Grünflächen 1.137,8<br />
Flächen für Wald 2.933,7<br />
Flächen für die Landwirtschaft 8.043,7<br />
14<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Bezeichnung der Flächennutzung<br />
Größe in ha<br />
Wasserflächen 71,8<br />
Flächen für Abgrabungen oder<br />
135,9<br />
die Gewinnung von Bodenschätzen<br />
von der Darstellung ausgenommene Flächen 11,7<br />
Gesamtfläche 15.226,6<br />
Abb. 1: Flächennutzung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> nach den Darstellungen des <strong>FNP</strong><br />
Im Gemarkungsgebiet <strong>Gera</strong>s sollen ca. 17 % der gesamten <strong>Stadt</strong>fläche baulich genutzt werden,<br />
rund 2 % sind verkehrliche Flächen und 81 % der gesamten <strong>Stadt</strong>fläche sind baulich<br />
nicht zu nutzende Flächen, der größte <strong>Teil</strong> davon für die Landwirtschaft.<br />
30. September 2010 15
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
2 Grundlagen<br />
2.1 Lage im Raum<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> mit 99.987 Einwohnern 3 liegt im Zentrum der Region Ostthüringen zwischen<br />
den Oberzentren <strong>Jena</strong> im Westen, Leipzig im Norden und Zwickau/ Chemnitz im Osten<br />
(siehe hierzu Abb. 2). Das Gemarkungsgebiet mit einer Größe von rund 152 km² grenzt<br />
im Norden an den Burgenlandkreis des Landes Sachsen-Anhalt, im Nordwesten an den Saale-Holzland-Kreis.<br />
Im Westen, Süden und Osten umschließt der Landkreis Greiz die <strong>Stadt</strong>.<br />
Abb. 2: Lage im Raum<br />
Die großräumigen Verkehrsbeziehungen werden durch die Autobahnen A 4 und A 9 geprägt,<br />
die sich in nur 15 km Entfernung westlich von <strong>Gera</strong> am „Hermsdorfer Kreuz“ schneiden.<br />
Über die Anschlussstellen „<strong>Gera</strong>“, „<strong>Gera</strong>-Bieblach“ und „<strong>Gera</strong>-Leumnitz“ an der Bundesautobahn<br />
A 4 ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> hervorragend an die thüringisch-sächsische Städtekette<br />
angeschlossen, die bereits in Hessen bei Bad Hersfeld beginnt, über Eisenach, Gotha, Erfurt,<br />
Weimar und <strong>Jena</strong> bis <strong>Gera</strong> führt und sich in Sachsen über Chemnitz bis nach Dresden<br />
fortsetzt. Zugleich ist <strong>Gera</strong> über die A 4 an die Fernverkehrsstraßen zu den Verdichtungsräumen<br />
„Rhein-Ruhr“ und „Rhein-Main“ sowie in östlicher Richtung an Polen und die Tschechische<br />
Republik angeschlossen. Die A 9 bindet <strong>Gera</strong> nach Süden an die Verdichtungsräume<br />
„Nürnberg“ und „München“ sowie nach Norden an den Verdichtungsraum „Halle/Leipzig“<br />
und den Großraum Berlin an.<br />
Außerdem führen die Bundesstraßen B 2 (Leipzig - <strong>Gera</strong> - Hof), B 7 (Erfurt - <strong>Gera</strong> - Altenburg)<br />
und die B 92 (<strong>Gera</strong> - Plauen) durch die <strong>Stadt</strong>. Somit besitzt <strong>Gera</strong> eine sehr gute Anbindung<br />
an das überregionale Straßennetz.<br />
Im Eisenbahnverkehr ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> wichtiges Drehkreuz des langstreckigen Regionalverkehrs.<br />
Der Zugang zum Fernverkehr erfolgt ausschließlich über die Bahnknoten Leip-<br />
3 vgl.: Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.): amtliche Bevölkerungszahl - Hauptwohnsitze zum 31.12.2009. Erfurt,<br />
2010.<br />
16<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
zig (Ri. Berlin, Dresden), Weimar (Ri. Rhein/Main und Rhein/Ruhr) und Saalfeld (Ri. Nürnberg/München),<br />
welche im Regionalverkehr gut erreichbar sind.<br />
Als Lagevorteil ist <strong>Gera</strong>s Nähe zum nur 90 km entfernten internationalen Flughafen Halle/<br />
Leipzig sowie zum Regionalflughafen Leipzig-Altenburg zu werten. Des Weiteren verfügt<br />
die <strong>Stadt</strong> über einen Verkehrslandeplatz in <strong>Gera</strong>-Leumnitz, der für kleinere Flugzeuge des<br />
Geschäftsflugverkehrs zugelassen ist.<br />
2.2 Geschichte der <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
Ursprung<br />
<strong>Gera</strong>s Ursprünge liegen bereits über 1.000 Jahre zurück. Der Name ist als Landstrich 995<br />
zum ersten Mal in einer Grenzbeschreibung erwähnt; die <strong>Stadt</strong> ist urkundlich erstmals<br />
1237 genannt.<br />
<strong>Gera</strong> entstand am Kreuzungspunkt überregionaler Landstraßen (<strong>Jena</strong> - Altenburg, Leipzig<br />
- Nürnberg) und war eine der <strong>Stadt</strong>gründungen, die im Zuge der Kolonisierung Ostthüringens<br />
errichtet wurde. Politisches Zentrum der Region war zunächst Weida, wo sich der<br />
Stammsitz der Vögte befand. Erst nach der Erbteilung der Vogtei Weida im Jahr 1238 in die<br />
Herrschaftslinien Weida, <strong>Gera</strong> und Plauen wurde <strong>Gera</strong> der Stammsitz der <strong>Gera</strong>er Vögte.<br />
Zunächst residierten sie im <strong>Stadt</strong>schloss in der Altstadt (im Bereich Burgstraße/Florian-<br />
Geyer-Straße). Nach dem Brand von 1450 verlegten sie ihren Wohnsitz jenseits der Elster<br />
auf Schloss Osterstein. 1550 starb die Linie der Vögte zu <strong>Gera</strong> aus. Die <strong>Stadt</strong> gelangte einige<br />
Jahre später in den Besitz der Herren Reuß zu Greiz, die nach der Erbteilung von 1564<br />
die jüngere Linie Reuß begründeten und den Osterstein zu ihrem Residenzschloss ausbauten.<br />
Städtebaulich erinnern an die Residenzstadt <strong>Gera</strong> z.B. noch das Gymnasium Rutheneum<br />
(1608 gegründet und 1884 neu erbaut) in der Burgstraße, die Orangerie (1729 bis<br />
1732) oder das Jugendstil-Theater von 1902.<br />
Textilindustrie und Gründerzeit<br />
Die Tuchmacherei, die durch die herrschaftlichen Schäfereien im Umland der <strong>Stadt</strong> und<br />
dem Mühlgraben als Wirtschaftsader begünstigt wurde, bestimmte über Jahrhunderte das<br />
wirtschaftliche Profil der <strong>Stadt</strong>. Nach 1595 erfuhr das Textilhandwerk eine entscheidende<br />
Veränderung, als der Holländer Nicolaus de Smit neue Techniken für die Zeugweberei und<br />
die Verarbeitung des Kammgarns sowie neue Färbemethoden nach <strong>Gera</strong> mitbrachte. Damit<br />
war der Grundstein für die spätere Textilindustrie in <strong>Gera</strong> gelegt. Ab der ersten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts begann mit der Industrialisierung der Aufstieg <strong>Gera</strong>s von einer Kleinstadt<br />
zur wirtschaftlich starken und größten <strong>Stadt</strong> Ostthüringens. Die sich rasch ausbreitende<br />
Textilindustrie prägte zunehmend das Wirtschaftsprofil der <strong>Stadt</strong>.<br />
Ab 1870 vollzog sich in <strong>Gera</strong> ein stürmisches Wachstum im Wirtschaftsleben. Dazu hatte<br />
auch die 1859 vollzogene Anbindung <strong>Gera</strong>s an das Eisenbahnnetz beigetragen. <strong>Gera</strong> war<br />
der Eisenbahnknotenpunkt Ostthüringens. Während der Gründerzeit breiteten sich aufgrund<br />
wachsender Betriebsgrößen, einer starken Spezialisierung und der Ansiedlung neuer Industriezweige,<br />
beispielsweise Textilmaschinenbau, die Gewerbegebiete über die gesamte <strong>Stadt</strong><br />
aus. Standortkonzentrationen befanden sich entlang des Mühlgrabens (Reichsstraße und<br />
Geschwister-Scholl-Straße), neue Industriegebiete wuchsen zwischen Mühlgraben und<br />
Eisenbahnlinie sowie zwischen De-Smit-Straße und Neuer Straße. In dieser Zeitspanne entwickelte<br />
sich <strong>Gera</strong> zu einer der prosperierenden und reichsten Städte Mitteldeutschlands.<br />
Entsprechend expansiv war auch die Wohnbauentwicklung bis zum ersten Weltkrieg. Bedingt<br />
durch den wirtschaftlichen Erfolg <strong>Gera</strong>s entstanden im Bereich der Berliner Straße und<br />
im Westen der <strong>Stadt</strong> an der heutigen Straße des Friedens ausgeprägte Villenbebauungen.<br />
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<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum II. Weltkrieg<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich der <strong>Stadt</strong>körper <strong>Gera</strong>s bis zu seinen Gemarkungsgrenzen<br />
ausgedehnt. <strong>Stadt</strong>erweiterungen erfolgten nun durch mehrere Eingemeindungswellen.<br />
In der Zeit der Weimarer Republik wurden vorrangig an den neuen <strong>Stadt</strong>rändern<br />
Siedlungen, z.B. in Tinz und Untermhaus, gebaut. Darüber hinaus wurden zahlreiche<br />
Industriebauten und öffentliche Gebäude, wie die Teppichfabrik Halpert & Co, das Gaswerk<br />
und der Flugplatz in Tinz, errichtet.<br />
Während der Zeit des Nationalsozialismus lag ein Schwerpunkt der städtebaulichen Entwicklung<br />
bei Industrieansiedlungen. Errichtet wurden die „Technischen Werke“ in der Keplerstraße<br />
(heute Gewerbepark) sowie Rüstungsbetriebe, z.B. das Werk „Siemens Parkstraße“,<br />
welches die Keimzelle für die späteren Elektronikwerke bildete. Im II. Weltkrieg wurden mit<br />
dem Bomberangriff vom 6. April 1945 das Schloss Osterstein und 846 Gebäude, vor allem<br />
im Gebiet Walkmühlenplatz/Roßplatz, am Johannisplatz, am Süd- und Hauptbahnhof, aber<br />
auch in anderen <strong>Stadt</strong>teilen zerstört.<br />
Gründung der DDR<br />
Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Jahr 1949 und die neuen<br />
gesellschaftlichen Bedingungen des Sozialismus bedeuteten auch städtebaulich einen einschneidenden<br />
Wandel für <strong>Gera</strong>. Ebenso brachten Verwaltungsreformen bedeutende Veränderungen.<br />
1950 vergrößerte sich das <strong>Stadt</strong>gebiet durch die Eingemeindung von 12 Orten um<br />
2.100 ha. Im Jahr 1952 wurde <strong>Gera</strong> Bezirksstadt des neu gegründeten gleichnamigen Bezirkes.<br />
Damit erfuhr die <strong>Stadt</strong> nicht nur eine funktionelle Aufwertung, sondern vor allem auch<br />
eine wirtschaftliche Stärkung durch den Ausbau ihres bisherigen Industrieprofils.<br />
Das weitere Baugeschehen bereitete der Generalbebauungsplan von 1957 vor. Die wichtigsten<br />
Maßnahmen daraus sind die Bebauung des „Bieblacher Hanges“ ab 1958 im Nordraum<br />
und der Wiederaufbau der Innenstadt. Der erste Spatenstich für den Wiederaufbau<br />
erfolgte 1958 am „Platz der Republik“ für die Wohngebäude und ihre Handelseinrichtungen.<br />
Die Errichtung des neuen „Interhotel <strong>Gera</strong>“ mit ca. 400 Betten rundete 1967 die Bebauung<br />
an der Heinrichstraße ab (1996 wich das Hotel den „<strong>Gera</strong>-Arcaden“). Zudem wurden in den<br />
60er Jahren große Produktionsbetriebe errichtet bzw. erweitert.<br />
Besonders bestimmend für die <strong>Stadt</strong>struktur <strong>Gera</strong>s war die Errichtung der beiden Plattengroßsiedlungen<br />
in Lusan und Bieblach im Ergebnis von Festlegungen des Parteitages der<br />
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im Jahr 1971. In der Plattenbaugroßsiedlung<br />
Lusan, mit deren Bau 1972 begonnen wurde, entstanden 17.500 Wohnungen für 45.000<br />
Menschen. Das Neubaugebiet „Lusan“ war die bei weitem größte <strong>Stadt</strong>erweiterung in <strong>Gera</strong>.<br />
Ab 1985 begann die zweite Etappe des großmaßstäblichen Ausbaus im Wohnungssektor in<br />
Bieblach-Ost. Mit diesen beiden <strong>Stadt</strong>erweiterungen hat <strong>Gera</strong> nunmehr drei strukturell bedeutsame<br />
Siedlungsschwerpunkte, namentlich Bieblach im Norden, der Innenstadtbereich in<br />
der Mitte sowie Lusan im Süden.<br />
Die Fortschreibung des Generalbebauungsplanes 1976 hatte als Schwerpunkt die Erneuerung<br />
und teilweise Rekonstruktion des historischen <strong>Stadt</strong>zentrums zum Ziel. Die <strong>Stadt</strong>erneuerung<br />
begann 1977 auf der westlichen Seite der Innenstadt mit dem Abriss der barocken<br />
Neustadt für den Bau des Kultur- und Kongresszentrums (KuK) mit ca.1.600 Plätzen. Parallel<br />
wurde die Rekonstruktion bzw. die Neubebauung des mittelalterlichen <strong>Stadt</strong>kernes durchgeführt.<br />
Entwicklung seit 1990<br />
Die Wende von der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft im Jahr 1990 brachte wiederum einschneidende<br />
Veränderungen. Die industrielle Basis brach mit der Folge zusammen, dass<br />
<strong>Gera</strong> heute keine Industriestadt mehr ist. Von den einstmals rund 23.000 Industriebeschäf-<br />
18<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
tigten sind jetzt nur noch ca. 3.000 im verarbeitenden Sektor tätig. Der wirtschaftliche<br />
Schwerpunkt der <strong>Stadt</strong> liegt heute im Dienstleistungssektor. Städtebauliche Erweiterungen<br />
seit 1990 gab es bisher durch Einfamilienhausbebauung in einigen Ortsteilen (z.B. Kleinaga,<br />
Hermsdorf, Dürrenebersdorf), Handelszentren (Bieblach-Ost, Trebnitz, Lusan) sowie moderne<br />
Gewerbegebiete am östlichen <strong>Stadt</strong>rand.<br />
Insbesondere das Zentrum wurde durch Gestaltungsmaßnahmen im Straßenraum, den Abriss<br />
leer stehender Geschossbauten, Gebäudesanierungen sowie den Bau der Einkaufszentren<br />
„<strong>Gera</strong>-Arkaden“ und „Elsterforum“ erheblich aufgewertet. Zudem sind erste sichtbare<br />
Veränderungen beim <strong>Stadt</strong>umbau zu erkennen. So wurden bereits Gebäude in den Plattenbaugroßsiedlungen<br />
Bieblach-Ost und Lusan umgestaltet bzw. abgerissen sowie weitere Gewerbe-<br />
und Wohnungsneubauten auf Brachstandorten errichtet.<br />
Gebietsreform 1994<br />
Die letzten Eingemeindungen wurden 1994 auf der Grundlage des Thüringer Neugliederungsgesetzes<br />
durchgeführt. Elf ehemals selbständige Nachbarorte sowie ein Ortsteil der<br />
<strong>Stadt</strong> Ronneburg wurden nach <strong>Gera</strong> eingemeindet (siehe hierzu Abb. 3). Damit verdoppelte<br />
sich die Gemarkungsfläche der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> auf etwa 15.000 ha.<br />
Die 1994 hinzu gekommenen Gemeinden sind bis auf Hermsdorf und den ehemaligen Ronneburger<br />
<strong>Stadt</strong>teil Naulitz Großgemeinden, die meist durch die Kreisreform von 1950 entstanden<br />
sind. Das heißt, sie stellen bereits eine Zusammenfassung mehrerer ehemals selbständiger<br />
Dörfer dar. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sind im Jahr 1994 insgesamt<br />
29 Orte zu <strong>Gera</strong> dazu gekommen.<br />
Ortsteil dazugehörige Dörfer Gesamteinwohner 4<br />
Roben Roben, Steinbrücken, Rusitz 828<br />
Aga<br />
Großaga, Kleinaga, Lessen, Reichenbach,<br />
1.872<br />
Seligenstädt<br />
Hermsdorf - 592<br />
Cretzschwitz/ Cretzschwitz, Söllmnitz, Wernsdorf, Lauenhain 769<br />
Söllmnitz 5<br />
Hain Hain, Wachholderbaum 248<br />
Röpsen Röpsen, Dorna, Negis 674<br />
Trebnitz Trebnitz, Laasen 462<br />
Naulitz - 119<br />
Thränitz Thränitz, Collis 417<br />
Falka Großfalka, Kleinfalke, Otticha, Niebra 449<br />
Weißig Weißig, Gorlitsch, Schafpreskeln 212<br />
Abb. 3: 1994 eingemeindete Ortsteile<br />
Der größte <strong>Teil</strong> der eingemeindeten Fläche von rund 5.100 ha liegt nördlich der Autobahn bis<br />
zur Grenze von Sachsen-Anhalt, das ist etwa 1/3 der heutigen Gesamtgemarkungsfläche.<br />
Die eingemeindeten Bereiche sind hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt, weisen darüber<br />
hinaus auch Rohstoffvorkommen wie Kies und Ton auf. Im nördlichen <strong>Teil</strong> <strong>Gera</strong>s befinden<br />
sich sechs Ortsteile mit 17 einzelnen Dörfern. An der östlichen Seite von <strong>Gera</strong> kamen drei<br />
Ortsteile mit fünf Dörfern und rund 1.100 ha zum <strong>Stadt</strong>gebiet hinzu. In diesem Ostraum liegen<br />
die künftigen Möglichkeiten für die gewerbliche Entwicklung <strong>Gera</strong>s. Die zwei Ortsteile im<br />
Süden und Südwesten der <strong>Stadt</strong> umfassten sieben Dörfer mit rund 878 ha.<br />
Mit wenigen Ausnahmen sind die Dörfer von den Slawen, die spätestens seit dem 8. Jahrhundert<br />
im Ostthüringer Raum lebten oder während der deutschen Ostkolonisation ab<br />
dem 10./ 11. Jh. gegründet worden. Die Orte werden zwischen dem 12. und 16. Jh. zum ers-<br />
4 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Einwohnerdatenspeicher zum 31.12.2009.<br />
5 Anm.: Die ehemals eigenständigen Dörfer Cretzschwitz und Söllmnitz wurden nach erfolgter Eingemeindung verwaltungsmäßig<br />
zu einem Ortsteil zusammengefasst.<br />
30. September 2010 19
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
ten Mal erwähnt. Typisches Kennzeichen für dörfliche Siedlungen ist die Errichtung eines<br />
Lehnsgutes (Rittergut, Freigut, Vorwerk), meist verbunden mit einer Kirche. Die Güter<br />
wechselten im Laufe der Jahrhunderte oft ihre Besitzer oder wurden Eigentum des Landesherrn<br />
(Kammergut). Durch die Bodenreform von 1945 wurde ihr Grundbesitz aufgelöst. Heute<br />
stehen die meisten Güter, soweit sie noch vorhanden sind, leer. Gut erkennbar ist häufig<br />
noch die während der Besiedlungsphase gewählte Dorfform wie Rundling (Lessen), slawisches<br />
Platzdorf (Röpsen, Negis), Angerdorf (Wernsdorf), Straßendorf (Hermsdorf, Kleinaga)<br />
und Haufendorf (z.B. Roben). Die Haufen- und Platzdörfer haben meist einen slawischen<br />
Siedlungskern, der sich an dem Lehnsgut weiter entwickelte, während man bei Dorfanlagen<br />
wie Rundling, Angerdorf oder Straßendorf häufig eigenständige Gründungen ohne Lehnsgut<br />
vermutet.<br />
2.3 Natürliche Grundlagen<br />
Die Topographie der <strong>Stadt</strong> wird von zwei Reliefformen geprägt. Zum einen ist dies die Tallandschaft<br />
der Weißen Elster, zum anderen die östlich und westlich anschließenden, durch<br />
Bäche zerteilten Hochflächen. Die heutigen Oberflächenformen sind das Resultat des Zusammenwirkens<br />
von Abtragungsvorgängen und dem geologischen Aufbau des Untergrundes.<br />
<strong>Gera</strong> liegt im Schnittpunkt dreier Landschaftsräume, der Saale-Sandsteinplatte im Westen,<br />
des Altenburger Lößgebietes im Nordosten und des Ronneburger Acker- und Bergbaugebietes<br />
im Südosten.<br />
Der Westteil des <strong>Stadt</strong>gebietes gehört zum östlichen Randbereich der Saale-<br />
Sandsteinplatte, einer steilhängig zertalten Hochfläche. Es überwiegen sandige, ertragsarme<br />
Böden wie Rosterden und Podsole. Daher ist der Waldanteil vor allem in Hanglagen sehr<br />
hoch. Die größten Waldgebiete der <strong>Stadt</strong>, wie <strong>Gera</strong>er <strong>Stadt</strong>wald, „Cossenforst“ und „Zeitzer<br />
Forst“, liegen in diesem Gebiet.<br />
In den Nordosten des <strong>Stadt</strong>gebietes strahlt das Altenburger Lößgebiet aus. Hierbei handelt<br />
es sich um ein zumeist flachwelliges Hügelland, das durch eine Decke aus eiszeitlichen Sedimenten,<br />
vor allem Löß, charakterisiert ist. Die daraus gebildeten fruchtbaren Böden zogen<br />
eine intensive ackerbauliche Nutzung nach sich. In dieser Ackerlandschaft liegen nur wenige<br />
Waldinseln. Der <strong>Gera</strong>er <strong>Teil</strong> des Altenburger Lößgebietes stellt die Wasserscheide zwischen<br />
der Weißen Elster und der Pleiße dar.<br />
Das südöstliche <strong>Stadt</strong>gebiet wird dem Ronneburger Acker- und Bergbaugebiet, einer Untereinheit<br />
des Thüringer Schiefergebirges, zugerechnet. Es wird geologisch durch die Hartgesteine<br />
des Schiefergebirgsrumpfes gekennzeichnet. Es ist mäßig bis flach gewellt bei teilweise<br />
steileren Kerbsohlentälern und waldarm. Der namensgebende Uranbergbau wirkte<br />
sich im <strong>Stadt</strong>gebiet nicht landschaftsprägend aus.<br />
Das ca. 100 bis 130 m tief eingeschnittene Tal der das <strong>Stadt</strong>gebiet fast geradlinig von Süd<br />
nach Nord durchfließenden Weißen Elster weist über die drei obigen Großlandschaftsräume<br />
hinaus eine landschaftliche und naturräumliche Selbständigkeit auf.<br />
Das Gemarkungsgebiet <strong>Gera</strong>s weist insgesamt ein relativ bewegtes Relief auf. Der Markt<br />
als <strong>Stadt</strong>mittelpunkt liegt etwa 205 m über dem Meeresspiegel. Die Elster tritt bei Liebschwitz<br />
in das <strong>Stadt</strong>gebiet mit einer Höhenlage von 199,4 m ein und verlässt es bei Stublach mit<br />
179,3 m. Dies ist zugleich die tiefste Stelle des <strong>Stadt</strong>gebietes. Die Hochflächen rechts und<br />
links des Elstertals sind 300 bis 330 m hoch. Nach Süden hin ist bereits der Anstieg des Thüringer<br />
Schiefergebirges wahrnehmbar, so dass südwestlich von Großfalka mit 354,4 m der<br />
höchste Punkt erreicht wird. Das Jahresmittel der Lufttemperatur schwankt in Abhängigkeit<br />
von der Höhenlage zwischen 7,5 und 8 °C, wobei die Temperaturen im thermisch begünstigten<br />
Elstertal etwa 1°C höher liegen. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge im<br />
Elstertal betragen 550 bis 600 mm, auf den Hochflächen werden 600 bis 650 mm gemessen.<br />
6<br />
6 vgl.: Landkreis Greiz/ <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> (Hrsg.): Landschaftsplan Kreisfreie <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>/ <strong>Teil</strong>raum Landkreis Greiz. Erfurt,<br />
1997. S. 25ff..<br />
20<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
2.4 Landes- und Regionalplanung, Fachplanungen<br />
Die Landes- und Regionalplanung<br />
Die Landes- und Regionalplanung sind die oberen Ebenen im Aufbau des Systems der<br />
räumlichen Planung in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind von erheblicher Relevanz<br />
für die Flächennutzungsplanung, denn an ihnen hat sich die Ebene der kommunalen Bauleitplanung<br />
als Ausfluss der Planungshoheit nach Artikel 28 Grundgesetz (GG) zu orientieren;<br />
an Ziele der Raumordnung und Landesplanung sind die Bauleitpläne anzupassen,<br />
Grundsätze und sonstige Erfordernisse sind zu berücksichtigen.<br />
Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG) verpflichtet die Länder, für ihr Gebiet einen<br />
Raumordnungsplan gemäß den in § 2 niedergelegten Grundsätzen der Raumordnung aufzustellen.<br />
Der Freistaat Thüringen hat diese Vorgabe mit dem Landesentwicklungsplan 2004<br />
(LEP) umgesetzt.<br />
Landesentwicklungsplan Thüringen<br />
Der LEP ist in sechs Kapitel, nämlich Leitbild, Raum-, Siedlungs-, Infra- und Freiraumstruktur<br />
sowie Verwirklichung der Raumordnungspläne gegliedert. Er beinhaltet ein Gesamtkonzept<br />
der nachhaltigen Raumentwicklung, das darauf angelegt ist, die Nutzungsansprüche an<br />
den Raum vor dem Hintergrund der Leitprinzipien Deregulierung und Subsidiarität zu koordinieren<br />
und auf wirtschaftlich, ökologisch und sozial ausgewogene Raum- und Siedlungsstrukturen<br />
hinzuwirken.<br />
Der Landesentwicklungsplan weist unter dem Ziel 2.3.3 auf die Beschlussfassung zu Verdichtungsräumen<br />
des Hauptausschusses der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO)<br />
vom 07.09.1993 hin. Danach ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> und ihr verdichtetes Umland als Verdichtungsraum<br />
ausgewiesen.<br />
<strong>Gera</strong> ist als Oberzentrum ausgewiesen, in dem hochwertige spezialisierte Einrichtungen mit<br />
überregionaler Bedeutung bestehen und weiterentwickelt werden sollen. Zusätzlich ist <strong>Gera</strong><br />
Kernstadt des gleichnamigen Verdichtungs- und <strong>Stadt</strong>-Umland-Raumes. Diese Räume sind<br />
für die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung des Landes von höchster Bedeutung<br />
und Impulsgeber für angrenzende <strong>Teil</strong>räume. 7<br />
Das Thüringer Landesplanungsgesetz (ThürLplG) teilt Thüringen in vier Planungsregionen<br />
ein. <strong>Gera</strong> gehört zusammen mit dem Oberzentrum <strong>Jena</strong> und den Landkreisen Altenburger<br />
Land, Greiz, Saale-Holzland, Saale-Orla und Saalfeld-Rudolstadt zur Planungsregion Ostthüringen.<br />
In diesen Planungsregionen werden die noch allgemein gehaltenen raumordnerischen<br />
Entwicklungsziele der Landesplanung von der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen<br />
durch die Aufstellung eines Regionalplans räumlich weiter differenziert und fachlich<br />
konkretisiert. Gemäß § 18 ThürLPlG und § 1 Abs. 4 BauGB muss die kommunale Bauleitplanung<br />
seinen Zielen angepasst werden. 8<br />
Regionalplan Ostthüringen<br />
In Ostthüringen ist seit August 1999 der Regionale Raumordnungsplanes Ostthüringen<br />
(RROP OT) in Kraft. Er wird zurzeit als Regionalplan Ostthüringen (RP OT) fortgeschrieben.<br />
Bis zu dessen Rechtskraft bleibt der RROP OT, zumindest in <strong>Teil</strong>bereichen bzw. als<br />
Beurteilungsgrundlage, relevant. Die Darstellungen des <strong>FNP</strong> <strong>2020</strong> widersprechen entsprechend<br />
der geltenden Anpassungspflicht mit wenigen Ausnahmen nicht dessen Zielen oder<br />
Grundsätzen. Bei Abweichungen vom RROP OT werden diese näher begründet. Generell<br />
wird aber im Folgenden die jetzt vorliegende Genehmigungsfassung des Regionalplans zu<br />
7 vgl.: Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr (Hrsg.): Landesentwicklungsplan 2004. Erfurt, 2004, S. 18f..<br />
8 vgl.: Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Medien (Hrsg.): Thüringer Landesplanungsgesetz. Erfurt,<br />
2007.<br />
30. September 2010 21
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Grunde gelegt, da sie bereits eine hohe materielle als auch formelle Reife aufweist. Zudem<br />
ist es sehr wahrscheinlich, dass zum Zeitpunkt des Wirksamwerden des <strong>FNP</strong> bereits der<br />
genehmigte Regionalplan vorliegen wird. Der RP OT besteht aus den vier großen Kapiteln<br />
„Raumstruktur“, „Siedlungsstruktur“, „Infrastruktur“ und „Freiraumstruktur“. Darüber hinaus<br />
sind dem eigentlichen Regionalplan Rahmenbedingungen und Leitbilder vorangestellt sowie<br />
ein Umweltbericht beigefügt. Im Folgenden werden einige ausgewählte, für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
relevante Ziele und Grundsätze aufgeführt. 9<br />
Kapitel 1 – Raumstruktur: Der RP OT übernimmt die Klassifizierung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> als<br />
Oberzentrum nachrichtlich aus dem LEP. Die zentralen Orte und insbesondere die Oberzentren<br />
sollen die Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens ihrer Verflechtungsbereiche<br />
bilden. Nach dem Grundsatz G 1-13 sollen die „(…) Städte <strong>Gera</strong> und<br />
<strong>Jena</strong> zur Sicherung ihrer oberzentralen Funktionen:<br />
die vorhandenen Chancen auf Einbeziehung in eine mitteldeutsche Metropolregion wahrnehmen<br />
sich als wirtschaftliche Leistungsträger der Region profilieren<br />
die Bedingungen zur Schaffung von spezialisierten zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen optimieren<br />
die Standortvoraussetzungen für Unternehmen mit hohen Anforderungen an Infrastruktur<br />
und weiche Standortfaktoren verbessern<br />
die interkommunalen Verflechtungen zum mitteldeutschen Wirtschaftsraum und in der<br />
Thüringer Städtekette weiterentwickeln<br />
die hochwertigen spezialisierten Einrichtungen und Dienstleistungen mit überregionaler<br />
Bedeutung sowie umfassenden Angebote an Gütern und Leistungen des spezialisierten<br />
Bedarfes erhalten<br />
ihren multifunktionalen innerstädtischen Einkaufs- und Erlebnisbereich ausbauen und<br />
weiter aufwerten<br />
den <strong>Stadt</strong>umbau entsprechend den Bedingungen des demographischen Wandels zur<br />
Stärkung und Aufwertung des <strong>Stadt</strong>zentrums sowie für funktionsfähige Infrastrukturnetze<br />
und <strong>Stadt</strong>quartiere fortsetzen.“<br />
Speziell für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> sollen darüber hinaus „(…) folgende Entwicklungsrichtungen<br />
umgesetzt werden:<br />
weitere Entwicklung des Wirtschaftsstandortes durch Kooperation innerhalb des <strong>Stadt</strong>und<br />
Umlandraumes, mit dem großen Verdichtungsraum Halle-Leipzig und der Impulsregion<br />
Erfurt-Weimar-<strong>Jena</strong> (siehe hierzu auch Punkt 4.4)<br />
Sicherung der kulturellen Vielfalt und weitere Ausprägung als <strong>Stadt</strong> des Sportes (siehe<br />
hierzu auch Punkt 7.3)<br />
Stärkung des Oberzentrums <strong>Gera</strong> durch höhere Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen<br />
insbesondere in Zusammenarbeit mit entsprechenden Einrichtungen<br />
in <strong>Jena</strong> (siehe hierzu auch Punkt 5.8)<br />
nachhaltige Entwicklung der Bundesgartenschau-Standorte durch Einbindung in den regionalen<br />
Kontext (siehe hierzu auch Punkt 4.4)<br />
Verbesserung der Bedingungen für den Kultur- und Bildungstourismus“ (siehe hierzu auch<br />
Punkte 4.4 und 5.2)<br />
9 vgl.: Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen: Regionalplan Ostthüringen – Genehmigungsfassung. <strong>Gera</strong>, 2010.<br />
22<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Als Oberzentrum und Mittelpunkt der Region stellt <strong>Gera</strong> die wichtigste Komponente der Entwicklung<br />
im Verflechtungsbereich dar. Die <strong>Stadt</strong> als zentraler Ort der höchsten Kategorie<br />
besitzt über die <strong>Stadt</strong>grenzen hinaus ein erhebliches Einzugsgebiet, in der Regionalplanung<br />
Verflechtungsraum genannt. Das Oberzentrum stellt für die im Verflechtungsraum lebenden<br />
Bürger in zumutbarer Entfernung Versorgungseinrichtungen, Infrastruktur und Arbeitsplätze<br />
zur Verfügung. Der Regionalplan Ostthüringen definiert deshalb unter Grundsatz G 1-1 die<br />
<strong>Stadt</strong>- und Umlandräume <strong>Gera</strong> und <strong>Jena</strong>. Danach sind sie „(…) herausgehobene räumliche<br />
Leistungsträger und Impulsgeber mit überregionaler Bedeutung im wirtschaftlichen, sozialen<br />
und kulturellen Bereich und sollen als <strong>Teil</strong> der Europäischen Metropolregion Halle/Leipzig-Sachsendreieck<br />
weiterentwickelt werden. Die Kooperationen innerhalb und zwischen<br />
den <strong>Stadt</strong>- und Umlandräumen in der Thüringer Städtekette sollen gestärkt werden.“<br />
(siehe hierzu auch Punkt 4.4).<br />
Nach Grundsatz G 1-6 soll „(…) der Einsatz informeller Instrumente die nachhaltige Entwicklung<br />
der Städte und Gemeinden im Ländlichen Raum unterstützen. Insbesondere sollen<br />
durch interkommunale Kooperationen Handlungsansätze für die Verbesserung der regionalen<br />
Wirtschaftstruktur sowie für den Umbau der Infrastrukturen der Daseinsvorsorge entwickelt<br />
werden. (siehe hierzu auch Punkt 4.4)<br />
Kapitel 2 – Siedlungsstruktur: Der RP OT macht Vorgaben zur Siedlungsstruktur, die von<br />
allgemein gefassten Grundsätzen bis zu klar verorteten und strikt einzuhaltenden Zielen zu<br />
Standorten. Grundsatz G 2-1 besagt, dass „(…) durch Innenentwicklung, Revitalisierung von<br />
Siedlungskernen, Erhöhung der Flächenproduktivität, Verbesserung der Infrastruktureffizienz,<br />
Sicherung von Freiräumen und Freihaltung von Retentionsflächen sowie durch interkommunale<br />
Abstimmungen und Zusammenarbeit ein Beitrag zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung<br />
erreicht werden soll. Dabei sollen die zukünftigen Bedürfnisse der Daseinsvorsorge<br />
berücksichtigt werden“ (siehe hierzu auch Punkte 4.2, 4.3, 4.4 und 4.6.5).<br />
Dieser eher allgemeine Grundsatz wird weiter, z.B. räumlich spezifiziert. So werden die<br />
<strong>Stadt</strong>zentren als die wichtigen Impulsbringer für die Städte herausgestellt, wenn in<br />
Grundsatz G 2-2 vorgegeben wird, dass (…) die <strong>Stadt</strong>zentren mit bedarfsgerechter verkehrstechnischer<br />
Erschließung als multifunktionale Erlebnisbereiche mit attraktiver städtebaulicher<br />
Gestaltung, als Standortschwerpunkte des Einzelhandels mit einer komplexen räumlichen<br />
Verbindung der Funktionen Handel, Dienstleistung, Versorgen, Erholen, Wohnen und Arbeiten<br />
bevorzugt entwickelt werden sollen. Einzelhandelsgroßprojekte sollen zur Stärkung des<br />
<strong>Stadt</strong>zentrums beitragen und Brachflächen bevorzugt nachgenutzt werden“ (siehe hierzu<br />
auch Punkt 4.5.)<br />
Auch räumliche Vorgaben über die Raumnutzungskarte erfolgen. So wird durch das Ziel Z 2-<br />
1 der IG-1 Industriegroßstandort Ostthüringen als Vorranggebiet für großflächige Industrieansiedlungen<br />
definiert. Eine Verankerung im <strong>FNP</strong>-Hauptplan erfolgt nicht, da das Areal als<br />
interkommunal zu entwickelndes Industriegebiet nicht auf <strong>Gera</strong>er Gemarkungsgebiet liegt.<br />
(siehe hierzu auch Punkte 4.4 und 5.2). Das Ziel Z 2-3 benennt Industrie- und Gewerbestandorte<br />
mit hoher regionaler Priorität wie z.B. die Industrie- und Gewerbestandorte „<strong>Gera</strong>-<br />
Airport-Area“ und „Industrie- und Gewerbestandort <strong>Gera</strong>-Nordkreuz“ im <strong>Stadt</strong>gebiet <strong>Gera</strong>.<br />
Auch diese beiden Standorte sind im <strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> verankert (siehe hierzu auch Punkt<br />
5.4.1).<br />
Kapitel 3 – Infrastruktur: Von besonderer Relevanz für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> sind Aussagen des<br />
RP OT zum funktionalen Schienennetz. So fordert Ziel Z 3-1 u.a. dass „(…) zur Verbesserung<br />
der überregionalen Erreichbarkeit der Ostthüringer Region und der Anbindung der O-<br />
berzentren <strong>Jena</strong> und <strong>Gera</strong> sowie der Mittelzentren mit <strong>Teil</strong>funktionen eines Oberzentrums<br />
Altenburg und Städtedreieck am Saalebogen die durch die Planungsregion verlaufenden<br />
Mitte-Deutschland-Verbindung (Dortmund/ Frankfurt am Main – Erfurt – <strong>Jena</strong> – <strong>Gera</strong> –<br />
Dresden) in ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten und deutlich aufzuwerten ist. Zur Stärkung<br />
der Mitte-Deutschland-Verbindung als länderübergreifende Bahnverbindung entlang der Via-<br />
30. September 2010 23
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Regia ist der zweigleisige Ausbau, die Elektrifizierung und der Neigetechnikausbau (max.<br />
140 km/h) erforderlich“. Damit ist eine regionalplanerische Sicherung wichtiger Interessen<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> gegeben (siehe hierzu auch Punkt 8.7).<br />
Weitere wichtige Aussagen des Regionalplans beziehen sich auf den Sozial- Kultur- und<br />
Sportbereich. Als Beispiele seien die folgenden genannt:<br />
G 3-32 Stationäre Einrichtungen der Gesundheitsversorgung sollen bei notwendiger Verlagerung,<br />
Neubau oder Konzentration von Einrichtungen den höherstufigen Zentralen Orten<br />
wie z.B. <strong>Gera</strong> zugeordnet werden (siehe hierzu auch Punkt 7.5).<br />
G 3-40 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sollen in allen Gemeinden entsprechend<br />
dem Eigenbedarf gesichert werden, Einrichtungen mit größerem Einzugsgebiet in Zentralen<br />
Orten. Einrichtungen für Kinder und Jugendliche sollen wohnungsnah bzw. in zentraler<br />
Lage integriert und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein (siehe hierzu auch<br />
Punkt 7.4).<br />
G 3-49 Die Sportkomplexe mit überregionaler Funktion wie z.B. der Sportkomplex Hofwiesenpark/<br />
Ufer-Elster-Park sollen erhalten und als multifunktionale sportlich-kulturelle<br />
und sportlich-touristische Zentren mit hoher Publikumsattraktivität und Medienwirksamkeit<br />
ausgebaut werden (siehe hierzu auch Punkt 7.3).<br />
G 3-59 Die traditionellen großen Theaterstandorte in <strong>Gera</strong>, <strong>Jena</strong>, Altenburg und Rudolstadt<br />
sollen erhalten werden (siehe hierzu auch Punkt 7.3).<br />
Von großer Bedeutung für <strong>Gera</strong> sind Bildungs- und Forschungseinrichtungen, um nachhaltig<br />
eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu induzieren. Auch hier sind Vorgaben im<br />
Regionalplan Ostthüringen:<br />
G 3-54 Das Netz der berufsbildenden Schulen in der Planungsregion Ostthüringen soll<br />
schrittweise gestrafft und konzentriert werden. Spezialisierte Ausbildungsrichtungen sollen<br />
bevorzugt in den Oberzentren <strong>Gera</strong> und <strong>Jena</strong> sowie in den Mittelzentren mit <strong>Teil</strong>funktionen<br />
eines Oberzentrums Altenburg und Städtedreieck am Saalebogen konzentriert werden<br />
(siehe hierzu auch Punkt 7.2).<br />
G 3-56 Die Friedrich-Schiller-Universität <strong>Jena</strong>, die Fachhochschule <strong>Jena</strong> und die Berufsakademie<br />
in <strong>Gera</strong> sollen weiterentwickelt werden. Sollen weitere höhere Bildungseinrichtungen<br />
in der Region angesiedelt werden, so soll dies im Oberzentrum <strong>Gera</strong> erfolgen (siehe<br />
hierzu auch Punkt 5.8).<br />
G 3-57 Außeruniversitäre Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sollen bevorzugt in<br />
den Oberzentren <strong>Gera</strong> und <strong>Jena</strong>, den Mittelzentren mit <strong>Teil</strong>funktionen eines Oberzentrums<br />
Altenburg und Städtedreieck am Saalebogen sowie in den Mittelzentren Greiz und<br />
Hermsdorf/ Bad Klosterlausnitz erhalten und weiterentwickelt werden (siehe hierzu auch<br />
Punkt 5.8).<br />
Kapitel 4 – Freiraumstruktur: Der vierte thematische Block des Regionalplans umfasst die<br />
Freiraumstruktur, zu der auch der Tourismus gerechnet wird. Der Grundsatz G 4-1 umreißt<br />
das Spektrum des Regelungsinhaltes wie folgt: „Zur ökologischen Stabilisierung und Verbesserung<br />
des regionalen Naturhaushaltes, zur Sicherung der dauerhaften Nutzungsfähigkeit<br />
regional bedeutsamer natürlicher Ressourcen sowie unter Berücksichtigung des europäischen<br />
Schutzgebietsnetzes Natura 2000 sollen die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Freiraumsicherung<br />
sowie Hochwasserschutz in Ostthüringen als Schwerpunkträume eines ökologischen<br />
Freiraumverbundsystems entwickelt werden. Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete<br />
Landwirtschaftliche Bodennutzung sowie Waldmehrung sollen das ökologische Freiraumverbundsystem<br />
vor allem durch Komplementärwirkungen unterstützen. Die besondere ökologische<br />
Verbundfunktion der Fließgewässer und ihrer Auen soll durch Renaturierungs- und Re-<br />
24<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
vitalisierungsmaßnahmen gestärkt werden.“ Diesem allgemeinen Grundsatz folgen vielfältige<br />
Festlegungen zu konkreten Vorrang- und Vorbehaltsgebieten:<br />
Ziel Z 4-1 besagt, (…) dass Vorranggebiete Freiraumsicherung für die Erhaltung der<br />
schutzgutorientierten Freiraumfunktionen der Naturgüter Boden, Wald, Wasser, Klima,<br />
Flora und Fauna sowie des Landschaftsbildes vorgesehen sind. Andere raumbedeutsame<br />
Nutzungen sind in diesen Gebieten ausgeschlossen, soweit diese mit der vorrangigen<br />
Funktion nicht vereinbar sind.“ Zu diesen regionalplanerisch geschützten Gebieten gehört<br />
beispielsweise das FS-28 – <strong>Gera</strong>er <strong>Stadt</strong>wald, Hainberg, Weinberg, Langengrobsdorfer<br />
Grund (siehe hierzu auch Punkt 10.1 sowie Umweltbericht Kapitel 3).<br />
Z 4-3: „Vorranggebiete Landwirtschaftliche Bodennutzung sind für eine nachhaltige<br />
Entwicklung der Landbewirtschaftung vorgesehen. Andere raumbedeutsame Nutzungen<br />
sind in diesen Gebieten ausgeschlossen, soweit diese mit der vorrangigen Funktion nicht<br />
vereinbar sind“; z.B. LB-18 – Aga/ Steinbrücken/ Seligenstädt (siehe hierzu auch Punkt<br />
10.4).<br />
Auch der Tourismus wird wegen seiner Auswirkungen auf den Freiraum in Kapitel 4 des RP<br />
OT geregelt. Wichtige Aussagen für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> befinden sich z.B. im Grundsatz G 4-28,<br />
der besagt, dass „(…) in den Städten mit Bedeutung für den Kultur- und Bildungstourismus<br />
Altenburg, <strong>Gera</strong>, Greiz, <strong>Jena</strong> als Bestandteil der ImPuls-Region, Rudolstadt und Saalfeld<br />
neben den Aufgaben im Bereich des Kultur- und Bildungstourismus die touristische Infrastruktur<br />
im Bereich Aktiv-Tourismus und im Städtedreieck am Saalebogen im Bereich Kur<br />
(Bad Blankenburg) und Wellness ausgebaut werden soll.“ Gemäß G 4-40 sollen u.a. die ü-<br />
berregionalen Radwege „Elsterradweg“ und „Radfernweg Thüringer Städtekette/ Via Regia<br />
Radwanderweg“ unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Belange ausgebaut, ergänzt,<br />
gewartet sowie untereinander und mit den benachbarten Regionen vernetzt werden“<br />
(siehe hierzu auch Punkt 8.6).<br />
Der vorliegende Flächennutzungsplan nimmt die von der Regionalplanung aufgestellten Ziele<br />
auf, setzt sie um und konkretisiert sie durch zeichnerische Darstellungen und textliche Erläuterungen<br />
der Art, dass die Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung <strong>Gera</strong>s bis zum<br />
Jahr <strong>2020</strong> erkennbar werden. Dabei wird schon aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht in<br />
jedem Fall das konkrete Ziel bzw. der Grundsatz explizit erwähnt.<br />
30. September 2010 25
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Fachplanungen<br />
Das Verhältnis zwischen dem Fachrecht und der kommunalen Bauleitplanung ist komplex<br />
und umfasst eine Vielzahl von Bereichen und Tätigkeitsfeldern. Zu unterscheiden ist zwischen<br />
der Fachplanung auf der einen Seite und dem sonstigen Fachrecht auf der anderen.<br />
Erstere umfasst die privilegierten Fachplanungen im Sinne des § 38 BauGB, z.B. eine<br />
überörtliche Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG), und die sonstigen<br />
Fachplanungen, z.B. eine Plangenehmigung ohne überörtlichen Charakter. Das sonstige<br />
Fachrecht kennt einfache Belange, allgemeine Hinweise sowie bindende Vorrangregelungen<br />
in Form von Planungsleitsätzen, wie z.B. Naturschutzgebiete (NSG). 10 So sind im Einzelnen<br />
folgende Schutzgebietstypen und Festlegungen betroffen:<br />
Schutzgebiet Rechtsgrundlage Verweis auf<br />
Naturschutzrecht<br />
Fauna-Flora-Habitat-Gebiet,<br />
Vogelschutzgebiet<br />
Art. 4 FFH-Richtlinie und<br />
EG-Vogelschutzgebiete<br />
i.V.m § 31 BNatSchG<br />
<strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Naturschutzgebiet § 23 BNatSchG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Landschaftsschutzgebiet § 26 BNatSchG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Naturdenkmal § 28 BNatSchG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Geschützter Landschaftsbestandteil § 29 BNatSchG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Flächennaturdenkmal § 28 BnatSchG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Besonders geschützte Biotope § 30 BNatSchG i.V.m. § 18<br />
ThürNatG<br />
Wasserrecht<br />
<strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.2<br />
Trinkwasserschutzzonen 51 WHG <strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.3<br />
Überschwemmungsgebiete an oberirdischen<br />
Gewässern<br />
Denkmalschutz<br />
§ 76 WHG i.V.m. § 106 Abs.<br />
1 WHG<br />
<strong>Teil</strong> B, Umweltbericht, Punkt 3.4.3<br />
Denkmalensemble § 2 ThürDSchG <strong>Teil</strong> A, <strong>Begründung</strong>, Punkt 7.6<br />
Bergrecht §§ 8+9 BBergG <strong>Teil</strong> A, <strong>Begründung</strong>, Punkt 10.5<br />
Bahnanlagen § 18 AEG und Altanlagen <strong>Teil</strong> A, <strong>Begründung</strong>, Punkt 8.7<br />
Abb. 4: Schutzgebiete<br />
Die verschiedenen Arten des Fachrechts bzw. der Fachplanungen lösen unterschiedliche<br />
Bindungswirkungen für die kommunale Bauleitplanung, also auch für den Flächennutzungsplan<br />
aus. Im Rahmen der Beteiligungsverfahren nach § 4 BauGB werden die Planungsinhalte<br />
der Fachplanungen sowie des Regionalplans Ostthüringen mit dem Flächennutzungsplan<br />
abgeglichen, um ein höchstmögliches Maß an Planungssicherheit zu erreichen.<br />
So wurden zwingende Inhalte der Fachplanungen nachrichtlich, andere abwägungsdirigierte<br />
Belange nach erfolgtem sachgerechten Ausgleich in den <strong>FNP</strong> integriert.<br />
10 vgl.: Stüer, Bernhard: Abwägungsgebot und Schaffung von Baurechten. Münster/ Osnabrück, 2000. S. 1ff..<br />
26<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
3 Bevölkerung<br />
3.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung und Wanderung<br />
1959 überschritt die Einwohneranzahl der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> zum ersten Mal die 100.000er Grenze.<br />
<strong>Gera</strong> ist seit diesem Zeitpunkt als Großstadt definiert. Mit 134.834 Einwohnern erreichte die<br />
Bevölkerungszahl 1988 ihren Höhepunkt. <strong>Gera</strong> wurde somit die zweitgrößte <strong>Stadt</strong> in Thüringen.<br />
Der starke Bevölkerungszuwachs ist vor allem auf die Ansiedlung von Industrie- und<br />
Bergbaubeschäftigten zurückzuführen, welche in der zweiten Hälfte des 20.Jh. durch die<br />
DDR-Regierung aktiv betrieben wurde. Unter anderem wurde durch die Errichtung von<br />
Großwohnsiedlungen (heute die <strong>Stadt</strong>eile Lusan und Bieblach) moderner Wohnraum geschaffen,<br />
um ein Angebot für die zuziehenden Arbeitskräfte zu unterbereiten.<br />
140000<br />
120000<br />
100000<br />
80000<br />
60000<br />
40000<br />
20000<br />
Einwohner<br />
0<br />
1953 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007<br />
Jahre<br />
Bevölkerungsentwicklung nach Gebietsreform<br />
Bevölkerungsentwicklung vor Gebietsreform (ohne Eingemeindungen ab 1994)<br />
Abb. 5: Bevölkerungsentwicklung 1953 bis 2008<br />
Infolge der deutschen Wiedervereinigung sank die Einwohnerzahl bis Ende 1993 um 11.860<br />
auf 122.974 Einwohner auf Grund starker Abwanderungen in die westlichen Bundesländer.<br />
Durch die kommunale Gebietsreform 1994 stieg die Zahl der Einwohner noch einmal kurzfristig<br />
auf 126.035 Einwohner an. Seitdem sind die Einwohnerzahlen konstant rückläufig<br />
(siehe hierzu Abb. 5). Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> hat im Verlaufe von 10 Jahren ca. 17% der Einwohner<br />
verloren. Zum 31.12.2008 hatten 98.217 11 Einwohner ihren Hauptwohnsitz in <strong>Gera</strong> gemeldet.<br />
Unter Einbeziehung der Einwohner mit Nebenwohnsitzen, welche in der Fachstatistik als<br />
„wohnberechtigte Bevölkerung“ bezeichnet werden, ergibt sich ein etwas verringerter Bevölkerungsverlust<br />
von ca. 11,74 % bzw. 14.181 12 Einwohnern. Dies entspricht einem durchschnittlichen<br />
Jahresverlust von 1,17 %. Zwischen 2004 und 2008 hat sich der Verlust auf<br />
jährlich 1,13 % leicht abgesenkt. Die Gesamtbevölkerung nach wohnberechtigter Bevölkerung<br />
betrug zum 31.12.2008 104.535 13 Personen (zum 31.12.2007 105.689 Personen).<br />
Wesentliche Einflussfaktoren für den kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang sind:<br />
die natürliche Bevölkerungsentwicklung (Geburten- und Sterbesaldo),<br />
der negative Migrationssaldo (Differenz aus Zuzügen und Wegzügen - Wanderungen)<br />
die weitere Verschlechterung des Geburten- und Sterbesaldos als abgeleitete Funktion<br />
aus dem negativen Migrationssaldo der Elterngeneration<br />
11 Feststellung des Jahresendstandes 2008 im Januar 2009 durch die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>, Fachdienst Einwohnerwesen, eine<br />
seit Jahren bestehende systematische Abweichung um ca. 2.000 Einwohner zum Mitte 2009 veröffentlichten amtlichen<br />
Wert des TLS ist wegen anderer Zählweise der Bewegungsvorgänge zu erwarten.<br />
12 Ebenso unter Einrechung des Jahresendstandes 2008 im Januar 2009 durch die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
13 Ebenso unter Einrechung des Jahresendstandes 2008 im Januar 2009 durch die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
30. September 2010 27
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
-3081<br />
Personen<br />
-2726<br />
-2418<br />
-1742<br />
-1734<br />
-1576<br />
-1631<br />
-1811<br />
-1176<br />
-1327<br />
-1431<br />
-1179<br />
-1227<br />
-1100<br />
-717<br />
-626<br />
-642<br />
-825<br />
-669<br />
-796<br />
177<br />
217<br />
575<br />
1303<br />
1074<br />
1306<br />
1111<br />
1166<br />
-3500 -3000 -2500 -2000 -1500 -1000 -500 0 500 1000 1500 2000<br />
2008<br />
2006<br />
2004<br />
2002<br />
2000<br />
1998<br />
1996<br />
1994<br />
1992<br />
1990<br />
1988<br />
1986<br />
1984<br />
1982<br />
1980<br />
Abb. 6: Wanderung und natürliche Bevölkerungsentwicklung von 1980 bis 2008<br />
Jahre<br />
Wanderungsgewinn / -verlust<br />
Geburten- / Verstorbenenüberschuss<br />
1812<br />
Die natürlichen Bevölkerungsverluste auf Grund der geringen Geburtenanzahl im Vergleich<br />
zur Anzahl der Gestorbenen haben sich seit 2003 im Bereich zwischen 400 und 550 eingepegelt.<br />
Die Wanderungsverluste schwanken stärker um einen durchschnittlichen Wert von<br />
ca. 700.<br />
Neben der sinkenden Geburtenanzahl je Mutter verringerte sich die Anzahl der Geburten<br />
zusätzlich durch die anhaltenden Wegzugsüberschüsse der haushaltsbildenden Bevölkerungsgruppen<br />
bzw. der potentiellen Mütter seit 1990 und dem Ausbleiben von deren Kindergeneration<br />
für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>. Diese sind an den heutigen Wohnorten der ehemaligen <strong>Gera</strong>er<br />
geboren worden bzw. aufgewachsen und stützen - teilweise im gebärfähigen Alter - dort<br />
positiv die Demografie. Zwischen 1998 und 2008 lag die durchschnittliche Geburtenanzahl,<br />
die der <strong>Stadt</strong> in <strong>Gera</strong> zuzurechnen ist, bei ca. 700 Kindern pro Jahr. Der durchschnittliche<br />
Saldo der Geburten und Sterbefälle betrug im gleichen Zeitraum minus 900 Personen jährlich,<br />
wobei sich der Trend hier zwischen minus 600 und minus 800 einpegelt.<br />
Der Wanderungssaldo aus Zu- bzw. Wegzügen von 1995 bis 2008 betrug minus 17.695 Einwohner<br />
(ca. minus 1.361 EW pro Jahr). Die Altersgruppe zwischen 20 und 40 wies hierbei<br />
mit fast 50 % den größten Anteil auf.<br />
Zwischen 1998 und 2008 haben 14.181 Einwohner die <strong>Stadt</strong> verlassen. Über diesen Zeitraum<br />
betrachtet kamen auf 2 Zuzüge in <strong>Gera</strong> 3 Wegzüge (zum Vergleich: Erfurt nahezu<br />
ausgeglichen, <strong>Jena</strong> mit leichtem Zuzugsüberschuss). Im Vergleich zu den Universitätsstädten<br />
Erfurt und <strong>Jena</strong> hat <strong>Gera</strong> geringere Zuzugsanteile zur Gesamtbevölkerung. <strong>Jena</strong> kann<br />
hier, auch durch die hohe Anzahl an Studenten, gegenüber <strong>Gera</strong> einen mehr als doppelt so<br />
Zuzugsanteil generieren. Für <strong>Gera</strong> ist ableitbar, dass durch eine weitere Steigerung der Attraktivitätsfaktoren<br />
(z.B. Image, Bildung und Arbeitsplätze) zukünftig noch Potential für eine<br />
Steigerung der Zuzüge besteht.<br />
Bei der Betrachtung der Zuzugspotentiale sind sowohl der bevorzugten Wegzugsorte und<br />
Regionen als auch die Orte interessant, aus denen schon heute mehr Zuzüge nach <strong>Gera</strong><br />
kommen als dorthin abwandern. Etwa 20% der Wegzüge aus <strong>Gera</strong> ist in den Jahren 2000<br />
28<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
bis 2008 in den Landkreis Greiz gezogen. Das gleiche Verhältnis gilt auch für die Herkunft<br />
der Zuzüge. Weitere 20% der Abwanderungen sind in andere Städte und Landkreise Thüringens<br />
gezogen. Wichtigste überregionale Ziele sind Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen<br />
mit einem Drittel der Bewegungen. Ein positiver Wanderungssaldo für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
besteht mit dem Land Sachsen-Anhalt.<br />
3.2 Entwicklung der Alterstruktur<br />
Dauerhafte Wanderungsverluste, die geringen Geburtenhäufigkeiten je Frau und die geringen<br />
absoluten Geburtenzahlen in <strong>Gera</strong> durch die seit Ende des 20.Jh absolut abnehmende<br />
Zahl von Frauen im gebärfähigen Alter führen zu einer nachhaltigen Veränderung der Zusammensetzung<br />
der Bevölkerungsstruktur. In den abgebildeten „Lebensbäumen“ sind insbesondere<br />
die Wirkung historischer Ereignisse bzw. gesellschaftlicher Veränderungen auf<br />
die Altersstruktur abzulesen:<br />
1981<br />
10<br />
2008<br />
9<br />
4<br />
8<br />
4<br />
7<br />
6<br />
4<br />
2<br />
4<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
3<br />
2<br />
3<br />
1<br />
1<br />
ledig verheiratet geschieden<br />
0<br />
verwitwet<br />
Abb. 7: Entwicklung der Altersstruktur 1981 bis 2008<br />
Die politischen Umwälzungen in der DDR, mit der folgenden Wiedervereinigung und<br />
den resultierenden wirtschaftlichen Anpassungen, führten zu Wanderungsverlusten insbesondere<br />
in den Altersgruppen zwischen 25 und 45 Jahren. Dies hatte zur Folge, dass<br />
die Anzahl der Geburten in <strong>Gera</strong> je Jahr sowohl durch plötzlich erheblich weniger Frauen<br />
im gebärfähigen Alter (Abwanderung) als auch durch die Zurückstellung oder Aufgabe<br />
des Kinderwunsches aus persönlichen wirtschaftlichen Gründen und eingeschränkter<br />
Partnerwahl erheblich zurückging. Die Geburtenrate je Frau (siehe Ziffer (1)) verringerte<br />
sich zeitweilig in den 1990er Jahren auf unter 1 Kind je Frau und hat sich im Bezugszeitraum<br />
der Bevölkerungsprognose <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 2009 in den Jahren 2003 und 2008 zwischen<br />
1,0 und 1,25 eingestellt. Dies entspricht vergleichbaren Städten in Deutschland, in denen<br />
keine wesentlichen Einflüsse durch multiethnische Bevölkerungsstrukturen oder im<br />
Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hohe Studentenanteile wirksam werden. Insofern sind<br />
erhebliche Anstiege der Geburten je Frau in <strong>Gera</strong> nicht zu erwarten und eine Anpassung<br />
an den Bundesdurchschnitt bis <strong>2020</strong> keine begründbare Annahme. Die veränderte Werteorientierung<br />
und die erhöhten Mobilitätsanforderungen führten auch zu einem Anstieg<br />
des Familienstandes „ledig“ bzw. „geschieden“ (2).<br />
30. September 2010 29
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die Verringerung der Geburtenzahlen Mitte der 70er Jahre ist sowohl die Folge der Geburtenausfälle<br />
des Zweiten Weltkrieges als auch der gesetzlichen Regelung der DDR-<br />
Regierung zum Schwangerschaftsabbruch (1972) und der kostenlosen Pillenverschreibung<br />
zur Schwangerschaftsverhütung (3).<br />
Die Auswirkungen der beiden Weltkriege sind in der Anzahl der verwitweten Frauen und<br />
der jeweiligen Geburtenausfälle (4) zu erkennen.<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
1968 1982<br />
1548<br />
420<br />
1521<br />
322<br />
1843<br />
1552<br />
1943<br />
1535<br />
1885<br />
1450<br />
430 408 435<br />
1884<br />
1503<br />
381 357<br />
1853 1799<br />
1916<br />
1638<br />
1496<br />
1464<br />
452<br />
1462 1482<br />
337<br />
1416<br />
222<br />
1415<br />
-67<br />
1494<br />
815<br />
1415<br />
634<br />
1366<br />
537<br />
1385<br />
556<br />
1421<br />
572<br />
1460<br />
1352<br />
638<br />
663<br />
1281<br />
709<br />
1256<br />
734<br />
Sterbefälle<br />
1203<br />
751<br />
1178<br />
688<br />
Geburten<br />
1243<br />
1226<br />
1230<br />
1087<br />
1256 1245<br />
1265<br />
732<br />
687<br />
696<br />
701<br />
670<br />
712<br />
691<br />
historischer Bezugszeitraum<br />
der Bevölkerungsprognose<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 2009<br />
-500<br />
-1000<br />
-572 -522 -452 -386<br />
-490 -524 -539 -549 -573 -553 -539<br />
-679<br />
-689<br />
-781 -829 -829 -849 -822<br />
1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008<br />
Grafik Quellen: und Daten Thüringer : <strong>Stadt</strong> Landesamt <strong>Gera</strong> Fachdienst für Statistik, Wirtschaftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
<strong>Stadt</strong>verwaltung - <strong>Gera</strong>, <strong>Stadt</strong>statistik Fachdienst - W irtsc haftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
Saldo Geburten Sterbefälle<br />
Abb. 8: Natürliche Bevölkerungsentwicklung (Geburtensaldo) in <strong>Gera</strong> seit 1980<br />
Die Einschnitte in der Einwohnerentwicklung führten zu einem dauerhaften Anstieg des<br />
Durchschnittsalters in <strong>Gera</strong>, zwischen 1995 und 2008 um ca. 6,5 Jahre auf 46 14 Jahre.<br />
<strong>Teil</strong>räumliche Bevölkerungsentwicklung 1995 bis 2008<br />
Mit der Beschlussfassung des <strong>Stadt</strong>umbaukonzeptes „Entwicklungskonzeption Wohnen“<br />
durch den <strong>Stadt</strong>rat 2002 wurde als wichtiges Ziel des <strong>Stadt</strong>umbaus die Reduzierung der<br />
Leerstände von Wohnraum in den innerstädtischen <strong>Stadt</strong>gebieten (Sanierungsgebiete) bestätigt.<br />
Hierzu war und ist es notwendig, eine weitere Verringerung von Einwohnern in diesen<br />
Gebieten, insbesondere durch Abwanderung, zu vermeiden.<br />
Wenn möglich, soll aus den <strong>Stadt</strong>teilen, welche für einen verstärkten Rückbau von leer stehenden<br />
Wohnungen vorgesehen sind (Lusan u. Bieblach-Ost), ein Zuzug von Bürgern unterstützt<br />
werden.<br />
Einer der wesentlichen Indikatoren für eine Zielkontrolle der <strong>Stadt</strong>entwicklung und des <strong>Stadt</strong>umbaus<br />
ist die Einwohnerentwicklung der Gesamtstadt und nach <strong>Teil</strong>räumen mit verschiedenen<br />
funktionellen und räumlichen Nutzungsangeboten.<br />
14 Wert für die wohnberechtigte Bevölkerung, der Wert für die Hauptwohnsitze liegt um 0,6 Jahre höher.<br />
30<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Ergebnis der 1990er Jahre:<br />
Wohnen am <strong>Stadt</strong>rand als<br />
Idealbild für Familien<br />
gezielter <strong>Stadt</strong>umbau:<br />
die <strong>Stadt</strong>mitte als wiederentdeckter<br />
Wert für alle Bürger<br />
Grafikdesign: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Fachdienst <strong>Stadt</strong>erneuerung<br />
Daten : <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Fachdienst Wirtschaftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
- <strong>Stadt</strong>statistik -<br />
Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung nach statistischen Bezirken 1995 bis 2008<br />
Der Statistische Bezirk <strong>Stadt</strong>mitte als wichtigster Stabilisierungsbereich des <strong>Stadt</strong>umbaus<br />
hatte im Zeitraum der Jahre 2004 bis 2008 einen ausgeglichenen Bevölkerungssaldo und<br />
befand sich um 2004 sogar in einem leichten Plus von 0,08 %. Er kann im Vergleich zu den<br />
zurückliegenden Jahren und allen anderen <strong>Teil</strong>en der <strong>Stadt</strong> mehr Einwohner binden und liegt<br />
entsprechend über dem gesamtstädtischen Entwicklungstrend von ca. -1 % pro Jahr.<br />
Als wesentliche Faktoren der Stabilisierung können hierbei neben privaten Investitionen in<br />
den Wohnungsbestand auch die Förderungen über das „Programm zur Modernisierung und<br />
Instandsetzung von Mietwohnungen“ mit fast 1000 Wohnungen seit 2002 genannt werden,<br />
welche mit eine Voraussetzung für die Zuzüge aus anderen <strong>Stadt</strong>gebieten bildeten.<br />
Durch verschiedene Modernisierungs- bzw. Rückbaumaßnahmen von Wohnraum haben<br />
sich die Einwohnerverluste in den statistischen Bezirken Lusan-Laune und Bieblach-Tinz<br />
seit 2004 auf unter 1 % pro Jahr reduziert. Im statistischen Bezirk Lusan-Zentrum konnte<br />
sogar ein Zuzugsszenario aufgebaut werden. Wesentliche Ursache für Zuzug sind die im<br />
Vorfeld von Rückbaumaßnahmen in Lusan-Brüte notwendigen Umzüge von Mietern. Entsprechend<br />
bleiben dort die Einwohnerverluste auch aktuell bei 500 bis 600 Einwohner pro<br />
Jahr.<br />
Im statistischen Bezirk Untermhaus ist die eingetretene Stagnation mit Tendenz zum Rückgang<br />
auf eine Auslastung im mehrgeschossigen Wohnungsbestand als Angebot bei gleichzeitigem<br />
Rückgang der gesamtstädtischen Nachfrage und auf die geringere Bautätigkeit im<br />
Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser zurückzuführen.<br />
30. September 2010 31
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die Bezirke Debschwitz, Zwötzen/ Liebschwitz und <strong>Gera</strong> Nord/ Langenberg haben in<br />
den zurückliegenden Jahren sowohl durch die Sanierungsmaßnahmen der Wohnungsunternehmen<br />
als auch durch die Nachfrage im Ein- und Zweifamilienhausbau profitiert. Entsprechend<br />
waren hier zeitweilig Bevölkerungszugewinne zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist<br />
auch hier stark abgeschwächt, sodass geringere Wanderungsgewinne jetzt wieder durch die<br />
degressive natürliche Bevölkerungsentwicklung aufgezehrt werden.<br />
3.3 Einwohner- und Haushaltsentwicklung bis <strong>2020</strong><br />
Im Demographiebericht des Landes Thüringen 15 wird davon ausgegangen, dass die <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Gera</strong> bis <strong>2020</strong> 10 bis 15 % der Einwohner verlieren wird. Lediglich für Eisenach, Weimar und<br />
<strong>Jena</strong> wird eine leichte Zunahme angenommen. Grundlage für diese Entwicklungsprognose<br />
sind die bundesweit herausgegebenen koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen“<br />
(kBV) des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter. Für die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> geht die bei Aufstellung des Flächennutzungsplanes geltende 11. kBV 16 auf der<br />
Basis 2006 davon aus, dass sich zukünftig die Anzahl der Zuzüge und der Wegzüge in einem<br />
Negativsaldo fortentwickeln wird. Der Sterbeüberschuss wird weiterhin bestehen.<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> hat im Jahr 2009 eine eigene Bevölkerungsprognose auf der Basis der Jahresendwerte<br />
2008 17 erstellt, die die Zielwerte der 11. kBV für das Jahr <strong>2020</strong> unter Einschluss<br />
der Verlaufszahlen der Jahrgänge bis 2008 bestätigt.<br />
Vorausgesetzt wird, dass das bisherige durchschnittliche Wanderungs- und das Geburtenverhalten<br />
aus dem historischen Bezugszeitraum der Jahre 2003 bis 2008 auch in Zukunft<br />
zutreffen werden.<br />
Sowohl die 11. kBV als auch die Eigenrechnung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> zeigen, was passieren<br />
würde, wenn sich die derzeitige Entwicklung unverändert fortsetzt. Beide Hypothesen<br />
verlaufen für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> nahezu linear degressiv.<br />
Der Prognosezeitraum bis <strong>2020</strong> lässt sich als Trendfortschreibung des historischen Verlaufs<br />
wie folgt zeitlich differenzieren und charakterisieren:<br />
2008 bis 2015<br />
Die Geburtenrate verbleibt auf einem niedrigen Niveau unterhalb des Bundesdurchschnitts.<br />
Der Anteil von Kindern im Vorschulalter bleibt nahezu konstant (siehe Ziffer 1, Abb. 10).<br />
Die Zahl der Kinder im Schulalter (10 bis 15 Jahre) steigt leicht an (2).<br />
Die Anzahl der Auszubildenden, Berufsanfänger und Studenten (15 bis 25 Jahre) sinkt<br />
stark ab (3).<br />
Der Frauenanteil in der Altersgruppe 15 bis 30 Jahre sinkt durch natürliche Bevölkerungsentwicklung<br />
und Abwanderung stark.<br />
Der Anteil der Personen in der Haupterwerbsphase (35 bis 55 Jahre) sinkt erheblich (4).<br />
Der Anteil der Personen zwischen 55 und 60 Jahren steigt erheblich („Ruheständler“) (5).<br />
Der Personenanteil der Ruheständler und über 70 steigt an (6).<br />
Der Anteil der Berufstätigen in der Haupterwerbsphase bleibt nahezu konstant.<br />
15 vgl.: Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr (Hrsg.): Demographiebericht des Landes Thüringen, Erfurt, 2006.<br />
16 vgl.: Thüringer Landesamtes für Statistik (Hrsg.): 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (kBV).<br />
17 Es wurden die Jahresendwerte 2008 des Einwohnermelderegisters der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> für die Werte Einwohner Hauptwohnsitz/wohnberechtigt,<br />
Zu- und Wegzüge, Geburten und Sterbefälle verwendet.<br />
32<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Hauptwohnsitze<br />
Basis 2008 und Prognose <strong>2020</strong><br />
11<br />
6<br />
11<br />
5<br />
4<br />
10<br />
3<br />
2<br />
9<br />
8<br />
1<br />
7<br />
Grafik und Daten: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> - Fachdienst Wirtschaftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung - <strong>Stadt</strong>statistik -<br />
Abb. 10: Altersaufbau der Bevölkerung 2008 in Überlagerung mit der Bevölkerungsprognose <strong>2020</strong> (Hauptwohnsitze)<br />
2016 bis <strong>2020</strong><br />
Die Geburtenanzahl nimmt stark ab (siehe Ziffer 7, Abb. 10)<br />
Die Zahl der Frauen der Altersgruppe 25 bis 35 sinkt stark ab. In der Altergruppe 20 bis<br />
25 ist eine Zunahme zu verzeichnen.<br />
Der Anteil von Kindern im Vorschulalter sinkt stark ab (7).<br />
Die Zahl der Kinder im Schulalter (bis 15 Jahre) bleibt konstant (8).<br />
Die Anzahl der Auszubildenden, Berufsanfänger und Studenten (15 bis 25 Jahre) steigt<br />
an (9).<br />
Der Anteil er Personen in der Haupterwerbsphase weist relativ starke Verluste auf (10).<br />
Der Anteil der Ruheständler und der Personen über 80 Jahre steigt an (11).<br />
30. September 2010 33
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Vorausberechnung der Bevölkerung und der Haushalte im Planungshorizont <strong>2020</strong><br />
Für die bedarfsgerechte Einschätzung der zukünftigen Wohnungs- und Bauflächennachfrage<br />
des Flächennutzungsplanes <strong>2020</strong> wurde die 11. kBV des Thüringer Landesamtes für Statistik<br />
(TLS) auf der Basis der Daten des Jahres 2006 verwendet. Diese geht für das Jahr <strong>2020</strong><br />
in <strong>Gera</strong> von einem fortgesetzten Einwohnerrückgang auf 86.556 Einwohnern aus. Da jedoch<br />
für die Haushalteentwicklung in <strong>Gera</strong> keine Prognosezahlen als Vorgaben aus der 11.<br />
kBV existieren, wurde die 11. kBV unter Einschluss der <strong>Gera</strong>er Bevölkerung der Jahrgänge<br />
2007 und 2008 mit der Basis 31.12.2008 nachvollzogen.<br />
Für den Verlauf der Hauptwohnsitze bis <strong>2020</strong> ergab ein mit der 11. kBV vergleichbares<br />
Ergebnis, obwohl eigene Daten der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> verwendet und weitere reale Jahrgänge im<br />
Bevölkerungsverlauf einbezogen wurden.<br />
Unter Annahme der <strong>Gera</strong>er wohnberechtigten Bevölkerung des Jahresendes 2008 als Ausgangsgröße<br />
wurde mit dem gleichen Prognoseverfahren die Grundlage der Haushalteprognose<br />
erstellt.<br />
Prognosemodelle<br />
Es bestehen Modelle für:<br />
die Prognose für die Gesamtstadt bezogen auf natürliche Bevölkerungsentwicklung und<br />
externe Wanderung,<br />
die Prognose der Bevölkerung von <strong>Teil</strong>räumen der <strong>Stadt</strong> unter Aspekten der <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
und der kommunalen Sozialplanung und<br />
die Prognose der Privathaushalte in ihrer Anzahl und strukturellen Zusammensetzung<br />
als Grundlage für Wohnraumbedarfsanalysen (Haushalteprognose) auf der Basis der<br />
Prognose für die Wohnberechtigte Bevölkerung.<br />
<br />
Zukunftsannahmen zu den Nebenwohnsitzen sind im Umkehrschluss möglich. Ihre<br />
Zahl beträgt zum Basiszeitpunkt der Bevölkerungsprognose <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 2009 ca. 6.318 18 .<br />
Das Gros ist in der Bevölkerungsgruppe im arbeitsfähigen Alter bzw. in Ausbildung zu finden.<br />
Über den Unterschied der Prognose der Wohnberechtigten Bevölkerung zur Prognose<br />
der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz wird die Entwicklung bei den Nebenwohnsitzen in<br />
allen Altersjahrgängen erfassbar, indem ihr die Verlaufstendenz des historischen Bezugszeitraumes<br />
in den Jahren 2003 bis 2008 als <strong>Teil</strong> der Wohnberechtigten Bevölkerung unterstellt<br />
wird.<br />
Eine von den Hauptwohnsitzen abgetrennte eigenständige Prognostizierung der Nebenwohnsitze<br />
ist wegen der Vielzahl kurzfristig politisch und ökonomisch geprägter Einflüsse zu<br />
unbestimmt. Gesicherte Ableitungen des alleinigen Bedarfs für reine Zweitwohnungen sind<br />
nicht erfassbar.<br />
18 vgl. Einwohnermelderegister der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> am 31.12.2008.<br />
34<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Planungsannahmen zur Bevölkerung - Entwicklung / Vorausberechnung für die Gesamtstadt<br />
Die 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechung des Thüringer Landesamtes für<br />
Statistik (11. kBV) ist maßgebend für die bevölkerungsbezogenen Planungsannahmen des<br />
Flächennutzungsplanes nach Hauptwohnsitzen.<br />
Ergänzend dazu wurde für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> eine Eigenberechnung mit dem Basisjahr 2008<br />
und dem historischen Bezug auf die Bewegungsdaten der Jahre 2003 - 2008 durchgeführt,<br />
welche in einer Variante die „wohnberechtigte Bevölkerung“ 19 - und folglich inbegriffen -<br />
den Anteil der Nebenwohnsitze zugrunde legt. Die Prognosevariante über die Anzahl der<br />
Hauptwohnsitze kann direkt mit den Werten der Landesplanung verglichen werden.<br />
Die Eigenrechnung nach Hauptwohnsitzen bestätigte das für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> angenommene<br />
Szenario der 11. kBV für die Gesamtstadt in den Zielwerten für das Jahr <strong>2020</strong> mit ca.<br />
86.600 Einwohnern. In der Übertragung des Modells auf die wohnberechtigte Bevölkerung<br />
entspricht das ca. 92.000 Einwohnern im Jahr <strong>2020</strong>, maßgebend für die Haushalteprognose.<br />
Besonderheiten der Eigenprognose der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> im Vergleich zur 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Thüringer Landesamtes für Statistik:<br />
Es findet die Zahl der wohnberechtigten Bevölkerung und der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz<br />
laut Einwohnermeldestelle der <strong>Stadt</strong>verwaltung für das Prognosebasisjahr<br />
2008 und das Vorjahr 2007 Verwendung (11. kBV - Jahresende 2005 TLS). Für das städtische<br />
Prognosemodell sind die Zahlen für jeden Altersjahrgang mit Unterscheidung nach<br />
Geschlecht notwendig. Es fanden damit auch die neuesten realen Entwicklungszahlen der<br />
Jahre einschließlich 2008 Berücksichtigung.<br />
Für die Simulation eines Positivszenarios wurden dynamische Faktoren bei den teilräumlichen<br />
Wanderungszahlen in die Modellrechnung eingeführt. (z.B. Sättigungsgrad<br />
der Zuwanderung nach fortgeschrittener Sanierung in <strong>Teil</strong>gebieten oder Bauabschluss der<br />
neuen Wohnsiedlung, erkennbares Zuzugspotential für bestimmte Altersgruppen bei geplanten<br />
oder im Bau befindlichen Vorhaben je Jahr u.ä.).<br />
Die für das Jahr 2011 angekündigte Registerbereinigung (Anpassung des Verfahrens<br />
beim TLS an die kommunalen Melderegister) wurde nicht als Zu- oder Abschlag auf die<br />
11. kBV oder die Eigenrechnung der <strong>Stadt</strong> 2009 umgewertet.<br />
Im Ergebnis wurden drei Szenarien der Bevölkerungsentwicklung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> im Planungshorizont<br />
<strong>2020</strong> rechnerisch ermittelt und dargestellt, wobei Szenario 1 die Zielwerte der<br />
11. kBV im Jahre <strong>2020</strong> bestätigt und deshalb als Referenz auch für die Haushalteprognose<br />
verwendet wurde.<br />
Szenario 1 - Trendfortschreibung historischer Bezugszeitraum – entspricht der 11. Koordinierten<br />
Bevölkerungsvorausberechnung (Linie rot, Abb. 11)<br />
Die Zielwerte der 11. kBV für das Jahr <strong>2020</strong> 20 konnten mit einer Eigenprognose der <strong>Stadt</strong><br />
auf der Basis des Bevölkerungsstandes 31.12.2008 nachvollzogen werden. Für Geburten<br />
und Wanderungsverhalten wurden die <strong>Gera</strong>er Verlaufsdaten im historische Bezugszeitraum<br />
der Jahre 2003 bis 2008 herangezogen. Für die Überlebenswahrscheinlichkeiten in den Altersjahrgängen<br />
wurden die neuesten Veröffentlichungen 21 des TLS für den Freistaat Thüringen<br />
herangezogen.<br />
19 Zur wohnberechtigten Bevölkerung zählen alle Personen, die in <strong>Gera</strong> einen oder mehrere Wohnsitze haben und dort<br />
gemeldet sind, unabhängig davon, ob es sich um eine Hauptwohnung oder eine Nebenwohnung handelt.<br />
20 vgl.: Thüringer Landesamtes für Statistik (Hrsg.): 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (kBV).<br />
21 vgl.: abgekürzte Sterbetafel für den Freistaat Thüringen 2005-2007, Thüringer Landesamt für Statistik, 2008.<br />
30. September 2010 35
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Dies geschieht unter der Annahme, dass die Bedingungen der Bevölkerungsentwicklung<br />
auch in Zukunft denen des Zeitraumes 2003-2008 entsprechen. Diese Annahme ist mit derzeitigem<br />
Kenntnis- und Entwicklungsstand wahrscheinlich, da sich die Schwankung der Salden<br />
aus der Bevölkerungsbewegung seit dem Jahr 2003 auf einem ähnlichen Niveau um<br />
(minus)1.000 bis (minus) 1.200 Einwohner/Jahr eingepegelt hat. Selbst mit den Wanderungsdaten<br />
des Jahres 2008 allein ergibt sich eine identische Aussage.<br />
Szenario 2 – ungünstiger Verlauf (Linie schwarz, Abb. 11)<br />
Innerhalb des historischen Bezugszeitraumes der Prognose 2003 bis 2008 hatten die Wanderungen<br />
des Jahres 2003 den ungünstigsten Einfluss auf den Gesamtsaldo der Bevölkerungsentwicklung<br />
in <strong>Gera</strong>. Dieses Wanderungsmuster wird deshalb als Negativszenario<br />
der Prognose angenommen, dass sich mit geringerer Wahrscheinlichkeit als Entwicklung bis<br />
zum Jahr <strong>2020</strong> einstellen könnte. Die Zahl der Hauptwohnsitze würde dann unter dieser Annahme<br />
schneller sinken und im Jahr <strong>2020</strong> auf ca. 83.600 gefallen sein, wenn es nicht gelingt,<br />
die Bindung der wanderungsbereiten Bevölkerungsteile an die <strong>Stadt</strong> mindestens auf dem<br />
Niveau des Durchschnitts der Jahre 2003 bis 2008 zu erhalten. Dies könnte durch überregionale<br />
Einflüsse aus Politik, Gesetzgebung, Wirtschaft, der Attraktivität anderer Städte und<br />
Region aber auch durch Entwicklungen in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> selbst begünstigt oder erschwert<br />
werden.<br />
Szenario 3 – Positivszenario – Simulation eines idealtypischen Verlaufs (Linie grau, Abb. 11)<br />
Für die Ausgangslage im Jahr 2008 wird das durchschnittliche Wanderungsverhalten der<br />
Jahre im historischen Bezugszeitraum der Prognose 2003 bis 2008 entsprechend Szenario 1<br />
angenommen. Im Unterschied zu den Szenarien 1 und 2 wird eine noch im Planungshorizont<br />
des <strong>FNP</strong> erkennbare Konsolidierung der Bevölkerungszahl angestrebt.<br />
Aus dem historischen Verlaufs der Jahre seit 1990 gab es dafür keine Anhaltspunkte. Aus<br />
der Analyse des Wanderungsmusters der <strong>Stadt</strong> im historischen Bezugszeitraum 2003 bis<br />
2008 ist jedoch erkennbar, dass der Schwerpunkt der Wanderungsbewegungen sowohl bei<br />
Zu- als auch Fortzügen bei der Gruppe der 16 bis 35-jährigen zu finden ist, darüber hinaus<br />
im fortgeschrittenen Arbeitsalter abnimmt und bei Senioren an Bedeutung verliert. Dies war<br />
der Grund, im rechnerischen Prognosemodell genau in diesen Altersgruppen bis <strong>2020</strong> über<br />
rechnerische Annahmen die<br />
Verringerung der Wegzugsbereitschaft/-notwendigkeit wegen Beruf und Ausbildung<br />
und eine<br />
Stärkung wirksamer Zuzugsgründe für die Schwerpunktgruppe der Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen<br />
unter nur idealtypisch erreichbaren Bedingungen zu simulieren. Wenn diese Bedingungen<br />
in Praxis wirksam werden sollen, müssen Politik, Verwaltung, Marketing und alle weiteren<br />
Partner in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> diese begünstigenden Faktoren schrittweise bis <strong>2020</strong> und darüber<br />
hinaus qualifizieren. Das Szenario 3 markiert insofern eine theoretische Obergrenze<br />
des noch verfügbaren aktiven Handlungsspielraums bis <strong>2020</strong>, den Rückgang der Bevölkerung<br />
abzuschwächen. Zum Prognosestichtag selbst gab es hierfür keinen Beleg durch<br />
historische Verlaufsdaten.<br />
Den Nebenwohnsitzen (6.300 im Jahr 2008) wird neben Registerbereinigungen gleichfalls<br />
ein anteiliges Potential zur Umwandlung in Hauptwohnsitze unterstellt.<br />
36<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Einwohner mit Hauptwohnsitz<br />
120 000<br />
115 000<br />
110 000<br />
105 000<br />
100 000<br />
Zielableitung <strong>2020</strong> im Kontext aus 11. KBV des TLS und Eigenprognose der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 2009 (Hauptwohnsitze)<br />
112 835<br />
103 948<br />
98217<br />
96 364<br />
95 000<br />
90 000<br />
95 733<br />
91 535<br />
89 646<br />
90 007<br />
86 571<br />
rechnerische<br />
Simulation<br />
85 000<br />
80 000<br />
75 000<br />
112 835<br />
103 948<br />
100 326<br />
97 955<br />
2000 2005 2008 2010 2015 <strong>2020</strong> 2025 Jahr<br />
92 162<br />
83 601<br />
11.KBV des TLS (Basis 2006)<br />
Szenario 2 - ungünstiger Verlauf - Annahme der Migrationswerte von 2003<br />
Szenario 3 - Positivvariante, Simulation idealtyischer Verlauf mit Konsolidierung der Einwohnerzahl ab <strong>2020</strong><br />
Szenario 1 - Trendfortschreibung hist. Bezugszeitraum 2003-2008 - Bestätigung 11.KBV<br />
86 556<br />
Prognose<br />
Quelle Daten und Grafik: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Fachdienst Wirtschaftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung - <strong>Stadt</strong>statistik<br />
Daten 11.kBV: Thüringer Landesamt für Statistik<br />
Abb. 11: Bevölkerungsentwicklung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> bis <strong>2020</strong> – Prognose der Hauptwohnsitze<br />
Ergebnis:<br />
Die 11. kBV ist die Grundlage für alle einwohnerbezogenen quantitativen und qualitativen<br />
Planungsannahmen des Flächennutzungsplanes.<br />
Bevölkerung mit Hauptwohnsitz<br />
Die Bevölkerungsprognose <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 2009 auf Basis der Jahresendewerte 2008 macht<br />
einen Entwicklungskorridor mit 3 Szenarien auf.<br />
Die Trendlinie dieses Korridors wird gebildet durch das unter den bisher bekannten Umständen<br />
wahrscheinliche Szenario 1 auf der Basis des Durchschnitts des Wanderungsverhaltens<br />
im historischen Bezugszeitraum der Eigenrechnung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> in den Jahren 2003<br />
bis 2008. Es bestätigt die Voraussagen der 11. kBV des TLS für das Jahr <strong>2020</strong> auch mit<br />
dem neueren Basisjahr.<br />
Die untere Begrenzung des Korridors nach Szenario 2 ergibt sich aus der Annahme der<br />
Wanderungsverlaufswerte des Jahres 2003, die im historischen Bezugszeitraum am ungünstigsten<br />
waren.<br />
Für Szenario 3 als oberer Begrenzung des Korridors ergibt sich aus dem historischen Verlauf<br />
der Bevölkerungsentwicklung der Jahre 2003 bis 2008 in <strong>Gera</strong> selbst kein Anhaltspunkt.<br />
Es zeigt eine unter idealtypisch veränderten Bedingungen im Wanderungsverhalten der 15-<br />
bis 35jährigen mögliche Konsolidierung der Einwohnerzahl bei ca. 90.000 Hauptwohnsitzen<br />
im Jahr <strong>2020</strong>, die sich in den nachfolgenden Jahren um diesen Wert stabilisiert. Angenommen<br />
wurde eine stetige Stärkung der Bleibegründe in <strong>Gera</strong> bzw. der Zuzugsgründe nach<br />
<strong>Gera</strong> durch aktive und zielgruppenorientierte Gestaltung der Standortqualitäten durch Politik<br />
und Gesellschaft in <strong>Gera</strong>. Es ist aus der gegenwärtigen Gesamtsituation nicht ohne weiteres<br />
30. September 2010 37
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
ableitbar, für die fachliche und öffentliche Diskussion der wirksamen demografischen und<br />
wirtschaftlichen Einflussgrößen der <strong>Stadt</strong>entwicklung aber notwendig.<br />
Wohnberechtigte Bevölkerung<br />
Szenario 1 wurde als Eigenrechnung der Bevölkerungsprognose unter Verwendung der<br />
Wohnberechtigten Bevölkerung als Ausgangsdaten wiederholt. Danach wird es voraussichtlich<br />
in <strong>Gera</strong> im Jahr <strong>2020</strong> nach der Anzahl der wohnberechtigten Meldungen 91.960<br />
Einwohner geben. Ausschließlich dieses Szenario lag im Folgenden der Haushalteprognose<br />
zugrunde. Da auch die Nebenwohnsitze an Quoten nach Altersgruppen der Bevölkerung des<br />
Basisjahrs 2008 gebunden sind, verändert sich ihre Anzahl entsprechend innerhalb des<br />
Prognosemodells für „Wohnberechtigte Bevölkerung“. Sie stellt sich in der Differenz zum<br />
Prognosemodell „Bevölkerung mit Hauptwohnsitz“ dar. Für pauschale Annahmen ihrer künftigen<br />
Verringerung, Erhöhung oder notwendigen Bereinigung im Melderegister gibt es keine<br />
gesicherten Anhaltspunkte. Sie wurden deshalb im Bevölkerungsmodell fortgeschrieben.<br />
Innerhalb der Wohnberechtigten Bevölkerung <strong>Gera</strong>s würde im Jahr <strong>2020</strong> ein Anteil von ca.<br />
5.400 Nebenwohnsitzen gegenüber ca. 6.300 im Jahr 2008 enthalten sein.<br />
Haushalte Gesamtstadt<br />
Der für die Ermittlung der Anzahl der bewohnten Wohnungen (Haushalte) maßgebliche<br />
Haushaltefaktor (siehe hierzu Abb. 12) wurde nicht pauschal gesamtstädtisch, sondern für 7<br />
städtische und 3 ländliche Prognoseräume separat ermittelt. Sie sind nach ihren städtebaulichen<br />
und mutmaßlichen sozialen Ähnlichkeiten über die Ebene der bestehenden statistischen<br />
Gemeindeteile zusammengefasst.<br />
Einwohner mit Nebenwohnsitzen sind auf Grund der dauerhaften Belegung von Wohnraum<br />
als Nachfragefaktor sowohl für Wohnungen als auch in den Haushaltgrößen (Wohnungsgrößen)<br />
berücksichtigt. Haushalteprognosen nur nach der Prognosevariante „Hauptwohnsitze“<br />
wurden nicht erstellt, da hierin nicht die tatsächlich wirksame höhere Inanspruchnahme<br />
von Wohnflächen und anderen städtischen Ressourcen/ Leistungen (z.B. Infrastrukturleistungen)<br />
erfasst wäre, die reine Zweithaushalte und gemischte Haushalte aus Mitgliedern<br />
mit Haupt- und Nebenwohnsitzen erzeugen.<br />
Über den Abgleich repräsentativer Stichprobenbestände wurden zunächst qualitative Haushaltemuster<br />
(Mitgliederquoten je Altersjahrgang von 0 bis 110 Jahre) gewonnen, für die ca.<br />
15% der <strong>Gera</strong>er Bevölkerung in urban geprägten Prognosebereichen und in eher ländlich<br />
geprägten Prognosebereichen anhand des Einwohnermelderegisters und der Gebäudedatei<br />
nach Kriterien wie gemeinsame Adresse, Wohnungsanzahl unter der Adresse, Leerstand,<br />
Alter, Familienstand von Personen unter dieser Adresse, Einwohnerstatus und Minderjährige<br />
den Familienverbänden in mehreren Schritten zugeordnet wurden. Maßgebend waren hier<br />
die Registerbestände der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> für Einwohner und Gebäude am 31.12.2008.<br />
Davon ausgenommen wurden Einwohneranteile in Sonderwohnformen 22 , wie Seniorenwohnheime,<br />
Sammelunterkünfte für Schüler, Auszubildende, Migranten oder auch des Justizvollzugs<br />
sowie ein Anteil Wohnsitzloser. Diese sind im Haushaltemuster als eigenständige<br />
Quote enthalten, wurden auf die jeweiligen Prognoseräume im Prognosemodell hochgerechnet<br />
und von der wohnberechtigten Bevölkerung abgezogen.<br />
22 Den Einwohneranteilen und Altersgruppengewichtungen in Sonderwohnformen lag die gleiche Stichprobe zu Einwohnern<br />
und Gebäuden mit Stand 31.12.2008 zugrunde, wie bei der Generierung der Privathaushalte. Sie wurden innerhalb<br />
des gleichen Verfahrens ermittelt und ausgeschieden. Dazu war die Kenntnis aller Einrichtungen notwendig, auch derjenigen,<br />
die nicht offensichtlich als Sonderwohnformen in Erscheinung treten. Es handelt sich um spezielle <strong>Gera</strong>er Quoten<br />
für den Jahresendstand 2008, die mit dem über die Stichprobe ermittelten Bindungsmuster an konkrete Altersjahrgänge<br />
dem Bevölkerungsmodell unterworfen wurden.<br />
38<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Somit ergibt sich die haushaltwirksame Bevölkerung 23 (siehe hierzu Abb. 13), auch Bevölkerung<br />
in Privathaushalten genannt, die für die Ermittlung der Gesamtzahl der vorhandenen<br />
und prognostizierten Haushalte, ihrer qualitativen Zusammensetzung und des Haushaltfaktors<br />
herangezogen wurde.<br />
Aus der Aufmodulierung der qualitativen Haushaltemuster (Quoten) auf die teilräumlichen<br />
Prognosen der wohnberechtigten Bevölkerung wurden im Mitgliederquotenverfahren<br />
je <strong>Teil</strong>raum Aussagen zur anteiligen Zusammensetzung der Haushalte nach Größe, eine<br />
teilräumliche Zahl der Haushalte und der zugehörige Haushaltfaktor generiert.<br />
In Summe der Prognosewerte in den städtischen und ländlichen Prognoseräumen des<br />
<strong>Stadt</strong>gebiets wird für das Jahr <strong>2020</strong> eine gesamtstädtische Haushaltezahl um ca. 45.500 als<br />
Wohnbedarf wirksam (siehe hierzu Abb. 13). Im ländlichen Raum wurde die Tendenz zu<br />
größeren Familienhaushalten durch den höheren Anteil an Wohneigentum und die in der<br />
Regel großzügigeren Platzverhältnisse bestätigt. Das zeigt sich auch im prognostisch langfristig<br />
weit über 2,0 liegenden Haushaltfaktor. Traditionell ist aus Gründen der gemeinsamen<br />
Tragung der Familien- und Eigentumslasten ein Mehrgenerationenwohnen in hohem Anteil<br />
anzutreffen.<br />
Entsprechend der Angaben des TLS aus dem „Mikrozensus“ ist der Anteil der Einpersonenhaushalte<br />
trotz Rückgang anderer Haushaltsgruppen bisher relativ konstant geblieben. Dieser<br />
Effekt zeigt sich in <strong>Gera</strong>, ähnlich dem Thüringer Durchschnitt, in den ländlichen Räumen<br />
des <strong>Stadt</strong>gebietes, in dem die Anteile von Einpersonenhaushalten voraussichtlich tatsächlich<br />
nahezu konstant bleiben werden. Aus der Haushalteprognose 2009 der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> ist jedoch<br />
zu vermuten, dass der Anteil der Einpersonenhaushalte und der Zweipersonenhaushalte in<br />
den urban geprägten Prognosebereichen der <strong>Stadt</strong> sowie der Zweipersonenhaushalte in den<br />
ländlichen Prognosebereichen bis <strong>2020</strong> steigen wird (siehe hierzu Abb. 12).<br />
Der Steigerung des Anteils bei den Ein- und Zweipersonenhaushalten steht ein Absinken der<br />
Anteile aller übrigen Haushaltegrößen in den urbanen Bereichen gegenüber. Darin eingeschlossen<br />
sind insbesondere die klassischen Familienhaushalte mit drei und mehr Personen.<br />
Als Gründe kommen zunehmend flexible Lebensentwürfe, vielfach ohne Ehebindung und mit<br />
starker Prägung durch die augenblickliche berufliche Situation in Betracht. Die Häufigkeit<br />
kleinerer Haushalte sowohl bei Alleinerziehenden als auch durch die Führung von Zweithaushalten<br />
von Wochenpendlern in Beruf und Ausbildung steigt. Durch die überproportionale<br />
Abwanderung von jungen Frauen ist die Partnerwahl zur Familien- und Haushaltgründung<br />
weiter eingeschränkt.<br />
23 Die Gesamtheit der in Privathaushalten lebenden Personen: Sie unterscheidet sich von der wohnberechtigten Bevölkerung<br />
um Personen ohne eigene Haushaltsführung in Gemeinschafts- und Anstaltsunterkünften und Personen in<br />
wohnberechtigten Haushalten, deren Haushaltsmitglieder am betreffenden Ort (<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>) sämtlich nicht zur Wohnbevölkerung<br />
zählen.<br />
Da eine Person in mehreren Privathaushalten wohnberechtigt sein kann, sind Doppelzählungen möglich. So ist zum<br />
Beispiel die abwesende Bezugsperson, die in einer anderen Gemeinde arbeitet und dort (zum Beispiel als Untermieter)<br />
eine zweite Wohnung hat, Angehörige von zwei Haushalten.<br />
Einmal zählt sie zum Haushalt ihrer Familie, zum anderen bildet sie einen Einpersonenhaushalt. Diese Regelung ist<br />
dadurch gerechtfertigt, dass Haushalte an jedem Wohnsitz entsprechenden Wohnraum in Anspruch nehmen und die<br />
Einrichtungen der jeweiligen Gemeinde benutzen. (Quelle: Statistische Bundesamt 1998)<br />
30. September 2010 39
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Urbaner Prognosebereich<br />
45,4 45,7 46,3 47,0<br />
1 Person<br />
Haushaltegrößen<br />
in %<br />
2 Personen<br />
33,4 33,6 33,8 34,1<br />
44860 44228<br />
42412<br />
39383<br />
3 Personen<br />
4 Personen<br />
5 Personen++<br />
11,7 11,5 11,1 10,5<br />
7,2 7,0 6,7 6,4<br />
2,3 2,2 2,1 2,0<br />
2008 2010 2015 <strong>2020</strong> 2025<br />
Haushaltezahl urbaner Bereich<br />
Ländlicher Prognosebereich<br />
2 Personen<br />
Haushaltegrößen<br />
in %<br />
1 Person<br />
31,9<br />
26,6<br />
32,1<br />
26,8<br />
33,0<br />
26,9<br />
33,8<br />
26,9<br />
3 Personen<br />
21,5<br />
21,3<br />
20,8<br />
20,3<br />
4 Personen<br />
6534 6511 6391<br />
12,5 12,4 12,0<br />
6163<br />
11,7<br />
5 Personen++<br />
7,5<br />
7,4<br />
7,3<br />
7,3<br />
Abb. 12: Gliederung der <strong>Stadt</strong> nach Haushaltemuster und Haushaltegrößen<br />
2008 2010 2015 <strong>2020</strong> 2025<br />
Haushaltezahl ländlicher Bereich<br />
1 Person in Prozent<br />
In den ländlichen Prognosebereichen der <strong>Stadt</strong> besteht dagegen eine abweichende Haushaltestruktur.<br />
In deren Fortschreibung wird auch eine differenzierte Entwicklung gegenüber den<br />
urbanen Bereichen eintreten. Sowohl die Gesamtzahl der ländlichen Haushalte im <strong>Stadt</strong>gebiet<br />
wird weniger stark absinken (siehe hierzu Abb. 12) als auch ihre in Abb. 13 ersichtliche<br />
durchschnittliche Zahl der haushaltangehörigen Personen (Haushaltefaktor). Es ist auch hier<br />
eine Tendenz hin zu kleineren Haushalten mit 1 bis 2 Personen zulasten der Anteile größerer<br />
Haushalte prognostizierbar, jedoch liegt der Schwerpunkt der Haushalteentwicklung hier<br />
bei den Zweipersonenhaushalten, die den größten Anteil stellen.<br />
Die Entwicklung hin zum vorherrschenden Zweipersonenhaushalt in den ländlichen Bereichen<br />
der <strong>Stadt</strong> ist durch zwei Faktoren begünstigt. Die abgeklungene Suburbanisierung der<br />
1990er Jahre mit ihren randstädtischen Angeboten (siehe hierzu Abb. 9) hatte insbesondere<br />
Familien mit Kindern an diesen Orten gebunden. Diese scheiden nach 10 bis 15 Jahren aus<br />
den elterlichen Haushalten aus und sind in Ausbildung oder im Beruf anderenorts tätig.<br />
Ebenso reicht das Potential in den dörflichen Lagen und traditionelles Familieneigentum<br />
nicht mehr aus, junge Generationen an den Standort und Eigentum zu binden. Auch hier<br />
kommt es zur Abwanderung durch Ausbildung und Beruf.<br />
40<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
120000<br />
110000<br />
100000<br />
90000<br />
115472<br />
110425<br />
108185<br />
105689<br />
104535<br />
103456<br />
101070 99966<br />
haushaltwirksame Bevölkerung<br />
Prognose<br />
wohnberechtigten Bevölkerung<br />
102885<br />
98304<br />
98571<br />
93599<br />
91960<br />
80000<br />
70000<br />
60000<br />
50000<br />
40000<br />
1,99<br />
55464<br />
1,97<br />
52516<br />
1,95 <strong>Gera</strong> gesamt 1,94<br />
51831<br />
ländlich<br />
urban<br />
2,43 2,42<br />
Personen je Haushalt<br />
1,88<br />
1,94<br />
1,87<br />
51394 50740<br />
Prognose<br />
Anzahl der Haushalte<br />
2,40<br />
1,92<br />
1,85<br />
48803<br />
86608<br />
Horizont <strong>FNP</strong> →<br />
2,39<br />
1,90<br />
1,83<br />
45546<br />
2000 2005 2007 2008 2010 2015 <strong>2020</strong> 2025<br />
Trend der Bevölkerungsprognose 2009 Trend der Haushalteprognose 2009<br />
haushaltw irksame Bevölkerung<br />
Personen je Haushalt - Ländliche Prognosebereiche<br />
Quelle Daten und Grafik: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Fachdienst Wirtschaftsförderung / <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
- <strong>Stadt</strong>statistik -<br />
Personen je Haushalt (Haushaltefaktor)<br />
Personen je Haushalt - Urbaner Prognosebereich<br />
Abb. 13: Verhältnisse zwischen Wohnberechtigter Bevölkerung, haushaltwirksamer Bevölkerung, Haushaltezahlen und<br />
-größen<br />
Die Wohnberechtigte Bevölkerung (Abb. 13, graue Linie) ist maßgeblich für die Ermittlung<br />
des gesamtstädtischen Wohnflächenbedarfs, da hierin auch der Bevölkerungsanteil<br />
der Sonderwohnformen (z.B. Wohnheime u.a.) enthalten ist.<br />
Die haushaltwirksame Bevölkerung (Abb. 13, rote Linie) zeigt dagegen die Wohnberechtigte<br />
Bevölkerung abzüglich des Bevölkerungsanteils in Sonderwohnformen. Die im Mitgliederquotenverfahren<br />
hochgerechnete Zahl der Haushalte (Abb. 13, blaue Linie) bzw. die<br />
durchschnittliche Zahl der Personen im Haushalt (Haushaltfaktor) beziehen sich ausschließlich<br />
auf die Haushaltwirksame Bevölkerung. 24<br />
Ergebnis<br />
Zwischen 2008 und <strong>2020</strong> wird ein Rückgang der Anzahl der Haushalte in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
um ca. 5.850 eingeschätzt (siehe hierzu Abb. 13). Trotzdem sowohl in den urbanen als auch<br />
in den ländlichen Bereichen der <strong>Stadt</strong> ein Verschiebung der Relation zugunsten des Anteils<br />
von 1 und 2 Personenhaushalten erfolgt, sinkt die tatsächliche Anzahl in allen Haushaltegrößen.<br />
Dabei sinkt die haushaltwirksame Bevölkerung im Vergleichszeitraum um<br />
13,4%.<br />
Mit dem Rückgang der jüngeren Bevölkerung im familien- und haushaltsbildenden Alter werden<br />
insbesondere die Bevölkerungsteile abnehmen, die anfangs 1 bis 2 Personenhaushalte<br />
bewohnen zusätzlich zu jenen, die im hochbetagten Alter Nachfrager von Kleinwohnungen<br />
sind. Auch diese Bevölkerungsgruppe hat über den Zeitraum bis <strong>2020</strong> kein Wachstumspotential,<br />
um Nachfrage ausgleichend zu wirken.<br />
Insgesamt wird sich die Anzahl der Personen, welche gemeinsam in einem Haushalt leben<br />
(Haushaltefaktor), bis <strong>2020</strong> im gesamtstädtischen Maßstab verringern (siehe hierzu Abb.<br />
13).<br />
24 Die Angaben zu Personen im Haushalt (Haushaltefaktor) wurden in der Grafik auf zwei Nachkommastellen gekürzt.<br />
30. September 2010 41
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4 Grundkonzeption<br />
4.1 Leitlinien zur <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
Die Gesamtentwicklung der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> richtet sich nach den Leitlinien zur <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
„<strong>Otto</strong>-<strong>Dix</strong>-<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> <strong>2020</strong>“ 25 , welche im folgenden nachrichtlich wiedergegeben werden:<br />
1. <strong>Gera</strong> - der Traditionsstandort industrieller Technik<br />
Die <strong>Stadt</strong> ist Zentrum der regionalen Wirtschaft Ostthüringens. Sie unterstützt die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Unternehmen und die Schaffung wissenschaftlicher Potenziale.<br />
Durch gezielte Ansiedlungspolitik für verarbeitendes Gewerbe baut die <strong>Stadt</strong> den Wirtschaftsstandort<br />
aus, um neue dauerhafte Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen.<br />
Die Branchenkompetenzen im Maschinenbau, in der Umwelttechnik als auch in der Automobilzulieferung<br />
sind weiterzuentwickeln und zu stärken. <strong>Gera</strong>s Wirtschaftstraditionen<br />
sind Grundlage der weiteren Ansiedlungspolitik.<br />
2. <strong>Gera</strong> - die Schule für alle Generationen<br />
Die <strong>Stadt</strong> unterbreitet allen Generationen Bildungsangebote für das „lebenslange Lernen“.<br />
Die vorbildlichen frühkindlichen Betreuungsangebote werden als Grundlage der Bildungslandschaft<br />
in <strong>Gera</strong> erhalten und weiterentwickelt.<br />
Allen Kindern sollen ab 2012 optimale Lernbedingungen geboten werden.<br />
Bildungseinrichtungen mit überregionalem Profil und Standorte für Spezialklassen werden<br />
weiterentwickelt. Priorität haben der Ausbau und die Ansiedlung weiterer Hochschuleinrichtungen<br />
in Zusammenarbeit mit den Hochschulstandorten der Region wie <strong>Jena</strong>, Zwickau<br />
und Leipzig.<br />
Der Berufsschulstandort <strong>Gera</strong> wird mit überregionaler Ausrichtung weiter qualifiziert.<br />
Angebote von Bildungseinrichtungen wie der Volkshochschule und von Vereinen und<br />
Verbänden für Senioren werden unterstützt.<br />
3. <strong>Gera</strong> - die weltoffene, tolerante und soziale <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Gera</strong> zeichnet ein Klima der Toleranz und Weltoffenheit, für ein friedliches Zusammenleben<br />
aller Menschen aus.<br />
Die <strong>Stadt</strong> stellt sich auf die Zunahme des Anteils der Bürger über 55 Jahre als Herausforderung<br />
und Chance, einschließlich der sozialräumlichen Entwicklung, ein.<br />
Bei verkehrstechnischen und städtebaulichen Vorhaben sind seniorenfreundliche und<br />
behindertengerechte Ausführungen zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt steht die Vernetzung<br />
von Bildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten in den <strong>Stadt</strong>teilen mit der Stärkung<br />
lokaler Initiativen und sozialer Netze, die generationsübergreifend wirken und die<br />
Selbsthilfe unterstützen.<br />
Unabhängig von Geschlecht, nationaler Herkunft, Religion, körperlicher Verfassung und<br />
Alter ist allen eine chancengleiche <strong>Teil</strong>habe am politischen und gesellschaftlichen Leben<br />
zu ermöglichen. Bevölkerungsgruppen mit besonderen sozialen Bedürfnissen werden in<br />
der <strong>Stadt</strong> integrativ begleitet.<br />
25 Beschluss 101/2007 des <strong>Stadt</strong>rates vom 19.07.2007.<br />
42<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die <strong>Stadt</strong> unterstützt mit Bildungs-, Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten Kinder und Jugendliche<br />
und bezieht die schulbezogene Jugendarbeit mit ein.<br />
4. <strong>Gera</strong> - die „<strong>Otto</strong>-<strong>Dix</strong>-<strong>Stadt</strong>“<br />
Das kulturelle Erbe von „<strong>Otto</strong> <strong>Dix</strong>“ findet sich im öffentlichen und kulturellen Leben der<br />
<strong>Stadt</strong> wieder.<br />
Die Kunstsammlung <strong>Gera</strong> wird das Erbe von „<strong>Otto</strong> <strong>Dix</strong>“ durch Erweiterung von Sammlung<br />
und thematischer Ausstellungstätigkeit aufarbeiten und sich in Kooperation mit Sammlungen,<br />
Stiftungen und Partnern zu einem Zentrum des bedeutenden Vertreters der klassischen<br />
Moderne entwickeln.<br />
Das Museum für Angewandte Kunst ist in seiner Einzigartigkeit in Thüringen zu stärken.<br />
Die Villenkultur, die Gründerzeitquartiere und die „<strong>Stadt</strong> im Grünen“ mit dem Zentrum<br />
Hofwiesenpark werden gepflegt und bestandserhaltend weiterentwickelt.<br />
Das Theater als das einzige Fünfspartentheater in Thüringen wird überregional weiter<br />
profiliert.<br />
Die Ausstrahlungskraft des <strong>Gera</strong>er Balletts ist überregional zu erhöhen.<br />
Städte-, Kultur-, und Landschaftstourismus werden zu Entwicklungszielen für das Oberzentrum<br />
<strong>Gera</strong>.<br />
5. <strong>Gera</strong> - die Sportstadt<br />
Überregional bedeutsame und hochwertige Sportstätten werden gesichert und ausgebaut.<br />
Die <strong>Stadt</strong> nimmt die Traditionen im Radsport, Rollschnelllauf und Boxen auf und unterstützt<br />
Entwicklungen von weiteren imageprägenden Sportarten wie Tanzsport, Reiten,<br />
Tennis und Fußball.<br />
Eine bedeutende Rolle kommt dem Hofwiesenbad mit seiner 50 m Bahnenanlage als regional<br />
bedeutsamer Standort für Wettkampfschwimmen zu. Die Integration des Freibades<br />
am Standort Hofwiesenbad wird angestrebt.<br />
6. <strong>Gera</strong> - die kompakte und grüne <strong>Stadt</strong><br />
Die <strong>Stadt</strong> definiert sich als „Grüne <strong>Stadt</strong> am Fluss mit Erholungs- und Freizeitqualität“.<br />
Deshalb spielen Fragen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes eine zentrale Rolle<br />
bei allen kommunalen Entscheidungen. Dies wird durch Grünvernetzung und Sicherung<br />
öffentlicher Freiräume unterstützt.<br />
In der Innenstadt werden die oberzentralen Funktionen weiter gebündelt und Dienstleistungen<br />
und Handel gestärkt.<br />
Die sozialräumliche Gestaltung und Entwicklung der Innenstadt und der angrenzenden<br />
<strong>Stadt</strong>teile insbesondere in den Bereichen Wohnen, Kultur, Freizeit wird Motor für die<br />
<strong>Stadt</strong>gestaltung und ist prioritärer Gegenstand städtebaulicher Entwicklung. Durch herausgehobene<br />
Architektur mit überregionaler Ausstrahlung wird das <strong>Stadt</strong>image für Offenheit<br />
und Modernität gestärkt.<br />
Die Sanierung und Aufwertung gestaltungsprägender <strong>Stadt</strong>räume wie die Gründerzeitviertel<br />
bleibt Entwicklungsziel.<br />
Für individuelles Wohnen sichert die <strong>Stadt</strong> die Rahmenbedingungen.<br />
Die Vernetzung von Kultur, Sport und Freizeitangeboten zielt auf die Erhöhung der Attraktivität<br />
der Innenstadt ab.<br />
30. September 2010 43
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
7. <strong>Gera</strong> - die Straßenbahnstadt<br />
Der seit 1892 das <strong>Stadt</strong>bild und die Mobilität prägende Straßenbahnverkehr wird aus ökologischen<br />
Gründen, aber auch als für <strong>Gera</strong> identitätsstiftend gepflegt und weiterentwickelt.<br />
Die Förderung des zu Fuß Gehens und der Ausbau des Radwegenetzes vervollständigen<br />
den „Umweltverbund“ des Verkehrs.<br />
Der Wirtschaftsverkehr genießt Vorrang vor dem sonstigen Straßenverkehr. Beide sind<br />
stadtverträglich zu gestalten. Hierbei kommt einem entsprechenden Parkraumkonzept<br />
und moderner Verkehrsleittechnik besondere Bedeutung zu.<br />
8. <strong>Gera</strong> - der bürgernahe Dienstleister<br />
Die <strong>Stadt</strong>verwaltung ist Dienstleister für ihre Bürger und Gäste.<br />
Die Wirtschaft hat mit der <strong>Stadt</strong>verwaltung einen kompetenten Ansprechpartner.<br />
Die <strong>Stadt</strong> beteiligt ihre Bürger an den Entwicklungsprozessen. Beiräte, gewählte Vertretungen<br />
von Schülern und Eltern, <strong>Stadt</strong>teilgremien, Ortschaftsräte und andere demokratisch<br />
legitimierte Vertretungen werden in ihren Mitwirkungsrechten und –pflichten gestärkt,<br />
um sie aktiv am politischen Diskussions- und Entscheidungsprozess zu beteiligen.<br />
9. <strong>Gera</strong> - der Partner in der Region und in Mitteldeutschland<br />
Die Zusammenarbeit mit allen Gebietskörperschaften der Region auf allen Feldern der<br />
Kommunalpolitik rückt ins Zentrum städtischen Handelns.<br />
Die Städtenetzwerke und Beziehungen zu den Partnerstädten in Europa werden ausgebaut.<br />
Die <strong>Stadt</strong> ist Partner für Initiativen in Mitteldeutschland im Länderdreieck Thüringen,<br />
Sachsen, Sachsen-Anhalt.<br />
10. <strong>Gera</strong> - die wiederkehrende Identität<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>Gera</strong> bekannt und bewusst machen dient dem Ziel, die eigene Identität zu stärken und<br />
beseitigt ein wichtiges Handicap der wirtschaftlichen Entwicklung der <strong>Stadt</strong>. Standortmarketing<br />
- Aktivitäten erhalten Priorität.<br />
Der wieder gestärkte Traditionsstandort industrieller Technik und die „kompakte und grüne<br />
<strong>Stadt</strong>“ mit seinen kulturellen und sportlichen Erfolgen schaffen ein neues Selbstbewusstsein<br />
der hier lebenden Menschen.<br />
„<strong>Otto</strong> <strong>Dix</strong>“ wird Imageträger der <strong>Stadt</strong>.<br />
Die Stärkung der eigenen Identität und die Erhöhung des Bekanntheitsgrades der <strong>Stadt</strong><br />
<strong>Gera</strong> sind die Marketingziele.<br />
In diesen übergreifenden Rahmen findet sich die Flächennutzungsplanung ein und setzt die<br />
wesentlichen Aspekte als Leitziele zur Struktur- und Flächenentwicklung um. Diese werden<br />
in den einzelnen Fachkapiteln der <strong>Begründung</strong> näher ausgeführt.<br />
44<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4.2 Großräumige <strong>Stadt</strong>struktur<br />
Analyse der großräumigen <strong>Stadt</strong>struktur<br />
Die topographischen Verhältnisse sind prägend für die Entwicklung der Siedlungsstruktur.<br />
Das Elstertal mit seinen Möglichkeiten und Begrenzungen hat den heutigen Siedlungskörper<br />
ausgeformt.<br />
Ausgangslage der neuzeitlichen <strong>Stadt</strong>entwicklung war ein mittelalterlicher <strong>Stadt</strong>kern von nahezu<br />
quadratischem Grundriss am flach geneigten Osthang des Tales der Weißen Elster. Mit<br />
der Industrialisierung entwickelte sich die <strong>Stadt</strong> schnell bandstadtartig in Nord-Süd-<br />
Richtung. Damit ist ein komplexer, stark gegliederter <strong>Stadt</strong>körper entstanden, der sich noch<br />
in der Mitte des 19. Jahrhunderts klar als „kompakte <strong>Stadt</strong>“ darstellte.<br />
Der in Nord-Süd-Richtung orientierte <strong>Stadt</strong>körper weist eine hochgradige Nutzungsüberlagerung<br />
sowie dichte Bebauung auf, was die natürliche Landschaft von Elsteraue und den<br />
flacheren Hangbereichen weitgehend überformte und unkenntlich machte. Die starke Inanspruchnahme<br />
des Talraums zeigt sich unter anderem darin, dass sich in einem Streifen von<br />
jeweils zwei Kilometern östlich und westlich der Weißen Elster der Großteil der Baumasse<br />
sowie der Einwohner <strong>Gera</strong>s konzentrieren. Die ebenfalls nord-süd ausgerichtete Haupteisenbahntrasse<br />
und der Fluss erschweren zusätzlich die Vernetzung der <strong>Stadt</strong>teile innerhalb<br />
dieses Siedlungskörpers.<br />
In den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Bandstadtstruktur abweichend<br />
von der bisherigen Entwicklung im Südwesten und Nordosten erheblich erweitert. Hierbei hat<br />
sich insbesondere die Größe des <strong>Stadt</strong>teiles Lusan mit seinen ehemals rund 45.000 Einwohnern<br />
als schwierig für das Gleichgewicht der <strong>Stadt</strong> erwiesen; sie ist „fußlastig“ geworden.<br />
Wesentliches Nachfragepotential der Gesamtgröße dieser <strong>Stadt</strong>erweiterungen wurde durch<br />
die Vernachlässigung traditioneller verdichteter <strong>Stadt</strong>räume in der Innenstadt generiert. Andersartige,<br />
kleinteilige <strong>Stadt</strong>erweiterungen oder <strong>Stadt</strong>reparaturen kamen aufgrund der ökonomischen<br />
Bedingungen des Wohnungsbaus, der Hängigkeit der Talränder und der natürlichen<br />
Bedingungen (Waldbestand und Ackerfluren) nicht in Betracht. Diese <strong>Stadt</strong>erweiterungen<br />
folgten einseitig der Maxime, möglichst schnell und in großem Umfang Wohnraum<br />
bereitzustellen - unter Verzicht sich in den Kontext einer ausgewogenen gesamtstädtischen<br />
Entwicklung einzufügen.<br />
Die räumliche Ausdehnung der <strong>Stadt</strong> stieß in der zweiten Hälfte des 20. Jh. auch an ihre<br />
administrativen Grenzen. Die mit der Gebietsreform 1994 verdoppelte <strong>Stadt</strong>fläche zeigt<br />
heute bei einer Nord-Süd-Ausdehnung von 20 km und einer Ost-West-Ausdehnung von 12<br />
km ein relativ ausgewogenes Flächengebilde. Mit der Gebietsreform konnte die <strong>Stadt</strong> ihre bis<br />
dahin bestehenden Einschränkungen für räumliche Erweiterungen insbesondere im östlichen<br />
Autobahnbogen überwinden. Dieser Bereich (nord-)östlich des Zentrums bot aufgrund seiner<br />
zentrumsnahen Lage, der guten verkehrlichen Anbindung und der teilweise geringen Hängigkeit<br />
Voraussetzungen für bauliche Erweiterungen.<br />
Die <strong>Stadt</strong>erweiterungen des 20. Jahrhunderts führten aufgrund ihrer Größe und den funktionell-räumlichen<br />
Wechselwirkungen zur übrigen <strong>Stadt</strong> zu Ansätzen einer polyzentrischen<br />
<strong>Stadt</strong>, insbesondere im südlichen <strong>Stadt</strong>gebiet. Allerdings dominiert nach wie vor das Hauptzentrum<br />
der früheren kompakten <strong>Stadt</strong> mit Marktplatz, Rathaus, Einkaufs- und Verwaltungsstandorten<br />
und den meisten oberzentralen Einrichtungen <strong>Gera</strong>s.<br />
Den kompakten <strong>Stadt</strong>körper umschließt ein Netz von typisch stadtnahen, aber ländlichen<br />
geprägten Siedlungen, Diese sind relativ gleichmäßig im Raum verteilt. Die östlichen, südlichen<br />
und westlichen peripheren Räume besitzen einen engen Zusammenhang zur <strong>Stadt</strong> und<br />
weisen daher auch teilweise deutliche Urbanisierungsstrukturen auf. Im Norden wurde das<br />
<strong>Stadt</strong>gebiet mit der Gebietsreform um einen ausgesprochen ländlich geprägten und flächenmäßig<br />
gewichtigen Raum erweitert, der selbst große Eigenständigkeit entfaltet.<br />
Eine Sonderstellung nimmt der vorortartige <strong>Stadt</strong>teil Langenberg ein. Aufgrund seiner eigenständigen<br />
Entwicklung (<strong>Stadt</strong>recht 1921), seiner Entfernung zur Innenstadt, der Trenn-<br />
30. September 2010 45
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
wirkung der Autobahn sowie seiner kompakten Siedlungsstruktur und beachtlicher Einwohnergröße<br />
weist er eine deutliche Eigenständigkeit auf.<br />
Zukünftige Entwicklung<br />
Jahrzehntelang war die <strong>Stadt</strong>entwicklung durch Bevölkerungswachstum und daraus folgende<br />
räumliche Ausdehnung geprägt. Seit 1990 und künftig nimmt die Bevölkerungszahl ab (siehe<br />
hierzu auch Punkt 3.1). Dieser veränderten Rahmenbedingung wird die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> mit einem<br />
neuen stadträumlichen Leitbild planerisch gerecht.<br />
Maßgebliche Planungsziele für die zukünftige funktional-räumliche Entwicklung der <strong>Stadt</strong><br />
wurden bereits in der Entwicklungskonzeption Wohnen (EKW) beschrieben. 26 Diese wurden<br />
als Grundlagen des Flächennutzungsplanes übernommen und entsprechend seiner<br />
Funktion als vorbereitender Bauleitplan umgesetzt. Als räumliches Prinzip der <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
unter den veränderten Rahmenbedingungen wird das Leitbild der „Siedlungsstadt“ herangezogen.<br />
Es baut auf dem historisch gewachsenen <strong>Stadt</strong>teilbezug in <strong>Gera</strong> auf und bezieht alle <strong>Stadt</strong>teile<br />
einschließlich der unverbundenen dörflichen Lagen ein. Für jeden <strong>Stadt</strong>teil werden eigene<br />
<strong>Stadt</strong>umbauziele definiert. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, angemessen, sensibel,<br />
akteursgerecht sowie sozialverträglich zu agieren. Die vorhandnen Netze und Anlagen der<br />
sozialen und technischen Infrastruktur können kleinteilig und bedarfsgerecht angepasst werden.<br />
Das räumliche Prinzip lässt sich durch Siedlungskerne und grüne Schneisen beschreiben.<br />
Nachgefragte Siedlungsteile werden von innen, aus ihren Kernen und Zentren heraus, erhalten<br />
und gestärkt. Durch partielle Rückbaumaßnahmen sollen alle Quartiere einen neuen und<br />
attraktiveren Bezug zur Landschaft erhalten. Die grünen Bänder oder Ränder erstrecken sich<br />
in größeren Ausdehnungen als bisher vor allem zwischen den Siedlungsteilen. Sie gestatten<br />
eine stärkere Gliederung des <strong>Stadt</strong>körpers und verleihen den <strong>Stadt</strong>teilen attraktivere nahräumliche<br />
Grünbezüge.<br />
Letztlich sollen sich die grünen Bänder auf den Flusslauf der Weißen Elster als Mittelachse<br />
der <strong>Stadt</strong> orientieren. Ziel ist es, das Flussumfeld als ein Naherholungs- und Freizeitraum<br />
mit hoher Aufenthalts- und Nutzungsqualität aufzuwerten. Der Flussraum wird gleichsam<br />
neuer städtischer Lebensraum. Entscheidendes Initial in diesem Bereich war der Bau des<br />
Hofwiesenparks in Vorbereitung der Bundesgartenschau (siehe hierzu auch Punkt 4.4). Vor<br />
allem in den Großwohnsiedlungen in Lusan und Bieblach-Ost sollen durch Rück- und Umbau<br />
überdimensionierte Nutzungseinheiten und Standorte mit Lagenachteilen qualitätsvoll<br />
aufgewertet werden. Maßnahmen im Rahmen des Programms „<strong>Stadt</strong>umbau Ost“ wurden in<br />
<strong>Gera</strong> bereits mit Erfolg umgesetzt. Diese Entwicklung soll fortgesetzt werden, so dass insgesamt<br />
mit einer Entdichtung der <strong>Stadt</strong>struktur, aber auch mit frei werdenden ehemaligen<br />
Wohnbauflächen zu rechnen ist. Erste Flächen diesen Ursprungs sind im <strong>FNP</strong> einer Grünnutzung<br />
zugeführt worden und tragen somit zur Umsetzung des Leitbildes bei (siehe hierzu<br />
auch Punkt 10.3).<br />
Das Leitbild Siedlungsstadt und die Maßnahmen der EKW sind vor allem darauf orientiert,<br />
die Innenstadt zu stabilisieren bzw. zu vitalisieren. Die insbesondere gründerzeitlich geprägten<br />
Gebiete, die um das <strong>Stadt</strong>zentrum gelagert sind, werden im Fokus der Entwicklung im<br />
Planungszeitraum stehen. Aufgaben sind die Gesundung der Wohnquartiere, die Stabilisierung<br />
ihrer zentralen Lagen und die Harmonisierung der Netze und Angebote der Infrastruktur.<br />
Dabei sollen Bahn- und sonstige Brachen nachgenutzt, Gewerbestandorte gesichert und<br />
Grünverbindungen weiter vernetzt werden. Attraktiver Mittelpunkt der Innenstadt soll das<br />
<strong>Stadt</strong>zentrum sein bei gleichzeitiger Wirkung als Hauptzentrum der Gesamtstadt. Im Ergebnis<br />
des <strong>Stadt</strong>umbauprozesses entsteht eine verkleinerte, kompaktere <strong>Stadt</strong>, die in den Landschaftsraum<br />
eingefügt ist.<br />
26 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>, <strong>Stadt</strong>planungsamt: Entwicklungskonzeption Wohnen. <strong>Gera</strong>, 2002, S. 43ff..<br />
46<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4.3 Brachflächenentwicklung<br />
Grundlagen und Ziele<br />
Eine Brachfläche ist eine ehemals genutzte Fläche. Über einen längeren Zeitraum ungenutzt<br />
und funktionslos geworden, stehen der Brachflächenrevitalisierung unterschiedliche<br />
Hemmnisse entgegen.<br />
Fläche und Boden sind schützenswerte Ressourcen. In der Nachhaltigkeitsdebatte ist die<br />
Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr das prioritäre Ziel. Dafür<br />
muss die Entwicklung innerstädtischer Brachflächen Vorrang vor neuen Flächenausweisungen<br />
erhalten. Der Entwicklung von Brachen kommt in einer nachhaltigen <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
eine hohe Bedeutung zu. Die Grundsätze „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“<br />
sowie „<strong>Stadt</strong> der kurzen Wege“ sind wichtige Ziele der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> zur Struktur- und Flächenentwicklung.<br />
Durch die Neudefinition der zukünftigen Nutzung bietet sich die Chance, innenstadtnahe<br />
Wohn-, Gewerbe- und Freiflächen von hoher Qualität zu entwickeln. Durch den<br />
Erhalt und Ausbau einer ausgewogenen Struktur von <strong>Stadt</strong>teilzentren soll die Versorgungssicherheit<br />
für die Bevölkerung erhalten, die Wegstrecken minimiert und eine effektive Auslastung<br />
bestehender Infrastrukturen gewährleistet werden.<br />
Auslöser für die gravierenden Veränderungen in der <strong>Stadt</strong>entwicklung <strong>Gera</strong>s war der Strukturwandel<br />
1990. In der Folge wurden vor allem zuvor gewerblich und industriell genutzte<br />
Flächen und Gebäude, aber auch große Militärflächen, freigesetzt und fielen brach. Weitere<br />
Flächen werden aufgrund der demographischen Entwicklung folgen. Zukünftig werden vor<br />
allem Bahnflächen, Flächen aus dem Wohnungsbau und Infrastruktur- und soziale Einrichtungen<br />
freigesetzt werden. Erste Ansätze sind bereits erkennbar. Die Aufrechterhaltung<br />
kommunaler Infrastrukturen gestaltet sich speziell vor dem Hintergrund der schrumpfenden<br />
<strong>Stadt</strong> schwieriger. Eine bauliche Wiedernutzung von innerstädtischen, erschlossenen<br />
Brachflächen trägt entscheidend zur Tragfähigkeit der bestehenden Infrastruktur bei.<br />
Die Brachflächen sind in städtebaulicher, sozialer, ökonomischer sowie ökologischer Hinsicht<br />
zu differenzieren. In Abhängigkeit zur Lage und geplanten Folgenutzung kann dies zur baulichen<br />
Nachnutzung, aber auch zu Renaturierungen und Freiflächennutzungen durch Rückbau<br />
führen (siehe hierzu auch Punkt 4.1, Leitlinien: <strong>Gera</strong> – die kompakte und grüne <strong>Stadt</strong>).<br />
Das Leitbild der Siedlungsstadt in der EKW 27 und der Landschaftsplan 28 geben dabei die<br />
Grundstruktur für das Flächenkonzept vor (siehe hierzu auch Punkt 4.2).<br />
Durch die Revitalisierung der oft als visuelle Schandflecke wahrgenommenen Brachen erfolgt<br />
auch eine Imageaufwertung von <strong>Stadt</strong>teilen und -räumen. Leerstände und Ruinen werden<br />
beseitigt. Analog des Programms <strong>Stadt</strong>umbau Ost hinsichtlich des Wohnungsleerstandes<br />
soll ein ähnliches Vorgehen für gewerbliche Brachflächen geprüft werden. In <strong>Gera</strong> gibt<br />
es eine Fülle von ehemals gewerblich und industriell genutzten Brachflächen, die sich oft in<br />
exponierten städtebaulichen Lagen befinden.<br />
Brachflächenerfassung und -bewertung<br />
Mit ca. 140 ha stellen die Brachflächen in <strong>Gera</strong> ein wichtiges Entwicklungspotenzial dar. Bestehende<br />
Werte an Gebäuden, Flächen und Infrastrukturen zu sichern und Investitionen auf<br />
Brachflächen zu lenken, wird durch den verschärften Wettbewerb um Baulandbereitstellung<br />
erschwert. Das bezieht sich auch auf die Konkurrenzsituation mit den Nachbarkommunen.<br />
Seit einigen Jahren arbeitet die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> verstärkt aktiv an der Lösung der Brachflächenproblematik.<br />
Ausgehend von dem landesweiten Brachflächenprojekt in Thüringen wurden<br />
zum 31.05.2005 in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> 269 Brachflächen bzw. -objekte erfasst. Nicht alle Flächen<br />
und Objekte stehen zur Vermarktung bereit. Als größte Probleme bei der Vermarktung erweisen<br />
sich die Eigentumsverhältnisse und oft auch die Altsubstanz.<br />
27 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>, <strong>Stadt</strong>planungsamt: Entwicklungskonzeption Wohnen. <strong>Gera</strong>, 2002.<br />
28<br />
vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Landschaftsplan <strong>Gera</strong>, Fortschreibung, 2006.<br />
30. September 2010 47
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Parallel wurden in der Realkartierung 29 zum <strong>FNP</strong> alle hinsichtlich der Flächennutzungsplanung<br />
relevanten Brachflächen erfasst. In Folge der fortschreitenden <strong>Stadt</strong>entwicklung wurde<br />
die Realkartierung in der Thematik Brachflächenentwicklung nach Bedarf (Änderungen von<br />
Bebauung und Nutzung) fortgeschrieben.<br />
Der Vergleich der Brachflächen im Brachflächenkataster Thüringen mit der <strong>FNP</strong>-<br />
Realkartierung ergab eine weitgehende Übereinstimmung. Die höhere Brachflächenanzahl<br />
im Brachflächenkataster Thüringen ergibt sich aus der<br />
nicht erfolgten Fortschreibung des Brachflächenkatasters,<br />
Erfassung von kleinsten Einzelobjekten innerhalb funktionierender Gewerbe-, Wohn- und<br />
Mischgebiete, welche für die Flächennutzungsplanung nicht relevant sind,<br />
Erfassung von Einzelobjekten, welche nur kurzzeitig nicht genutzt wurden und zwischenzeitlich<br />
oft einen Eigentümerwechsel erfahren haben.<br />
Die standortspezifischen Potenziale und Restriktionen aller erfassten Brachflächen, auch die<br />
der kleinteiligen Einzelobjekte, wurden analysiert und hinsichtlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten<br />
umfangreich abgestimmt und bewertet. Das Entwicklungsziel wurde definiert. Dabei<br />
wurden städtebauliche, wirtschaftliche und naturschutzfachliche Interessen umfangreich miteinander<br />
abgeglichen. Im Ergebnis wurden für jeden Standort passende Folgenutzungen mit<br />
spezifischen Standortqualitäten herausgestellt.<br />
Da es sich bei den erfassten Brachflächen, insbesondere in der <strong>FNP</strong>-Realkartierung zumeist<br />
um ehemals gewerblich bzw. industriell genutzte Fläche handelt, hatte die Reaktivierung als<br />
Gewerbefläche bei der Formulierung des Nutzungszieles Priorität vor anderen Nutzungen.<br />
Die vorrangige Reaktivierung von Brachen für gewerbliche Nutzungen kann dazu beitragen,<br />
die Industriegeschichte <strong>Gera</strong>s zu wahren und die regionale Identität der Bevölkerung zu fördern.<br />
Aus Altem kann Neues entstehen.<br />
Im Ergebnis der städtebaulichen Bewertung musste allerdings festgestellt werden, dass auf<br />
den meisten Brachflächen auf Grund ihrer innerstädtischen Lage entweder in Gemengelagen<br />
oder umgeben von anderen Nutzungen und den damit zusammenhängenden Anforderungen<br />
des Umgebungsschutzes eine gewerbliche Nutzung nur eingeschränkt oder gar nicht möglich<br />
ist. Vielfach wurde das Entwicklungsziel Wohnen definiert. Auf einigen Brachflächen<br />
führte die städtebauliche Bewertung zur Formulierung des Planungszieles Rückbau und<br />
Grünflächennutzung. Neben den Einschränkungen für eine bauliche Nutzung waren hierbei<br />
die Darstellungen des Landschaftsplanes zu beachten. Mit Rückbau und Begrünung von<br />
Brachflächen kann eine qualitative Aufwertung von <strong>Stadt</strong>teilräumen und <strong>Stadt</strong>rändern erreicht<br />
werden.<br />
Im Ergebnis der Brachflächenerfassung und -bewertung werden im Flächennutzungsplan 45<br />
Brachflächen einer neuen Nutzung zugeführt. Die Flächen werden nachfolgend mit dem<br />
Entwicklungsziel aufgelistet, in Übersicht 1 verortet und in den Fachkapiteln entsprechend<br />
dem Entwicklungsziel beschrieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der <strong>FNP</strong> Flächen generalisiert<br />
ausweist. Kleinflächige Brachen werden daher nicht beschrieben, sondern zumeist<br />
entsprechend der Umgebungsnutzung dargestellt (siehe hierzu auch Punkt 1.4).<br />
18 Brachflächen der <strong>FNP</strong>-Realkartierung mit einer Größe von insgesamt ca. 53 ha befinden<br />
sich im Geltungsbereich von Bebauungsplänen. Für diese Flächen wurde das Entwicklungsziel<br />
bereits im B-Plan festgeschrieben. Es wurde in die Flächennutzungsplanung übernommen.<br />
Ausführungen zu den B-Plänen finden sich entsprechend festgesetztem Nutzungsziel<br />
in den jeweiligen Fachkapiteln.<br />
29 vgl.: Realkartierung zum <strong>FNP</strong>, Erhebungsstand 2004<br />
48<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Nr. Name Flächengröße Entwicklungsziel B-Plan<br />
BR 1 Möbel-Boss 3,4 ha Einzelhandel VB/59/01 „SB Möbel-Boss“<br />
BR 2 Nahversorgungszentrum Brüte 0,8 ha Einzelhandel VB/62/02 „Nahversorgungszentrum<br />
Brüte“<br />
BR 3 Ödland 0,7 ha Gewerbe B/03/91 „Am Trebnitzer<br />
Kreuz<br />
BR 4 Leibnizstr. 5,4 ha Gewerbe B/09.1/91 „GG Leibnizstr.<br />
BR 5 Wohn- und Gewerbeeinheit,<br />
0,8 ha Gewerbe B/10/91<br />
Tinzer Str.<br />
„Berliner Str./ Siemensstr.“<br />
BR 6 ehem. Schweinemast 7,8 ha Gewerbe B/19/92 „Leumnitz-Süd“<br />
BR 7 Milchhof, Industriestr. 5,7 ha Gewerbe B/41/94 Industriestr.<br />
BR 8 ehem. Gaswerk 3,2 ha Gewerbe B/63/95 „Gaswerkstr.“<br />
BR 9 ehem. VEB Eier und Geflügel 1,6 ha Gewerbe B/89/99<br />
Grünfläche „Gessentalstraße“<br />
BR 10 ehem. Hofgut 1,3 ha Mischnutzung B/26/93 „Alt-Untermhaus“<br />
BR 11 Ödland 1,2 ha Wohnen B/05/91 „Roschützer Str./<br />
Siedlung Brahmetal“<br />
BR 12 Ödland 4,1 ha Wohnen B/29.1/93 „Franz-Petrich-<br />
Str.“<br />
BR 13 ehem. Kräuterhof, Lagerhallen 3,3 ha Wohnen B/38/94 „Am Saarbach“<br />
BR 14 ehem. Messegelände 3,7 ha Wohnen<br />
Windischenbernsdorf<br />
B/84/98 „Am Schützenplatz“<br />
BR 15 ehem. Regelschule 7 3,7 ha Wohnen B/100/01 „Südliche Karl-<br />
Matthes- Str.“<br />
BR 16 ehem. Wema Union 2,8 ha Wohnen B/107/03 „Wohngebiet<br />
Tschaikowskistr.<br />
1,0 ha Wohnen VB/74/08 „Wohnen an der<br />
Dürrenebersdorfer Straße“<br />
BR 17 Dürrenebersdorfer Straße,<br />
Lusan<br />
BR 18 ehem. Ziegelei Aga 3,0 ha Sonderbaufläche/<br />
Sonstige Sportanlage<br />
Abb. 14: Brachen in B-Plänen<br />
VB/78/08 „Sondergebiet<br />
Schießplatz Aga“<br />
24 Brachflächen der <strong>FNP</strong>-Realkartierung mit einer Größe von insgesamt ca. 56 ha befinden<br />
sich nicht im Geltungsbereich von Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung. Diese Brachflächen<br />
werden in den Fachkapiteln als Entwicklungsflächen beschrieben. Abweichungen<br />
bei den Größen einzelner Flächen innerhalb der <strong>Begründung</strong>skapitel zwischen einer Brachfläche<br />
und einer daraus abgeleiteten Entwicklungsfläche ergeben sich durch verschiedenartige<br />
methodisch-fachliche Vorgehensweisen im jeweiligen Fachkapitel. Beispiele hierfür sind<br />
das Einbeziehen oder Nichteinbeziehen von Straßen in die Fläche oder die nur teilweise Inanspruchnahme<br />
einer Brachfläche für eine geplante Nutzung.<br />
Nr. Name Flächengröße Entwicklungsfläche Verweis auf Kapitel<br />
BR 19<br />
ehem. Piano Langenberg,<br />
2,0 ha Gewerbe<br />
Schoßbachstr. 24<br />
G 1<br />
BR 20 HKW Nord 4,5 ha Gewerbe<br />
BR 21 STRABAG, Theaterstr. 2,0 ha<br />
G 2<br />
5.4.4 Gewerbliche Neuausweisungen<br />
Gewerbe<br />
G 3<br />
BR 22 Möbelhaus Bieblach-Ost,<br />
2,6 ha Gewerbe<br />
BR 23<br />
Zeissstr. 2<br />
Wuitzer Str.,<br />
Telekomgelände Leumnitz<br />
G 4<br />
4,0 ha Grünfläche<br />
GF 7<br />
BR 24 Roschützer Str. 3,<br />
ehem. Kampfgruppenschule<br />
2,7 ha Wohnen<br />
W 2<br />
BR 25 Leibnizstraße/ Cubaer Str.,<br />
Untermhaus<br />
0,6 ha Wohnen<br />
W 6<br />
BR 26 Comeniusstr. 0,6 ha Wohnen<br />
W 8<br />
BR 27 Maxim-Gorki-Str./ Franz-<br />
Petrich-Str.<br />
1,0 ha Wohnen<br />
W 10<br />
BR 28 Franz-Petrich-Str./ Franz-<br />
Mehring-Str., ehem. Röntgenwerk<br />
1,1 ha Wohnen<br />
W 11<br />
10.3 Städtische Freiräume<br />
und Grünflächen<br />
6.6 Entwicklungsflächen<br />
Wohnen<br />
30. September 2010 49
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Nr. Name Flächengröße Entwicklungsfläche Verweis auf Kapitel<br />
BR 29 Quellenstraße, <strong>Stadt</strong>mitte<br />
(<strong>Stadt</strong>umbaubrache)<br />
0,5 ha Wohnen<br />
W 13<br />
BR 30 Brückenstr. 2, Geschw.-Scholl-<br />
Str., Innenstadt<br />
0,4 ha Wohnen<br />
W 15<br />
BR 31 An der Reichsstr., ehem.<br />
3,0 ha gemischte Baufläche<br />
BR 32<br />
Modedruck<br />
M 2<br />
6.6 Entwicklungsflächen<br />
Tschirchstraße/ Plauensche<br />
0,7 ha Wohnen Wohnen<br />
Straße, Wintergarten<br />
W 16<br />
(<strong>Stadt</strong>umbaubrache)<br />
BR 33 Flurstr. 6,<br />
ehem. Polymen<br />
1,6 ha Wohnen<br />
W 17<br />
BR 34 Fritz-Reuter-Straße, Zwötzen<br />
(<strong>Stadt</strong>umbaubrache)<br />
0,6 ha Wohnen<br />
W 23<br />
BR 35 Grüne Mitte Leumnitz (ehem.<br />
Leumnitzer Gut)<br />
0,8 ha Grünfläche<br />
GF 6<br />
BR 36 Pfortener Berg<br />
(Garagenstandort)<br />
4,2 ha Grünfläche<br />
GF 8<br />
BR 37<br />
BR 38<br />
Elstergrünzug bei Zwötzen<br />
(ehem. Kammgarnspinnerei)<br />
Elstergrünzug an der<br />
Liebschwitzer Str. (Gewerbebrache)<br />
3,8 ha Grünfläche<br />
GF 9<br />
2,8 ha Grünfläche<br />
GF 10<br />
BR 39 An der Zeulenrodaer Str.,<br />
Rückbaufläche<br />
2,9 ha Grünfläche<br />
GF 14<br />
BR 40 Franz-Petrich-Str./ Comeniusstr.<br />
0,8 ha Wohnen<br />
W 9<br />
BR 41 Gärtnerei/ Kindergarten, Unterröppisch,<br />
4,2 ha Fläche für die Landrei<br />
Kammgarnspinnewirtschaft*<br />
Liebschwitz<br />
LP 48<br />
BR 42 Militärkrankenhaus, Milbitz 7,5 ha Fläche für Wald*<br />
LP 24<br />
*Übernahme aus dem Landschaftsplan, zugleich Flächen zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft<br />
Abb. 15: Entwicklungsflächen aus Brachen<br />
10.3 Städtische Freiräume<br />
und Grünflächen<br />
6.6 Entwicklungsflächen<br />
Wohnen<br />
10.2 Integration des Landschaftsplanes<br />
10.2 Integration des Landschaftsplanes<br />
<strong>Gera</strong> ist geprägt von Bahnbrachen, welche die <strong>Stadt</strong> großflächig zerschneiden. Im Rahmen<br />
der Planungen zur Bundesgartenschau <strong>Gera</strong>-Ronneburg 2007 wurden ca. 8 ha Bahnflächen<br />
entwidmet und für den Ufer-Elster-Park reaktiviert. Durch die Baumaßnahmen der DB AG<br />
konnten auch bereits brachgefallene, aber noch nicht formell entwidmete Bahnflächen bereits<br />
nachgenutzt – Ufer-Elster-Park – oder für eine zukünftige Nutzung vorgesehen werden<br />
(B/116/04 Gewerbegebiet „Am Südbahnhof“)<br />
Die noch verbleibenden Bahnbrachen um den Hauptbahnhof stellen wegen ihrer Größe und<br />
zentralen Lage im <strong>Stadt</strong>körper ein bedeutendes Potenzial für die <strong>Stadt</strong>entwicklung dar. Da<br />
konkrete Entwicklungsabsichten nicht absehbar sind, werden die Brachflächen im <strong>FNP</strong> gemäß<br />
des Fachplanungsrechtes als Bahnflächen nachrichtlich übernommen.<br />
Nr. Name Flächengröße Bemerkungen<br />
BR 43 DB Südbahnhof 6,2 ha B/116/04 Gewerbegebiet „Am Südbahnhof”<br />
(siehe Punkt 5.4.3).<br />
BR 44 DB Hauptbahnhof 23,0 ha derzeit keine konkreten Entwicklungsabsichten,<br />
keine Entwidmungsabsichten durch DB AG<br />
Abb. 16: Bahnbrachen<br />
50<br />
30. September 2010
GROSSAGA<br />
HERMSDORF<br />
LESSEN<br />
KLEINAGA<br />
BR18<br />
STEINBR CKEN<br />
REICHENBACH<br />
SELIGENST˜DT<br />
WERNSDORF<br />
ROBEN<br />
CRETZSCHWITZ<br />
LAUENHAIN<br />
RUSITZ<br />
S LLMNITZ<br />
WACHHOLDERBAUM<br />
NEGIS<br />
HAIN<br />
LANGENBERG<br />
STUBLACH<br />
DORNA<br />
BR19<br />
R PSEN<br />
ROSCH TZ<br />
A4<br />
THIESCHITZ<br />
BR20<br />
BR24<br />
BIEBLACH-OST<br />
A4<br />
MILBITZ<br />
TINZ<br />
BR11<br />
BR3<br />
BR7<br />
RUBITZ<br />
BR5<br />
BIEBLACH<br />
BR22<br />
TREBNITZ<br />
BR42<br />
BR1<br />
BR8<br />
BR4<br />
LAASEN<br />
UNTERMHAUS<br />
BR21<br />
BR25<br />
BR40 BR26<br />
BR28<br />
BR27<br />
BR12<br />
BR44<br />
BR10<br />
OSTVIERTEL<br />
BR35<br />
FRANKENTHAL<br />
ZENTRUM<br />
BR29<br />
LEUMNITZ<br />
BR6<br />
ERNSEE<br />
BR23<br />
SCHEUBENGROBSDORF<br />
BR16<br />
BR43<br />
BR30<br />
STERN<br />
NAULITZ<br />
BR33<br />
BR31<br />
BR32<br />
THR˜NITZ<br />
BR13<br />
BR14<br />
ZSCHIPPERN<br />
WINDISCHENBERNSDORF<br />
BR36<br />
PFORTEN<br />
DEBSCHWITZ<br />
BR9<br />
COLLIS<br />
LANGEN-<br />
GROBSDORF<br />
BR17<br />
BR37<br />
ZW TZEN<br />
KAIMBERG<br />
D RRENEBERSDORF<br />
BR34<br />
LUSAN-NORD<br />
ZEULSDORF<br />
BR39<br />
BR38<br />
PORIS-<br />
WEISSIG<br />
LUSAN-S D<br />
BR2<br />
BR15<br />
TAUBENPRESKELN<br />
LENGEFELD<br />
OBERR PPISCH<br />
LIETZSCH<br />
GORLITZSCH<br />
UNTERR PPISCH<br />
BR41<br />
LIEBSCHWITZ<br />
SCHAFPRESKELN<br />
OTTICHA<br />
NIEBRA<br />
METER<br />
0 500 1000<br />
bersicht 1 - Brachfl chen<br />
Brachfl chen in B-Plan Gebieten<br />
KLEINFALKE<br />
Brachfl chen auf Entwicklungsfl chen<br />
GROSSFALKA<br />
Brachfl chen auf Bahnfl chen<br />
BR 1<br />
Nummerierung entsprechend Punkt 4.3<br />
Stand: 30.09.2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4.4 Das Oberzentrum <strong>Gera</strong> und seine regionale Einbindung<br />
Grundsätze<br />
<strong>Gera</strong> ist ostthüringisches Oberzentrum mit einem engeren Verflechtungsraum (inkl. Gemeinden<br />
in Sachsen-Anhalt) von ca. 172.000 Einwohnern 30 . Es ist Bestandteil der Thüringer<br />
Städtekette, das „Tor nach Sachsen“ und liegt in Nachbarschaft zu den Wirtschaftsräumen<br />
Sachsen-Anhalts, Bayerns und Tschechiens sowie nahe zu den Großstädten Leipzig,<br />
Chemnitz, Erfurt, Dresden und Nürnberg. <strong>Gera</strong> ist gemeinsam mit <strong>Jena</strong> nach Erfurt Vertreter<br />
Thüringens zweitgrößter <strong>Stadt</strong>kategorie um 100.000 Einwohner und hat traditionelle Verflechtungen<br />
in das Umland. Die <strong>Stadt</strong> weist eine deutschlandweit bekannte Industrietradition<br />
auf, hält interessante kulturelle Einrichtungen vor und ermöglicht qualitätsvolles Wohnen in<br />
einer abwechslungsreichen Landschaft zu regional und bundesweit vergleichsweise günstigen<br />
Miet- und Kaufpreisen.<br />
Die Qualität der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> als Oberzentrum zeigt sich an der hochwertigen und diversifizierten<br />
Infrastrukturausstattung, die sich aus der üblichen Struktur der Städte des Verflechtungsraumes<br />
z.B. durch die Vielzahl kultureller Einrichtungen, öffentlicher Verwaltungen<br />
mit regionalem und überregionalem Einzugsbereich, spezialisierter Einkaufsmöglichkeiten<br />
und einem hochwertigen Bildungs- und Gesundheitsangebot heraushebt. Diese Ausstattungsmerkmale<br />
sind wesentliche Ankerpunkte für die Rahmenvorgaben städtischer Planungen<br />
und die Öffentlichkeitsarbeit, da nur so eine Pointierung des Innen- wie auch Außenimages<br />
und somit eine Erhöhung der Zentralität <strong>Gera</strong>s in der Region möglich ist (siehe hierzu<br />
auch Punkt 4.1, Leitlinien: <strong>Gera</strong> – die wiederkehrende Identität).<br />
Abb. 17: Verflechtungsbereiche der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> (oberzentraler und überregionaler Bereich nur illustrativ)<br />
30 vgl.: Zahlen der Statistischen Landesämter von Thüringen und Sachsen-Anhalt zum 30.09.08/ 30.06.08.<br />
30. September 2010 51
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Aus der Art der vorgehaltenen Güter bzw. Einrichtungen ergeben sich spezifische Einzugsbereiche.<br />
Für <strong>Gera</strong> lassen sich demnach drei Einzugsgebiete ableiten (siehe hierzu auch<br />
Abb. 17), die bis in die Verflechtungsbereiche und Gebiete der benachbarten Oberzentren in<br />
Thüringen und Westsachsen hineinreichen. Diese gehen nicht nur von <strong>Gera</strong> aus sondern<br />
wirken innerhalb eines dichten Netzes von Städten mit oberzentralen Funktionen in Mitteldeutschland<br />
auch auf <strong>Gera</strong> in gleicher Weise.<br />
<br />
<br />
<br />
Mittelzentraler Verflechtungsbereich: Es entspricht größtenteils räumlich dem Verdichtungsraum<br />
<strong>Gera</strong> und umfasst insgesamt etwa 147.000 Einwohner, von denen ca.<br />
100.000 auf das <strong>Gera</strong>er <strong>Stadt</strong>gebiet entfallen. 31 .<br />
Oberzentraler Verflechtungsbereich: Betrachtet man Einrichtungen für Güter und<br />
Dienstleistungen des langfristigen und höherwertigen Bedarfs, wie Theater oder Waldklinikum,<br />
so besitzt <strong>Gera</strong> in diesen Segmenten ein Einzugsgebiet, das große <strong>Teil</strong>e der Planungsregion<br />
Ostthüringen mit ca. 440.000 Einwohnern umfasst. In diesem Bereich nimmt<br />
die <strong>Stadt</strong> ihre Funktion als Oberzentrum wahr. 32<br />
Überregionaler Verflechtungsbereich: Werden die Verflechtungen und gegenseitigen<br />
Wechselwirkungen <strong>Gera</strong>s zu den benachbarten Regionen und zentralen Orten zu Grunde<br />
gelegt, ergibt sich ein dritter Einzugsbereich, der knapp 1.000.000 Einwohner umfasst.<br />
33<br />
Ausbau der oberzentralen Funktionen<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> soll als Zentrum der Region Ostthüringen weiter ausgebaut werden und<br />
Identitätsmittelpunkt der <strong>Stadt</strong>-Umland-Kooperation Region <strong>Gera</strong> sein. Sie soll ihrer oberzentralen<br />
Funktion durch Ausstrahlung, Stärke und Bedeutung als Anziehungspunkt für das<br />
direkte Umland und die weiteren Verflechtungsbereiche gerecht werden. <strong>Gera</strong> wird auch<br />
zukünftig seinen Bürgern und Gästen gute Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen bieten.<br />
Die <strong>Stadt</strong> soll funktionstüchtig sein und überschaubare Konturen besitzen. Sie muss eine<br />
Grundstruktur aufweisen, die eine optimale Zuordnung der Daseinsgrundfunktionen „Wohnen“,<br />
„Arbeiten“ und „Erholen“ innerhalb ihres <strong>Stadt</strong>gebietes und durch die Vernetzung mit<br />
dem regionalen Umland gewährleistet.<br />
Das überkommene Bild <strong>Gera</strong>s als eine „unbekannte <strong>Stadt</strong>" soll einem positiven Image mit<br />
nachhaltig zukunftsweisender Substanz weichen. Dafür muss der Bekanntheitsgrad der<br />
<strong>Stadt</strong> verbessert und ihre dafür nutzbaren und ausbaufähigen Alleinstellungsmerkmale in der<br />
Region identifiziert und beworben werden.<br />
Insbesondere das <strong>Stadt</strong>zentrum muss seiner Rolle als regionalem Einkaufs-, Erlebnisund<br />
Verwaltungszentrum gerecht werden. Ein bedarfsgerechtes und ausreichendes Angebot<br />
an Verkaufsstätten, ergänzt und verbunden mit dienstleistungsorientiertem Gewerbe,<br />
Verwaltungsnutzungen, Kino, Gastronomie, Grüngestaltung, Museen und dem Kultur- und<br />
Kongresszentrum charakterisieren eine vielgestaltige und attraktive Mitte <strong>Gera</strong>s. Interessante<br />
fußläufige Verbindungen zwischen den Kommunikationspunkten, ruhige Verweilzonen,<br />
ausreichendes Parkplatzangebot und verbesserte Erreichbarkeit durch den Öffentlichen Personennahverkehr<br />
(ÖPNV) u.a. durch günstige und bequeme Umsteigemöglichkeiten in direkter<br />
Anbindung an die Zielpunkte und den Rhythmus des öffentlichen Lebens sollen das<br />
<strong>Stadt</strong>zentrum für Gäste und Bürger noch attraktiver machen Das <strong>Stadt</strong>zentrum soll durch<br />
städtebauliche und funktionelle Aufwertung weiter vitalisiert werden (siehe hierzu auch Punkt<br />
4.5).<br />
31 vgl.: Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.): Zahlen zu 30.09.08.<br />
32 vgl.: Zahlen der Statistischen Landesämter von Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen zum 30.09.08/ 30.06.08/<br />
30.09.08.<br />
33 Ebenda.<br />
52<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Beschäftigung - Bildung<br />
Die wichtigste Funktion, die <strong>Gera</strong> als Oberzentrum wahrnehmen muss, ist das umfassende,<br />
ausreichende und qualifizierte Angebot an Arbeitsplätzen. Strukturwandel und die Brüche<br />
in der Wirtschaftsentwicklung seit Ende des 20.Jh. haben hier zu deutlich veränderten<br />
Grundannahmen für Flächenbedarfe, Arbeitsstättendichte und der Art der wirtschaftenden<br />
Unternehmungen geführt. <strong>Gera</strong>de deshalb muss auch in den Zielstellungen der <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
der Anspruch des Oberzentrums als wirtschaftlicher Mittelpunkt und Impulsgeber<br />
der Region thematisiert werden. Arbeitsstättendichte und Arbeitsplatzangebote sind auch in<br />
<strong>Gera</strong> die wesentlichen Faktoren zur Erhaltung der zentralörtlichen Funktion gegenüber dem<br />
Umland und der eigenen Vitalität und Reproduktion. Als Basis für eine prosperierende wirtschaftliche<br />
Entwicklung einer Region sind Bildungs-, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen<br />
unumgänglich. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> liegt zentral in Mitteldeutschland, mitten in einer<br />
gut ausgebauten Hochschullandschaft mit <strong>Jena</strong>, Weimar, Halle, Leipzig und Zwickau in direkter<br />
Erreichbarkeit innerhalb einer Stunde. In <strong>Gera</strong> wird die gute regionale Ausstattung in<br />
diesem Segment durch die Berufsakademie Thüringen am Standort Tinzer Schloss sowie die<br />
private Fachhochschule Gesundheit abgerundet. Für weitere Ergänzungen der bestehenden<br />
oder zur Ansiedlung neuer höherer Bildungs- bzw. Wissenschaftseinrichtungen wurde im<br />
nördlichen <strong>Stadt</strong>zentrum zwischen Altstadt und dem Hauptbahnhof eine Sonderbaufläche<br />
vorgesehen. Entlang der „Bahnhofsachse“ sollen damit eine Vitalisierung des Zentrums und<br />
die Initiierung neuer sowie die Stützung vorhandener Komplementärfunktionen erreicht werden.<br />
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sollen zum Aufbau neuer wirtschaftlicher<br />
Grundstrukturen in <strong>Gera</strong> und der ganzen Region beitragen. Das Berufsbildungs- und Technologiezentrum<br />
der Handwerkskammer zu Ostthüringen in Kleinaga und das CJD-<br />
Bildungswerk in Leumnitz stellen Gunstfaktoren der ländlichen Räume im Norden und Osten<br />
des <strong>Stadt</strong>gebietes (siehe hierzu auch Punkt 5).<br />
Veranstaltungen<br />
Die regionale Wirkung eines Oberzentrums wird auch maßgeblich durch Kongress- und<br />
Ausstellungsfunktionen geprägt. In <strong>Gera</strong> steht dafür mit dem Kultur- und Kongresszentrum<br />
eine Einrichtung zur Verfügung, die bisher durch bautechnische und funktionelle Optimierungen<br />
an den Stand der Technik sowie der Anpassung des Betreiberkonzeptes an die Erfordernisse<br />
eines vorrangig regionalen, z.T. auch nationalen Marktes bestehen konnte. Die<br />
Aufgaben der Zukunft liegen im Bestandserhalt der Immobilie des Kultur- und Kongresszentrums<br />
sowie der Verteidigung seiner Marktpositionierung gegenüber den anderen Einrichtungen<br />
der <strong>Stadt</strong> und gegenüber Wettbewerbern in der unmittelbaren und erweiterten Region.<br />
Ziel ist, dass das Kultur- und Kongresszentrum als eine der wesentlichen oberzentralen Einrichtungen<br />
<strong>Gera</strong>s auch weiterhin der zentrale Anlaufpunkt für Kongresse, kulturelle Tourneeprogramme<br />
und Ausstellungen in Ostthüringen bleibt.<br />
Sport – Sportstätten - Hofwiesenpark<br />
Das Hofwiesengebiet ist der wichtigste Sportstandort der <strong>Stadt</strong> und der Region mit Stadion,<br />
Schwimmhalle sowie verschiedenen Sport- und Sporttrainingsanlagen. Im Bereich des Hofwiesenparks<br />
sind mit der Vierfeldersporthalle (Panndorfhalle) an der Neuen Straße, der Skate-Anlage,<br />
der Turnsporthalle sowie der sanierten Schwimmhalle funktional wie gestalterisch<br />
moderne Sportanlagen entstanden, die sich in das regional bedeutsame Erholungsgebiet<br />
„Elsterraum“ harmonisch und barrierefrei einfügen. Der Hofwiesenpark als Ergebnis der<br />
Bundesgartenschau 2007 hat regionale Ausstrahlungskraft für das Oberzentrum und muss in<br />
dieser Qualität planerisch und im Unterhaltskonzept gesichert werden. Wesentlich für den<br />
Erhalt dieses regionalen Alleinstellungsmerkmals ist, die erreichbare Leistungsfähigkeit<br />
der eingebetteten oder angrenzenden Sportanlagen im Sportentwicklungsplan (SEP) und der<br />
Betreibung der Sportstätten realistisch, d.h. im Einlang mit dem Konzept des Parks als<br />
30. September 2010 53
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Volkspark, einzuschätzen. Mit dem Hofwiesenpark wird die neue Qualität der „<strong>Stadt</strong> am<br />
Fluss" erlebbar.<br />
Das Bundesgartenschau-Areal „Hofwiesenpark“ wird entsprechend seiner dauerhaften Nutzung<br />
als Grünfläche der Zweckbestimmung „Park- und Grünanlage“ dargestellt, darin eingebettet<br />
die Signets für die Sportbauten und -anlagen.<br />
Zusammenarbeit in der Region <strong>Gera</strong><br />
Schlagwörter wie „GIobalisierung“ oder „Europa der Regionen“ kennzeichnen eine wirtschaftliche<br />
und gesellschaftspolitische Entwicklung, in der nur noch größere Einheiten im Kontext<br />
einer weiter abnehmenden Bevölkerung Erfolg haben werden. Darauf aufbauend verfolgt die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> eine Strategie der regionalen Einbindung von der <strong>Stadt</strong>-Umland-Ebene bis zur<br />
Metropolregion Mitteldeutschland (siehe hierzu auch Punkt 4.1, Leitlinien: <strong>Gera</strong> – der Partner<br />
in der Region und in Mitteldeutschland).<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> besitzt traditionell vielfältige Verflechtungen mit dem Umland, die in der Vergangenheit<br />
den städtischen Charakter und die <strong>Stadt</strong>struktur wesentlich ausgeprägt haben.<br />
Gemeinsame Wurzeln tragen dazu bei, bei neuen Entwicklungsaufgaben auf Bestehendes<br />
aufzubauen. <strong>Gera</strong> nutzte beispielsweise Möglichkeiten, die sich seit dem Jahre 2000 über<br />
die Kommunale Arbeitsgemeinschaften „Wismut“ (KAG „Wismut“) bei der Sanierung des<br />
ehemaligen Uranbergbaugebietes und im westlichen Umland der <strong>Stadt</strong> ab 2005 mit der KAG<br />
„Elstertal“ ergeben haben, um über eine Gastmitgliedschaft in beiden KAG den Informationsaustausch<br />
zu verstärken.<br />
Um die bisherige Arbeit weiter zu verbessern und verstärkt Synergien zu erzielen, waren<br />
aufbauend auf die bisher erzielten Ergebnisse bei der Zusammenarbeit neue inhaltliche Ziele<br />
zu definieren und organisatorische Regelungen zu treffen. Zu diesem Zweck wurde im Jahr<br />
2007 mit der Erarbeitung eines integrierten <strong>Stadt</strong>-Umland-Konzeptes unter Einschluss der<br />
Gemeinden aus der KAG „Wismut“ (erweitert um Schwaara, Brahmenau, Bethenhausen,<br />
Reichstädt, Hirschfeld und Pölzig), der KAG „Elstertal“ (erweitert um Hartmannsdorf und<br />
Caaschwitz), der VG „Heideland-Elstertal“ sowie der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> begonnen und 2008 vorgelegt.<br />
Das <strong>Stadt</strong>-Umland-Konzept soll als Grundlage für eine prozess- und maßnahmenorientierte<br />
Zusammenarbeit in der Region dienen. Hauptaufgaben dieses Konzeptes sollen die<br />
Zusammenführung bereits bestehender Entwicklungskonzepte sowie die Ableitung konkreter<br />
Maßnahmen und Projekte sein. Als Themen für eine Kooperation im <strong>Stadt</strong>-Umland-Raum<br />
<strong>Gera</strong> sind vorgesehen:<br />
Wirtschaft: gemeinsame Wirtschaftsförderung und gemeinsames Marketing für die Wirtschaftsentwicklung<br />
Daseinsvorsorge: mit den Bereichen technische und soziale Infrastrukturen<br />
Tourismus/ Landschaft und Regionalimage/ Regionalmarketing<br />
Zur Aufstellung und Koordinierung des <strong>Stadt</strong>-Umland-Konzeptes sowie als innerregionales<br />
Abstimmungsgremium wurde die Kommunale Arbeitsgemeinschaft „Region <strong>Gera</strong>“ (KAG<br />
„Region <strong>Gera</strong>“) gegründet. Mitglieder sind 48 Gemeinden und Städte im Umland sowie die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> mit insgesamt ca. 160.000 Einwohnern 34 . Als ein wichtiges Ziel wird eine enge<br />
institutionelle Zusammenarbeit gesehen. Deshalb schlägt der Abschlussbericht des <strong>Stadt</strong>-<br />
Umland-Konzeptes einen Zweckverband als effektive interkommunale Organisationsstruktur<br />
zwischen der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> und ihrem Umland zur erfolgreichen Umsetzung von Maßnahmen<br />
und Projekten vor. Dieser soll sich aus den Städten und Gemeinden der KAG „Region <strong>Gera</strong>“<br />
bilden und ist für den Beitritt weiterer Städte und Gemeinden über den ursprünglichen Wirkungskreis<br />
der KAG hinaus offen.<br />
34 vgl.: Kommunale Arbeitsgemeinschaft „Region <strong>Gera</strong>“ (Hrsg.): <strong>Stadt</strong>-Umland-Konzept Region <strong>Gera</strong>. <strong>Gera</strong>, 2008. S. 9.<br />
54<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Schon jetzt gibt es in einigen Bereichen erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit im<br />
<strong>Stadt</strong>-Umland-Raum. So entwickelt die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> seit 2001 zusammen mit den Gemeinden<br />
Korbußen, Großenstein, Löbichau, der <strong>Stadt</strong> Ronneburg sowie dem Landkreis Greiz einen<br />
ca. 300 ha großen Industriegroßstandort nördlich der BAB A 4. Ziel ist die Erschließung<br />
und Vermarktung hochwertiger, zusammenhängender Industrieflächen und damit die Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen.<br />
Der Sektor „Tourismus/ Freizeit“ soll durch die stärkere Verknüpfung von <strong>Stadt</strong>-, Bildungs-<br />
(z.B. in der Wismutregion) und Erholungstourismus (Verknüpfungsband „Weiße Elster“) weiter<br />
qualifiziert und zum Bestandteil einer umfassenden Entwicklungspolitik werden. Die gemeinsame<br />
Vorbereitung und Durchführung der BUGA 2007 durch die Städte <strong>Gera</strong> und Ronneburg<br />
sowie den Landkreis Greiz war ein erfolgreiches Beispiel zur Sicherung und nachhaltigen<br />
Vernetzung der Aktivitäten zur Aufwertung der Naherholungsbedingungen in der Region.<br />
Darauf aufbauend werden in der „Region <strong>Gera</strong>“ weitere und vertiefende Maßnahmen<br />
geplant und umgesetzt.<br />
Ausdruck des kooperativen Gedankens ist gleichfalls der weitere Ausbau der Zusammenarbeit<br />
auf dem Sektor der Kultur und der sozialen Infrastruktur. Beispielgebend hierfür steht<br />
das mit regionaler Bedeutung ausgestattete „Theater und Philharmonie Thüringen“ mit den<br />
Spielstätten <strong>Gera</strong> und Altenburg. Die Verbindung zwischen wichtigen Zentren der Region<br />
über solche Instrumente könnte vorbildlich für weitere Aktivitäten sein.<br />
Großräumige und strategische Partnerschaften<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> ist seit 2002 Mitglied in einer Städtekooperation mit <strong>Jena</strong> und Altenburg.<br />
Die Zusammenarbeit in der Thüringer Städtekette dient der stärkeren kooperativen Abstimmung<br />
und gemeinsamen Interessenvertretung der drei großen Städte in Ostthüringen nach<br />
außen und soll gemeinsame Projekte voranbringen. Als wichtige Handlungsfelder sind erkennbar:<br />
gemeinsames Lobbying, darunter insbesondere zur Verbesserung der Verkehrsverbindungen<br />
Ausbau des <strong>Stadt</strong>- und Regionalmarketings<br />
Stärkung der Wirtschaftsentwicklung, verknüpft mit Technologie- und Innovationsförderung<br />
Kooperation in den Bereichen Kultur, Freizeit und Sport<br />
gemeinsame Entwicklung touristischer Angebote<br />
Vernetzung über das Internet.<br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> ist zusammen mit den anderen Städten der Thüringer Städtekette seit Januar<br />
2010 Mitglied der Metropolregion Mitteldeutschland. Die Vertiefung der Mitarbeit und der<br />
weitere Ausbau der Beziehungen sind als für die Gesamtentwicklung <strong>Gera</strong>s herausragendes<br />
Ziel definiert. Damit wird <strong>Gera</strong> <strong>Teil</strong> einer europaweit wahrnehmbaren Wirtschaftsregion, die<br />
auf Bundes- und EU-Ebene an Bedeutung gewinnen wird. Dabei stellt insbesondere eine<br />
engere Kooperation mit Leipzig durch z.B. eine Verkürzung der Reise-/ Pendlerzeiten eine<br />
entscheidende Entwicklungschance für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> dar.<br />
Seit April 2008 ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Mitglied der Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland e.V..<br />
Über diese Mitgliedschaft ist die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> Partner eines Netzwerkes aus namhaften Partnern<br />
der Industrie und der Dienstleistungswirtschaft im Mitteldeutschland und ausgewählten<br />
großen Städten der Region, darunter Leipzig, Halle und <strong>Jena</strong>. Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> nutzt die Wirtschaftsinitiative<br />
für Mitteldeutschland als Kommunikations- und Marketingplattform im eigenen<br />
Interesse und für die Interessen der Unternehmen in der Region <strong>Gera</strong>. Ein Beispiel ist<br />
die Etablierung des Innovationspreises Ostthüringen zusammen mit den Kreisen und Städ-<br />
30. September 2010 55
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
ten Ostthüringens unter der Dachmarke IQ-Innovationspreis der Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland.<br />
Bundesgartenschau 2007 als Impuls für die regionale Entwicklung<br />
<strong>Gera</strong> war im Jahr 2007 gemeinsam mit Ronneburg Gastgeber einer Bundesgartenschau.<br />
Für <strong>Gera</strong>, Ronneburg und die Region auf Dauer bedeutsamer sind die raumordnerischen<br />
und städtebaulichen Aspekte, die Schaffung von Grün- und Freiräumen und das damit gewachsene<br />
öffentliche Bewusstsein, diese als gemeinsamen Wert der Region anzusehen und<br />
zu nutzen. Das dabei entstandene „Wir-Gefühl“ ist als Positivbeispiel ebenso wichtig, um<br />
weitere Ziele in der Region umzusetzen.<br />
Das bipolare Konzept Bundesgartenschau in <strong>Gera</strong> und Ronneburg mit zwei Kernbereichen<br />
in <strong>Gera</strong> und der Nachbarstadt Ronneburg, hat die für die Naherholung beider Städte und der<br />
Region <strong>Gera</strong> gleichermaßen wichtigen neuen Grünzüge dauerhaft miteinander verbunden.<br />
Mit der Bundesgartenschau wurden somit städtebauliche Ziele für das Oberzentrum und die<br />
Region erreicht und neue Chancen für den Ausbau der interkommunalen Vernetzung eröffnet.<br />
Diese sind im Flächennutzungsplan der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> für das <strong>Stadt</strong>gebiet mit den passfähigen<br />
Schnittstellen in die Region gesichert. Wichtigster Baustein ist die neue durchgängige<br />
Fuß- und Radwegeverbindung nach Ronneburg, die sowohl traditionelle Verflechtungen wieder<br />
herstellt, als auch neue Potentiale für Tourismus, Freizeit und regionale Identität erschließt.<br />
Umsetzungsperspektiven<br />
Die Einbindung <strong>Gera</strong>s in das Umland und die Region verlangt je nach Kooperationsgebiet<br />
und -thematik unterschiedliche Instrumente und Strategien.<br />
Die Flächennutzungsplanung zielt darauf ab, den Rahmen für die Einbindung <strong>Gera</strong>s in das<br />
<strong>Stadt</strong>umland und die Region zu setzen, ohne hierfür Flächendarstellungen vornehmen bzw.<br />
konkrete Maßnahmen benennen zu können. In der Planzeichnung des <strong>FNP</strong> der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
sind bis auf das Gemeinbedarfssignet des Gymnasiums, welches sich innerhalb der <strong>Gera</strong>er<br />
Gemarkung befinden, keine Darstellungen bezüglich der Kooperation <strong>Gera</strong>s mit dem Umland<br />
enthalten. Jedoch zeigen gerade die Darstellungen entlang der <strong>Stadt</strong>grenze <strong>Gera</strong>s das Wissen<br />
um die logischen Schnittstellen zur Verzahnung mit den Gegebenheiten im interkommunalen<br />
Bestand und mit den Planungen der Städte und Gemeinden der Region <strong>Gera</strong> auf. Das<br />
trifft insbesondere auf die Themen Grün- und Landschaftsraum, Arbeitsstätten, Verkehrsinfrastruktur<br />
und Freizeitangebote zu. Die Umsetzung dieser konzeptionellen Ansätze ist über<br />
Instrumente außerhalb der Flächennutzungsplanung, z.B. dem Regionalplan Ostthüringen,<br />
der <strong>Stadt</strong>-Umland-Konzeption, dem interkommunalen Abstimmungsgebot der Bauleitpläne<br />
und kommunalen Fachplanungen sowie in weiteren formellen und informellen Kooperationen<br />
der öffentlichen Körperschaften aber auch der privaten Träger und Bürger, zu regeln.<br />
4.5 Entwicklung des <strong>Stadt</strong>zentrums<br />
Aufgaben des Zentrums<br />
Das Zentrum der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> wirkt weit in die Region hinein und ist einer der Indikatoren ü-<br />
berregionaler Bekanntheit und Bedeutung. Es bietet prägnante städtebauliche Räume mit<br />
Großstadtqualität und Unverwechselbarkeit. Kern des Zentrums ist die Altstadt. Durch ihre<br />
historisch bedingte geringe Größe besitzt sie eingeschränkte, aber wesentliche Potentiale für<br />
die Funktionsfähigkeit und -qualität des Zentrums. <strong>Teil</strong>e des <strong>Stadt</strong>zentrums sind durch große<br />
Raumstrukturen nach Konzepten der 1960er und 80er Jahre mit maßstabsverändernden<br />
Wirkungen geprägt. Auf Grund dieser historisch gewachsenen strukturellen Inhomogenität ist<br />
deshalb eine hohe Qualität der Vernetzung zwischen den historischen Quartieren mittelalter-<br />
56<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
licher Prägung und den angrenzenden innerstädtischen Räumen von besonderer Bedeutung.<br />
Sowohl für die Rolle als Mitte der <strong>Stadt</strong> als auch des Oberzentrums hat das <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
einen hohen funktionellen, räumlichen, effizienten und gestalterischen Standard zu sichern.<br />
Für den Einzelnen soll es insbesondere ideal das Einkaufen ermöglichen, ein prägnantes,<br />
wieder erkennbares Bild besitzen, die Möglichkeiten für Kultur, Kunst und Geselligkeit bieten<br />
und hierzu animieren. Hohe Aufmerksamkeit wird also von allen gesellschaftlichen Akteuren<br />
in dieses zentralste Gebiet der <strong>Stadt</strong> gelenkt.<br />
Das <strong>Stadt</strong>zentrum von <strong>Gera</strong> umfasst stadträumlich die historische Altstadt und die daran<br />
angrenzenden Hauptfußgängerbereiche und <strong>Stadt</strong>quartiere.<br />
Städtebaulicher Planungsansatz<br />
Der Planungsansatz seit den 1990er Jahren bestand darin, notwendige funktionelle Zentrumserweiterungen<br />
vor allem westlich der Altstadt auf Rückbauflächen brach gefallener<br />
ehemals industrieller oder wohnbaulicher Nutzungen umzusetzen. Eine innenstadtgemäß<br />
wirksame Nutzungsdichte soll insgesamt aufrechterhalten bleiben. Trennwirkungen durch<br />
funktionsentleerte Räume oder Monofunktionen sollen vermieden werden.<br />
Eine stadtbildbezogene Harmonisierung aller Bereiche wird angestrebt. Der Altstadtcharakter<br />
soll hervortreten; brach gefallene Standorte oder Lücken sollen funktionell, räumlich und gestalterisch<br />
eingefügt wieder genutzt werden.<br />
Grundsatzbeschlüsse des <strong>Stadt</strong>rates, Aktivitäten privater Investoren, staatliche Förderung,<br />
öffentliche Wettbewerbe und Prioritätensetzung bei der mittelfristigen Investitionsplanung<br />
sowie der Status als Sanierungsgebiet und die Umsetzung der Sanierungsziele dienen der<br />
Sicherung dieser Entwicklungsziele.<br />
Im <strong>FNP</strong> werden bestimmte Quartiere des <strong>Stadt</strong>zentrums als Kerngebiet (MK) dargestellt.<br />
Herausgestellt wird hiermit ein Entwicklungsschwerpunkt, der auf die Sicherung der Zentralität<br />
der Innenstadt bezogen auf die Gesamtstadt und die Region gerichtet ist. Die Gebietsklassifizierung<br />
MK entspricht den bauplanungsrechtlichen Vorgaben nach der Baunutzungsverordnung<br />
(BauNVO) und bestimmt die besondere Art der baulichen Nutzung, insbesondere<br />
die Unterbringung von Handelsbetrieben, Geschäften, Gastronomie sowie der zentralen<br />
Einrichtungen der Verwaltung, der Kultur und Wirtschaft (§ 7 BauNVO). Im <strong>FNP</strong> wird<br />
die räumliche Abgrenzung des Kerngebietes in Verbindung mit den zu erfüllenden oberzentralen<br />
Aufgaben deutlich gemacht. Ein damit verbundenes Zurückdrängen der Wohnfunktion<br />
im <strong>Stadt</strong>zentrum wird nicht gesehen, da innerhalb der Zeithorizonte dieses <strong>FNP</strong> ein Nutzungsdruck<br />
aus den Gewerbe- und Dienstleistungsfunktionen auf bisherige Wohnstandorte<br />
nicht erkennbar ist. Vielmehr wird auf der Grundlage der Sanierungsziele im Sanierungsgebiet<br />
„<strong>Stadt</strong>zentrum“ das Wohnen im Zentrum ein wesentlicher Bestandteil des Nutzungsspektrums<br />
bleiben, während die typischerweise nur in Kerngebieten anzutreffenden Funktionen<br />
sich insbesondere an den innerstädtischen Hauptachsen Heinrichstraße – Sorge,<br />
Heinrichstraße – Kleine und Große Kirchstraße/ Markt, Schlossstrasse/ Puschkinplatz –<br />
Burgstraße und Amthorstraße weiter konzentrieren sollen.<br />
Die Abgrenzung des Kerngebietes ist deshalb restriktiv klein gewählt, um der im Planungshorizont<br />
absehbaren realen Wirtschaftskraft und den realen Funktionsdichten der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
zu entsprechen. Die räumliche Ausdehnung des Kerngebietes ist auf den heutigen Bedarf<br />
und die strukturellen Bedingungen ausgerichtet. So erfährt beispielsweise die Amthorstraße<br />
mit den angrenzenden Quartieren in der Klassifikation als Kerngebiet und der Funktion als<br />
innerstädtische Entwicklungsachse eine deutliche Aufwertung und Stabilität, insbesondere<br />
durch den 2008 begonnenen Ausbau zum zentralen Standort der Justiz und durch die Konzentration<br />
von Fachdiensten der öffentlichen Verwaltung seit 2008.<br />
Dem <strong>Stadt</strong>zentrum obliegt im Rahmen des Einzelhandels die Funktion des Versorgungsmittelpunktes<br />
der <strong>Stadt</strong> und Region mit einer möglichst breiten und tiefen Sortimentspalette.<br />
30. September 2010 57
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Hier kommt dem Kerngebiet die Aufgabe zu, diese Sortimente in entsprechender Quantität<br />
und Qualität durch Stabilisierung vorhandener Einzelhandelsstandorte bzw. Ansiedlung weiterer<br />
Handelsbetriebe anzubieten (siehe hierzu Punkte 4.6.2, 4.6.4 und 4.6.5).<br />
Seit dem Jahr 2000 besteht mit dem Beschluss zum Sanierungsgebiet „<strong>Stadt</strong>zentrum“ 35<br />
ein formelles Steuerungsinstrument zur Vitalisierung der innerstädtischen Flächen. Die <strong>Stadt</strong><br />
sieht ihre Handlungsschwerpunkte dabei in der Entwicklung der öffentlichen Räume und<br />
Standorte entlang der Entwicklungsachsen und Plätze, die für das Zentrum und das <strong>Stadt</strong>bild<br />
von Bedeutung sind (Achsen-Platz-Gerüst). Damit sollen weiterhin enge Verflechtungen und<br />
Synergieeffekte bei der Sanierung und Investitionstätigkeit privater und öffentlicher Baubestände<br />
bzw. Lagen gefördert sowie die Interventionsräume und die angrenzenden Sanierungsgebiete<br />
mit dem Zentrum vernetzt 36 werden, insbesondere die angrenzenden Sanierungsgebiete<br />
(siehe Abb. 18 und Abb. 19). Wesentlich sind dabei auch die wohnungsgeprägten<br />
und sonstigen Quartiere der Altstadt. Der Abschnitt obere Sorge – Steinweg - Kirchstraße<br />
soll im Sinne einer Flanierzone wieder belebt werden. Dieser Prozess wurde 2006 mit<br />
dem öffentlichen Wettbewerb zur künftigen städtebaulichen Entwicklung des Steinwegs eingeleitet.<br />
Abb. 18: Entwicklungsachsen im <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
35 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Beschluss 47/00 des <strong>Stadt</strong>rates vom 15.06.2000 und 10.07.2003.<br />
36 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Beschluss 242/2003 vom 19.02.2004 und 18.01.2007.<br />
58<br />
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<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Ziele der <strong>Stadt</strong>zentrumsentwicklung<br />
Mit Rückkopplung auf die Flächennutzungsplanung gehen die Ziele der <strong>Stadt</strong>zentrumsentwicklung<br />
konform mit den Sanierungszielen der Sanierungssatzung „<strong>Stadt</strong>zentrum“ und<br />
können nach Schwerpunkten geordnet wie folgt beschrieben werden 37 :<br />
1. Entwicklung öffentlicher Räume<br />
Die öffentlichen Räume sollen in Dimension, Maßstäblichkeit und Aufenthaltsqualität den<br />
oberzentralen Funktionen dienen sowie Altes harmonisch mit Neuem verbinden. Besonders<br />
die innerstädtischen Hauptachsen sollen dauerhaft mit hoher Qualität erhalten bzw. noch<br />
fehlende Bausteine in hohem Gestaltungsniveau und Ausstattung ergänzt werden. Gleiches<br />
trifft auf die Hauptplätze im Zentrum zu (siehe Abb. 18). Hinsichtlich des Neugestaltungsbedarfs<br />
hat der Museumsplatz Priorität.<br />
An brach gefallenen Standorten müssen entlang der zentrumsbildenden Achsen möglichst<br />
viele publikumswirksame Funktionen mit Wiedererkennungseffekt implantiert werden. Dazu<br />
gehören nicht nur Gastronomie und Handel. So soll die Vitalität der Quartiere wieder hergestellt<br />
und das historisch gewachsene Achsennetz nach Westen, Norden (Marktpassage/<br />
Sorge/ Amthorpassage) und nach Osten (Große Kirchstraße/ Steinweg) qualifiziert und gesichert<br />
werden. Außerdem ist das Marktgebiet an die Zielbeziehungen der zentralen Einrichtungen<br />
südlich des <strong>Stadt</strong>zentrums anzubinden (BfA, Factory). Schließlich muss die Vernetzung<br />
zum Grünzug „Geschwister-Scholl-Straße/ Plauensche Straße“ gesichert werden. Die<br />
Fußgängerzonen bzw. öffentlichen Bereiche sollen konzentriert der Innenstadtentwicklung<br />
dienen und ganzjährig im öffentlichen Interesse benutzbar sein. Insbesondere die obere<br />
Sorge, der Zschochernplatz, der Steinweg, der Bereich um die, die <strong>Stadt</strong>krone bestimmende<br />
Salvatorkirche und die Große Kirchstraße sollen in der Einheit von öffentlichem Raum und<br />
angrenzender Funktion und Vitalität der Standorte und Gebäude dem hohen Anspruch an<br />
die Nutzung wieder deutlicher genügen.<br />
Interessanten Raumfolgen der Altstadt rund um die Fußgänger-Einkaufsstraßen „Sorge“<br />
und „Schloßstraße“ stehen im westlichen Zentrum, gemessen am menschlichen Maßstab,<br />
teils überdimensionierte Räume mit mangelnder Nutzungsintensität aus den Epochen des<br />
industriellen Bauens gegenüber. Der Wirksamkeit des <strong>Stadt</strong>bildes ist hinsichtlich zu erwartender<br />
baulicher und sonstiger Ergänzungen höchste Aufmerksamkeit zu widmen. Altstadtsilhouette<br />
und <strong>Stadt</strong>krone sollen in den öffentlichen Raum dominant einwirken.<br />
Eingebettet in das Zentrumsgefüge sind die beiden wesentlichen <strong>Stadt</strong>plätze „Marktplatz“<br />
und „Museumsplatz“. Letzterer ist nicht nur durch neue Raumproportionierung und Gestaltung<br />
sondern auch durch die bauliche und funktionelle Verdichtung seines Umfeldes zu endgültig<br />
stabiler stadträumlicher Qualität zu führen. Insbesondere sind eine neue nördliche<br />
Platzwand und Funktionen eines dahinter liegenden Baukörpers so zu definieren, dass sie<br />
zum inhaltlichen Anspruch des kulturell-merkantilen Umfeldes passfähig sind. Dieses verbindet<br />
sich mit <strong>Stadt</strong>erlebnis, Urbanität und Identifikation im <strong>Stadt</strong>zentrum. Die Freiraumnutzungen<br />
in diesem Areal sind als Alleinstellungsmerkmal der heutigen <strong>Stadt</strong> zu entwickeln, mit<br />
hoher Aufenthaltsqualität und Anziehungskraft, urbanen Eventcharakter eingeschlossen.<br />
2. Sicherung der Qualität der Verkehrssituation<br />
Zur guten Erreichbarkeit des Zentrums und der damit verbundenen Anziehungskraft für<br />
Besucher aus <strong>Stadt</strong>randlagen und der Region sollen die Qualität des „Öffentlichen Personen-<br />
Nahverkehrs“ (ÖPNV) gesichert, das Radwegenetz ausgebaut und Parkplatzdefizite<br />
abgebaut werden.<br />
37 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: <strong>Stadt</strong>ratsbeschlüsse: 47/00 vom 15.06.2000, 10.07.2003 (Sanierungssatzung S/07/00 „<strong>Stadt</strong>zentrum“);<br />
242/03 vom 19.02.2004, 18.01.2007 (Entwicklungskonzept Innenstadt <strong>Gera</strong>); 708/01 vom 25.04.2002 (Rahmenplan<br />
zur Gestaltung des öffentlichen Raumes Innenstadt <strong>Gera</strong>).<br />
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<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Seit den 1990er Jahren wird ein Netz öffentlicher und privater Parkkapazitäten sowohl ringförmig<br />
um das Zentrum als auch in dessen Mitte geschaffen. Für die Erreichbarkeit wichtiger<br />
oberzentraler Objekte steht seit 2007 außerdem der P+R-Parkplatz Parkstraße zur Verfügung.<br />
2006 erfolgte die Inbetriebnahme der <strong>Stadt</strong>bahnlinie 1 sowie die Fertigstellung von<br />
zwei Verknüpfungsstellen zwischen ÖPNV, Deutsche Bahn und Regionalverkehr, so dass für<br />
den Bereich und die Nutzung des Zentrums eine hohe verkehrsbezogene Funktionalität besteht.<br />
Im Ergebnis dieser Maßnahmen wird eingeschätzt, dass eine Verkehrsberuhigung im eigentlichen<br />
Altstadtkern stattfindet und eine günstige Erreichbarkeit aus der Perspektive<br />
des Fußgängers vom Zentrumsrand aus gegeben ist.<br />
Die auszubauende Fußgängerfreundlichkeit der <strong>Stadt</strong> ist eng verbunden mit der guten<br />
Erreichbarkeit der oberzentralen Einrichtungen und den Hauptverknüpfungspunkten zum<br />
ÖPNV-Netz in der Heinrichstraße und am Hauptbahnhof.<br />
Durch die Wiederbelebung der traditionellen Straßenbahnverbindung Zwötzen - Untermhaus<br />
als <strong>Stadt</strong>bahnlinie 1 wird die Zentrumsqualität durch verbesserte Einbeziehung der Einwohnerpotentiale<br />
im Süden und Nordwesten der <strong>Stadt</strong> gestärkt.<br />
Zur umgebauten ÖPNV-Zentralhaltestelle Heinrichstraße von 1998 kommen seit 2007 die<br />
Verknüpfungspunkte Hauptbahnhof und <strong>Gera</strong> Süd hinzu, die eine direkte Verbindung mit<br />
den Netzen des regionalen und überregionalen Eisenbahn- und Busverkehrs sichern. Damit<br />
ist die Erreichbarkeit des Zentrums deutlich verbessert worden. Der Bündelungseffekt der<br />
Verlegung der B2/B7 (Westtangente Gebrüder-Häußler-Straße) an den Bahndamm sichert<br />
querungsärmere und effektivere Fußgänger-/ Radfahrerverkehre. Weitere Qualitäten sollen<br />
durch Barrierefreiheit und Verbesserung der Querungsattraktivität erreicht werden, die generell<br />
bei künftigen Planungen zu berücksichtigen sind.<br />
3. Aufrechterhaltung der Funktionsvielfalt und der Wohnfunktion<br />
Als Oberzentrum braucht <strong>Gera</strong> eine tragfähige Qualität und Entwicklung des Einzelhandels<br />
sowie die Stabilisierung des Wohnens im Zentrum gleichermaßen. Beides sind neben<br />
der kulturellen und administrativen Nutzung die wesentlichen Elemente der angestrebten<br />
Funktionsvielfalt im Hauptzentrum der <strong>Stadt</strong>.<br />
Damit <strong>Gera</strong> als attraktives und im Städtevergleich konkurrenzfähiges Oberzentrum erhalten<br />
und ausgebaut werden kann, müssen vorhandene Defizite behoben werden. Derzeit steht<br />
eine im Vergleich zu andern deutschen Großstädten überdurchschnittliche Verkaufsfläche je<br />
Einwohner in Zentrumslagen zur Verfügung. Dennoch besteht bezüglich Branchenstruktur,<br />
Angebotsdarstellung und -größe, Konkurrenzfähigkeit gegenüber externen Standorten sowie<br />
Einbindung in den städtebaulichen Kontext Qualifizierungsbedarf.<br />
Mit dem Bau mehrerer Einkaufszentren und Kaufhäuser wurde seit Mitte der 1990er Jahre<br />
der mittelfristig prägende Schritt für die Zentrumserweiterung und Einzelhandelsstruktur<br />
durchgeführt. Die Haupteinkaufsbereiche des <strong>Stadt</strong>zentrums („City“) konzentrieren sich<br />
gegenwärtig entlang der Hauptachsen Sorge – Heinrichstraße, Markt/Große und Kleine<br />
Kirchstraße und Schlossstraße (siehe Abb. 23). Zielstellung ist, diese Bereiche stabil zu halten<br />
und vorhandene Defizite in den Bereichen der oberen Sorge, des Steinwegs und in der<br />
Großen Kirchstraße gezielt durch Steuerung, im Sinne von Angebot und Nachfrage, zu beheben.<br />
Geschäftslagen für größere Einzelhandelsbetriebe sind gegenwärtig mit den vorhandenen<br />
Standorten der Einkaufszentren entlang der Hauptachse Heinrichstraße – Sorge definiert<br />
(siehe Abb. 25). Entwicklungsoptionen für weitere Ansiedlungen größerer Einzelhandelsbetriebe<br />
in der City bestehen am Standort des ehemaligen Herti Kaufhauses. Aus gesamtstädtischer<br />
Sicht stellt dieser Standort einen Entwicklungsschwerpunkt mit hoher Priorität<br />
dar. Auf Grund der baustrukturellen Gegebenheiten der historischen Altstadt wird die Einzelhandelsentwicklung<br />
in diesen Geschäftslagen hauptsächlich durch die Stabilisierung bzw.<br />
Ansiedlung von kleineren Handelsbetrieben in den Erdgeschosszonen erfolgen. Die Nach-<br />
60<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
frage von bedeutenden Einzelhandelsbetrieben ist besonders in das Areal Große Kirchstraße/Markt<br />
zu lenken, u. a. um Synergieeffekte hinsichtlich Attraktivität und Lebendigkeit über<br />
den Steinweg bis zum Zschochernplatz zu erzeugen.<br />
Den wesentlichen Konterpart zum Einzelhandel übernimmt im <strong>Gera</strong>er <strong>Stadt</strong>zentrum traditionell<br />
das Wohnen. Neben der städtischen Zielstellung zur Stärkung des Wohnens durch<br />
Bevölkerungsbindung und Zuzugsgewinne, bei Erhöhung von Wohnqualität und Wohnzufriedenheit<br />
im Mietwohnungsbau, bestehen weitere Entwicklungsaufgaben im Bereich des<br />
selbst genutzten individuellen privaten Wohneigentums auch im <strong>Stadt</strong>zentrum. Dies wird<br />
unterstützt und befördert im Rahmen des Förderprogramms „<strong>Stadt</strong>umbau Ost“ und den förder-<br />
und steuerrechtlichen Instrumenten durch den Status eines Sanierungsgebietes. Ziel ist<br />
die Stabilisierung des innerstädtischen Wohnens mit einer möglichst breit angelegten Eigentümerstruktur<br />
und Wohnformkultur. Neben für Zentren typischen Singlehaushalten soll die<br />
<strong>Stadt</strong> als ideale Qualität für familienorientiertes Wohnen wieder entdeckt und gefördert werden.<br />
Hohe Bedeutung beim Wohnen wird zukünftig die Zielgruppe der Senioren haben, unter<br />
Beachtung besonderer Anforderungen an Standortbedingungen, an Barrierefreiheit und an<br />
altersspezifischen Dienstleistungen. Damit steht vielen Bereichen des <strong>Stadt</strong>zentrums eine<br />
Renaissance des Wohnens hinsichtlich Funktionalität und Milieu bevor. Eine konfliktarme<br />
Vernetzung aller Quartiere und Funktionen im Spannungsfeld zwischen Privatheit und Öffentlichkeit<br />
muss dabei gewahrt werden. Daher ist die präzise Grundordnung der Flächennutzung<br />
Vorraussetzung für den Umsetzungserfolg. Über Rahmenpläne und Blockkonzepte<br />
werden jeweils spezifische, den individuellen Standort-Potentialen Rechnung tragende Lösungen<br />
erarbeitet.<br />
Im Rahmen künftiger Umstrukturierung oder Neuerschließung von Standorten mit oberzentralen<br />
Einrichtungen stellen der Erhalt und der Ausbau höherrangiger Schulen, Kulturstätten<br />
oder Objekte der öffentlichen Verwaltung prioritäre Ziele dar. Damit steht eine weitere<br />
Zahl sanierungs - bzw. entwicklungsbedürftiger Quartiere oder Standorte im Fokus von Investitionen.<br />
Die Stärkung des bildungs- und familienbezogenen Sektors sichert dabei auch<br />
die Lebendigkeit im <strong>Stadt</strong>bild des Zentrums.<br />
4. Frei- und Grünraumstruktur im Zentrum<br />
Frei- und Grünflächenstruktur sowie Erholungsangebote sind traditionell vorhanden bzw. in<br />
den letzten Jahren neu geschaffen worden. <strong>Gera</strong> ist eine <strong>Stadt</strong> im Grünen. Vom <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
sind der Hofwiesenpark und die weiteren Naherholungsräume in wenigen Gehminuten<br />
erreichbar. Das Zentrum hat attraktive Grün- und <strong>Stadt</strong>plätze mit hoher Aufenthaltsqualität.<br />
Drei existierende fingerartige Grünverbindungen bilden das Grundgerüst und den Ansatz<br />
für daran anzuknüpfende Grünvernetzungen sowie für Erhalt, Rückgewinnung und Aufwertung<br />
stabiler Grünstrukturen im <strong>Stadt</strong>zentrum und der Innenstadt. Dieses Grundgerüst entwickelt<br />
sich:<br />
von Südwesten über Park der Jugend - Vogelinsel,<br />
von Nordwesten über Küchengarten, Platz der Demokratie und Gustav-Hennig-Platz sowie<br />
von Süden über den Grünzug zwischen Geschwister-Scholl-Straße und Plauensche Straße.<br />
Grünverbindungen, Straßenbegrünung und <strong>Stadt</strong>plätze als Netz sollen weiterhin höchstem<br />
Anspruch an <strong>Stadt</strong>bildwirksamkeit und Funktionalität (Attraktivität, Erholungsfunktion,<br />
<strong>Stadt</strong>ökologie) genügen. Das Grundgerüst des Grünnetzes im Zentrum wird vom im Elstergrünzug<br />
eingebetteten Hofwiesenpark sowie dem Ufer- Elster-Park „gespeist“.<br />
Leitziel ist die Ausbildung eines vernetzten und differenziert strukturierten Frei- und Grünraumsystems<br />
mit Orientierungswirksamkeit und Identifikationswert. Verstärkt ausgebildet<br />
werden müssen die linearen Begrünungen entlang wichtiger Erschließungsachsen und<br />
30. September 2010 61
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
als Boulevards, Promenaden und Erholungsanlagen gestaltet werden. Hierzu zählen insbesondere<br />
Ziegelberg-<strong>Stadt</strong>graben, Clara-Zetkin-Straße, Amthorstraße. Die Parke bzw. parkartigen<br />
Anlagen sind zu erhalten und den heutigen Ansprüchen an Heterogenität und Multifunktionalität<br />
entsprechend gestalterisch aufzuwerten, insbesondere Platz der Demokratie<br />
und Gustav-Hennig-Platz.<br />
Die Frei- und Grünflächen privater Eigentümer, die im unmittelbaren Wohnumfeld liegen,<br />
müssen den vielfältigen Freizeit- und Erholungsbedürfnissen der Bewohner weiter angepasst<br />
werden.<br />
5. <strong>Stadt</strong>bildpflege<br />
Zu einem attraktiveren <strong>Stadt</strong>zentrum sollen stärker <strong>Stadt</strong>gestaltungsmittel der einander bedingenden<br />
und ergänzenden <strong>Stadt</strong>bild- und Denkmalpflege beitragen. Die Typik und Spezifik<br />
des <strong>Stadt</strong>bildes im historischen und erweiterten <strong>Stadt</strong>zentrum sind als unwiederbringliche<br />
Identifikationsmomente zu sichern, gegebenenfalls wiederherzustellen und durch moderne<br />
Auffassungen zu ergänzen. Das <strong>Stadt</strong>bild der historischen Altstadt ist als Denkmalensemble<br />
unter Schutz gestellt und verlangt aus diesem Grund auch einen besonderen Umgang<br />
im Rahmen von Sanierung, Neugestaltung und Ergänzung. Das positive Image der<br />
Altstadt ist sowohl für die Identifikation der gesamten Bürgerschaft wie auch der Besucher<br />
von Bedeutung. <strong>Stadt</strong>marketingkonzepte bauen wesentlich auf diesen Aspekten auf. Die von<br />
den Hängen und hohen Gebäuden einsehbare <strong>Stadt</strong>silhouette mit ihren Türmen ist dauerhaft<br />
zu schützten. Der noch historisch geprägte Altstadtkern innerhalb des historischen <strong>Stadt</strong>mauerzuges<br />
soll aus seiner Tradition heraus auch weiterhin „grünarm“ bleiben. Punktuelle<br />
Begrünungen haben die Aufgabe dessen Eigenart zu unterstreichen und zu akzentuieren.<br />
Historische Einzelelemente sollen auch bei Umstrukturierungsmaßnahmen beachtet werden.<br />
Moderne Architektur soll sich in den städtebaulichen Kontext, in Maßstäblichkeit, raumadäquate<br />
Tektonik und Wiedererkennungswert einpassen, eigene Akzente setzen und so zur<br />
Bereicherung des Gesamtbildes beitragen. Neben der historischen Altstadt, Sorge und<br />
Zschochern sowie Leipziger Straße ist dieser Ansatz insbesondere in den Fußgängerzonen,<br />
den zum Zentrum orientierten gründerzeitlichen Verknüpfungsknoten, um den Mohrenplatz in<br />
Untermhaus und für raumgestaltende Bauwerke am Markt/ Kornmarkt, Museums-, Bahnhofs-<br />
und Gustav-Hennig-Platz maßgebend. Architekturlösungen mit hohem Anspruch sind<br />
bei Neuinvestitionen im Zentrum grundsätzlich stadtgestalterisches Ziel und Bedingung.<br />
Die innerstädtischen Raumachsen bilden das wichtigste Element im Orientierungssystem<br />
und sind für das <strong>Stadt</strong>bild von höchstem Wert (siehe Abb. 18). Ihre Gestaltung nach einem<br />
durchgängigen Raumentwurf und unter Betonung ihrer jeweiligen Eigenart ist eine wesentliche<br />
Aufgabe der <strong>Stadt</strong>gestaltung. Gebautes Beispiel stellt die Neugestaltung der Entwicklungsachse<br />
Johannisplatz – Schlossstrasse bis Theaterplatz – Mohrenplatz dar, die im Ergebnis<br />
öffentlicher und privater Investitionen in ihrer Gesamtheit 2006 fertig gestellt wurde.<br />
Neugestaltungsbedarf im öffentlichen Raum wird nach diesem Vorbild und entsprechend den<br />
Sanierungszielen neben den <strong>Stadt</strong>plätzen Museumsplatz, Zschochernplatz und Gustav-<br />
Hennig-Platz insbesondere für die Clara- Zetkin-Straße und Amthorstraße gesehen.<br />
Historisch wertvolle Grünstrukturen wie die gründerzeitlichen Vorgärten und Villengärten<br />
sind zu erhalten bzw. wiederherzustellen und zu gestalten. Neben der Clara-Zetkin-Straße<br />
und Zabelstraße ist die Erhaltung/Wiederherstellung stadtbildprägender Vorgärten unter anderem<br />
auch in der Neuen Straße und Ernst-Toller-Straße von Bedeutung.<br />
Wiederentdeckung oder assoziative Wiederbelebung verloren geglaubter oder vergessener<br />
<strong>Stadt</strong>bildqualitäten sollen für das Geschichtsbewusstsein und heutige Lebensqualität wieder<br />
Ansatzpunkte für eine moderne <strong>Stadt</strong>gestaltung sein, wie z. B.: der Mühlgraben, Reste<br />
der alten Wallanlagen, Alleen, <strong>Stadt</strong>gärten. Ein realisiertes Beispiel ist das Sichtbarmachen<br />
der ursprünglichen Anordnung der Kirchenfenster der nicht mehr im <strong>Stadt</strong>bild vorhandenen<br />
ältesten <strong>Stadt</strong>kirche auf dem Johannisplatz.<br />
62<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Der Mühlgraben soll im Anklang an seine frühere Funktion als Lebensader der <strong>Gera</strong>er Industrie<br />
wieder die Nahtstelle zwischen Flussebene und erster Flussterrasse als Gestaltungselement<br />
markieren.<br />
Sanierungsgebiete Innenstadt<br />
<strong>Gera</strong> hat seit den 1990er Jahren insgesamt fünf innerstädtische Sanierungsgebiete nach<br />
§ 142 BauGB förmlich festgesetzt. Mit der Anwendung des besonderen Städtebaurechts<br />
nach § 136 ff BauGB wird die gezielte Entwicklung und Steuerung im Satzungsgebiet auf der<br />
Grundlage der Sanierungsziele durchgeführt und mit dem Einsatz öffentlicher Mittel gefördert.<br />
Das Sanierungsgebiet „<strong>Stadt</strong>zentrum“ wird östlich und nordwestlich durch vier Sanierungsgebiete<br />
flankiert. Hieraus resultierende Synergieeffekte haben bisher zu einer deutlichen<br />
Steigerung der Sanierungsergebnisse geführt.<br />
Abb. 19: Übersicht Sanierungsgebiete<br />
Die Ausweisung als Sanierungsgebiet dient der Behebung städtebaulicher Missstände<br />
nach Baugesetzbuch. Die Ziele und Maßnahmen in den Sanierungsgebieten sind vielfältig<br />
und differenziert. Sie reichen von der Beseitigung städtebaulicher Missstände und fehlender<br />
bzw. unzureichender Infrastruktur im privaten und öffentlichen Bereich im Sanierungsgebiet<br />
„Alt-Untermhaus“ 38 über die Wandlung von Brachen der historisch gewachsenen Großindustrie<br />
in einen Standort mit Schwerpunkt im Freizeit- und Sportbereich und der Funktion als<br />
Bindeglied zwischen dem <strong>Stadt</strong>zentrum und dem Hofwiesenpark im Sanierungsgebiet „Parkstraße“,<br />
39 die Stabilisierung des Wohnens und der Erhalt der Gründerzeitstrukturen im Sanierungsgebiet<br />
„Ostviertel/ südliche Innenstadt“ 40 bis zu umfangreichen Ordnungs- und Bau-<br />
38<br />
vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Sanierungsgebiet „Alt-Untermhaus“ - Beschluss 258-30/92 vom 4. Juni 1992 und 9. Juli 1998.<br />
39 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Sanierungsgebiet „Parkstraße“ – Beschluss 214/92 vom 5.03.1992 und 30.08.2002.<br />
40 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Sanierungsgebiet „Ostviertel/südliche Innenstadt“ – Beschluss 164/93 vom 29.07.1993 und 37/2008<br />
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<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
maßnahmen sowie Maßnahmen der Infrastruktur (im Rahmen der BUGA <strong>Gera</strong> und Ronneburg<br />
2007) im Sanierungsgebiet „Elsteraue-Hofwiesen“. 41 In den oben aufgeführten Sanierungsgebieten<br />
sind bereits <strong>Teil</strong>e auf Grund durchgeführter Sanierung aus dem Sanierungsgebiet<br />
herausgelöst worden. Die Sanierung in den Sanierungsgebieten ist jedoch noch nicht<br />
vollständig abgeschlossen, so dass mittelfristig der Sanierungsgebietsstatus erhalten bleiben<br />
wird.<br />
Der Schwerpunkt gegenwärtiger und künftiger Aktivitäten und Initiativen liegt im Sanierungsgebiet<br />
„<strong>Stadt</strong>zentrum“. 42 Auf Grund der zu erfüllenden oberzentralen und zentralen<br />
Aufgaben, als Impulsgeber und Imageträger sowie zur Behebung noch vorhandener Funktionsdefizite<br />
in öffentlichen und privaten Bereichen im Zentrum der <strong>Stadt</strong>, entsprechend der<br />
Sanierungszielstellung, ist vom Fortbestehen des Sanierungsgebietsstatus in den nächsten<br />
Jahren auszugehen.<br />
4.6 Zentrenkonzept<br />
4.6.1 Grundsätze und Ziele<br />
Entsprechend dem Thüringer Landesentwicklungsplan 2004 wurde die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> als Oberzentrum<br />
eingestuft. Oberzentren sollen über hochwertige spezialisierte Einrichtungen mit<br />
überregionaler Bedeutung sowie umfassende Angebote an Gütern und Leistungen des spezialisierten<br />
Bedarfs verfügen. Für die Einzelhandelsentwicklung sind ableitend die Ansiedlung,<br />
Erweiterung und die wesentliche Änderung von großflächigen Einzelhandelsansiedlungen<br />
(im Sinne des § 11 Abs. 1 bis 3 BauNVO) zulässig.<br />
Die Absicherung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Verbrauchsgütern des täglichen<br />
Bedarfs ist als wesentlichste Aufgabe nach der Absicherung der Grundbedürfnisse Wohnen<br />
und Arbeiten zu sehen. Die Ausgestaltung der oberzentralen Versorgung im <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
und in den städtebaulich integrierten <strong>Stadt</strong>teilzentren geht jedoch über das Einkaufen weit<br />
hinaus, so sollen an diesen städtebaulich integrierten Bereichen Treffpunkte der Bürger entstehen,<br />
welche neben Dienstleistungs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen auch gesellschaftlicher<br />
Mittelpunkt sind.<br />
Die Erhaltung und Entwicklung der <strong>Stadt</strong>teilzentren ist ein wichtiges Planungsziel, welches<br />
insbesondere für die langfristige Siedlungsentwicklung von wesentlicher Bedeutung ist (siehe<br />
hierzu auch Punkt 4.2). Wesentliche Voraussetzung für ein lebendiges <strong>Stadt</strong>teilzentrum<br />
bleibt jedoch die Ausstattung mit Einzelhandelseinrichtungen und Dienstleistungen.<br />
Die Discounterangebote bilden zunehmend Schwerpunkte des Nahversorgung. Diese Billiganbieter<br />
suchen konsequent kostengünstige Standorte, welche vorwiegend mit dem PKW<br />
zu erreichen sind und dies auch an peripheren und wohngebietsfernen Standorten. Es ist<br />
zukünftig mit einer weiterhin zunehmende Filialisierung und Spezialisierung der Betriebe<br />
im Bereich des Handels auszugehen. Bestehende Nahversorgungseinrichtungen in städtebaulich<br />
integrierten Lagen werden zunehmend durch die Konkurrenz der Discounter an verkehrsgünstigen<br />
Standorten gefährdet. Insbesondere nicht mobile Bevölkerungsgruppen sind<br />
jedoch auf eine Versorgung auf kurzem Wege in der Nähe ihrer Wohnung angewiesen.<br />
Für die Nachhaltigkeit von getätigten und zukünftigen Investitionen der in <strong>Gera</strong> lebenden<br />
Handelstreibenden, Hauseigentümer und die Investitionen der öffentlichen Hand ist die Zusammenführung<br />
von Kundenströmen bzw. Nutzungsintensität in den <strong>Stadt</strong>teilzentren von<br />
wesentlicher Bedeutung, um die nötigen Mieteinnahmen bzw. Investitionsrenditen abzusichern.<br />
Dies gilt insbesondere an Standorten, welche durch negative Lagefaktoren im Konkurrenzkampf<br />
auf einem durch den Bevölkerungsrückgang stark konkurrierenden Wohnungsmarkt,<br />
bestehen müssen.<br />
vom 28.04.2008.<br />
41 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Sanierungsgebiet „Elsteraue-Hofwiesen“ S/06/98 – Beschluss 237/00 vom14,12.2000.<br />
42 vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Sanierungsgebiet „<strong>Stadt</strong>zentrum“ S/07/00 – Beschluss 47/00 vom 15.06.2000 und 10 07.2003.<br />
64<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> verfügt über ein „Zentrenkonzept für den Einzelhandel“ aus dem Jahr<br />
2003, welches wichtige Nahversorgungsschwerpunkte definiert. Wesentliche Inhalte dieses<br />
Gutachtens bilden die Grundlage für die im Flächennutzungsplan aufgezeigten Ziele der<br />
Zentrenentwicklung. Vorraussetzung für die Steuerung des Einzelhandels nach den Vorgaben<br />
des Baugesetzbuches bzw. den Zielen der Landesplanung bildet die Unterscheidung<br />
zwischen den verschiedenen Warengruppen/ Sortimenten in zentrenrelevante und nicht<br />
zentrenrelevante Sortimente. Für die <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> werden folgende Sortimente den jeweiligen<br />
Kategorien zugeordnet:<br />
Zentrenrelevante Sortimente<br />
Nahrungs- und Genussmittel<br />
Drogeriewaren (Parfümeriewaren und Kosmetika),<br />
Apotheken<br />
Blumen, zoologischer Bedarf<br />
Oberbekleidung, Kürschnerwaren, sonstige<br />
Textilwaren, Wolle u. ä.<br />
Schuhe, Leder- und Galanteriewaren<br />
Sportbekleidung, Sportschuhe, Sportgeräte<br />
Haushaltswaren<br />
Unterhaltungselektronik<br />
optische und feinmechanische Geräte, Fotowaren<br />
Papier- und Schreibwaren<br />
Bücher, Spielwaren<br />
Uhren, Schmuck, Silberwaren<br />
Musikalien und Tonträger.<br />
Nicht zentrenrelevante Sortimente<br />
Möbel, Kücheneinrichtungen, Büromöbel, inkl.<br />
ergänzende Sortimente wie Teppiche, Heimtextilien<br />
Elektrogroßgeräte (weiße Ware einschließlich Zubehör)<br />
Beleuchtungskörper, Elektroinstallationsbedarf<br />
Baustoffe, Bauelemente, Dämmstoffe, Sanitärartikel<br />
(Keramik, Stahl, Installation), Badeinrichtungen, -<br />
ausstattung, Fliesen<br />
Werkzeuge, Maschinen und Zubehör (elektrisch<br />
/ nicht elektrisch), Eisenwaren<br />
Holz, Holzmaterialien, Fenster, Türen, Platten,<br />
Kork, Korkplatten, Farben, Lacke, Malereibedarf,<br />
Tapeten, Gardinen und Zubehör, Rollläden,<br />
Rollos, Gitter<br />
Pflanzen (einschl. Hydrokultur), Pflege- und<br />
Düngemittel, Torf, Erde, Pflanzgefäße (inkl. Vasen)<br />
Gartenmöbel, -werkzeuge, -maschinen, -häuser,<br />
Zäune, Gewächshäuser, Naturhölzer, Campingartikel<br />
Kraftfahrzeuge, Landmaschinen u. -zubehör<br />
Fahrräder u. -zubehör<br />
Kohle, Mineralölerzeugnisse.<br />
Abb. 20: Sortimentsliste <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong><br />
Für die Planung der Zentrenentwicklung im Rahmen des Flächennutzungsplanes wurden in<br />
Anlehnung an die 6. Leitlinie unter Punkt 4.1: „<strong>Gera</strong> – die kompakte und grüne <strong>Stadt</strong>“ folgende<br />
Ziele zugrunde gelegt:<br />
Das <strong>Stadt</strong>zentrum ist als attraktiver oberzentraler Anziehungspunkt zu erhalten und auszubauen.<br />
Investitionen zur Einzelhandelsentwicklung sollen vorrangig auf das <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
konzentriert werden 43 .<br />
Auf der Grundlage bestehender und zukünftiger Planungen soll auf den Fortbestand und<br />
die Neuentstehung von städtebaulich integrierten und bedarfsgerechten Versorgungslagen<br />
hingewirkt werden, um eine wohnortnahe und fußläufige Erreichbarkeit abzusichern. 44<br />
43<br />
vgl.: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>: Beschluss 203/2003 des <strong>Stadt</strong>rates vom 22.04.2004.<br />
44 Ebenda.<br />
30. September 2010 65
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Die Absicherung einer bedarfsgerechten Versorgung ist nicht nur als quantitatives Ziel zu<br />
definieren, vielmehr ist auch weiterhin eine Konkurrenzsituation der Einzelhandelsanbieter<br />
durch Neuansiedlungen zu unterstützen, um ein möglichst vielschichtiges, zeitgemäßes<br />
Warenangebot in <strong>Gera</strong> bereitzuhalten. Entsprechend soll neben dem quantitativen Aspekt<br />
die qualitative Aufwertung des Einzelhandels vorangetrieben werden. Die jeweiligen städtebaulichen<br />
Auswirkungen sind unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung<br />
und des Ziels einer fußläufigen Erreichbarkeit für den Einzelfall zu beachten, um bestehende<br />
und geplante <strong>Stadt</strong>teilzentren nicht zu gefährden.<br />
Großflächige Ansiedlungen außerhalb des <strong>Stadt</strong>zentrums sind nur bei Zentrenverträglichkeit<br />
bzw. städtebaulicher Verträglichkeit und unter Beachtung der gesamtstädtischen<br />
Zentrenkonzeption möglich.<br />
Die Siedlungsentwicklung in <strong>Gera</strong> orientiert sich an den jeweiligen Siedlungskernen der<br />
Ortslagen bzw. den historischen <strong>Stadt</strong>teilzentren. Ziel ist eine verkehrsminimierende Zuordnung<br />
der Funktionen „Wohnen“, „Arbeiten“, „Einkaufen“ und „Erholen/ Freizeit“ („<strong>Stadt</strong><br />
der kurzen Wege“).<br />
Marktgebiet des <strong>Gera</strong>er Einzelhandels<br />
Für das Marktgebiet der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> wird im wesentlichen von drei Zonen ausgegangen (siehe<br />
nachstehende Abb. 21 und Abb. 22).<br />
Zone I<br />
Zone II<br />
Zone III<br />
Abb. 21: Marktgebiete des <strong>Gera</strong>er Einzelhandels<br />
66<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Einwohnerverteilung im Marktgebiet <strong>Gera</strong> entsprechend Abb. 21 45<br />
Zonen<br />
Einwohner<br />
Zone I - <strong>Stadt</strong>gebiet <strong>Gera</strong> ca. 105.700<br />
Zone II - <strong>Teil</strong>e der Landkreise Greiz, Saale-Holzland und Burgenland ca. 41.000<br />
Zone III - <strong>Teil</strong>e der Landkreise Altenburger Land, Greiz, Saale-<br />
Holzland, Saale-Orla und Burgenland<br />
ca. 173.000<br />
Gesamtes Marktgebiet ca. 319.700<br />
Abb. 22: Einwohnerverteilung im Marktgebiet des <strong>Gera</strong>er Einzelhandels 2007<br />
Die Bindung der Kaufkraft im Marktbereich des Oberzentrums ist mit 89 bis 90 % als überdurchschnittlich<br />
einzustufen. Leistungsfähige Oberzentren erreichen eine Bindungsquote<br />
zwischen 85 und 90 %.<br />
Seit 1991 hat sich der Einzelhandelsbestand (von ca. 87.000 m² Gesamtverkaufsfläche) in<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> dynamisch entwickelt. Bis 2001 wurde ein Verkaufsflächenzuwachs von ca.<br />
145.000 m² errechnet. 2003 wurde im Vergleich zu 2001 ein leichter Rückgang sowohl bei<br />
der Anzahl der Betriebe als auch in der Verkaufsflächenanzahl festgestellt. Zwischen 2007<br />
und 2008 wurde etwa doppelt so viel Verkaufsfläche aufgegeben wie neue Fläche hinzugekommen<br />
ist.<br />
Unter Berücksichtigung der Verkaufsflächenprognose bis 2010 und der zwischenzeitlich realisierten<br />
Standorte ist von keinem wesentlichen rechnerischen Zusatzbedarf an Verkaufsflächen<br />
für den Planungshorizont des Flächennutzungsplanes auszugehen. Als wesentliche<br />
Planungsaufgabe für Neuansiedlungen von größeren Einzelhandelseinrichtungen ist neben<br />
der Absicherung der qualitativen Versorgung der Bevölkerung eine möglichst fußläufige Erreichbarkeit<br />
von <strong>Stadt</strong>teilzentren für die Mehrzahl der <strong>Stadt</strong>teilbewohner zu sehen.<br />
4.6.2 <strong>Stadt</strong>zentrum und <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
<strong>Stadt</strong>zentrum<br />
Das <strong>Stadt</strong>zentrum (siehe hierzu auch Punkt 4.5) soll mit sämtlichen oberzentralen Funktionen<br />
ausgestattet sein und Versorgungsmittelpunkt für 300.000 – 400.000 Einwohner sein.<br />
Für den Einzelhandel sollen alle Branchen mit einer möglichst breiten und tiefen Sortimentspalette<br />
vertreten sein. In der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> übernimmt das <strong>Stadt</strong>zentrum diese Funktion. Die<br />
stadtzentralen Bereiche, welche neben Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung und des<br />
Einzelhandels weitere wesentliche oberzentrale Einrichtungen beherbergen, sind im<br />
Hauptplan des Flächennutzungsplanes als Kerngebiet dargestellt.<br />
Für die Haupteinkaufsbereiche („City“) des <strong>Stadt</strong>zentrums wurden durch die Gesellschaft<br />
für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) entsprechend dem quantitativen und<br />
qualitativen Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz 1a-Lagen und 1b-Lagen bestimmt<br />
(siehe hierzu auch Abb. 23). Diese befinden sich entlang des Einkaufszentrums „<strong>Gera</strong><br />
Arcaden“, der südwestlichen Hälfte der Sorge und teilweise in deren Verlängerung in der<br />
Bachgasse. Die Sorge oberhalb der Humboldstraße ist lediglich noch als 1b-Lage definiert<br />
worden.<br />
45 Quelle: <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>, Eigenberechnungen 2007.<br />
30. September 2010 67
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Puschkinplatz<br />
Gustav-Hennig-<br />
Platz<br />
ehem.<br />
Hertie-Kaufhaus<br />
<strong>Stadt</strong>museum<br />
Zschochernplatz<br />
Hochhaus<br />
v. 1929<br />
Müller-<br />
Kaufhaus<br />
Amthor-<br />
Passage<br />
Salvatorkirche<br />
<strong>Gera</strong> Arkaden<br />
Elster Forum<br />
Johannisplatz mit<br />
Regierungsgebäude<br />
hist. Marktplatz<br />
u. Rathaus<br />
Kornmarkt<br />
Haupt-„Flaniermeile“<br />
Neben-„Flaniermeile“<br />
hist./städtebauliches Merkzeichen<br />
Einkaufszentrum<br />
Einkaufszentrum leer stehend<br />
1b-Handelslage<br />
1a-Handelslage<br />
Ausbau Handelslage<br />
vorgesehen<br />
Abb. 23: Einkaufslagen im <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
Neben der städtebaulichen Zielstellung einer City, die die Besucher und Bürger zum<br />
Flanieren durch eine baulich und historisch attraktive <strong>Stadt</strong> einlädt, sollen auch die<br />
Geschäftslagen entlang der historisch interessanten Wege zum Marktplatz (und Rathaus)<br />
entlang der Großen Kirchstraße bis zum Fuße der Salvatorkirche ausgebaut werden. Ziel ist<br />
hierbei, die Nachfrage von bedeutenden Einzelhandelseinrichtungen in diese Bereiche zu<br />
lenken. Gemeinsam mit der Sorge soll die Große Kirchstraße dazu beitragen, die<br />
Lebendigkeit auch der <strong>Teil</strong>bereiche zwischen Zschochernplatz und Johannisplatz zu<br />
erhöhen, nicht zuletzt um die Verweildauer der Besucher in <strong>Gera</strong> zu verlängern und die<br />
Auslastung der gastronomischen Einrichtungen und Handelsbetriebe zu stabilisieren.<br />
68<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
<strong>Stadt</strong>teilzentren mit Nahversorgungsfunktion<br />
Die <strong>Stadt</strong>teilzentren haben neben der Versorgungsfunktion der Bevölkerung des <strong>Stadt</strong>teils<br />
mit Waren des kurzfristigen bzw. täglichen Bedarfs (z.B. Lebensmittel oder Drogeriewaren im<br />
unteren bis mittleren Preissegment) weitere kulturelle, soziale und auch funktionelle Bedeutung.<br />
In den Darstellungen der Zentren wurden auf der Grundlage einer Auswertung der<br />
Gewerbemeldedatei die bestehenden Schwerpunkte des Einzelhandels in Verbindung mit<br />
ergänzenden Dienstleistungsbetrieben in der Abgrenzung der <strong>Stadt</strong>teilzentren berücksichtigt.<br />
Weitere Kriterien welche ein <strong>Stadt</strong>teilzentrum definieren bzw. stabilisieren können sind nahe<br />
liegende soziale Einrichtungen, eine gute verkehrliche Anbindung (insbesondere die Nähe zu<br />
bestehenden oder geplanten Straßenbahnlinien), eine erhaltenswerte historische Bausubstanz<br />
und geeignete bzw. bestehende öffentliche Räume mit Aufenthaltsqualitäten für die<br />
<strong>Stadt</strong>teilbewohner. Hauptaufgabe der <strong>Stadt</strong>teilzentren bleibt jedoch die Grundversorgung mit<br />
Waren des täglichen Bedarfs auch für Bevölkerungsgruppen mit eingeschränkter Mobilität<br />
(z.B. ohne PKW). Die Abgrenzung der fußläufigen Einzugsbereiche der <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
orientiert sich an einer durchschnittlichen Entfernung von ca. 10 Gehminuten (max. 600m<br />
unter Berücksichtigung der topografischen und sonstigen Barrieren des <strong>Stadt</strong>raums welche<br />
zur Reduzierung des Einzugsbereiches führen, siehe hierzu auch Abb. 24).<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentren mit bestehenden Ergänzungsstandorten<br />
In den abgegrenzten <strong>Stadt</strong>teilzentren Zeitzer Straße (Langenberg), Wiesestraße<br />
(Debschwitz), Friedrich-Naumann-Platz (Untermhaus) und Wintergarten (Wintergarten)<br />
befinden sich keine größeren Lebensmittelbetriebe, welche als Magnetbetriebe für die umliegenden<br />
Händler und Dienstleistungsanbieter eine Erhöhung der Kundenfrequenz mit sich<br />
bringen würden. Es befinden sich Lebensmittelbetriebe (Discounter > 700 qm Verkaufsfläche)<br />
in direkter Nähe (ca. 5 Gehminuten) zu den <strong>Stadt</strong>teilzentren und sichern eine befriedigende<br />
bis gute Grundversorgung für den <strong>Stadt</strong>teil. Aufgrund ihrer autokundenorientierten<br />
Funktionsstruktur und fußläufigen dezentralen Lagen eignen diese sich jedoch nur eingeschränkt<br />
als fußläufig wirksame Magnetbetriebe. Um die <strong>Stadt</strong>teilzentren und die dort vertretenen<br />
Gebäudeeigentümer und Gewerbetreibenden im Erhalt ihrer Existenzgrundlage zu<br />
unterstützen sollen weitere Ansiedlungen von Betrieben des täglichen Bedarfs außerhalb der<br />
abgegrenzten <strong>Stadt</strong>teilzentren nicht mehr als Planungsziel verfolgt werden.<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentren mit zukünftigem Anpassungsbedarf<br />
Zentren mit Anpassungs- bzw. Reduzierungsbedarf sind die Standorte Bieblach Center und<br />
Marktkauf. Diese Standorte sind zukünftig stärker der Versorgung ihres direkten fußläufigen<br />
Bevölkerungseinzugsbereichs anzupassen. Aufgrund der großflächigen Angebotsbreite bzw.<br />
Sortimentstiefe werden durch diese Standorte Bevölkerungsgruppen aus anderen <strong>Stadt</strong>teilen<br />
abgezogen welches zu Nachfrageverlusten bei den Betreibern der kleinen Ladeneinheiten in<br />
nahe gelegenen bzw. städtebaulich eingebundenen <strong>Stadt</strong>teilzentren. Diese Einnahmeverluste<br />
führen in der Folge zu Renditeverlusten der Gebäudeeigentümer und zur Gefährdung der<br />
Gebäudeinstandhaltung. Für <strong>Stadt</strong>teilzentren mit Anpassungsbedarf soll bei potentiellen<br />
Nachnutzungen der Geschäftslagen der Schwerpunkt auf nicht zentrenrelevante Sortimente<br />
gelegt werden, insoweit eine gute Ausstattung mit Waren des täglichen Bedarfs fortbesteht.<br />
30. September 2010 69
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Fußläufige Erreichbarkeit (< 10 min.) der <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
städtebauliche <strong>Stadt</strong>teilzentren mit Nahversorgungsfunktion<br />
fußläufiger Einzugsbereich (max. 600 m/<br />
< 10 min abzüglich topografischer bzw.<br />
sonstiger Erreichbarkeitshemmnisse )<br />
topografischer bzw. sonstige Erreichbarkeitshemmnisse<br />
bestehende, städtebaulich nicht integrierte<br />
Lebensmittelbetriebe mit Versorgungsfunktion<br />
Abb. 24: Fußläufige Erreichbarkeit der <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
70<br />
30. September 2010
GROSSAGA<br />
HERMSDORF<br />
LESSEN<br />
KLEINAGA<br />
STEINBR CKEN<br />
REICHENBACH<br />
SELIGENST˜DT<br />
WERNSDORF<br />
ROBEN<br />
CRETZSCHWITZ<br />
LAUENHAIN<br />
RUSITZ<br />
S LLMNITZ<br />
WACHHOLDERBAUM<br />
NEGIS<br />
HAIN<br />
1<br />
LANGENBERG<br />
STUBLACH<br />
DORNA<br />
R PSEN<br />
ROSCH TZ<br />
A4<br />
1<br />
THIESCHITZ<br />
MILBITZ<br />
TINZ<br />
2<br />
BIEBLACH-OST<br />
A4<br />
BIEBLACH<br />
RUBITZ<br />
2<br />
4<br />
3<br />
TREBNITZ<br />
LAASEN<br />
UNTERMHAUS<br />
5<br />
6<br />
OSTVIERTEL<br />
FRANKENTHAL<br />
ZENTRUM<br />
7<br />
LEUMNITZ<br />
ERNSEE<br />
SCHEUBENGROBSDORF<br />
8<br />
STERN<br />
NAULITZ<br />
9<br />
10<br />
12<br />
THR˜NITZ<br />
ZSCHIPPERN<br />
WINDISCHENBERNSDORF<br />
PFORTEN<br />
COLLIS<br />
LANGEN-<br />
GROBSDORF<br />
DEBSCHWITZ<br />
11<br />
3<br />
ZW TZEN<br />
KAIMBERG<br />
D RRENEBERSDORF<br />
ZEULSDORF<br />
4<br />
LUSAN-NORD<br />
13<br />
14<br />
16<br />
PORIS-<br />
WEISSIG<br />
LUSAN-S D<br />
15<br />
TAUBENPRESKELN<br />
LENGEFELD<br />
OBERR PPISCH<br />
LIETZSCH<br />
GORLITZSCH<br />
LIEBSCHWITZ<br />
UNTERR PPISCH<br />
SCHAFPRESKELN<br />
OTTICHA<br />
NIEBRA<br />
METER<br />
0 500 1000<br />
bersicht 2 - Zentrenkonzept/Einzelhandel<br />
Gro fl chiger Einzelhandel Bestand<br />
<strong>Stadt</strong>zentrum<br />
KLEINFALKE<br />
Gro fl chiger Einzelhandel Planung<br />
15<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
1<br />
siehe Punkt 4.6.4<br />
(siehe Detaildarstellungen, Punkt 4.6.2)<br />
GROSSFALKA<br />
in rechtskr ftigen Planverfahren nach BauGB<br />
in laufenden Planverfahren nach BauGB<br />
Stand: 30.09.2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
1<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Zeitzer Straße“, Langenberg<br />
kleinteiliger Branchenmix in Erdgeschosszonen.<br />
Discounter außerhalb der historischen<br />
Mitte ca. 5-10 Gehminuten entfernt.<br />
gemischte Baufläche<br />
Stabilisierung der städtebaulichen Mitte<br />
durch Nutzung der leerstehenden Erdgeschosszonen.<br />
Ausbau des Warenangebotes<br />
des täglichen Bedarfs soll entlang der<br />
Zeitzer Straße erfolgen. Der bestehende<br />
Discounter sichert als Ergänzungsstandort<br />
des Zentrums die Grundversorgung.<br />
2<br />
Bezeichnung:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Heidecksburgstr.“,<br />
Bieblach<br />
Hauptbetriebe: leerstehender ehem. C-Markt<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>: Sondergebiet Einzelhandel, gemischte<br />
Baufläche<br />
Entwicklungsziel: Neubau bzw. Nachnutzung des Bestandes<br />
durch Lebensmittelbetreiber, Entwicklungsfläche<br />
SO zur Thüringer Str. als Erweiterungsmöglichkeit,<br />
Stabilisierung Fußgängerachse.<br />
3<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Bieblach-Center“,<br />
Bieblach<br />
Einkaufzentrum „Kaufland“, Baumarkt<br />
Sondergebiet Einzelhandel<br />
Die Nachnutzung bzw. eine Erweiterung<br />
des Bestandes mit zentrenrelevanten Sortimenten<br />
mit negativer Wirkung auf das<br />
<strong>Stadt</strong>zentrum soll vermieden werden.<br />
4<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „J.-R.-Becher-Straße“,<br />
Bieblach<br />
Vollsortimenter/ Supermarkt (südlich), Discounter<br />
(nördlich)<br />
Sondergebiet Einzelhandel<br />
Bestandserhalt der Versorgungsqualität und<br />
Aufwertung des öffentlichen Raumes.<br />
30. September 2010 71
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
5<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Dornaer Dreieck“<br />
Vollsortimenter/ Supermarkt , Discounter<br />
Sondergebiet Einzelhandel<br />
Stärkere Orientierung des Warenangebotes<br />
an Sortimenten des täglichen Bedarfs. Mittelfristige<br />
Reduzierung der langfristigen, zentrenrelevanten<br />
Warenangebote zum Schutz<br />
des <strong>Stadt</strong>zentrums.<br />
6<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Friedrich-Naumann-<br />
Platz“, Untermhaus<br />
kleinteiliger Branchenmix aller Hauptwarengruppen<br />
gemischte Baufläche<br />
Stärkung der Warengruppen des täglichen<br />
Bedarfs durch Nutzung und Erweiterung des<br />
bestehenden Gebäudebestandes bzw. der<br />
Flächenreserven. Der bestehende Discounter<br />
(„Am Kupferhammer“) sichert als Ergänzungsstandort<br />
des Zentrums die Grundversorgung.<br />
7<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Altenburger Straße“,<br />
Ostviertel<br />
kleinteiliger Branchenmix verschiedener Warengruppen<br />
gemischte Baufläche<br />
Stärkung der Nutzungen der Erdgeschosszonen<br />
der historischen Bausubstanz u.a. durch<br />
Erweiterung des Warenangebotes des täglichen<br />
Bedarfs. Eine Ansiedlung größerer<br />
Handelsbetriebe ist nicht vorgesehen, um<br />
teilweise bestehende Versorgungsdefizite<br />
(insbesondere täglicher Bedarf) im <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
zu vermeiden (z.B. ehem. Hertie-<br />
Gebäude, Bereich Zschochernstraße)<br />
8<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Greizer Straße“,<br />
Ostviertel<br />
Branchenmix aller Hauptwarengruppen<br />
gemischte Baufläche<br />
Stärkung der Nutzungen der Erdgeschosszonen.<br />
Eine Ansiedlung eines größeren Lebensmittelbetriebes<br />
ist aufgrund des bestehenden<br />
Versorgungsdefizits für die Bewohner<br />
(ca. 2100 Personen) des östlich gelegenen<br />
<strong>Stadt</strong>bereiches (in Verbindung mit der teilweise<br />
beschwerlichen topografischen Lage)<br />
als erforderlich zu sehen. Auswirkungen auf<br />
potentielle Standorte wie z.B. ehem. Hertie-<br />
Gebäude, Bereich Zschochernstraße sind jedoch<br />
zu berücksichtigen<br />
72<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
9<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Reichsstraße“,<br />
Südviertel<br />
Vollsortimenter/ Supermarkt<br />
Sondergebiet Einzelhandel, gemischte Baufläche<br />
Entwicklung und Stärkung der Wohnfunktion im<br />
Nahbereich des <strong>Stadt</strong>teilzentrums ist vorgesehen.<br />
Die Stärkung der Nutzungen der Erdgeschosszonen<br />
mit insbesondere Warengruppen<br />
des täglichen Bedarfs in der Ch.-Schmidt-Str. ist<br />
für den Bestandserhalt der hist. Gebäude von<br />
wesentlicher Bedeutung. Aufwertung des öffentlichen<br />
Raumes.<br />
10<br />
Fußläufige Erreichbarkeit (< 10 min.) der <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
Bezeichnung: <strong>Stadt</strong>teilzentrum „Wiesestraße“, Debschwitz<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
kleinteiliger Branchenmix in Erdgeschosszonen<br />
gemischte Baufläche<br />
Nutzung bestehender Brachflächen zur Ansiedlung<br />
von Lebensmittelbetrieben zur Erhöhung<br />
der Kundenfrequenz für bestehende Erdgeschossnutzungen<br />
der historischen Bebauung<br />
(z.B. Standort ehem. Bäckerei). Stabilisierung<br />
und Ausbau der Erdgeschossnutzungen. Aufwertung<br />
des öffentlichen Raumes.<br />
11<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Marktkauf“, Debschwitz<br />
Einkaufszentrum mit allen Warengruppen<br />
Sondergebiet Einzelhandel<br />
Die Nachnutzung bzw. eine Erweiterung des<br />
Bestandes mit zentrenrelevanten Sortimenten<br />
mit negativer Wirkung auf das <strong>Stadt</strong>zentrum<br />
soll vermieden werden. Zur Vermeidung negativer<br />
Auswirkungen auf andere <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
soll die Verkaufsfläche an Waren des täglichen<br />
Bedarfs der Versorgung des direkten<br />
fußläufigen Bevölkerungseinzugsbereichs angepasst<br />
werden.<br />
12<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Wintergarten“,<br />
Wintergarten<br />
kleinteiliger Branchenmix in Erdgeschosszonen<br />
gemischte Baufläche<br />
Nutzung bestehender Brachflächen (ehem.<br />
Wintergarten und „Metallverwertung“) zur Ansiedlung<br />
von Lebensmittelbetrieben zur Erhöhung<br />
der Kundenfrequenz für bestehende Erdgeschossnutzungen<br />
der historischen Bebauung.<br />
Stabilisierung und Ausbau der Erdgeschossnutzungen.<br />
Aufwertung des öffentlichen<br />
Raums.<br />
30. September 2010 73
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Anmerkung zu <strong>Stadt</strong>teilzentrum 12: Nutzungsänderungen der südlich gelegenen bestehenden<br />
Einzelhandelsbetriebe im Sondergebiet großflächiger Einzelhandel, Bereich Braustraße<br />
sollen zukünftig unter Beachtung der Zielstellungen für das <strong>Stadt</strong>zentrum bzw. <strong>Stadt</strong>teilzentrum<br />
Wintergarten erfolgen.<br />
13<br />
Bezeichnung:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Lusan-Zentrum“ , Lusan<br />
Hauptbetriebe: Einkaufzentrum „Kaufland“, Vollsortimenter<br />
„REWE“, Discounter „Lidl“<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>: Sondergebiet Einzelhandel u. gemischte Bau<br />
fläche<br />
Entwicklungsziel: Gestaltung des städtebaulichen Umfeldes,<br />
Ausbau der bestehender ÖPNV-Haltestellen<br />
und der fußläufigen Querungsmöglichkeiten.<br />
Erweiterung des Angebotes durch Ansiedlung<br />
weiterer Betriebe zur Stärkung der städtebaulichen<br />
Achse.<br />
14<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Platanenstraße“, Lusan<br />
Lebensmittelmarkt<br />
gemischte Baufläche<br />
Sanierung des bestehenden Lebensmittelmarktes<br />
bzw. Ersatzbau zur Sicherung der Nachhaltigkeit<br />
der erheblichen Fördermittelaufwandes<br />
im umgebenden Wohnungsbestand und Wohnumfeld<br />
dringend erforderlich . Stabilisierung der<br />
Ladengeschäfte in den Erdgeschossnutzungen.<br />
Aufwertung des öffentlichen Raums.<br />
15<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „Brüte“, Lusan<br />
Discounter<br />
Sondergebiet Einzelhandel<br />
Die bestehenden Betriebe sind trotz der Zielstellung<br />
des weiteren Wohnungsrückbaus im<br />
<strong>Stadt</strong>umbaugebiet möglichst zu erhalten.<br />
Schwerpunkt von Nachnutzungen sollen Warensortimente<br />
des täglichen Bedarfs sein.<br />
16<br />
Bezeichnung:<br />
Hauptbetriebe:<br />
Darstellung <strong>FNP</strong>:<br />
Entwicklungsziel:<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentrum „August-Bebel-Straße“,<br />
Zwötzen<br />
Supermarkt, Getränkemarkt<br />
gemischte Baufläche, Sondergebiet Einzelhandel<br />
Auf der Fläche des ehemaligen Schulstandortes<br />
ist ein Ersatzbau für den bestehenden Supermarkt<br />
geplant. Dieser soll städtebaulich am bestehenden<br />
Anger orientiert werden. Die historische<br />
Gebäudesubstanz und der öffentliche<br />
Raum sollen zum sozialen und funktionellen<br />
Mittelpunkt für die <strong>Stadt</strong>teilbewohner entwickelt<br />
werden.<br />
74<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4.6.3 Bestehende großflächige Einzelhandelseinrichtungen<br />
Bestehende großflächige Einzelhandelsstandorte in der <strong>Gera</strong>er City<br />
Das <strong>Stadt</strong>zentrum versorgt neben den Bewohnern des <strong>Stadt</strong>teils und der Gesamtstadt auch<br />
die Einwohner der Region mit Dienstleistungen und Handelsangeboten in vielfältiger Weise.<br />
Durch eine möglichst dichte und fußläufig erreichbare räumliche Anordnung dieser oberzentralen<br />
Leistungsangebote soll ein lebendiges und leistungsfähiges Zentrum erhalten werden.<br />
Um auch im Bereich des Einzelhandels den vorgenannten Anforderungen dauerhaft<br />
gerecht zu werden, ist der Besatz mit zeitgemäßen Einkaufsstätten notwendig, um die Attraktivität<br />
als Oberzentrum zu erhalten. Im Bereich der Haupteinkaufsstraßen (City) des<br />
<strong>Stadt</strong>zentrums befindet sich der Schwerpunkt des großflächigen Einzelhandels aller Warengruppen<br />
der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong>.<br />
Stat. Bezirk Adresse Bezeichnung/ Warengruppen Verkaufsfläche in m²<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Heinrichstraße 30 <strong>Gera</strong>-Arcaden/ alle Warengruppen 23.800<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Museumsplatz 2<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Sorge 9<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Schlossstraße 12<br />
Elster Forum/ alle Warengruppen, nur Bereich<br />
„Lebensmittel“ stark eingeschränkt<br />
Amthorpassage/ alle Warengruppen, nur Bereich<br />
„Lebensmittel“ stark eingeschränkt<br />
Kaufhaus Müller/ Drogeriewaren, Spielsachen u.<br />
Musikmedien<br />
12.700<br />
6.100<br />
4.000<br />
Konsum Weimar (SML)/ Textilien 1.000<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Sorge 7 Thalia/ Buch- und Schreibwaren 800<br />
Verkaufsfläche großflächiger Einzelhandelsbetriebe – City <strong>Gera</strong> 42.300<br />
sonstige nicht großflächige Betriebe - City <strong>Gera</strong> (ca. 100 Betriebe) ca. 10.000<br />
bestehende Verkaufsfläche - City <strong>Gera</strong> ca. 52.300<br />
Abb. 25: bestehende großflächige Einzelhandelsbetriebe City <strong>Gera</strong><br />
Insbesondere größere Solitärbauten des Einzelhandels wie die „<strong>Gera</strong> Arcaden“ mit ihren<br />
Besatz an bekannten Filialisten sind in der Beliebtheit der Kunden wesentliche Magneten für<br />
die oberzentrale Leistungsfähigkeit. Auf Grund ihres nach innen gerichteten Funktionsaufbaus<br />
und ihrer erheblichen Gebäudeausdehnung sind sie jedoch für die Betreiber der inhabergeführten<br />
Ladengeschäfte und Gebäudeeigentümer der historischen, kleinteiligen Bausubstanz<br />
eine starke Konkurrenz. Entsprechend ist ein wesentliches Ziel, die nicht großflächigen<br />
Betriebe in den Erdgeschossbereichen in besonderer Weise bei der weiteren Ansiedlung<br />
von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen zu beachten. Insbesondere sind hierbei<br />
entstehenden Kundenströme so zu lenken, dass kleinerer Handelsbetriebe in historischen<br />
Lagen an diesen teilhaben. Der weitere Ausbau der Handelslagen des Steinweges, der Großen<br />
Kirchstraße und des Marktes sind hierbei wesentliche Faktoren der Entwicklung (siehe<br />
Abb. 23).<br />
Bestehende großflächige Einzelhandelsstandorte außerhalb der City bzw. der <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
Bestehende großflächige Einzelhandelseinrichtungen außerhalb des <strong>Stadt</strong>zentrums (City)<br />
bzw. der <strong>Stadt</strong>teilzentren mit einem erheblichen Warenanteil an zentrenrelevanten Sortimenten<br />
(z.B. Elektroartikel oder Lebensmittel) sollen bei Nichtfortführung des Betriebs keine<br />
Nachnutzung erfahren, insoweit ihre Unschädlichkeit gegenüber den bestehenden oder geplanten<br />
<strong>Stadt</strong>teilzentren nicht nachgewiesen ist.<br />
30. September 2010 75
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Im Flächennutzungsplan sind folgende Bestandsflächen als Sondergebiete „Großflächiger<br />
Einzelhandel“ dargestellt:<br />
Stat. Bezirk Straße Bezeichnung/ Hauptwarengruppe Verkaufsfläche in m²<br />
Langenberg Langenberger Str. 21<br />
Lidl u. diverse Shops/ Lebensmittel<br />
(zentrenrelevant)<br />
Bieblach-Tinz Siemensstraße 33 Rieger/ Möbel 28.000<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Straße des Bergmanns Lidl/ Lebensmittel (zentrenrelevant) 1.200<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Theaterstraße 70 Toom/ Bau- u. Gartenartikel 6.600<br />
Untermhaus Untermhäuser Straße 102 Fiedlers Garten-Center/ Gartenartikel 5.000<br />
1.000<br />
Trebnitz<br />
An der Beerenweinschänke 2<br />
Globus (zentrenrelevant)<br />
u. Gartenfachmarkt / alle Warengruppen<br />
6.800<br />
4.700<br />
<strong>Gera</strong>-Ost Naulitzer Straße 49 Akroform/ Möbel 4.700<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Elsterdamm Bahrmarkt/ Bau- u. Gartenartikel 8.500<br />
Debschwitz<br />
Wintergarten/<br />
Pforten<br />
Fröbelstraße 15g<br />
Braustraße<br />
Norma u. sonstige Anbieter/ Lebensmittel<br />
(zentrenrelevant)<br />
„MediMax“/ Elektroartikel, Aldi/ Lebensmittel<br />
Zentex/ Heimtextilien, Dänisches Bettenlager/<br />
Heimtextilien (jeweils zentrenrelevant) ,<br />
Multipolster/ Möbel<br />
Verkaufsfläche großflächiger Einzelhandelsbetriebe in Sondergebieten<br />
davon überwiegend mit zentrenrelevanten Sortimenten<br />
1.200<br />
7.700<br />
75.400<br />
15.500<br />
Abb. 26: bestehende Einzelhandelsbetriebe in Sondergebieten „Großflächiger Einzelhandel“<br />
Im Flächennutzungsplan sind folgende bestehende Einzelhandelsbetriebe (ab 800 m² Verkaufsfläche,<br />
Genehmigung über § 34 BauGB bzw. Bestand) innerhalb gewerblicher oder<br />
gemischter Bauflächen bzw. als Bestandteil eines Wohngebietes dargestellt:<br />
Stat. Bezirk Straße Bezeichnung/ Warengruppe Darstellung Verkaufsfläche in m²<br />
<strong>Gera</strong>-Nord /<br />
Langenberg<br />
Langenberger Straße 57 Gebr. Löffler/ Baubedarf Gewerbe 870<br />
Bieblach-Tinz Industriestraße Baudepot/ Praktiker Gewerbe 3.500/ 5.500<br />
Bieblach-Tinz Berliner Straße 177 Netto/ Lebensmittel Gewerbe 878<br />
Bieblach Julius-Sturm-Str. Rewe/ Getränke Wohnen 900<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Herrmann-Drechsler-Str. 1 Plus/ Lebensmittel Gewerbe 800<br />
<strong>Stadt</strong>mitte Reichsstraße 19 Möbel-Fischer/ Möbel Gewerbe 1.200<br />
Debschwitz Str. des Friedens 32-34 Lidl/ Lebensmittel Mischgebiet 800<br />
Debschwitz<br />
Vogtlandstraße<br />
Netto u. sonstige Anbieter/ Lebensmittel<br />
Gewerbe 820<br />
<strong>Gera</strong>-Ost Naulitzer Straße 47 Raiffeisen/ Baubedarf Mischgebiet 800<br />
Großflächige Einzelhandelsstandorte außerhalb von Sondergebieten<br />
davon überwiegend mit zentrenrelevanten Sortimenten<br />
Abb. 27: bestehende Einzelhandelsbetriebe innerhalb gewerblicher, gemischter oder Wohnbauflächen<br />
16.068<br />
3.278<br />
76<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
4.6.4 Geplante großflächige Einzelhandelseinrichtungen<br />
Nach den im Rahmen des GMA-Gutachtens ermittelten Markt- und Entwicklungsdaten ist für<br />
den Zeithorizont 2010 faktisch kein quantitativer Bedarf mehr definierbar, ohne dass es zu<br />
erheblichen Verschiebungen im bestehenden Marktgefüge kommen kann.<br />
Um marktwirtschaftliche Mechanismen nicht zu behindern, welche für eine ständige Anpassung<br />
an zeitgemäße Einkaufsstätten und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis für den<br />
Kunden sorgen, soll auch weiterhin eine Entwicklung in der Handelsstruktur unterstützt werden.<br />
Hauptziel ist hierbei, die zeitgemäßen Standards als Oberzentrum weiterhin auszubauen<br />
und das <strong>Stadt</strong>zentrum durch qualitativ hochwertige Investitionen weiterhin attraktiv zu<br />
halten.<br />
Zur Umsetzung und in Ergänzung der Zentrenkonzeption aus 2003 ist für die <strong>Stadt</strong>teilzentren<br />
Bieblach-Ost „Heidecksburgstraße“, Zwötzen „August-Bebel-Straße“ und „Lusan-Zentrum“<br />
eine Erweiterung oder ein Neubau geplant. Schwerpunkt der Sortimentsgruppen sind hierbei<br />
Nahrungs- und Genussmittel bzw. Waren des täglichen Bedarfs. Für den Bereich Heidecksburgstraße,<br />
Bieblach-Ost ist zur Konkretisierung des zentralen Versorgungsbereiches die<br />
Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich. Für die übrigen Standorte wurden bereits<br />
Planverfahren mit den Bezeichnungen VB/73/07 Bürgerhof Zwötzen und VB/66/07 Einkaufszentrum<br />
Zeulsdorfer Str./ Nürnberger Str. begonnen.<br />
Nr. in Übersicht 2<br />
und Stat. Bezirk<br />
Straße<br />
Bezeichnung/<br />
Hauptwarengruppe<br />
Verkaufsfläche in m²<br />
1 Bieblach-Ost Heidecksburgstraße ohne Betreiber/ Lebensmittel ca. 1.500<br />
3 Zwötzen August-Bebel-Straße REWE/ Lebensmittel ca. 1.500<br />
4 Lusan Kiefernstraße Verschiedene Anbieter/ Lebensmittel ca. 3.500<br />
Planstandorte in Ergänzung des Zentrenkonzeptes“ (siehe Übersicht 2) ca. 6.500<br />
Abb. 28: Planstandorte in Ergänzung des Zentrenkonzeptes<br />
Großflächige Standorte mit zentrenrelevanten Sortimenten, welche sich außerhalb des<br />
<strong>Stadt</strong>zentrums bzw. der <strong>Stadt</strong>teilzentren (siehe Punkt 4.6.2) befinden, sind zum Zeitpunkt der<br />
Bearbeitung des Flächennutzungsplanes nicht vorgesehen.<br />
Im Bereich der nicht zentrenrelevanten Sortimente befindet sich lediglich der Standort Leibnizstraße<br />
mit der Hauptwarengruppe Möbel in Umsetzung (rechtskräftiger Bebauungsplan).<br />
Nr. in Übersicht 2<br />
und Stat. Bezirk<br />
Straße Bezeichnung/ Warengruppe Verkaufsfläche in m²<br />
2 Bieblach-Tinz Leibnizstraße Möbel Boss/ Möbel 4.400<br />
Verkaufsfläche „Planstandorte ohne zentrenrelevante Sortimente“ 4.400<br />
Abb. 29: Planstandorte ohne zentrenrelevante Sortimente<br />
4.6.5 Zukünftige Handlungsziele<br />
Das bestehende Zentrenkonzept der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> soll bis 2010 fortgeschrieben werden. Es<br />
besteht die Absicht, eine deutliche Stärkung der <strong>Stadt</strong>teile zu erreichen, indem durch eine<br />
klare Abgrenzung der Zentrenbereiche mehr Planungssicherheit für Investoren und die bestehenden<br />
Handelseinrichtungen erreicht werden kann. Außerdem ist die Chance damit verbunden,<br />
Angebote der sozialen Infrastruktur und andere Dienstleistungen in den Mittelpunkten<br />
der <strong>Stadt</strong>teile zu konzentrieren.<br />
Zur einzelhandelsgeprägten Zentrenentwicklung ist grundsätzlich zu beachten, dass die<br />
Entwicklung des Einzelhandels eine privatwirtschaftliche Aufgabe bleibt und eine zu strikte<br />
30. September 2010 77
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
Reglementierung positive Effekte der Selbstregulierung von Angebotspreisen und -qualitäten<br />
negativ beeinflussen würde. Entsprechend ist bei einer planerischen Steuerung nicht der<br />
Eingriff bzw. die Steuerung des Marktgeschehens als Ziel zu verstehen, sondern vielmehr<br />
die Einflussnahme auf die räumliche Verteilung der Versorgungseinrichtungen. Dies ist<br />
besonders unter dem Blickwinkel des <strong>Stadt</strong>umbauprozesses als wesentliches Ziel zu verfolgen,<br />
um eine „<strong>Stadt</strong> der kurzen Wege“ mit einer optimalen Anbindung an umweltverträgliche<br />
Verkehrssysteme auch zukünftig zu erhalten.<br />
Neben dem gezielten Einsatz baurechtlicher Planungsinstrumente (z.B. einfacher Bebauungsplan<br />
nach § 30 Abs. 3 BauGB) zum Ausschluss oder zur Einschränkung des Einzelhandels<br />
sollen zukünftig auch weitere Handlungsansätze wie ein ausgewogenes räumliches<br />
Standortmarketing, gemeinsame Aktivitäten von Einzelhandelsbetreibern und städtebauliche<br />
Erneuerungsmaßnahmen verfolgt werden.<br />
Als Hauptaufgaben der langfristigen Weiterentwicklung des Zentrennetzes werden folgende<br />
Aufgaben gesehen:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Steigerung der Attraktivität des <strong>Stadt</strong>zentrums (bzw. der City) hinsichtlich seiner regionalen<br />
Bindungsquote u.a. durch die Mobilisierung der oberen Sorge als bestehender Einzelhandelsbereich<br />
und der weitere Ausbau der Großen Kirchstraße als „Flaniermeile“.<br />
Gleichzeitig soll die Leistungsfähigkeit der 1-a-Lagen gestärkt werden, hierbei insbesondere<br />
der inhabergeführte Einzelhandel.<br />
Trotz Rückbaus von Wohngebäuden in den Großsiedlungen soll in den <strong>Stadt</strong>teilen<br />
Bieblach und Lusan ein ausgewogenes und nutzerorientiertes Zentren-Netz erhalten<br />
werden und möglichst neue städtebauliche Qualitäten entstehen.<br />
Die <strong>Stadt</strong>teilzentren sind soweit notwendig in ihrer Qualität zu sichern, auszuweiten bzw.<br />
zu qualifizieren. Die <strong>Stadt</strong>teilentwicklungspläne sind fortzuschreiben.<br />
Die Entwicklungsziele für die <strong>Stadt</strong>teilzentren sollen in die Überarbeitung der Entwicklungskonzeption<br />
Wohnen <strong>2020</strong> berücksichtigt werden.<br />
4.7 Planungsziele für die ländlich geprägten Ortsteile<br />
Die kontinuierliche Integration der ehemals selbständigen dörflichen Gemeinden in den<br />
<strong>Stadt</strong>organismus verlangt die Wahrung ihrer Identität und damit die Zuweisung eigenständiger<br />
Entwicklungsaufgaben. Folgende Prämissen stehen im Vordergrund:<br />
organische Weiterentwicklung als ländlich geprägte und in <strong>Teil</strong>en mit Kleingewerbe<br />
durchmischte Wohnstandorte mit hoher Qualität,<br />
entsprechend der Vorgaben der EKW wird es zukünftig keine Neuausweisungen größerer<br />
Wohn- und Gewerbegebiete mehr geben, statt dessen Wohnbauflächenarrondierung,<br />
Baulückenbebauung und Erhalt von kleingewerblichen Strukturen (Ausnahme: Gewerbestandort<br />
bei Cretzschwitz),<br />
bereits erfolgte bessere Anbindung der Ortsteile an das übergeordnete Verkehrsnetz<br />
durch Bau von Ost- und Nordtangente.<br />
Wie bereits ausgeführt, gehören zu den Planungsgrundlagen, denen sich ein <strong>FNP</strong> anpassen<br />
muss, auch die Ziele des Regionalplans. Darum sollen hier einige wesentliche Zielstellungen,<br />
soweit sie die Ortsteile betreffen, genannt werden.<br />
Der RP OT benennt als Ziel Z 4-3 „Vorranggebiete für die landwirtschaftliche Bodennutzung“,<br />
in denen den Belangen der landwirtschaftlichen Nutzung und Entwicklung Priorität<br />
vor anderen Nutzungen eingeräumt werden soll. Ziel ist, die Landwirtschaft als Wirtschaftsfaktor<br />
zu stärken und die Kulturlandschaft zu erhalten. Zu diesen Flächen gehört der gesamte<br />
Nordraum zwischen Steinbrücken und Söllmnitz, so dass für die Ortsteile Roben, Aga,<br />
Hermsdorf, Cretzschwitz, Söllmnitz und Hain eine wesentliche räumlich-funktionelle Bindung<br />
78<br />
30. September 2010
<strong>Teil</strong> A - <strong>Begründung</strong><br />
benannt ist. Zu den „Vorbehaltsgebieten für die landwirtschaftliche Bodennutzung“<br />
gemäß Grundsatz G 4-14, in denen der landwirtschaftlichen Nutzung und Entwicklung ein<br />
hohes Gewicht eingeräumt werden soll, gehören Fluren des Ostraumes, des Bereiches Falka/<br />
Otticha sowie die Gemarkung des Ortsteiles Weißig. Um die landwirtschaftliche Nutzung<br />
zu sichern, wurde daher auch im <strong>FNP</strong> nach dem Grundsatz verfahren, keine flächenmäßig<br />
wesentlichen Einschränkungen des landwirtschaftlich genutzten Außenbereiches zuzulassen.<br />
In verdichteten und belasteten Gebieten wie z.B. der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> mit ihrer engen Tallage sind<br />
zusammenhängende Freiräume für die Lebensqualität und gesunde Aufenthaltsbedingungen<br />
unbedingt erforderlich. Sie sichern den klimatischen Ausgleich in den Städten und tragen zur<br />
Regeneration des Naturhaushaltes bei. Zur Erhaltung dieser Freiraumfunktionen sind im Regionalplan<br />
Ostthüringen „Vorranggebiete für die Freiraumsicherung ausgewiesen“. Sie<br />
sind für die Erhaltung der schutzgutorientierten Freiraumfunktionen der Naturgüter Boden,<br />
Wald, Wasser, Klima, Flora und Fauna sowie des Landschaftsbildes vorgesehen. Andere<br />
raumbedeutsame Nutzungen sind in den Gebieten ausgeschlossen, soweit diese mit der<br />
vorrangigen Funktion nicht vereinbar sind. 46 Vorranggebiete für die Freiraumsicherung schützen<br />
beispielsweise die Waldgebiete Zeitzer Forst und Rödel im Nordraum oder das Gessenund<br />
Wipsetal im Osten <strong>Gera</strong>s. Im <strong>FNP</strong> sind diese Gebiete als Naturschutzgebiete, Wald oder<br />
Wiesen und Weiden entsprechend der Zielstellung im RP OT ausgewiesen. Die geschützten<br />
Gebiete dienen in der <strong>Stadt</strong> <strong>Gera</strong> gleichzeitig auch der Naherholung und sollen in landschaftlich<br />
schöner Umgebung mit reicher Naturausstattung einen Ausgleich für urbane Lebensbedingungen<br />
bieten.<br />
In den letzten Jahren hat sich in vielen Ortsteilen eine Entwicklung von landwirtschaftlich<br />
bzw. gewerblich mischgenutzten Strukturen hin zu Wohnstandorten vollzogen. Der <strong>FNP</strong><br />
trägt diesem Aspekt dadurch Rechnung, dass nur noch wenige Ortslagen als gemischte<br />
Bauflächen, dafür aber entsprechend der aktuellen und auch zukünftig erwarteten Nutzung<br />
der Großteil der Ortslagen als Wohnbauflächen dargestellt werden. Dadurch ist jedoch keine<br />
Einschränkung bestehender einzelner landwirtschaftlicher oder kleingewerblicher Betriebe<br />
verbunden, da diese durch Bestandschutz langfristig gesichert sind. Durch die erfolgten Darstellungen<br />
ist in gemischt strukturierten Dorflagen nach wie vor ein Nebeneinander von<br />
Wohnen, insbesondere in dörflich strukturierten Bauformen, in <strong>Teil</strong>bereichen landwirtschaftliche<br />
Tätigkeit sowie Kleingewerbe möglich.<br />
46 vgl.: Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen: Regionalplan Ostthüringen – überarbeiteter Entwurf. <strong>Gera</strong>, 2009,<br />
Ziel Z 4-1.<br />
30. September 2010 79