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An Bord von „U 21“ - Ärztekammer Schleswig-Holstein

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Medizin und Wissenschaft<br />

Abgeführt wird demgegenüber der Wasserdampf<br />

der Bootsluft durch das oben genannte<br />

Kondenswasser, das in die Bilgräume ablaufen<br />

kann, die auf ,,U <strong>21“</strong> in 1 bis 2-stündigen Intervallen<br />

regelmäßig gelenzt wurden, zweitens<br />

durch die Ventilation und drittens während der<br />

Unterwasserfahrt nach <strong>An</strong>stellen der Luftreinigung<br />

durch die Kalipatronen, deren Gewichtszunahme<br />

im Gebrauch nicht allein durch Absorption<br />

der Kohlensäure, sondern durch Wasseraufnahme<br />

herrührt. Am meisten bemerkbar<br />

macht sich das Kondenswasser an den nicht<br />

verkleideten Stellen der Innenwände des<br />

Druckkörpers. Die vorhandenen Holzverkleidungen<br />

genügten im Kommandantenraume,<br />

nicht aber im Offiziers- und Deckoffiziersraume,<br />

wo in den Rillen zwischen den Holzleisten und<br />

teilweise auch auf den blanken Holzflächen sich<br />

stets Schimmel befand. Als vom 3.V.1915 ab<br />

aus Sparsamkeitsrücksichten Heizung und Beleuchtung<br />

auf das notwendigste beschränkt<br />

wurden, war die Folge, daß in den jetzt kalten<br />

Räumen die Luft fast bis zur Sättigung mit Wasserdampf<br />

geschwängert war. So fiel das Sättigungsdefizit<br />

im Offiziersraum in der Zeit vom<br />

3. bis 13.V. <strong>von</strong> 7,69 auf 1,48g/cbm. Ja durch<br />

Fallen des Barometerdruckes während des<br />

Auftauchens bildeten sich regelmäßig in den<br />

kühleren Räumen dichte Nebel <strong>von</strong> Wasserdampf.<br />

So ist es verständlich, daß viele organische<br />

Gegenstände im Boot nach dem 3.V. noch<br />

stärker schimmelten als bereits vorher, wie Stiefel,<br />

Lederbezüge über den Propellern, Lederkoffer,<br />

-kästen und -anzüge, soweit sie nicht an<br />

Deck ausgelüftet werden konnten. Selbst Seide<br />

am Koppel schimmelte, und nasses Zeug, das<br />

nicht in den Maschinenräumen getrocknet war,<br />

nahm deutlichen Geruch <strong>von</strong> Fäulnis an. Die<br />

Luftfeuchtigkeit gibt außerdem Veranlassung,<br />

ununterbrochen die in den Wassertröpfchen<br />

gelösten, flüchtigen Verbrennungsprodukte des<br />

Treiböles, <strong>von</strong> Ausdünstungen der Besatzung<br />

und <strong>von</strong> der Küche einzuatmen. Die Feuchtigkeit<br />

machte sich natürlich auch am Frischproviant<br />

bemerkbar.<br />

Infolge der Ungewißheit der Zeit des Auslaufens<br />

aus Emden, mußten dauernd die für die ganze<br />

Reise notwendigen Nahrungsmittel an <strong>Bord</strong> bereit<br />

gehalten werden, <strong>von</strong> denen ein großer Teil<br />

bereits verdorben war, ehe ,,U <strong>21“</strong> in Wilhelmshaven<br />

einlief; aber auch als der Zeitpunkt des<br />

Auslaufens genau bekannt war und frische Vorräte<br />

an <strong>Bord</strong> genommen waren, war es nicht<br />

möglich, raschem Verderben des Frischproviantes<br />

vorzubeugen, da die notwendigsten Voraussetzungen<br />

zur Konservierung, wie reinliche Unterbringung<br />

in ventilierbaren oder durch Lampen<br />

auszutrocknenden isolierten Schränken<br />

oder Kammern, auf ,,U <strong>21“</strong> fehlten. Infolge der<br />

Gärung in feuchten, warmen und abgeschlossenen<br />

Räumen <strong>von</strong> stärkehaltigen Nahrungsmitteln,<br />

wie Weizenbrot, ist bei längeren Tauchfahrten<br />

auch an die Möglichkeit <strong>von</strong> Kohlensäurevergiftungen<br />

zu denken, wie Stabsarzt<br />

Sandrock angegeben hat, analog den Fällen <strong>von</strong><br />

tödlichen Kohlensäurevergiftungen aus gelagertem<br />

Reisschrot an <strong>Bord</strong> eines Dampfers.<br />

Daß der Keimgehalt der Luft während der Fahrt<br />

durch organische Zersetzungen (wie z. B. Verschimmeln<br />

des Brotes unter Wärme- und Gasentwicklung<br />

im Backbordspind im Offiziersraum<br />

wie im Unteroffiziersraum) bereits in den ersten<br />

Tagen der Fahrt sich wesentlich vermehrte,<br />

geht schon aus dem Geruch hervor, der bald in<br />

allen Wohnräumen herrschte. Auch das in Spanien<br />

übernommene anfänglich trockene und<br />

harte Weizenbrot wurde verhältnismäßig rascher<br />

feucht und ungenießbar als das aus Wilhelmshaven<br />

mitgenommene Roggenbrot. <strong>An</strong>derseits,<br />

war der Proviant aus Spanien wegen<br />

der Reichhaltigkeit an frischem Gemüse und an<br />

Obstkonserven und vielen Dosen mit Keks uns<br />

allen eine sehr willkommene Abwechslung.<br />

Länger als vier Tage hielt sich aber weder der<br />

Frischproviant aus Wilhelmshaven noch aus<br />

Spanien.<br />

Nach den Erfahrungen dieser Reise ist es möglich,<br />

daß infolge mangelnder Reinlichkeit (Wasserersparnis,<br />

Mangel an Waschgelegenheit)<br />

Stuhlbestandteile in die Nahrung und mit dieser<br />

wieder in den Mund gelangen können. Für die<br />

Mannschaft war zum Teil nur jeden vierten Tag<br />

das Waschen gestattet; auch die Offiziere konnten<br />

sich nicht jeden Tag waschen, nicht einmal<br />

die Hände. Nachteilige Folgen aber hat diese<br />

minimale Körperpflege nicht gehabt.<br />

74<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>isches Ärzteblatt 10/2006

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