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Ärzteblatt Dezember 2011 - Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern

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BUCHVORSTELLUNGEN<br />

Für Sie gelesen<br />

Der Igel auf der Klinke<br />

Erinnerungen des Arztes Josef Zander<br />

August Dreesbach Verlag München <strong>2011</strong><br />

400 Seiten, 76 Abb., zusätzlich 16 farbige Reproduktionen<br />

aus der Sammlung Zander, € 38,00<br />

ISBN 978-3-940061-63-8<br />

Lebenserinnerungen erfreuen<br />

sich seit jeher<br />

beim Leser großer Beliebtheit.<br />

Jede selbst erzählte Lebensgeschichte<br />

ist gedeutete<br />

Geschichte, sie hat<br />

ihre eigene Glaubwürdigkeit<br />

und Zuverlässigkeit.<br />

Im Jahre 2007 verstarb<br />

Josef Zander im 90. Lebensjahr<br />

– emeritierter<br />

o. ö. Professor für Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe<br />

der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität<br />

München, von 1970 bis 1987 Direktor der I. Frauenklinik und<br />

Hebammenschule (im Volksmund die „Maistraße“).<br />

Josef Zander war ein weltweit bekannter, naturwissenschaftlich<br />

geprägter und in der Klinik geschätzter Frauenarzt mit<br />

hohem ethischen Anspruch.<br />

In seinen letzten acht Lebensjahren hat er an diesen Erinnerungen<br />

geschrieben, die jetzt posthum von seiner Frau Karin Jacobs-Zander<br />

und seiner jüngsten Tochter Katharina herausgegeben<br />

werden; übrigens vom Verlag vorzüglich ausgestattet.<br />

Der Buchtitel „Der Igel auf der Klinke“ steht für die Schmerzen<br />

unterschiedlichster Intensität, die in einem langen Leben<br />

immer dann auftreten, wenn man neue Türen öffnen will<br />

oder muß.<br />

Die Erinnerungen von Josef Zander sind weit mehr als ein beruflicher<br />

Rückblick auf fast 50 Jahre „gelebte“ Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe. Netzartig mit dem Berufsleben verknüpft<br />

sind die ehrlichen, selbstkritischen und klugen Bekenntnisse<br />

eines Zeitzeugen des vergangenen 20. Jahrhunderts,<br />

eines Jahrhunderts mit geschichtlichen Wandlungen<br />

extremer Dimensionen.<br />

Man spürt in allen Lebensabschnitten des Autors sein Ringen<br />

um den Sinn des Lebens, „ … daß ich erkenne, was die Welt im<br />

Innersten zusammenhält“ (Goethe, Faust I)<br />

Josef Zander erlebte als junger Mensch die NS-Zeit („Überleben<br />

nach der Verdunkelung“ ), war an der Ostfront und wurde<br />

nach dem II. Weltkrieg Schüler von Adolf Butenandt und<br />

Carl Kaufmann. Er wirkte als Wissenschaftler in den USA und<br />

übernahm später die Direktion der Universitätsfrauenklinik<br />

in Heidelberg (1964 -1969) und danach die in der Maistraße<br />

in München.<br />

Aus den zahlreichen wissenschaftlichen Aktivitäten (etwa<br />

280 Originalarbeiten wären wenigstens drei zu nennen:<br />

die Entdeckung, Reindarstellung und Konstitutionsbestimmung<br />

von zwei Progesteronderivaten,<br />

die Beschäftigung mit den Frühformen des Zervixkrebses<br />

(Klaus Lohe, Jörg Baltzer) und<br />

die Begründung der „Münchener Perinatalstudie“ .<br />

Die Ausführungen „Über das Arzt-Sein“ können als Entwurf<br />

einer persönlichen, auf tiefgehende Erfahrungen gegründeten<br />

ärztlichen Ethik angesehen werden.<br />

Der niederbayrische Arzt und Schriftsteller Hans Carossa<br />

(1878-1956) hatte dabei einen wesentlichen Einfluß auf das<br />

Zandersche „Arztbild“.<br />

Carossa beantwortete die Frage, was ein Arzt sei, so:<br />

„In seiner höchsten Form kann er dem Künstler ebenbürtig<br />

sein; aber nicht wie dieser darf er die Stunde der Eingebung<br />

abwarten und seine Gegenstände wählen, sondern diese<br />

wählen ihn und seine Stunde ist immer.“<br />

Josef Zander hatte als Arzt, Wissenschaftler und akademischer<br />

Lehrer ein erfülltes Leben. Seine Parallelkarriere als<br />

kenntnisreicher Kunstsammler, vorzugsweise der Malerei,<br />

zeigt die Vielseitigkeit.<br />

Das Lesen dieser Lebenserinnerungen ist ein intellektuelles<br />

Vergnügen. Das Buch hat Stil!<br />

Besonders die Art, wie erzählt wird, führt in die Kunst der<br />

Erinnerung, in der Menschen ihr unbewußtes künstlerisches<br />

Vermögen offenbaren.<br />

Nun ist jedes Buch aber erst dann am Ziel, wenn es bei seinen<br />

Lesern angekommen ist.<br />

Deshalb ist es nicht nur Frauenärzten, sondern Ärzten aller<br />

Fachrichtungen, historisch Interessierten und philosophisch<br />

Denkenden zu empfehlen.<br />

Prof. H. H. Büttner, Wismar<br />

AUSGABE 12/<strong>2011</strong> 21. JAHRGANG<br />

Seite 445

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