Man wird ja wohl Israel noch kritisieren dürfen - Amadeu Antonio ...
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gezeit für viele Linke die Grundlage ihrer Politik gegenüber <strong>Israel</strong>. Dies bedeutet jedoch<br />
nicht, dass im gleichen Maße Gewalttaten gegenüber Jüdinnen und Juden Unterstützung<br />
fanden, den<strong>noch</strong> fiel die Kritik daran oft schwach aus.<br />
Im Jahr 1972 rechtfertigte auch Ulrike Meinhof – in völliger Umkehr zu ihrer 1967<br />
verlautbarten Positionierung – in einem Pamphlet 14 der Roten Armee Fraktion das Olympia-Attentat<br />
auf die israelische <strong>Man</strong>nschaft in München als Antifaschismus. Sie bezeichnete<br />
Moshe Dayan als »Himmler <strong>Israel</strong>s«, und warf <strong>Israel</strong> vor, einen «Moshe-Dayan-Faschismus«<br />
zu betreiben. Zudem habe der Staat <strong>Israel</strong> »seine Sportler verheizt wie die Nazis<br />
die Juden – Brennmaterial für die imperialistische Ausrottungspolitik«. 15<br />
Wie weit die Ideologie des Antisemitismus die Betrachtung des Nahostkonfliktes in Teil<br />
der Linken bestimmte, zeigte sich 1976 bei einer Flugzeugentführung deutscher und<br />
palästinensischer Terroristen. Der deutsche Terrorist Böse, Mitglied der Revolutionären<br />
Zellen (RZ), selektierte die Passagiere in Juden und Nichtjuden. Explizit wurde mit der<br />
Ermordung der jüdischen Flugpassagiere gedroht. Für viele Jüdinnen und Juden weltweit<br />
stand fest: Es handelte sich um eine Selektion wie einst an der Rampe von Auschwitz,<br />
vorgenommen durch einen deutschen Aktivisten der RZ. Die Stürmung des Flughafengebäudes,<br />
in dem die Geiseln gefangen gehalten wurden, verhinderte ein antisemitisches<br />
Massaker. Größere Teile der radikalen Linken begannen erst 15 Jahre später, über den<br />
antisemitischen Charakter dieses Ereignisses kontrovers zu diskutieren.<br />
In diese Tradition, Jüdinnen und Juden als die neuen Faschisten und damit einhergehend<br />
zu legitimen Angriffszielen zu deklarieren, reihte sich auch ein vermutlich geplanter<br />
Mordanschlag der RZ auf die jüdischen Gemeindevorsteher von Berlin und Frankfurt,<br />
Heinz Galinski und Ignaz Lipinski, ein. Die geplanten Taten kamen nur durch einen Aussteiger<br />
ans Licht. Die RZ veröffentlichten daraufhin ein Schreiben, in dem sie zwar nicht<br />
direkt zugaben, die beiden jüdischen Gemeindevorsteher tatsächlich ermorden zu wollen,<br />
diese jedoch als legitime Ziele linker Politik definierten. In dem Schreiben warfen die RZ<br />
der Linken vor, die Attentatspläne gegen Galinski und Lipinski als Antisemitismus zu<br />
kritisierten, statt zu überlegen »welche Rolle Galinski spielt für die Verbrechen des Zionismus,<br />
für die Grausamkeiten der imperialistischen Armee <strong>Israel</strong>s, welche Propaganda- und<br />
materielle Unterstützungsfunktion dieser Typ hat, der alles andere ist als nur >jüdischer<br />
Gemeindevorsitzender