Man wird ja wohl Israel noch kritisieren dürfen - Amadeu Antonio ...
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anderen Worten, erzeugt ähnliche Politik anderer Regierungen die gleiche Kritik, oder<br />
<strong>wird</strong> hier ein doppelter Standard eingesetzt«?<br />
Das dritte D ist der Test auf Delegitimierung. Wenn »die Legitimität der jüdischen<br />
Religion, des jüdischen Volkes, oder von beiden« negiert <strong>wird</strong>, liegt Antisemitismus vor.<br />
Übertragen auf <strong>Israel</strong> bedeutet dies, Antisemitismus liegt dann vor, wenn <strong>Israel</strong> das Existenzrecht<br />
abgesprochen <strong>wird</strong>.<br />
Neben diesem 3D-Test stellt die »working definition of antisemitism« der EUMC (European<br />
Monitoring Centre on Racism and Xenophobia) eine der anerkanntesten Definitionen<br />
dar. Zu Antisemitismus in Bezug auf <strong>Israel</strong> heißt es dort:<br />
»Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat <strong>Israel</strong> und unter Berücksichtigung<br />
des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen,<br />
ohne auf diese beschränkt zu sein:<br />
■■<br />
Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die<br />
Behauptung, die Existenz des Staates <strong>Israel</strong> sei ein rassistisches Unterfangen.<br />
■■<br />
Die Anwendung doppelter Standards, indem man von <strong>Israel</strong> ein Verhalten fordert, das<br />
von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt <strong>wird</strong>.<br />
■■<br />
Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in<br />
Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende),<br />
um <strong>Israel</strong> oder die <strong>Israel</strong>is zu beschreiben.<br />
■■<br />
Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik des Nationalsozialismus.<br />
■■<br />
Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates <strong>Israel</strong> verantwortlich zu<br />
machen. Allerdings kann Kritik an <strong>Israel</strong>, die mit der an anderen Ländern vergleichbar<br />
ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.«<br />
Antisemitisches Ressentiment vs. Antisemiten<br />
Es gilt aber zu beachten, dass Personen, die antisemitische Ressentiments äußern, nicht<br />
automatisch Antisemitinnen oder Antisemiten sind. Es ist sehr wichtig, dies zu unterscheiden.<br />
Antisemiten haben ein gefestigtes antisemitisches Weltbild. Das Äußern antisemitischer<br />
Ressentiments kann vielfältige Ursachen haben, bei denen es immer zu intervenieren<br />
gilt, jedoch bedeutet dies nicht automatisch, dass man es mit einer oder einem<br />
Antisemiten zu tun hat.<br />
Mit den vorangestellten Definitionen kann im Regelfall nur eruiert werden, ob Aussagen<br />
antisemitisch sind oder nicht. Antisemitismus ist jedoch eine Welterklärungsideologie.<br />
Deshalb sollte man nicht bei der Untersuchung einzelner Aussagen verbleiben, sondern<br />
über deren Beurteilung hinaus klären, inwiefern jemand einem antisemitischen Weltbild<br />
verhaftet ist. Die vorangestellten Definitionen können dabei gut als Kontrollsystem funktionieren<br />
und dafür sensibilisieren, inwieweit antisemitische Ressentiments gegenüber <strong>Israel</strong><br />
die Ausnahme oder Regel sind.<br />
Antisemitismus als Welterklärungsideologie<br />
Antisemitismus variiert häufig in der Form, bleibt aber vom Inhalt nahezu gleich. Um Antisemitismus<br />
zu erkennen, ist es daher oftmals notwendig, sich intensiv mit der Geschichte<br />
des Antisemitismus zu befassen.<br />
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