ASR Sport Ausgabe Dezember 2013 - Allgäu Sport Report
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A S R / E I S H O C K E Y<br />
Die <strong>Allgäu</strong>er Damen-Nationaltorhüterin ist die einzige Torfrau in der Bayernliga<br />
Jennfer Harß: Bei einer Frau im Tor schaut man genauer hin<br />
Nicht nur in der Eishockey-Bayernliga bei den<br />
Herren des EV Pfronten, ihrem kurzen Gastspiel<br />
beim ESV Königsbrunn oder ihren Einsätzen<br />
im Collegeteam der University of Minnesota<br />
Duluth konnte "Jenny" Harß Bestnoten<br />
zwischen den Pfosten sammeln. Neben ihren<br />
Aktivitäten auf dem Eis spielte die dunkelblonde<br />
Torfrau in ihrer Kindheit auch Tennis und<br />
Fußball, bevor sie der <strong>Sport</strong> mit dem Puck in<br />
den Bann zog. Mit viel Trainingsfleiß und einer<br />
guten Portion Talent entwickelte sie sich<br />
schnell zu einer herausragenden Torfrau. Bereits<br />
als 14-Jährige zog<br />
es sie erstmals von ihrem<br />
Heimatverein weg zum<br />
Traditionsclub SC<br />
Riessersee (wo sie mit einer Doppellizenz<br />
spielte d.h. sie konnte sowohl für den Nachwuchs<br />
in Füssen spielen als auch für die Damenmannschaft<br />
des SC Riessersee). Seit Sommer<br />
<strong>2013</strong> steht sie nun zwischen den Pfosten<br />
des ERC Sonthofen in der Bayernliga und hinterließ<br />
in ihren Einsätzen einen hervorragenden<br />
Eindruck. Der <strong>ASR</strong> traf sich mit Jenny vor<br />
dem Training in der Sonthofer Eisporthalle.<br />
<strong>ASR</strong>: Du stehst nun seit über zehn Jahren als<br />
Torfrau auf dem Eis - wie fühlt es sich an, in<br />
Herrenteams zu spielen, wie nehmen die Mitspieler<br />
und die Fans Dich dabei auf?<br />
Jennifer Harß: Für mich persönlich war das noch<br />
nie ein Problem, zumal jedes Mädchen in der<br />
Jugend sowieso immer in gemischten Teams<br />
mit Jungs spielt. Die Spieler haben mich im<br />
Großen und Ganzen immer sehr gut aufgenommen,<br />
aber ich denke, dass bei einigen<br />
Fans und Zuschauern manchmal die Frage im<br />
Raum steht, warum da eine Frau im Tor steht.<br />
Das ist zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber<br />
mir ist das schon bewusst. Ich glaube auch,<br />
dass viele Eishockeyfans bei einer Frau ganz<br />
genau hinsehen und vielleicht auch die eine<br />
oder andere Schwäche oder Niederlage dann<br />
schnell bei ihr gesucht wird. Aber wie gesagt:<br />
damit habe ich kein Problem und das belastet<br />
mich nicht im Geringsten. Ich bringe meine<br />
Leistung und gebe auf dem Eis immer alles.<br />
<strong>ASR</strong>: Seit wann stehst Du auf dem Eis und wer<br />
hat Dich dazu animiert?<br />
Jennifer Harß: Der erste Kontakt mit dem Eis<br />
und dem Puck war schon sehr früh. Mein Vater<br />
Gerhard Harß arbeitet schon seit Jahrzehnten<br />
für den EV Füssen als Trainer und mein großer<br />
Bruder spielte dort bis 2009 selbst Eishokkey.<br />
Da war es fast schon logisch, dass ich mit<br />
den beiden sehr früh ins Eisstadion gegangen<br />
bin und irgendwann wollte ich auch spielen.<br />
Ich bin dann in die Laufschule gegangen und<br />
dort durfte jedes Kind auch einmal ins Tor. Das<br />
hat mir am besten gefallen und als ich sieben<br />
oder acht Jahre alt war, stand ich dann häufig<br />
im Kasten der Bambinis. Allerdings haben wir<br />
damals noch zwischen dem Tor und Außenpositionen<br />
gewechselt. An mein erstes Spiel<br />
mit dem Bambinis gegen Kaufbeuren, damals<br />
Da fehlt doch was: die deutsche Nationaltorhüterin Jennifer Harß und ERC-Stürmerkollege Marc Sill<br />
haben ihre Helme vor dem Training nochmals zur Seite gelegt<br />
war ich acht, kann ich mich noch gut erinnern.<br />
Einige Jahre später konnten wir gegen Erding<br />
dann sogar die bayerische Jugend-<br />
Vizemeisterschaft gewinnen. Danach habe ich<br />
meistens bei den Jungs mitgespielt.<br />
<strong>ASR</strong>: Wie sah Dein weiterer Weg bis in die<br />
Nationalmannschaft aus?<br />
Jennifer Harß: 2002 erhielt ich meine erste<br />
Berufung in die U 15-Nationalmannschaft, einige<br />
Jahre danach dann in die U 18 und 2005<br />
stand ich zum ersten Mal im Tor der deutschen<br />
Seniorinnen. Mit dem Team habe ich an<br />
fünf Weltmeisterschaften und an den Olympischen<br />
Spielen 2006 in Turin teilgenommen.<br />
Auch 2014 geht es mit den Damen wieder zur<br />
Olympiade nach Sochi. Ich freue mich einerseits<br />
sehr darauf, andererseits kann ich in der<br />
Zeit nicht für den ERC auflaufen. Nachdem ich<br />
von 2001 bis 2009 in verschiedenen Frauenund<br />
Herrenteams spielte, bin ich danach für<br />
drei Jahre in die USA gegangen. Dort hatte ich<br />
Geboren: 14.7.1987 in Füssen<br />
Wohnort: Füssen<br />
Größe: 1,76m<br />
Familienstand: ledig<br />
Beruf: Stabsunteroffizier, Bundeswehr-<br />
<strong>Sport</strong>fördergruppe Neubiberg bei München,<br />
abgeschlossenes Marketing-Studium in den<br />
USA<br />
Hobbys: Tennis, häkeln, shoppen, Yoga<br />
Lieblingsfilme: Harry Potter<br />
Größte sportliche Erfolge: fünfte Plätze bei<br />
der WM 2005 in Schweden, WM <strong>2013</strong> in Ottawa<br />
und bei der Olympiade 2006 in Turin<br />
an der University of Minnesota in Duluth ein<br />
Stipendium erhalten und Marketing studiert.<br />
Gleichzeitig konnte ich ab der Saison 2009/<br />
10 in der NCAA (National Collegiate Athletic<br />
Association) beim Team der Minnesota Duluth<br />
Bulldogs spielen. Mit den Bulldogs gewann<br />
ich 2010 sogar das Frozen Four, das Finalturnier<br />
der NCAA. Das war eine tolle Erfahrung.<br />
<strong>ASR</strong>: Warum bist Du wieder zurück nach<br />
Deutschland und was war hier Deine erste Station?<br />
Jennifer Harß: 2012 hatte ich mein Studium in<br />
Duluth erfolgreich abgeschlossen und wollte<br />
wieder zurück. Seitdem bin ich auch wieder<br />
bei der <strong>Sport</strong>fördergruppe der Bundeswehr<br />
und in der Saison 2012/13 spielte ich zunächst<br />
für den ESV Königsbrunn, der jedoch schnell<br />
in die Insolvenz ging und sein Team vom Spielbetreib<br />
der Bayernliga zurückzog. Von dort<br />
ging es dann zu den Bundesliga-Frauen des<br />
ECDC Memmingen und jetzt eben nach Sonthofen<br />
in die Bayernliga. Ich wollte einfach wieder<br />
höherklassiges Eishockey bei den Herren<br />
spielen und das ist genau der richtige Verein.<br />
<strong>ASR</strong>: Wie kam der Kontakt zum ERC zustande,<br />
wie wurdest Du hier aufgenommen und welche<br />
Ziele hast Du mit dem ERC?<br />
Jennifer Harß: Ich hatte zwischen 2002 und<br />
2004 schon einmal hier in Sonthofen bei den<br />
Damen gespielt. Daher kannte ich noch den<br />
einen oder anderen hier im Verein. Zudem<br />
kannte ich Trainer Dave Rich noch aus meiner<br />
Füssen Zeit. Danach hatte ich noch einige Gespräche<br />
mit Vorstand Mike Henkel und die<br />
Sache war klar. Der Verein hat in der Liga und<br />
darüber hinaus einen exzellenten Ruf und das<br />
war natürlich noch ein weiterer Grund, hierher<br />
zu gehen. Wir haben im Team alle das Ziel,<br />
eine gute Saison zu spielen und am Ende ganz<br />
oben zu stehen. Ich denke, das Potential ist<br />
da und wir können das schaffen.<br />
A S R 11