PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
verfahren vergeben, das transparent<br />
und diskriminierungsfrei sein<br />
muss. Beworben haben sich um die<br />
neue Konzession der neu gegründete<br />
landeseigene Betrieb „Berlin Energie“,<br />
der bisherige Betreiber Vattenfall,<br />
das holländische Unternehmen<br />
Alliander und der chinesische Staatskonzern<br />
State Grid. Die Entscheidung<br />
soll im Herbst 2014 fallen.<br />
Wie zuvor schon das Abgeordnetenhaus<br />
hat sich auch der rot-schwarze<br />
Senat Anfang September darauf geeinigt,<br />
die Forderungen des Energie-<br />
Volksentscheids am 3. November<br />
abzulehnen. Er hält den Gesetzentwurf<br />
des Energietischs „in wesentlichen<br />
Teilen für überflüssig und in<br />
anderen Teilen für falsch“. Die <strong>Berliner</strong><br />
sollen deshalb am 3. November<br />
mit Nein stimmen. Schon heute verfolge<br />
der <strong>Berliner</strong> Senat eine Politik<br />
der dezentralen Energieversorgung,<br />
der Förderung erneuerbarer Energien<br />
und der Sicherung bezahlbarer Energiepreise,<br />
heißt es in seiner Stellungnahme.<br />
Allerdings legt sich der Senat<br />
beim Netzbetrieb nicht auf eine<br />
hundertprozentige Rekommunali sierung<br />
fest, sondern ist auch für eine<br />
Kooperation von „Berlin Energie“<br />
mit einem oder mehreren privaten<br />
Bewerber(n) wie zum Beispiel Vattenfall<br />
offen. Auch für Vattenfall<br />
selbst ist eine solche Kooperation<br />
denkbar.<br />
Stefan Taschner, Sprecher des <strong>Berliner</strong><br />
Energietischs, wirft dem Senat<br />
vor, in seiner Stellungnahme wichtige<br />
Fakten zu ignorieren. „Offensichtlich<br />
wurde unser Gesetzentwurf<br />
nicht aufmerksam gelesen, oder man<br />
verfolgt das Ziel, mit falschen Behauptungen<br />
Verwirrung zu stiften.“<br />
Umso verwunderlicher sei das insofern,<br />
als der Senat den Gesetzentwurf<br />
zuvor offiziell geprüft und für<br />
rechtlich zulässig erklärt hat.<br />
Rückendeckung bekommt der Energietisch<br />
von den <strong>Berliner</strong> Oppositionsparteien,<br />
die sich für den Volksentscheid<br />
stark machen. Die Grünen-Fraktion<br />
nennt die Stellungnahme<br />
des Senats voller Widersprüche<br />
und Halbwahrheiten und auch die<br />
Fraktion der Linken spricht von fadenscheinigen<br />
Argumenten.<br />
Dass die Abstimmung vom Senat<br />
auf den 3. November und nicht, wie<br />
vom Energietisch gefordert, auf den<br />
Tag der Bundestagswahl am 22. September<br />
gelegt wurde, ärgert die Ini -<br />
tiatoren des Volksbegehrens zusätzlich.<br />
Schließlich verursache die separate<br />
Abstimmung nicht nur Mehrkosten<br />
in Millionenhöhe. Es sei auch<br />
schwerer, die <strong>Berliner</strong> nur sechs Wochen<br />
nach der Bundestagswahl erneut<br />
ins Wahllokal zu bitten.<br />
L Gesetzentwurf<br />
des Energietischs:<br />
www.berlinerenergietisch.net/<br />
gesetzentwurf<br />
Argumente des Senats<br />
für sein Nein:<br />
www.berlin.de/<br />
landespressestelle/<br />
➞ Pressemitteilungen<br />
➞ Archiv<br />
➞ September<br />
➞ 3. September<br />
2013<br />
Foto: <strong>Berliner</strong> Energietisch<br />
Senat <br />
Die <strong>Berliner</strong> würden nach<br />
dem Gesetzentwurf für alle<br />
Aktivitäten des Stadtwerks<br />
haften, und zwar „in unkalkulierbarer<br />
Höhe und das<br />
angesichts von 63 Milliarden<br />
Euro Schulden des Landes“.<br />
<strong>Berliner</strong> Energietisch<br />
Der Energietisch hält dagegen, dass die finanzielle Ausgestaltung des Stadtwerks<br />
allein beim Parlament liegen soll. Dieses lege damit auch ein mögliches<br />
Haftungsrisiko fest.<br />
Der Gesetzentwurf sieht zwar vor, dass das Land Berlin für Verbindlichkeiten<br />
der beiden Anstalten als Gewährträger unbeschränkt haftet (§ 7, Abs. 3 EnergieVG).<br />
Zugleich müssten die Verantwortlichen jedoch das Haushaltswesen<br />
nach kaufmännischen Grundsätzen führen, also gewinnorientiert arbeiten (§ 7,<br />
Abs. 2 EnergieVG). Das wirtschaftliche Risiko des Stromnetzbetriebs sei zudem<br />
gering, für den jetzigen Betreiber Vattenfall sei er vielmehr eine attraktive Einnahmequelle.<br />
Der Energietisch geht davon aus, dass allein mit dem Netzbetrieb<br />
jährliche Gewinne im zweistelligen Millionenbereich erwirtschaftet werden.<br />
Die sollen nicht mehr einem Unternehmen, sondern dem Gemeinwohl zugute<br />
kommen.<br />
Eine Gewährträgerhaftung durch das Land Berlin sei außerdem bereits heute<br />
laut <strong>Berliner</strong> Betriebe-Gesetz bei berlineigenen Anstalten wie der BSR oder<br />
der BVG gegeben.<br />
Foto: Eon<br />
Senat <br />
Der Senat führt an, dass<br />
das Land Berlin sich mit<br />
dem Landesbetrieb „Berlin<br />
Energie“ im laufenden<br />
Vergabeverfahren für das<br />
<strong>Berliner</strong> Stromnetz beworben<br />
habe. „Eine neu gegründete<br />
Anstalt könnte<br />
sich an diesem Verfahren<br />
nicht mehr beteiligen.“<br />
Weichenstellung: Wer<br />
wird künftig das <strong>Berliner</strong><br />
Stromnetz betreiben?<br />
<strong>Berliner</strong> Energietisch<br />
Der Energietisch kontert, es solle keineswegs<br />
nachträglich ein neues Unternehmen<br />
gegründet werden. „Vielmehr<br />
soll der bereits bestehende Landesbetrieb<br />
im Falle seines Erfolgs im Konzessionierungsverfahren<br />
im Sinne des Energietischs<br />
umgewandelt werden“. Diese<br />
Netzgesellschaft trete dann die Gesamtrechtsnachfolge<br />
von „Berlin Energie“ an<br />
(§ 12, Abs. 2 EnergieVG).<br />
weiter auf Seite 20<br />
MieterMagazin 10/2013 19