PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
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MIETRECHT<br />
Instanzen-Rechtsprechung<br />
Mietermodernisierung<br />
Entfernt der Mieter eine Trennwand<br />
in der Wohnung und legt er das Bad<br />
und das GästeWC zusammen, ohne<br />
hierzu eine Genehmigung des Vermieters<br />
zu haben, stellt dies eine<br />
schwerwiegende Vertragsverletzung<br />
dar, die den Vermieter zur ordentlichen<br />
Kündigung nach § 573 Absatz<br />
2 Nummer 1 BGB berechtigt.<br />
LG Berlin vom 3.9.2012<br />
– 67 S 514/11 –<br />
Langfassung im Internet<br />
Modernisierung<br />
1. Inzwischen ist das Vorhandensein<br />
von Isolierglasfenstern allgemein<br />
üblich.<br />
2. Bei Modernisierungsmaßnahmen,<br />
die teilweise allgemein üb lich<br />
sind und teilweise (noch) nicht,<br />
kann sich ein Mieter dann nicht<br />
auf eine finanzielle Härte berufen,<br />
wenn die Mietbelastung allein aufgrund<br />
der üblichen Maßnahmen<br />
schon eine Härte für ihn bedeuten<br />
würde. Darauf, dass sich wegen der<br />
(noch) unüblichen Maßnahmen<br />
die Unzumutbarkeit der finanziellen<br />
Belastung für den Mieter weiter<br />
erhöht, kommt es nicht an.<br />
LG Berlin vom 30.5.2013<br />
– 67 S 577/12 –, mitgeteilt<br />
von RA Reinhard Lebek<br />
Langfassung im Internet<br />
Der Vermieter kündigt den Einbau<br />
von Isolierglasfenstern, die Verlegung<br />
neuer isolierter Versorgungsleitungen<br />
und den Anbau eines<br />
zweiten Balkons an.<br />
Das zu berücksichtigende Haushaltseinkommen<br />
des Mieters beträgt<br />
2539,20 Euro monatlich für<br />
zwei Personen. Die Gesamtmaßnahme<br />
führt zu einer Mieterhöhung<br />
einschließlich der kalten Nebenkosten<br />
von bisher 695,35 um 931,95<br />
Euro auf 1627,30 Euro. Damit liegt<br />
die Mietbelastung des Mieters nach<br />
Modernisierung bei rund 65 Prozent<br />
seines Haushaltseinkommens.<br />
Gleichwohl hat das Landgericht den<br />
Mieter zur Duldung der gesamten<br />
Maßnahmen verurteilt. Die Revi sion<br />
wurde nicht zugelassen. Grund sätzlich<br />
geht auch die 67. Zivilkammer<br />
des Landgerichts davon aus, dass die<br />
Grenze der zumutbaren Mietbelastung<br />
– je nach Einzelfall – bei rund<br />
30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens<br />
liegt. Ausdrücklich hält sie<br />
35 Prozent für unzumutbar.<br />
Bei der Abwägung der gegenseitigen<br />
Interessen kommt es dann jedoch zu<br />
dem überraschenden Ergebnis:<br />
„... Eine Interessenabwägung ist daher<br />
lediglich in Bezug auf die Verle<br />
gung der neuen isolierten Versorgungsleitungen<br />
und den Anbau des<br />
zweiten Balkons vorzunehmen. ...<br />
In der Gesamtschau überwiegt vorliegend<br />
das Interesse der Beklagten,<br />
nicht mit einer Miete belastet zu werden,<br />
die sie an den Rand des Existenzminimums<br />
treibt, die zu berücksichtigenden<br />
Interessen der Klägerin<br />
gleichwohl nicht. Denn es darf nicht<br />
außer Acht bleiben, dass die Beklagte<br />
bereits dann, wenn lediglich die<br />
durch die (ohne Interessenabwägung)<br />
zu duldende Modernisierungsmaßnahme<br />
hinsichtlich der Fenster verursachte<br />
Mieterhöhung in Ansatz gebracht<br />
wird, zukünftig eine monatliche<br />
Miete in Höhe von 889,03 Euro<br />
schuldet, ein Betrag, der 35 Prozent<br />
des zu berücksichtigenden Haushaltseinkommens<br />
ausmacht. Dies ist eine<br />
Erhöhung, die bereits ohne Berücksichtigung<br />
der in die Interessenabwägung<br />
einzubeziehenden Maßnahmen<br />
in einen Bereich führt, der für<br />
die Beklagte eine unzumutbare Härte<br />
zu begründen geeignet wäre. Eine<br />
Berufung hierauf ist ihr daher bezüglich<br />
der übrigen Maßnahme bereits<br />
dem Grunde nach versagt. ...“<br />
Die Rechtsauffassung der 67. Zivilkammer<br />
des Landgerichts führt zu<br />
folgendem absurden Ergebnis: Hätte<br />
der Mieter ein um 200 Euro höheres<br />
Haushaltseinkommen, hätte er nach<br />
der Argumentation der Kammer die<br />
beiden „unüblichen“ Modernisierungsmaßnahmen<br />
nicht dulden müssen.<br />
Also: Je höher das Einkommen,<br />
umso eher ist nach dieser Ansicht eine<br />
Berufung auf die finanzielle Härte<br />
möglich. Bravo!<br />
Unabhängig von der dogmatischen<br />
Fragwürdigkeit dieser Entscheidung<br />
zeigt sich an ihr auch, wie verhängnisvoll<br />
es mittlerweile geworden ist,<br />
dass die finanzielle Härte an das<br />
Merkmal des „allgemein Üblichen“<br />
geknüpft wird. In einigen Jahren ist<br />
alles üblich, und es gibt dann keine<br />
finanzielle Härten mehr.<br />
Hier ist der Gesetzgeber gefordert.<br />
Die Entscheidung ist noch zu dem<br />
alten Modernisierungsrecht ergangen.<br />
Künftig wird die finanzielle Här <br />
te erst bei der Frage, ob die Mieterhö <br />
hung geschuldet ist, erörtert. Hier<br />
könnte wegen des Wortlautes in §<br />
559 Absatz 4 BGB („soweit“) eine<br />
andere Beurteilung möglich sein.<br />
Nämlich die Aufspaltung der Mieterhöhung<br />
für übliche Maßnahmen<br />
und für unübliche. Warten wir es ab.<br />
Mietmangel<br />
Ein Mieter ist nicht zur Mietminderung<br />
berechtigt, wenn die Fassade<br />
des Hauses mit Efeu berankt ist und<br />
sich daraus die üblichen Belästigungen<br />
durch nistende Vögel und Ungeziefer<br />
ergeben.<br />
AG Köpenick vom 26.4.2013<br />
– 12 C 384/12 –, mitgeteilt<br />
von RA Matthias Tüxen<br />
Langfassung im Internet<br />
Das Gericht verwehrte dem Mieter<br />
die Minderung, weil kein erheblicher<br />
Mangel vorläge.<br />
Eine Beeinträchtigung des Wohnwertes<br />
wollte das Gericht in dem<br />
vorgefundenen Bewuchs nicht erkennen.<br />
Der Efeu ranke nicht weit<br />
an die Fenster heran, so dass die<br />
Helligkeit in den Zimmern dadurch<br />
kaum verringert werde. Er wirke ähnlich<br />
wie ein nahe vor dem Fenster<br />
stehender Baum. Kleinere vereinzelte<br />
ans Fenster ragende und bei Wind<br />
gegen die Scheibe schlagende Zweige<br />
könnten die Mieter ohne großen<br />
Aufwand abschneiden.<br />
Einen zur Minderung berechtigenden<br />
Mangel stellten weder die aus<br />
dem EfeuBewuchs folgenden Verschmutzungen<br />
durch Vogelkot oder<br />
der Lärm nistender Vögel dar. Auch<br />
über einen Straßenbaum direkt vor<br />
dem Schlafzimmerfenster könnte<br />
man sich deshalb nicht beschweren<br />
oder deswegen die Miete mindern.<br />
30<br />
MieterMagazin 10/2013