PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
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übersät, auf der Wiese haben es<br />
selbst robuste Gräser schwer, sich<br />
gegen die unzähligen festgetretenen<br />
Kronkorken durchzusetzen. Der Bezirk<br />
muss jährlich 100 000 Euro nur<br />
für die Reinigung des Mauerparks<br />
ausgeben.<br />
Undenkbar ist in den Bezirken, aus<br />
eigenen Mitteln neue Grünanlagen<br />
zu schaffen oder auch nur Bäume zu<br />
pflanzen. Investitionen werden praktisch<br />
nur noch über Ausgleichs- und<br />
Ersatzmaßnahmen finanziert: Wenn<br />
für Bauvorhaben Bäume gefällt, Hecken<br />
gerodet oder Flächen versiegelt<br />
werden, müssen die Investoren nach<br />
dem <strong>Berliner</strong> Naturschutzgesetz entweder<br />
vor Ort für einen Ersatz sorgen<br />
oder eine Zahlung leisten.<br />
Hecken und büsche haben<br />
einen schweren Stand<br />
Jede Neu- und Umgestaltung einer<br />
Grünanlage steht unter der Vorgabe:<br />
Pflegeleicht muss es sein. Hecken<br />
und Büsche haben deshalb in<br />
der heutigen Landschaftsplanung<br />
einen schweren Stand, ein dichter<br />
Baumbestand steht ebenfalls nicht<br />
hoch im Kurs. Aktueller Streitfall ist<br />
der Kleine Tiergarten in Moabit. Im<br />
Ostteil des schlecht gepflegten und<br />
teilweise verwilderten Parks sollen<br />
100 Bäume gefällt, Sträucher ausgelichtet<br />
und die Hecken an den Parkrändern<br />
gerodet werden. Be gründet<br />
wird das auch mit der Sicherheit:<br />
Dunkle Ecken sollen verschwinden.<br />
Nach dem gleichen Muster wird zurzeit<br />
der Westteil des Tiergartens umgestaltet,<br />
der benachbarte Ottopark<br />
hat diese Radikalkur bereits hinter<br />
sich. Die Naturschützer der Verbände<br />
Grünpflege heißt<br />
in den beliebten<br />
innerstädtischen<br />
Parks vor allem<br />
eines: Sauber<br />
machen (oben:<br />
Görlitzer Park,<br />
links: Mauerpark)<br />
NABU und BUND halten eine Neugestaltung<br />
des Kleinen Tiergartens<br />
zwar für notwendig, kritisieren aber<br />
in einer gemeinsamen Erklärung die<br />
aktuellen Pläne: „Im Ergebnis zeichnet<br />
sich eine übersichtliche Parkanlage<br />
ab, in der Sitzkübel wich tiger sind<br />
als stadtökologische Aspekte.“<br />
Straßenbäume dagegen werden in<br />
der Regel nur gefällt, wenn der Baum<br />
krank und dessen Standfestigkeit<br />
nicht mehr gewährleistet ist. Dass mit<br />
einem Pflegeschnitt einzelne Bäume<br />
vielleicht doch noch länger stehen<br />
könnten, steht auf einem anderen<br />
Blatt. Sich um einen Baum intensiv<br />
zu kümmern, kostet Geld, seine vorzeitige<br />
Fällung spart schlicht Kosten.<br />
Laut aktuellem BUND-Baumreport<br />
hat Berlin von 2005 bis 2011 insgesamt<br />
10 336 Straßenbäume verloren<br />
– allein deshalb, weil nicht für jeden<br />
gefällten Baum ein neuer gepflanzt<br />
wurde. Der Trend hat sich allerdings<br />
verlangsamt, und in den Bezirken<br />
Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg<br />
gibt es inzwischen mehr Nachpflanzungen<br />
als Fällungen.<br />
Der Senat will mit der Kampagne<br />
„Stadtbäume für Berlin“ bis Ende<br />
2017 erreichen, dass 10 000 zusätzliche<br />
Straßenbäume gepflanzt werden.<br />
1000 Euro kostet ein neuer<br />
Baum, die Hälfte davon sollen Spender<br />
aufbringen. Und weil es heute<br />
eher funktioniert, sich mit einem<br />
konkreten Baum zu identifizieren als<br />
mit dem städtischen Allgemeingrün,<br />
kann man sich „seinen“ zukünftigen<br />
Baum auf einer Standortkarte im<br />
Internet aussuchen.<br />
Dass den Spendern ihr Baum ans<br />
Herz wachsen wird, liegt auf der<br />
Hand. Wenn nun aber auch die Hundehalter,<br />
parkenden Autofahrer,<br />
Sperrmüllentsorger und Wintersalzstreuer<br />
umdenken könnten, wäre das<br />
so etwas wie eine kleine Alltagsrevolution<br />
in Berlin – und die Voraussetzung<br />
dafür, dass den Straßenbäumen<br />
ein längeres Leben beschieden ist.<br />
Denn nicht zuletzt haben die heißen<br />
Tage in diesem Sommer gezeigt, was<br />
unter anderem die Qualität dessen<br />
sein kann, was so schlicht als Straßenbegleitgrün<br />
bezeichnet wird: eine<br />
baumbestandene Straße ist um bis zu<br />
sechs Grad kühler als eine baumlose.<br />
Jens Sethmann<br />
L Stadtbaumkampagne<br />
des Senats:<br />
www.berlin.de/<br />
stadtbaum,<br />
S 90 25-12 34<br />
L Initiative<br />
„10 000 neue<br />
Bäume für Berlin“<br />
des BUND:<br />
www.baeumefuer-berlin.de,<br />
S 78 79 00-58<br />
Übersichtlich soll<br />
es sein: Ottopark<br />
in Moabit (links),<br />
Umbau des Kleinen<br />
Tiergartens (oben)<br />
MieterMagazin 10/2013<br />
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