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Ausgabe 10/2013 - Bürgermeister Zeitung

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Republik Österreich<br />

haftet für Studienver -<br />

zögerungen<br />

Ist für bestimmte Lehrveranstaltungen<br />

die Teilnehmerzahl beschränkt,<br />

so sind von der Universität<br />

ausreichende Parallellehrveranstaltungen<br />

anzubieten. Die<br />

Republik Österreich ist verpflichtet,<br />

den Universitäten jene Mittel<br />

zur Verfügung zu stellen, die sie<br />

benötigen, um ihre gesetzlichen<br />

Verpflichtungen zu erfüllen. Der<br />

Hinweis auf fehlende finanzielle<br />

und personelle Mittel entschuldigt<br />

nicht.<br />

Sachverhalt:<br />

Der Kläger studierte Medizin<br />

an einer österreichischen Universität.<br />

Da bei verpflichtenden Lehrveranstaltungen<br />

die Teilnehmerzahl<br />

beschränkt war und der Kläger<br />

aufgrund seines bisherigen<br />

Studienerfolgs nicht gut genug<br />

gereiht wurde, konnte er bestimmte<br />

Lehrveranstaltungsmodule<br />

nicht wie geplant absolvieren.<br />

Von der Universität wurden<br />

weder Parallel- noch Ersatzlehrveranstaltungen<br />

angeboten. Der<br />

Kläger konnte sein Studium daher<br />

nicht schon vor den Sommerferien,<br />

sondern frühestens im November<br />

abschließen. Er begehrte<br />

die Feststellung der Haftung der<br />

Republik Österreich für alle daraus<br />

resultierenden künftigen<br />

Schäden. Die Vorinstanzen wiesen<br />

das Feststellungsbegehren<br />

(im zweiten Rechtsgang) ab. Der<br />

Oberste Gerichtshof billigte diese<br />

Entscheidungen nicht und gab<br />

dem Kläger Recht.<br />

Aus der Begründung:<br />

Dazu verwies der OGH<br />

zunächst auf seine Entscheidung<br />

im ersten Rechtsgang (1 Ob<br />

93/<strong>10</strong>y), in der er bereits die<br />

Rechtswidrigkeit der Studienbedingungen<br />

der Universität bejaht<br />

hatte. Die Rechtswidrigkeit ergibt<br />

sich aus § 54 Abs 8 des Universitätsgesetzes<br />

2002. Danach ist für<br />

Lehrveranstaltungen mit beschränkter<br />

Teilnehmerzahl ein<br />

Verfahren zur Vergabe der Plätze<br />

festzulegen. „Dabei ist zu beachten“,<br />

heißt es im Gesetz, „dass<br />

den bei einer Anmeldung zurückgestellten<br />

Studierenden daraus<br />

keine Verlängerung der Studienzeit<br />

erwächst“.. Im Bedarfsfall<br />

sind, wie die Rechtsnorm vorschreibt,<br />

Parallellehrveranstaltungen<br />

anzubieten.<br />

34 RECHT UND GEMEINDE§Dr. Martin Kind<br />

Von der Universität wurden jedoch<br />

keine Parallellehrveranstaltungen<br />

angeboten. Das Unterbleiben<br />

des Anbietens von Parallellehrveranstaltungen<br />

zur Vermeidung<br />

von Studienverzögerungen<br />

erweist sich damit als rechtswidrig.<br />

Auch nur geringfügige Verzögerungen<br />

des Studiums müssen<br />

von einem Studierenden nicht<br />

hingenommen werden. Durch die<br />

erwähnte Rechtsvorschrift soll jede<br />

Verlängerung der Studienzeit<br />

verhindert werden; dies gilt auch<br />

für zukünftige Vermögensnachteile<br />

aufgrund eines verspäteten<br />

Studienabschlusses.<br />

Im zweiten Rechtsgang war<br />

noch die Frage des Verschuldens<br />

zu klären. Der Oberste Gerichtshof<br />

bejahte ein Verschulden der<br />

Universitätsorgane, weil Parallellehrveranstaltungen<br />

zu den vom<br />

Kläger genannten Modulen<br />

durchaus möglich gewesen<br />

wären. Darüber hinaus hielt er<br />

Folgendes fest: Im Fall von Verletzungen<br />

von Bestimmungen des<br />

Studienrechts hat die Amtshaftung<br />

des zuständigen Rechtsträgers<br />

einzutreten. Die Republik<br />

Österreich ist verpflichtet, den<br />

Universitäten jene Mittel zur Verfügung<br />

zu stellen, die sie benötigen,<br />

um ihre gesetzlichen Verpflichtungen<br />

zu erfüllen. Bei einem<br />

Ansteigen der Studierendenzahlen<br />

sind geeignete Vorkehrungen<br />

zu treffen. Die Republik<br />

Österreich kann sich nicht auf<br />

mangelnde finanzielle Mittel und<br />

einen allgemeinen Personalmangel<br />

der Universität berufen.<br />

OGH11.4.<strong>2013</strong>,1 Ob 251/12m<br />

Anmerkung:<br />

Die Entscheidung des OGH wegen<br />

Haftung des Bundes für geringes<br />

Lehrveranstaltungsangebot<br />

kommt – zumindest für Insider<br />

– nicht wirklich überraschend.<br />

Sie war – aufgrund der „Vorläu-<br />

ferentscheidung“ 1 Ob 93/<strong>10</strong>y –<br />

„absehbar“. Mit anderen Worten<br />

hatte der OGH bereits vor drei<br />

Jahren entschieden, dass sich die<br />

gesetzliche Pflicht der Universitäten,<br />

Studienzeitverlängerungen<br />

infolge der beschränkten Teilnahmemöglichkeiten<br />

an Lehrveranstaltungen<br />

hintanzuhalten, klar<br />

aus dem Wortlaut des § 54 Abs 8<br />

UG 2002 ergibt. Voraussetzung<br />

für die Bejahung eines daraus abgeleiteten<br />

Amtshaftungsanspruchs<br />

ist freilich ein Verschulden<br />

der Universitätsorgane – und<br />

diese Frage hat der OGH mit 1<br />

Ob 251/12m geklärt. Dass damit<br />

die leidige Debatte um „horrende<br />

Studienbedingungen“ österreichischer<br />

Studenten und die chronische<br />

Unterfinanzierung der Universitäten<br />

nicht beendet ist, ist<br />

klar. Ganz und gar nicht klar ist,<br />

ob dem Bund nicht noch – im Lichte<br />

von 1 Ob 251/12m – ein Déjàvu<br />

droht, wenn er meint, dass 1<br />

Ob 251/12m – weil die Rechtslage<br />

sich inzwischen geändert habe (§<br />

59 Abs 7 UG 2002) – „Schnee von<br />

gestern“ sei.<br />

Keine Bedenken gegen<br />

die Ermächtigung zur<br />

Beschlagnahme von<br />

Glücksspielautomaten<br />

Die Anträge des UVS OÖ auf<br />

Aufhebung der Wendung „53,“<br />

im zweiten Satz des § 52 Abs 2<br />

GlücksspielG sowie in eventu des<br />

§ 63 Abs 1 des VwGG werden abgewiesen.<br />

Der VfGH teilte die Bedenken<br />

ob der Ermächtigung zur<br />

Beschlagnahme von Glücksspielautomaten<br />

wegen des Verdachts<br />

gerichtlich strafbarer Handlungen<br />

bzw ob der Bindungswirkung aufhebender<br />

Erkenntnisse des<br />

VwGH nicht.<br />

§ 52 Abs 2 zweiter Satz GSpG<br />

iVm § 53 GSpG enthält nur die<br />

Zuständigkeit für Beschlagnahmen,<br />

nicht aber jene zur Durchführung<br />

des Verwaltungsstrafverfahrens<br />

selbst. Der VfGH geht mit<br />

der stRsp des VwGH davon aus,<br />

dass die Befugnisse im Rahmen<br />

der behördlichen Sicherungsmaßnahmen<br />

nach den §§ 53, 54 und<br />

56a GSpG ungeachtet der – nunmehr<br />

ausdrücklich angeordneten<br />

– Subsidiarität des § 52 Abs 1<br />

GSpG gegenüber § 168 StGB hinsichtlich<br />

der Strafverfolgung und<br />

Strafbarkeit unberührt bleiben.<br />

Dieses Auslegungsergebnis wird<br />

durch die Gesetzesmaterialien<br />

bestätigt, denen zufolge durch die<br />

Einfügung des Verweises klargestellt<br />

werden sollte, dass „bei Kontrollhandlungen,<br />

die (auch) einen<br />

Verdacht einer Übertretung des §<br />

168 StGB ergeben, eine allenfalls<br />

von den Kontrollorganen vorgenommene<br />

vorläufige Sicherstellung<br />

der Eingriffsgegenstände<br />

gemäß § 53 Abs 2 GSpG mittels<br />

Beschlagnahmeverfahren durch<br />

die Behörde beschlossen und in<br />

der Folge mittels Einziehungsverfahren<br />

zur Verhinderung weiterer<br />

Übertretungen beendet werden<br />

kann“. Die Bestimmung ist nicht<br />

nur nicht unklar, sondern durch<br />

die Rsp des VwGH in ihrer Bedeutung<br />

in Fällen einer Zuständigkeit<br />

des Gerichts geklärt.<br />

Die eine Beschlagnahme anordnende<br />

Verwaltungsbehörde<br />

und ein allenfalls zur Verhängung<br />

einer Strafe zuständiges Gericht<br />

entscheiden nicht über dieselbe<br />

Sache. Da bei Anordnung der Beschlagnahme<br />

nach § 53 GSpG<br />

noch nicht erwiesen sein muss<br />

(und in diesem Verfahrensstadium<br />

häufig auch nicht sein wird),<br />

ob eine Verwaltungsübertretung<br />

nach § 52 Abs 1 GSpG begangen<br />

oder der Tatbestand des § 168<br />

StGB verwirklicht wurde, hat § 52<br />

Abs 2 letzter Satz GSpG insoweit<br />

die Anordnung zum Inhalt, dass<br />

die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden<br />

nach § 53 GSpG<br />

solange gegeben ist, als nicht die<br />

ausschließliche Gerichtszuständigkeit<br />

feststeht. Dieses Auslegungsergebnis<br />

schließt verfassungsrechtliche<br />

Bedenken gegen<br />

diese Regelung schon von vornherein<br />

aus; die Frage, ob § 52 Abs<br />

2 letzter Satz GSpG bei einem anderen<br />

Auslegungsergebnis gegen<br />

das Prinzip der Trennung von Justiz<br />

und Verwaltung nach Art 94<br />

B-VG verstoßen würde, stellt sich<br />

somit nicht. Die Behörde entscheidet<br />

im Rahmen der Anordnung<br />

einer Beschlagnahme darüber, ob<br />

der Verdacht einer Verwaltungsübertretung<br />

gegeben ist. Das Gericht<br />

aber entscheidet gegebenenfalls,<br />

ob eine Straftat nach §<br />

168 StGB begangen wurde.<br />

Der „Folgenbeseitigungsanspruch“<br />

als Folge der erweiterten<br />

Bindungswirkung eines aufhebenden<br />

Erk des VwGH ist von<br />

vorneherein auf die Sach- und<br />

Rechtslage beschränkt, die dem<br />

durch das aufhebende Erk aufgehobenen<br />

Bescheid zugrunde lag.<br />

Spätere Änderungen der Rechtslage<br />

– mögen sie durch den Gesetzgeber<br />

selbst vorgenommen<br />

werden oder die Folge der Aufhebung<br />

eines Gesetzes durch den<br />

VfGH sein – begrenzen daher sowohl<br />

den Folgenbeseitigungsanspruch<br />

der Parteien des Verfahrens<br />

vor dem VwGH als auch die<br />

Pflicht der belangten Behörde,<br />

den der Rechtsanschauung dieses<br />

Gerichtshofs entsprechenden<br />

Rechtszustand herzustellen.<br />

Selbst wenn der VfGH zum Ergebnis<br />

gekommen wäre, dass die<br />

vom UVS angefochtene Wendung<br />

verfassungswidrig wäre, hätte da-<br />

<strong>Bürgermeister</strong> <strong>Zeitung</strong> <strong>10</strong>/<strong>2013</strong>

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