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Magazin #13 - Der Club zu Bremen

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Prof. Dr. Thomas Rommel<br />

„Ich habe mir oft vorgenommen, eine Gesellschaft der besten<br />

Männer <strong>zu</strong> gründen. Wenn sich solche Herren <strong>zu</strong>sammenschließen<br />

würden, könnten sie die Welt deutlich voranbringen“,<br />

schrieb der Autor Jonathan Swift 1723, drei Jahre bevor er seinen<br />

bekannten Roman Gullivers Reisen veröffentlichte. Swift<br />

brachte damit <strong>zu</strong> Ausdruck, was viele erfolgreiche Männer des<br />

18. Jahrhunderts dachten. Dass man, um den Wohlstand und das<br />

Wohlergehen der Gesellschaft <strong>zu</strong> befördern, die besten Köpfe<br />

braucht. Wer als Kaufmann und Unternehmer Erfolg in der Wirtschaft<br />

hatte, wer als Offizier Macht ausübte, als Theologe Einfluss<br />

hatte, als Professor Bildung vermittelte und als Schriftsteller<br />

den Zeitgeist beobachtete, sollte sein Wissen <strong>zu</strong>m Wohle der<br />

Allgemeinheit verwenden. Dieses Denken entsprach dem Selbstbewusstsein<br />

erfolgreicher bürgerlicher Kreise in Großbritannien,<br />

die sich gegen die traditionellen Privilegien der Aristokratie<br />

wandten. Gesellschaftlich bestimmend sollte demnach die Meritokratie<br />

sein, jene bürgerliche Elite, der ihre Verdienste, ihre<br />

Meriten, <strong>zu</strong>m Erfolg verholfen hatte. Was man brauchte war eine<br />

Möglichkeit, diese engagierten Menschen <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>führen.<br />

Mit dem <strong>zu</strong>nehmenden Überseehandel und dem daraus resultierenden<br />

Wohlstand kamen in Großbritannien mit Ende des 17.<br />

Jahrhunderts die sogenannten coffee-houses in Mode. Das waren<br />

Kaffeehäuser, in denen sich meist Kaufleute trafen, um bei Kaffee<br />

oder Kakao die neuesten Nachrichten <strong>zu</strong> erfahren. Kaffee war<br />

als Luxusgut sehr in Mode, er war teuer (und nach heutigen<br />

Maßstäben ungenießbar), und wer sich Kaffee oder Kakao leisten<br />

konnte, demonstrierte im 18. Jahrhundert Wohlstand,<br />

Geschmack und Zeitgeist. In den Kaffeehäusern lagen meist<br />

Informationen über Schiffe und ihre Ladung aus, und Eigner,<br />

Kapitäne und Händler konnten sich aus erster Hand ein Bild<br />

machen. Nachrichten über Schiffe und ihre Ladung, Häfen und<br />

Zölle, aber auch über internationale Politik und Handelsfragen<br />

wurden ausgetauscht. Aus diesen Wirtschafts- und Schiffsmeldungen<br />

entwickelte sich später das Zeitungswesen. Und in dem<br />

Klima eines informierten Meinungs- und Gedankenaustauschs<br />

fanden sich bei Kaffee und Tabak immer mehr Männer <strong>zu</strong>sammen,<br />

um sich neben dem Geschäft auch anderen wichtigen Fragen<br />

<strong>zu</strong> widmen.<br />

Denn für viele wirtschaftlich Erfolgreiche war die Frage nach der<br />

moralischen Legitimation ihres Handelns sehr wichtig. Bedeutet<br />

der Erfolg des Einen, dass ein Anderer Verluste macht? Wird<br />

Reichtum durch Handel umverteilt, oder helfen Import und<br />

Export, den Wohlstand der Nation <strong>zu</strong> sichern? Wie kann man<br />

moralisch vertreten, dass man wohlhabender ist als ein anderer?<br />

Wie müssen Wirtschaft und Gesellschaft aufgebaut sein, damit<br />

jeder, der fleißig und erfolgreich ist, nicht nur das eigene Wohlergehen<br />

befördert, sondern womöglich noch den Wohlstand aller<br />

und damit den der gesamten Gesellschaft erhöht? Fragen dieser<br />

Art, die fundamental wichtig waren für das Selbstverständnis<br />

einer aufstrebenden, selbstbewussten bürgerlichen Schicht,<br />

konnte man am besten im Kreise Gleichgesinnter diskutieren.<br />

Und solche Gleichgesinnten fanden sich in den Kaffeehäusern<br />

und später in den Gentlemen’s <strong>Club</strong>s des 18. Jahrhunderts in<br />

Großbritannien. Diese <strong>Club</strong>s wurden <strong>zu</strong> Treffpunkten für Männer,<br />

auf die das Prädikat „gentleman“ <strong>zu</strong>traf, und es war keineswegs<br />

ein Adelsprädikat, sondern es wurde <strong>zu</strong>nehmend auch geschäftlich<br />

erfolgreichen Bürgerlichen <strong>zu</strong>erkannt. So schreibt Baron<br />

Bolingbroke (1678-1751) über einen neuen Gentlemen’s <strong>Club</strong>:<br />

„We shall begin to meet in a small number, and that will be composed<br />

of some who have wit and learning to recommend them;<br />

of others who, from their own situations, or from their relations,<br />

have power and influence.” Geist und Intelligenz, Eloquenz und<br />

Bildung, sowie Einfluss und Macht sind die Kriterien, die einen<br />

Mann für die Aufnahme und Mitgliedschaft in dieser Form britischer<br />

Geselligkeit prädestinieren. Beredtes Zeugnis über diese<br />

Art von Zusammenkünften legt eine der bekanntesten Zeitschriften<br />

des frühen 18. Jahrhunderts ab, der Spectator. Noch Jahrzehnte<br />

später als Maßstab hervorragender englischer Prosa und<br />

Stilsicherheit geschätzt, ist der Spectator, wörtlich „der Beobachter“,<br />

das angebliche Protokoll von Zusammenkünften in

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