Gerettete Worte - Verlagsgruppe Droemer Knaur
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dumm, vielleicht sogar kriminell anmuten, zwingen sie uns zu<br />
unserem eigenen Nutzen, über die in der Folgezeit gemachten<br />
Fortschritte nachzudenken.<br />
An jenem Junimorgen wurde mir bewusst, dass ich all mein<br />
Selbstvertrauen verloren hatte. Die Vielschichtigkeit der Biographien,<br />
die ich erkunden wollte – die Kindheitsfreuden dieser<br />
Menschen, ihre Hoffnungen, ihre Vorhaben, ihre Liebesbeziehungen,<br />
Freundschaften, Bindungen –, überwältigte mich<br />
geradezu. Waren sie je glücklich gewesen? Zufrieden? Wie sollte<br />
ich die Interviews beginnen – und wo würden sie enden?<br />
Die Reisevorbereitungen nahmen ein halbes Jahr in Anspruch.<br />
Nicht nur das Organisieren der Interviews, sondern auch das<br />
Erstellen einer »Zeitleiste«, die den Lesern helfen sollte, den<br />
Unterschied zwischen dem historischen China und dem Bild,<br />
das man vom heutigen China hat, zu erkennen, erwiesen sich<br />
als sehr schwierig. Während meiner Recherche entdeckte ich,<br />
dass es in manchen Fällen über zwanzig Jahre dauerte, bis die<br />
ärmsten, im äußersten Westen gelegenen Regionen des Landes<br />
die politischen Richtlinien und Anweisungen der Dienststellen<br />
der Zentralregierung erhielten, die sich zum größten Teil<br />
im Osten Chinas befanden. Und die Verbesserung der modernen<br />
Lebensbedingungen zog sich häufig ebenso lang hin. Die<br />
Ein-Kind-Politik beispielsweise wurde 1979 eingeführt, aber<br />
erst 2004 gesetzlich verankert. Dennoch haben im Süden und<br />
Westen Chinas viele Familien zahlreiche Kinder, selbst in nahe<br />
an Großstädten gelegenen Dörfern. Ich beschloss deshalb,<br />
mich zwischen dem Gelben Fluss und dem Yangtze zu bewegen,<br />
also im bevölkerungsreichsten Teil Chinas, und zwar in<br />
westöstlicher Richtung, damit die Leser unsere Reise mitverfolgen<br />
und einen Eindruck vom Leben in China zwischen den<br />
achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und dem Jahr<br />
2008 erhalten.<br />
Die hier zu Wort kommenden Zeitzeugen lebten in einer Periode,<br />
die im Westen als »die Epoche Rotchinas« bezeichnet<br />
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