Bier im Anstich
Bier im Anstich
Bier im Anstich
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Zapfen ohne Kohlensäure<br />
Foto: iStock<br />
<strong>Bier</strong> <strong>im</strong> <strong>Anstich</strong><br />
Zweifelsfrei, <strong>Bier</strong> schmeckt am besten frisch aus dem Fass. Für die kleine<br />
Grill-Party benötigen Sie dafür nicht einmal große, teure Zapfanlagen<br />
oder sonstiges technisches Gerät – 1,50 Euro für Zubehör reicht! (Mirco Lang)<br />
„Wenn Sie schnell und unkompliziert<br />
Fassbier trinken wollen,<br />
ist das 10-Liter-Fass mit Bayrischem<br />
<strong>Anstich</strong> erste Wahl: Keine<br />
Technik, keine Reinigung, reichlich<br />
verfügbar – und stilecht!“<br />
Mirco Lang, Freier Journalist & <strong>Bier</strong>experte<br />
Samstag Nachmittag, die Sonne<br />
brennt, irgendwo surren Rasenmäher,<br />
Fett zischt in der Glut und der Duft<br />
gegrillter Köstlichkeiten lullt Sie ein –<br />
fehlt nur noch ein golden gefülltes<br />
Glas, leicht beschlagen und mit einer<br />
schönen Krone, ein perfekter Nachmittag.<br />
Ein Blick auf deutsche Grills offenbart<br />
schnell, dass dort mittlerweile<br />
längst nicht mehr nur banale Würstchen<br />
oder Minutensteaks brutzeln,<br />
sondern aufwändige Variationen aller<br />
möglichen Fleischstücke, Geflügel oder<br />
Meeresgetier mit liebevoll aufgepinselten<br />
Saucen und Marinaden. Ihr <strong>Bier</strong><br />
hingegen stammt aller Wahrscheinlichkeit<br />
nach ganz profan aus der Flasche<br />
– dabei können Sie Ihrem Fest mit<br />
sehr wenig Aufwand und Kosten, ganz<br />
wie Ihrem <strong>Bier</strong>, die Krone aufsetzen:<br />
mit einem s<strong>im</strong>plen <strong>Anstich</strong>fass. <strong>Bier</strong><br />
aus dem Fass schmeckt besser, es müssen<br />
nicht dauernd Flaschen geholt<br />
werden, die sich auf dem Tisch türmen<br />
und die Grillerin am Zapfhahn verbreitet<br />
Party-Flair. Dafür benötigen Sie<br />
weder Küchenzapfanlagen wie <strong>Bier</strong>maxx<br />
oder Perfect Draft, die Strom,<br />
teure Spezialfässer und Wartung benötigen,<br />
noch „echte“ Zapfanlagen mit<br />
CO 2<br />
-Flaschen und Zuleitungen. „Back<br />
to the Roots“ ist hier das Stichwort:<br />
Für den kleinen Kreis gibt es nichts<br />
besseres als ein 10- oder 15-Liter-<strong>Anstich</strong>fass,<br />
in das Sie lediglich einen<br />
Zapfhahn schlagen müssen. Bei diesen<br />
Fässern wird meist von Doppelanstichfässern<br />
oder Bayrischem <strong>Anstich</strong> ge-<br />
1 Pittermännchen richtig zapfen: Dichtungsgummis sollten<br />
Sie ein paar Minuten ins Wasser legen, insbesondere ältere,<br />
da Gummi spröde und undicht wird; Holzhähne gehören<br />
unbedingt ins Wasserbad, da das Holz <strong>im</strong> Wasser quillt und<br />
dadurch das Dichtgummi besser ausfüllt<br />
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Zapfen ohne Kohlensäure<br />
sprochen. Das heißt lediglich, dass sich<br />
unten an der Seite des Fasses eine Öffnung<br />
für den <strong>Bier</strong>fluss befindet und<br />
oben eine Entlüftungsöffnung. Sie<br />
kennen dies sicherlich von den alljährlichen<br />
„O'zapft is“-Bildern süddeutscher<br />
Feste – aber keine Sorge, rohe<br />
Gewalt, Hämmer und peinliche Bilder<br />
vermasselter <strong>Anstich</strong>e müssen Sie bei<br />
den kleinen Fässern nicht befürchten.<br />
Meist handelt es sich dabei um neuere,<br />
kunststoffummantelte Metallfässer, in<br />
die Sie den Zapfhahn einfach mit der<br />
Hand einstecken – ein bisschen Kraft<br />
ist nötig, aber wer einen <strong>Bier</strong>kasten<br />
tragen kann, dürfte auch hier keine<br />
Probleme haben.<br />
Das (richtige) <strong>Bier</strong><br />
<strong>Anstich</strong>fässer gehören zum Standardsort<strong>im</strong>ent<br />
vieler Brauereien, meist in<br />
Größen zwischen 10 und 30 Litern. Im<br />
Zweifelsfall sollten Sie <strong>im</strong>mer lieber<br />
mehrere kleine Fässer kaufen: Sie haben<br />
weniger Ausschuss, die Kühlung ist<br />
einfacher und ebenso der Transport.<br />
Preislich unterscheiden sich die Fässer<br />
auch nicht sonderlich, der Abstand zum<br />
Flaschenbier ist aber durchaus nicht<br />
ganz ohne: Rund 1,10 Euro pro Liter<br />
kos tet Flaschenbier, Fassbier rund 2,20<br />
Euro – ein Mehrpreis, der sich bei den<br />
üblichen drei, vier Sommerfesten aber<br />
lohnt. Wichtig ist auch das richtige<br />
<strong>Bier</strong>. Kölner, Düsseldorfer und Süddeutsche<br />
sind hier <strong>im</strong> Vorteil: Weizenbiere,<br />
das für <strong>Bier</strong>gärten typische Helle, Bockbiere<br />
sowie Kölsch und Alt eignen sich<br />
hervorragend für den direkten <strong>Anstich</strong><br />
– Pils hingegen nicht. Das Lagerbier<br />
nach Pilsener Brauart verlangt doch<br />
eher nach einer Zapfanlage und hohem<br />
Druck, da dessen herber Charakter erst<br />
mit der typischen Spritzigkeit wirklich<br />
funktioniert. Selbst be<strong>im</strong> Zapfen mit<br />
CO 2<br />
führt zu geringer Druck sehr<br />
schnell dazu, dass Pils schal wirkt. Gerade<br />
obergärige, fruchtige <strong>Bier</strong>e sind<br />
weniger auf Kohlensäure angewiesen,<br />
neben den erwähnten Exemplaren zählen<br />
dazu beispielsweise auch britische<br />
Ales, die allerdings nicht ganz einfach<br />
zu beziehen sind. Leider bekommt man<br />
selbst bei guten Getränkemärkten bes -<br />
tenfalls Kölsch und Alt als kleines <strong>Anstich</strong>fass.<br />
Also müssen Sie entweder<br />
be<strong>im</strong> Händler bestellen, oder noch besser,<br />
direkt bei einer lokalen Brauerei<br />
vorbeifahren. Tipp: Brauereien mit eigenem<br />
Ausschank verkaufen des öfteren<br />
auch aus ihren Gaststätten heraus,<br />
so dass Sie selbst samstags um 23.00<br />
Uhr noch Chancen auf ein gekühltes<br />
Fässchen haben. So oder so sollten Sie<br />
auf zwei Dinge achten: Kaufen Sie die<br />
Fässer am besten gekühlt, selbst ein Pittermännchen<br />
(10-Liter-Fass) passt nur<br />
in sehr große Kühlschränke. Und gönnen<br />
Sie dem <strong>Bier</strong> mindestens zwei, drei<br />
Stunden Ruhezeit – sonst fungiert das<br />
Fass be<strong>im</strong> <strong>Anstich</strong> als Dusche.<br />
Zapfhahn und Zubehör<br />
Neben dem Fass benötigen Sie lediglich<br />
einen Zapfhahn. Hier handelt es sich in<br />
der Regel um Schwenkhähne, auch Kükenhähne<br />
genannt, die meist in drei Varianten<br />
verfügbar sind: Klassisch aus<br />
Holz für rund 4 Euro, als „Einweghahn“<br />
aus Kunststoff für 1,50 Euro oder als<br />
edle Messingversion, oft mit Brauerei-<br />
Logos, für 40 bis 60 Euro. Holzhähne<br />
bieten eine gute Haptik, müssen aber<br />
vorher kurz in Wasser eingelegt werden,<br />
damit auch alles dicht ist; zudem<br />
ist Holz natürlich anfällig für Sch<strong>im</strong>mel<br />
und Verschmutzung. Kunststoffhähne<br />
mögen nicht sonderlich stilecht sein,<br />
sind jedoch stabil, sauber und funktionieren<br />
einwandfrei. Wenn Sie häufiger<br />
zapfen, lohnt sich aber durchaus die Investition<br />
in einen schicken Messinggockel,<br />
der sich natürlich zerlegen und<br />
gut reinigen lässt – was Sie dringend<br />
und gründlich tun sollten! Übrigens gilt<br />
das gleiche für Gläser, da die geringsten<br />
Fett- oder Spülmittelreste jede<br />
Schaumkrone vernichten. Sofern Sie<br />
alte Holzfässer beziehen, benötigen Sie<br />
noch ein vernünftiges Schlagwerkzeug<br />
Kühl, blond, erfrischend und<br />
selbst gezapft – besser<br />
geht's nicht. Wenn Sie Ihr<br />
erstes Fass selbst angeschlagen<br />
und geleert haben,<br />
bleibt Flaschenbier für<br />
<strong>im</strong>mer die zweite Wahl<br />
2 Setzen Sie das Gummi in die Öffnung unten in das stehende<br />
Fass ein. Falls eine Seite des Gummis abgerundet ist, führen Sie<br />
diese zuerst ein<br />
3 Bei modernen Fässern drücken Sie den geschlossenen Hahn<br />
einfach per Hand ins Fass und damit den Verschlussstopfen<br />
nach innen – eine Hand hinter das Fass und kräftig drücken,<br />
sonst schieben Sie das Fass weg und riskieren eine Dusche<br />
4 Achten Sie darauf, dass der Hahn bis zum Anschlag eingesetzt<br />
ist. Sitzt er zu locker, kann er sich durch das viele Öffnen<br />
und Schließen lösen und in der Anzapfphase durch den Druck<br />
der Kohlensäure lösen<br />
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Zapfen ohne Kohlensäure<br />
– mit einem Z<strong>im</strong>mermannshammer auf<br />
einen kleinen Plastikausfluss in der<br />
Hand einzuschlagen ist keine gute Idee.<br />
Zapfgarnituren aus Messing bringen<br />
neben dem Hahn auch <strong>im</strong>mer noch ein<br />
Ventil zur Entlüftung des Fasses mit,<br />
denn wie auch die ansonsten ewig tropfende<br />
Dosenmilch, braucht das Fass eine<br />
zweite Öffnung, da der Druck <strong>im</strong><br />
Fass lediglich für ein, zwei Gläser voll<br />
Schaum reicht, anschließend kommt<br />
ohne Entlüftung nichts<br />
mehr aus dem Hahn.<br />
Brauereien bieten oft<br />
auch Fassböcke an, aber<br />
40 Euro für einen mit<br />
Werbung versehenen<br />
Holzschemel müssen Sie<br />
nun wirklich nicht<br />
inves tieren. Was noch<br />
fehlt: Kühlung!<br />
Viele Brauereien bieten auch hochwertige<br />
Messinghähne für ambitionierte Zapfer an.<br />
Hier die Profiausführung von Gaffel Kölsch in<br />
Messing. Dazu gehört ein verschließbares<br />
Belüftungsventil für die obere Fassöffnung<br />
Quelle: Gaffel<br />
Das CoolKeg kühlt <strong>Bier</strong> per<br />
chemischer Reaktion binnen<br />
30-40 Minuten auf Trinktemperatur<br />
– leider bieten<br />
dies recht wenige Marken<br />
an, etwa Hasen-Bräu,<br />
Ayinger oder Tucher, das Sie<br />
auch online bestellen<br />
können<br />
Quelle: Tucher<br />
Kühlung: Alternativen<br />
Auf technisches Gerät<br />
wollen wir nun ja gerade<br />
verzichten, Durchlaufkühler<br />
oder Fasskühlschränke<br />
fallen daher<br />
weg. Kaufen Sie die Fässer<br />
am besten drei Stunden<br />
vor dem <strong>Anstich</strong> gekühlt<br />
be<strong>im</strong> Händler und<br />
halten Sie sie mit nassen<br />
Handtüchern oder Eisbeuteln<br />
kalt. Am besten funktioniert<br />
das ganze mit Coolpacks, wie sie z.B.<br />
für Kühltaschen verwendet werden.<br />
Und wenn Sie es professionell haben<br />
wollen, fragen Sie einfach be<strong>im</strong> nächsten<br />
Fischhändler nach etwas Trockeneis,<br />
das hält auch <strong>im</strong> Hochsommer lange<br />
kühl – zumal die modernen Fässer<br />
mit Kunststoffmantel sowieso recht gut<br />
Kälte speichern können. Manche<br />
Brauereien haben sogar spezielle Thermofässer<br />
<strong>im</strong> Sort<strong>im</strong>ent, die doppelwandig<br />
sind und dazwischen so eine Art<br />
Kühlakku besitzen. Allerdings muss<br />
man die in aller Regel vorbestellen und<br />
am besten direkt aus einer etwa<br />
24-stündigen Vorkühlung be<strong>im</strong> Getränkehändler<br />
auf den „Schanktisch“<br />
holen. Die wohl komfortabelste Art und<br />
Weise ist aber das selbstkühlende Fass,<br />
wie es beispielsweise Tucher oder Hirter<br />
anbieten: Per chemischer Reaktion<br />
werden die 10 oder 20 Liter <strong>Bier</strong> <strong>im</strong> sogenannten<br />
CoolKeg-Fass binnen rund<br />
drei Stunden auf Trinktemperatur gekühlt<br />
und stundenlang auch kühl gehalten.<br />
Gezapft wird ebenfalls mit einem<br />
gewöhnlichen Kunststoffkükenhahn.<br />
Vorrätig werden Sie derartige<br />
Fässer aber eher selten finden, Planung<br />
und Bestellung ist unumgänglich. Tucher<br />
gibt es beispielsweise deutschlandweit<br />
über den Tucher-Onlineshop,<br />
aber bedenken Sie die enormen Versandkosten<br />
von 13,80 Euro – zurückschicken<br />
müssen Sie die Fässer natürlich<br />
ebenfalls! Auch für die etwas unschönen<br />
5-Liter-Partydosen gibt es mit<br />
angepassten Kühlmanschetten eine<br />
komfortable Lösung. Und zum Schluss<br />
doch noch eine kleine Erlösung für Pils-<br />
Freunde: Einige wenige Brauereien bieten<br />
durchaus praktikable Zwischenlösungen.<br />
Beispielsweise gibt es von<br />
Krombacher ein 11-Liter-Fass mit integrierter<br />
CO 2<br />
- Zapfanlage sowie eine<br />
passende Kühlmanschette – kühles,<br />
richtig gezapftes Pils ist somit zumindest<br />
in dieser Größenordnung sowie <strong>im</strong><br />
5-Liter-Format, kein Problem. Und <strong>im</strong><br />
Gegensatz zum offenen <strong>Anstich</strong>fass<br />
schmeckt das <strong>Bier</strong> auch noch zum<br />
Frühshoppen. Hinter Krombachers<br />
„Frische Fässchen“ steckt übrigens das<br />
freshKeg-System, das etwa auch die<br />
kleinen Brauereien Liebharts oder Kellerwälder<br />
nutzen.<br />
■<br />
5 Nun zapfen Sie ein, zwei Gläser Schaum, bis der Druck <strong>im</strong><br />
Fass nachlässt. Hier sehen Sie, dass schon be<strong>im</strong> zweiten<br />
Glas trotz geöffneten Hahns nichts mehr kommt – <strong>im</strong> Fass<br />
herrscht jetzt ein Unterdruck<br />
6 Öffnen Sie nun die Entlüftung auf der Oberseite des<br />
Fasses, indem Sie den Stopfen ins Innere des Fasses drücken<br />
– ausfließendes <strong>Bier</strong> zeigt lediglich, dass das Fass gut<br />
gefüllt ist. Achtung: Zapfhahn vorher schließen<br />
7 Nun können Sie endlich loslegen, das Glas schräg<br />
ansetzen, den Hahn öffnen und hier <strong>im</strong> Falle von Kölsch<br />
(oder Alt) direkt bis zur Krone durchzapfen<br />
96 GRILL Magazin 1/2011