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Die Traumdeutung - ODYSSEE Theater

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Mehrzahl der Autoren die Neigung entwickelt, den psychischen Anteil an der Traumerregung,<br />

dem so schwer beizukommen ist, möglichst zu verkleinern. Sie unterscheiden zwar als<br />

Haupteinteilung den Nervenreiz- und den Assoziationstraum, welch letzterer ausschließlich in<br />

der Reproduktion seine Quelle findet ( Wundt, S. 365), aber sie können den Zweifel nicht<br />

loswerden, »ob sie sich ohne anstoßgebenden Leibreiz einstellen« ( Volkelt, S. 127). Auch die<br />

Charakteristik des reinen Assoziationstraumes versagt: »In den eigentlichen<br />

Assoziationsträumen kann von einem solchen festen Kern nicht mehr die Rede sein. Hier<br />

dringt die lose Gruppierung auch in den Mittelpunkt des Traumes ein. Das ohnedies von<br />

Vernunft und Verstand freigelassene Vorstellungsleben ist hier auch von jenen<br />

gewichtvolleren Leib- und Seelenerregungen nicht mehr zusammengehalten und so seinem<br />

eigenen bunten Schieben und Treiben, seinem eigenen lockeren Durcheinandertaumeln<br />

überlassen.« ( Volkelt, S. 118.) Eine Verkleinerung des psychischen Anteils an der<br />

Traumerregung versucht dann Wundt, indem er ausführt, daß man die »Phantasmen des<br />

Traumes wohl mit Unrecht als reine Halluzinationen ansehe. Wahrscheinlich sind die meisten<br />

Traumvorstellungen in Wirklichkeit Illusionen, indem sie von den leisen Sinneseindrücken<br />

ausgehen, die niemals im Schlafe erlöschen.« (S. 359 u. f.) Weygandt hat sich diese Ansicht<br />

angeeignet und sie verallgemeinert. Er behauptet für alle Traumvorstellungen, daß »ihre<br />

nächste Ursache Sinnesreize sind, daran erst schließen sich reproduktive Assoziationen« (S.<br />

17). Noch weiter in der Verdrängung der psychischen Reizquellen geht Tissié (p. 183): » Les<br />

rêves d'origine absolument psychique n'existent pas«, und anderswo (p. 6): » Les pensées de<br />

nos rêves nous viennent du dehors...«<br />

<strong>Die</strong>jenigen Autoren, welche wie der einflußreiche Philosoph Wundt eine Mittelstellung<br />

einnehmen, versäumen nicht anzumerken, daß in den meisten Träumen somatische Reize und<br />

die unbekannten oder als Tagesinteresse erkannten psychischen Anreger des Traumes<br />

zusammenwirken.<br />

Wir werden später erfahren, daß das Rätsel der Traumbildung durch die Aufdeckung einer<br />

unvermuteten psychischen Reizquelle gelöst werden kann. Vorläufig wollen wir uns über die<br />

Überschätzung der nicht aus dem Seelenleben stammenden Reize zur Traumbildung nicht<br />

verwundern. Nicht nur daß diese allein leicht aufzufinden und selbst durchs Experiment zu<br />

bestätigen sind; es entspricht auch die somatische Auffassung der Traumentstehung<br />

durchwegs der heute in der Psychiatrie herrschenden Denkrichtung. <strong>Die</strong> Herrschaft des<br />

Gehirns über den Organismus wird zwar nachdrücklichst betont, aber alles, was eine<br />

Unabhängigkeit des Seelenlebens von nachweisbaren organischen Veränderungen oder eine<br />

Spontaneität in dessen Äußerungen erweisen könnte, schreckt den Psychiater heute so, als ob<br />

dessen Anerkennung die Zeiten der Naturphilosophie und des metaphysischen Seelenwesens<br />

wiederbringen müßte. Das Mißtrauen des Psychiaters hat die Psyche gleichsam unter Kuratel<br />

gesetzt und fordert nun, daß keine ihrer Regungen ein ihr eigenes Vermögen verrate. Doch<br />

zeugt dies Benehmen von nichts anderem als von einem geringen Zutrauen in die Haltbarkeit<br />

der Kausalverkettung, die sich zwischen Leiblichem und Seelischem erstreckt. Selbst wo das<br />

Psychische sich bei der Erforschung als der primäre Anlaß eines Phänomens erkennen läßt,<br />

wird ein tieferes Eindringen die Fortsetzung des Weges bis zur organischen Begründung des<br />

Seelischen einmal zu finden wissen. Wo aber das Psychische für unsere derzeitige Erkenntnis<br />

die Endstation bedeuten müßte, da braucht es darum nicht geleugnet zu werden.<br />

D. Warum man den Traum nach dem Erwachen vergisst?<br />

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