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Die Traumdeutung - ODYSSEE Theater

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sie bei normalem Funktionieren andere Ergebnisse liefern als im Wachen. Bei diesen<br />

Theorien fragt es sich, ob sie imstande sind, die Unterschiede des Traumes von dem<br />

Wachdenken sämtlich aus den Bedingungen des Schlafzustandes abzuleiten. Überdies fehlt<br />

ihnen ein möglicher Zugang zu einer Funktion des Traumes; man sieht nicht ein, wozu man<br />

träumt, warum der komplizierte Mechanismus des seelischen Apparats weiterspielt, auch<br />

wenn er in Verhältnisse versetzt wird, für die er nicht berechnet scheint. Traumlos schlafen<br />

oder, wenn störende Reize kommen, aufwachen, blieben die einzig zweckmäßigen<br />

Reaktionen anstatt der dritten, der des Träumens.<br />

2) Solche Theorien, welche im Gegenteile für den Traum eine Herabsetzung der psychischen<br />

Tätigkeit, eine Auflockerung der Zusammenhänge, eine Verarmung an anspruchsfähigem<br />

Material annehmen. <strong>Die</strong>sen Theorien zufolge müßte eine ganz andere psychologische<br />

Charakteristik des Schlafes gegeben werden als etwa nach Delboeuf. Der Schlaf erstreckt sich<br />

weit über die Seele, er besteht nicht bloß in einer Absperrung der Seele von der Außenwelt, er<br />

dringt vielmehr in ihren Mechanismus ein und macht ihn zeitweilig unbrauchbar. Wenn ich<br />

einen Vergleich mit psychiatrischem Material heranziehen darf, so möchte ich sagen, die<br />

ersteren Theorien konstruieren den Traum wie eine Paranoia, die zweiterwähnten machen ihn<br />

zum Vorbilde des Schwachsinns oder einer Amentia.<br />

<strong>Die</strong> Theorie, daß im Traumleben nur ein Bruchteil der durch den Schlaf lahmgelegten<br />

Seelentätigkeit zum Ausdruck komme, ist die bei ärztlichen Schriftstellern und in der<br />

wissenschaftlichen Welt überhaupt weit bevorzugte. Soweit ein allgemeineres Interesse für<br />

Traumerklärung vorauszusetzen ist, darf man sie wohl als die herrschende Theorie des<br />

Traumes bezeichnen. Es ist hervorzuheben, mit welcher Leichtigkeit gerade diese Theorie die<br />

ärgste Klippe jeder Traumerklärung, nämlich das Scheitern an einem der durch den Traum<br />

verkörperten Gegensätze, vermeidet. Da ihr der Traum das Ergebnis eines partiellen Wachens<br />

ist (»ein allmähliches, partielles und zugleich sehr anomalisches Wachen«, sagt Herbarts<br />

Psychologie über den Traum), so kann sie durch eine Reihe von Zuständen von immer<br />

weitergehender Erweckung bis zur vollen Wachheit die ganze Reihe von der Minderleistung<br />

des Traums, die sich durch Absurdität verrät, bis zur voll konzentrierten Denkleistung decken.<br />

Wem die physiologische Darstellungsweise unentbehrlich geworden ist oder<br />

wissenschaftlicher dünkt, der wird diese Theorie des Traums in der Schilderung von Binz<br />

ausgedrückt finden (S. 43):<br />

»<strong>Die</strong>ser Zustand (von Erstarrung) aber geht in den frühen Morgenstunden nur allmählich<br />

seinem Ende entgegen. Immer geringer werden die in dem Gehirneiweiß aufgehäuften<br />

Ermüdungsstoffe, und immer mehr von ihnen wird zerlegt oder von dem rastlos treibenden<br />

Blutstrom fortgespült. Da und dort leuchten schon einzelne Zellenhaufen wach geworden<br />

hervor, während ringsumher noch alles in Erstarrung ruht. Es tritt nun die isolierte Arbeit der<br />

Einzelgruppen vor unser umnebeltes Bewußtsein, und zu ihr fehlt die Kontrolle anderer, der<br />

Assoziation vorstehender Gehirnteile. Darum fügen die geschaffenen Bilder, welche meist<br />

den materiellen Eindrücken nahe liegender Vergangenheit entsprechen, sich wild und regellos<br />

aneinander. Immer größer wird die Zahl der frei werdenden Gehirnzellen, immer geringer die<br />

Unvernunft des Traumes.«<br />

Man wird die Auffassung des Träumens als eines unvollständigen, partiellen Wachens, oder<br />

Spuren von ihrem Einflusse, sicherlich bei allen modernen Physiologen und Philosophen<br />

finden. Am ausführlichsten ist sie bei Maury dargestellt. Dort hat es oft den Anschein, als<br />

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