Al l es h at s eine Zeit u nd f l iesst Gef un<strong>de</strong>n Ich ging im Wal<strong>de</strong> Ich grubs mit allen So für mich hin, Den Würzlein aus, Und nichts zu suchen, Zum Garten trug ichs Das war mein Sinn. Am hübschen Haus. Gleich hinter <strong>de</strong>m Ort Spinnerei fließt die Wilisch bis Unter-Gelenau durch eine schmale, reizvolle Auen-Landschaft – unterbrochen nur vom einstigen Lehrlingswohnheim <strong>de</strong>r Spinnereifabriken. In Unter-Gelenau, dort, wo sich früher <strong>de</strong>r Bahnhof <strong>de</strong>r Schmalspurbahn befun<strong>de</strong>n hat, mün<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Dorfbach <strong>de</strong>s Ortes in die Wilisch. Kaum ist <strong>de</strong>r Fluss an <strong>de</strong>n letzten Häusern von Unter-Gelenau vorbeigeströmt, erreicht er sein weitestes Tal mit einer bis zirka 200 Meter breiten und idyllischen Auen-Landschaft, von wo aus sich ein romantischer Blick über die einstige Baumwollspinnerei hinweg bis zum höchsten Berg <strong>de</strong>s Ortes, <strong>de</strong>m Gerichtsberg eröffnet (Kalen<strong>de</strong>rblatt Juni). An <strong>de</strong>r Auen-Landschaft führt ein ausgebauter Wan<strong>de</strong>r-Weg vorbei, auf <strong>de</strong>m einst die Schmalspurbahn schnaufend verkehrte. Gegenüber, auf <strong>de</strong>r rechten Seite <strong>de</strong>r Wilisch, sind noch letzte Spuren einer Schneidmühle zu besichtigen (Kalen<strong>de</strong>rblatt Juni, Rückseite). Viele spannen<strong>de</strong> Legen<strong>de</strong>n ranken sich um die einst nicht wenigen Mühlen entlang <strong>de</strong>r Wilisch – weitergegeben und erzählt von <strong>de</strong>n Alten an die Jungen in <strong>de</strong>n frostigen Winternächten, dicht beieinan<strong>de</strong>r am warmen Ofen sitzend. So die Legen<strong>de</strong> von Flucht und Entführung <strong>de</strong>s schönen, aber gut bewachten Töchterleins eines herrischen Mühlenbesitzers, das in großer Liebe zu einem jungen Offizier mit <strong>de</strong>m Aussehen <strong>de</strong>s behelmten Liebesgottes entbrennt, <strong>de</strong>r während <strong>de</strong>s 30-jährigen Krieges Quartier in <strong>de</strong>r Mühle genommen hat und seinerseits die Liebe <strong>de</strong>s Mädchens lei<strong>de</strong>nschaftlich erwi<strong>de</strong>rt. Er gesteht ihr seine Liebe, sie nimmt das Geständnis mit Erröten an und sie schwören sich Treue. Für <strong>de</strong>n Moment sind sie glücklich, doch wie kann man zusammen leben. Sie schmie<strong>de</strong>n heimlich Pläne und entschließen sich, trotz einer klirrend kalten, schneereichen Winternacht, zu fliehen, zunächst flussabwärts an <strong>de</strong>r Wilisch entlang, dann hinauf auf die Höhen, durch tief verschneite Fichten- und Tannenwäl<strong>de</strong>r. Doch die Flucht wird rasch ent<strong>de</strong>ckt. Man folgt <strong>de</strong>n flüchten<strong>de</strong>n Lieben<strong>de</strong>n und hat ein leichtes Spiel, sie einzufangen, da ihre Spuren im Schnee sie verraten. Bei<strong>de</strong> erlei<strong>de</strong>n ein fürchterliches Schicksal: Sie wer<strong>de</strong>n getrennt, <strong>de</strong>r Offizier wird gerichtet, das schöne Mädchen verfällt darüber, eingesperrt in einer winzigen Dach-Kammer <strong>de</strong>r Mühle, <strong>de</strong>m Wahnsinn. Nur manchmal, in kalten mondhellen Nächten, so die Legen<strong>de</strong>, soll klagen<strong>de</strong>r, flehen<strong>de</strong>r und herzzerreißen<strong>de</strong>r Gesang vom Mühlen- Dach durch das Tal <strong>de</strong>r Wilisch geklungen sein… Doch das ist lange her, die Mühlen sind verstummt und in langen kalten Winternächten erzählt man sich wohl keine Legen<strong>de</strong>n mehr. So hat alles seine Zeit und fließt, auch mit <strong>de</strong>r Wilisch, unaufhaltsam dahin. Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön. Ich wollt es brechen, Da sagt’ es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein? Und pflanzt es wie<strong>de</strong>r Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort. Stille <strong>de</strong>s Winters – Fachwerkhaus an <strong>de</strong>r Wilisch Vergangen – Spuren einer Schneidmühle an <strong>de</strong>r Wilisch, unweit von Gelenau Einsam gelegenes Fachwerkhaus nahe <strong>de</strong>r Wilisch – im Frühdunst <strong>de</strong>s beginnen<strong>de</strong>n Sommers Romant isches Er zgebir ge An <strong>de</strong>r Wil isch e nt l ang Landschaften und Orte | Mit Gedichten von Goethe, Hermann Hesse, Novalis und Rilke Goethe 2011
Die Wilisch rauscht im Tal an Unter-Gelenau vorbei – Blick auf Unter-Gelenau 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 <strong>13</strong> 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Juli